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Ausgabe:

1962

Spalte:

380

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Erling, Bernhard

Titel/Untertitel:

Nature and history 1962

Rezensent:

Hornig, Gottfried

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Seite 1

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379

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 5

Hl. Schrift und Literatur. Dabei sind die heute gebräuchlichen !
Ausgaben (für Luther also WA) benutzt. Der Apparat notiert ]
weiterhin die Textkonjekturen, gibt Erläuterungen und Hinweise '
des Herausgebers und bringt Schl.s eigene handschriftliche Be- j
merkungen zur 2. Aufl., die 1873 bereits Thönes veröffentlicht i
hatte.

Der Anhang (im 2. Bd.) bietet verschiedene Register, j
die das Werk dem Gebrauch aufschließen: einen Seitenzahl- !
Vergleich der 2. bis 7. Aufl., ein Personen-Verzeichnis, ein Bibelstellen
-Register (Mth wird ebenso oft aufgeführt wie das ganze
AT, Joh etwa doppelt so häufig!) und ein Register wichtigster
Stichwörter (hier ist auch die Bezugnahme Schl.s auf die Bekenntnisschriften
reformierter und lutherischer Kirche ersichtlich).

Vor allem aber enthält der Anhang eine Synopse der i
Leitsätze der 1. und 2. Auflage und ihr beigefügt eine Auswahl
aus bisher ungedruckten Aufzeichnungen Schl.s zur 1. Auflage
, die sowohl für deren Interpretation als auch für das Verständnis
der Neufassung von einiger Bedeutung sind. (Der Hrsg.
kündigt eine vollständige Veröffentlichung dieser Notizen an).
Von einer vollständigen Synopse des Textes der 1. und 2. Auflage
hat der Hrsg. mit Recht abgesehen. Der sachliche Ertrag aus
dem unmittelbaren Vergleich der beiden Textgestalten hätte in
keinem angemessenen Verhältnis zu den architektonischen
Schwierigkeiten gestanden, die sich hier auftun. Schi, schreibt an
Gaß: ,,Ich schreibe durchaus alles neu. In der Sache freilich bleibt |
alles dasselbe". Der Hrsg. bemerkt, daß eine vollständig syn- i
optische Ausgabe „voraussichtlich verwirrend" geworden wäre —
ich möchte dem hinzufügen, daß sie auch doppelt so umfangreich,
also auch doppelt so teuer ausgefallen wäre. Das hätte endlich
den Zweck, Schl.s Hauptwerk wieder wirklich zugänglich zu machen
, vereitelt. (Für die wichtigen Einleitungsparagraphen 1—3 5
bzw. 1—31 hat übrigens C.Stange 1910 eine vollständige Synopse
veranstaltet.)

Erweist sich in diesem Punkt die Beschränkung als Gewinn,
so empfindet man um so schmerzlicher, daß die beiden Sendschreiben
an Lücke nicht mit abgedruckt sind; geben
sie doch als authentischer Kommentar Schl.s Auskunft über die
Prinzipien, die der LImarbeitung zur 2. Aufl. zu Grunde lagen,
und haben nicht zu übersehendes Gewicht ebenso für das Verständnis
von Schl.s Gesamtabsicht mit seiner Glaubenslehre wie
für einzelne umstrittene Probleme (Pantheismus, Christologie,
Verhältnis Religion — Dogmatik — Philosophie usw.). Darüber
hinaus sind sie schließlich in manchen Partien von erstaunlicher
Aktualität. Ein Beispiel: „wer so folgern kann: wem alles auf das
Leben Christi in uns ankomme, dem müsse der Tod Christi und
mit demselben die ganze historische Person Christi überflüssig
erscheinen, der hat eine Logik, auf die ich mich nicht verstehe"
WW 2, 5 8 3. Hätte nicht die kritische Ausgabe der Sendschreiben
, die Mulert im gleichen Verlag (Töpelmann) herausgebracht
hat, übernommen werden können? Das hätte nur einer leicht erträglichen
Umfangserweiterung von 60 Seiten bedurft. Die wenigen
(nicht immer ganz korrekten) Zitate aus den Sendschreiben in
der Einleitung des Herausgebers bieten jedenfalls keinen vollwertigen
Ersatz dafür.

Der 2. Abschnitt der Einleitung behandelt die Entstehung
der Glaubenslehre. Dazu wird die Vorlesungstätigkeit
Schl.s verfolgt, werden Briefstellen und andere Selbstzeugnisse
angeführt. Im besonderen wird die Entwicklung der
dogmatischen Gedanken von der Abfassung der „Reden" bis hin
zur 2. Aufl. der Glaubenslehre durch Heranziehen der „kurzen
Darstellung" (181 1, 21830) und der Vorlesungen über „Dialektik
" (1811 und folgende Jahre) beleuchtet. Redeker hebt dabei
u. a. einerseits den Unterschied heraus, den Schi, zwischen der
Theologie als positiver Wissenschaft und der Philosophie als
spekulativer Disziplin macht: Schi, hat als Schwerpunkt seiner
Dogmatik immer den 2. Teil empfunden, dessen Grundtext
Joh 1, 14 ist (gerade für diese Tendenz sind die Sendschreiben
wichtig!). Andererseits wird vom Hrsg. der Zusammenhang betont
, in dem für Schi. Theologie und sonstige Wissenschaft.
Glaube und Wissen stehen: „Schi, glaubt an die Einheit der geistigen
Welt" (XXIII). Zusammenfassend formuliert Redeker:
„Schl.s theologische Denkmethode und seine Zerstörung der
scholastischen Denkweise ist die Anwendung der Lehren des

dritten Artikels vom Hl. Geist auf die Prinzipien des theologischen
Denkens" (XXXII).

Schließlich wird im 3. Einleitungsabschnitt ein kurzer
Überblick gegeben über Zustimmung und Ablehnung
, die Schl.s Werk im Laufe der nachfolgenden Theologiegeschichte
gefunden hat. Gaß und v. Hase werden als lobende
, Hengstenberg, Schlegel, Hegel und seine theologischen
Anhänger als tadelnde Zeitgenossen zitiert. Dann werden die
Kritik der Ritschlianer und schließlich die Polemik der dialektischen
Theologie der 20er Jahre skizziert. „Inzwischen hat sich
die geistige Situation gewandelt. Die Vorurteile des Neukantia-
nimus und der radikalen theologischen Kulturkritik sind aufgelockert
worden. So ist der Weg zu einem neuen geistesgeschichtlichen
Verstehen Schl.s frei geworden" (XXXIX). Dieser neuen
Begegnung mit Schi, das Material — leider mit Ausnahme der
Sendschreiben, aber sonst vorbildlich — bereitzustellen, ist das
unbestreitbare Verdienst der vorliegenden Neuausgabe.

In der Einleitung sind zwei Druckfehler stehen geblieben: S. XVI,
Z. 4 v. o. Gedankenfortschrittt, S. XLI, Z. 8 v. u. ofr. Hoffentlich ist
der Schleiermachertext selbst, den ich nicht durchweg mit dem Original
verglichen habe, davon gänzlich verschont.

Jena Martin H en s c h o 1

Erling, Bernhard: Nature and History. A study in theological metho-
dology with special attention to the method of motif rcsearch.
Lund: Gleerup 1960. 286 S. gr. 8° = Studia theologica Lundensia.
Skrifter utgivna av Teologiska Fakulteten i Lund, 19. Kart,
schw. Kr. 20.—.

Die vorliegende Arbeit verdient insofern Beachtung, als sie
wichtige Grundfragen der systematischen Theologie behandelt.
Ihr Verfasser ist ein Amerikaner schwedischer Abstammung, der
sowohl in Deutschland als auch in Schweden studiert hat. Sein
Interesse konzentriert 6ich vor allem auf die Motivforschung, wie
sie von dem bedeutenden Systematiker Anders Nygren (1924—
1948 Prof. für syst. Theologie, danach Bischof von Lund) entwickelt
und vertreten worden ist. Doch beschränkt sich der Verf.
nicht auf eine Analyse der Nygrenschen Schriften, die nur teilweise
in deutscher oder englischer Übersetzung vorliegen, sondern
gewinnt aus ihnen auch das Material zu einer eigenen theologischen
Konzeption.

Die Hauptbegriffe dieser theologischen Konzeption sind Im
Buchtitel angegeben. „Nature" gilt als Inbegriff der theoretischen
Wissenschaften, bei denen man von der Kausalkategorie direkt
zu einer wissenschaftlichen Beschreibung der Llntcrsuchungs-
objekte fortschreiten kann, während „History" als Bezeichnung
für die einen anderen Sinnzusammenhang aufweisenden geistes-
gcschichtlichen Disziplinen angewandt wird. Die beiden an Umfang
ungleichen Hauptteile der Arbeit, „the critical theory of
experience" (S. 25—209) und „the interpretation of history"
(S. 211—272), werden in neun Kapiteln eingehender entfaltet.
Der Verf. hat sowohl die Eigenart und das Bezichungsvcrhältnis
von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften, als auch die
komplizierten Fragen der religiösen und ethischen Gültigkeit
sowie die Theorie der symbolischen Formen erörtert. Schon diese
knappe Inhaltsangabe zeigt, wie weit der Kreis der in seine
Untersuchung einbezogenen Probleme gespannt ist.

Eine gründliche Auseinandersetzung mit den Auffassungen
des Verfassers ist im Rahmen einer kurzen Rezension kaum
möglich. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Verf. deutlicher
angegeben hätte, inwieweit er der Position A. Nygrens
folgen will und wo und aus welchen Gründen er von ihr abweicht
. — Es scheint mir sachlich nicht gerechtfertigt, die Kritik,
die Prof. A. Gyllcnkrok (Uppsala) gegen gewisse Grundgedanken
der Religionsphilosophie und Motivforschung Nygrens gerichtet
hat, so summarisch abzuweisen, wie dies auf S. 139 f. geschieht
.

Diese kritischen Einwände sollen aber den Dank nicht
schmälern, den man dem Verf. für sein gehaltvolles, anregende»
und zur Auseinandersetzung herausforderndes Buch schuldet.

fc»«4 Gottfried Hornig

A I t h a u s, Paul: Das Evangelium und der historische Je«us.
Universitas 17. 1962 S. 17—27.