Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1962 Nr. 6

Spalte:

413-414

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Der beständige Aufbruch 1962

Rezensent:

Eisenhuth, Heinz Erich

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

413

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 6

414

Nachschlagewerk für die Hand des Laien schaffen können, in dem
weder hebräische noch griechische Wortwurzeln zu behandeln gewesen
wären, dafür aber ein wirklicher Überblick über heute
bedeutsame theologische Sachverhalte in allgemein zugänglicher
Form geboten wird. So aber i6t es schade um die Mühe, die
Herausgeber und Verfasser aufgewandt haben.

Im einzelnen steht, besonders zum biblischen Stoff, viel Gutes
eingängig dargeboten in dem Buch. Die konservative Tendenz
ist überall unverkennbar, mitunter bricht sie massiv durch. Das
ist kein Fehler, solange man sich zu diesem Standpunkt bekennt
und nicht angibt, man wolle die Spannungen in der gegenwärtigen
Theologie darstellen. Die kritische Forschung ist den Verfassern
zum Teil bekannt. Sie wird da aufgenommen, wo ihre Ergebnisse,
wie in manchen Partien der Leben-Jesu-Forschung oder der Entstehung
der kanonischen Schriften, das konservative Bild zu bestätigen
scheinen. Ausführlicher auf den Inhalt einzugehen, ist
nicht möglich, wohl auch nicht notwendig. Bedauerlich ist die
quantitativ und qualitativ dürftige Darstellung der ökumenischen
Bewegung unter dem Stichwort „ecumenical". Daß Wort und
Sache des Laientums, „evangelism", „mission" (im Singular) gänzlich
fehlen, ist ein Zeichen dafür, daß das Werk von der durch die
ganze Christenheit gehenden Neubesinnung der Kirche auf ihren
Auftrag in einer anders werdenden Welt kaum berührt ist.

Fulda Hans Hermann Walz

IPrzywara. E.:] Der beständige Aufbruch. Festschrift für Erich
Przywara, hrsg. von Siegfried B e h n. Nürnberg: Glock & Lutz o.J.
238 S. gr. 8°. Lw. DM 25.-.

Diese Freundesgabe zum 70. Geburtstag von Erich Przywara
(1889 in Kattowitz geboren) umfaßt mit ihren bedeutenden
Beiträgen würdig die weitgespannte Lebensarbeit des Gelehrten
. Der Herausgeber, Siegfried Behn, versucht, die Gestalt
des 70jährigen in ihren wesenhaften Zügen nachzuzeichnen. Er
rechnet ihn ,,schlichthin zu den Philosophen" mit einer sehr
singenden Sprache. „Die Begriffe klingen streng geordnet ineinander
und übereinander". Behn will damit auf die Hauptbemühung
um die „Analogia entis", München 1932, hindeuten
(9, 13). Er zeichnet ihn auch als einen Dichter von hohem
Rang. ,,Die Rhythmen dieser Dichtung singen das Lied von der
Erde und des Sohnes Grab" (10). Wir erfahren von Rudolf
Adolph, daß Przywara über 2000 handgeschriebene eigene Gedichte
verwahrt (21). Am bedeutendsten ist er für alle als
Theologe und Religionsphilosoph. Er hat sich der Werke des
auch im Katholizismus lange Zeit verkannten ehemaligen anglikanischen
Theologen J. H. Ncwman angenommen, dessen Heiligsprechung
jetzt vorbereitet wird. Er weiß sich weniger der
aristotelischen Begriffsanalysc als der exegetischen Schriftauslegung
verpflichtet. Obwohl mit Anerkennung erwähnt wird, daß
er durch sein Studium besonders des jungen Luther befruchtet
worden ist, wird doch seine theologische Arbeit unter Berufung
auf Paulus im Gegensatz zum Reformator gekennzeichnet: „Der
Mensch ist nicht so verderbt, nicht so vernunftzerrüttet nicht
musisch so unbegabt, daß er völlig gottesblind wäre". Im
Unterschied zur radikalen Erbsündenlchre wird gesagt: „So
schlimm ist es nicht nach katholischer Lehre, die auf dem Boden
der Wirklichkeit verbleibt" (14 f.).

Nur einiges kann aus der reichen Fülle der 21 Beiträge angedeutet
werden. Sie sind acht Hauptabschnitten zugeordnet,
deren Überschriften sehr behutsam dem Geist des Gelehrten
nachempfunden sind.

Forschungen dem Forscher: J. M. Hollenbach
!>. ]., der Verfasser einer großen Auseinandersetzung mit Heideggers
Gewissensauffassung, schreibt über „Urleidenschaft und
natürliche Gotteserkenntnis". Er vertritt in positiver Würdigung
von Scheie« Fundierung des religiösen Bewußtseins die These
von der natürlichen Gotteserkenntnis der endlichen Person.
Allerdings müssen die Einsicht in die eigene Begrenztheit und
das Streben zur eigenen Ganzheit und die Erwartung auf die
Begegnung mit der unendlichen göttlichen Person eingestanden
werden. Diese natürliche Gotteserkenntnis kann aber dadurch

behindert werden, „daß der Mensch die ursprüngliche Sinnerwartung
als Illusion entlarvt zu haben meint", so daß dadurch
„die nicht eingestandene Enttäuschung in Angst ausmündet
" (47).

Besinnung dem Besonnenen: Hier findet sich
neben einem auffallend kurzen Grußwort von Karl Barth der
Aufsatz von G. Soballa S. J. „Analogia perfectionis" und die
„Methode der Aszetik". Er vereteht in Entsprechung zur „Analogia
entis", die von Przywara als Formel für das geschöpfliche
Sein als solches entwickelt worden ist, unter Analogia perfectionis
„die spezifisch kreatürliche Qualität unserer Vollkommenheit
". Diese Formel soll aber nicht nur für das natürliche Denken
Gültigkeit haben und damit für eine natürliche Ethik, sondern
auch für die spezifisch übernatürliche Vollkommenheit (57).

Gestalten dem Gestaltenden: K. A. Prinz
Rohan schildert sehr anschaulich einen „Besuch in Ronchamp".
Er berichtet von dem Wagnis, „den großen Revolutionär moderner
Architektur Le Corbusier" mit dem Wiederaufbau dieser
ehemals neogotischen Wallfahrtskirche betraut zu haben (geweiht
25. Juni 1955) (87).

Tiefsinn dem Ersinnenden: J. B. Lötz S. J.
geht in seinem Beitrag „Die Unterscheidung von Wesenheit
und Sein" von der Grundformel für eine kreatürliche Metaphysik
aus, wie sie von Przywara aufgestellt worden ist: „Sosein
in - über Dasein". Er begrenzt seine Abhandlung auf das Sachliche
und untersucht, wie die Unterscheidung zwischen Wesenheit
und Sein genauer zu bestimmen ist.

Von Max Picard wird ein kurzer Abschnitt über „das
Mehr" gebracht aus seinem Buch „Das letzte Antlitz". „Der
Grundstock des Mehr am Anfang und Ende des Lebens: das Leben
des Menschen spielt sich unter dem Bogen ab, der zwischen
beiden gespannt i6t" (180). Mit diesem Beitrag bestätigt sich
eine innere Verwandtschaft zwischen den beiden Jubilaren, die
von Przywara in der Festschrift für Picards 70. Geburtstag ein
Jahr zuvor positiv hervorgehoben worden ist.

Theologie dem Theologen: Karl Rahner S. J.
bringt drei Vorlesungen „Über den Begriff des Geheimnisses in
der katholischen Theologie". Er zeigt, daß die vielen Geheimnisse
der katholischen Dogmatik im Grunde Abwandlungen des
einen geoffenbarten Geheimnisses sind (215). Mit Recht sagt er
vom heutigen Menschen, daß er die Welt rationalistisch und
nicht numinos ansehe, aber trotzdem weniger Rationalist sei
als seine geistigen Ahnen im 18. und 19. Jahrhundert (182).

Beschlossen wird die Festschrift mit einem Aufsatz von
H. Rahner S. J. über die Theologie des Begründers des Jesuitcnordens
.

Mehrfach klingt die thomistische Grundüberzeugung an,
daß der Mensch eine direkte Gotteserkenntnis besitzt oder in
«ich entdecken könne. Behn hatte es eingangs in überspitzter
Weise so ausgesprochen: „Immer irren die Menschen, doch irrt
kein Mensch überall" (9). Hiergegen erheben sich von einem
trinitarischen Ansatzpunkt theologischer Besinnung her Bedenken
. Nach Luther wird Erkenntnis Gottes nicht durch das Denken
, sondern allein durch das Glauben an seine Offenbarung
(dort, wo Gott sich angebunden hat) konstituiert. Diese Festgabe
bedeutet aber über die kritischen Fragen hinweg eine große
Bereicherung, weil wirkliche Probleme der Philosophie, Kunst
und Theologie erhellt und in eine echte Beziehung zur Wirklichkeit
des Glaubens gebracht worden sind. Auch vermag sie einen
guten Dienst für die konfessionelle Begegnung auszurichten.

Der zweite Teilband dieser Festschrift steht noch aus. Er
wird eine Gesamtbibliographie bringen und wird dringend
erwartet.

Eisenach Heinz Erich Ei s en h u th

Buchmüller, Maria: Edith Stein. Weg und Sendung.
Erbe und Auftrag 38, 1962 S. 41-52.