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Ausgabe:

1962

Spalte:

366-368

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Maltha, Andreas Heinrich

Titel/Untertitel:

Die neue Theologie 1962

Rezensent:

Loewenich, Walther

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dem Ansätze bestimmend war, den Luther von Lyra übernommen
hat. Das Kapitel „Die Geschichte des Volkes Gottes" enthält
zwar passim den Hinweis, man dürfe in Luthers ,,Genesis" nicht
modernes Verständnis von Allegorie oder Typologie hineinlesen
(90), sagt jedoch dunn im Anschluß an (44, 192):
..Selbst im AT war also das wahre Israel spirituell" (93). Wir
verweisen aber auf Luthers Schrift von 1523 „Daß Jesu6 Christus
ein geborener Jude sei", die doch das ^lopnfjX xard adgxa
im Auge hat, und glauben, daß der Raschische Überlieferungs-
Itrang den Literalsinn von „Geschichte des Volkes Gottes" doch
in Luthers Blick gerückt haben müßte. Dieses Kapitel hat übrigens
in Pelikans Vortrag vor dem 1. Internationalen Kongreß für
Lutherforschung in Aarhus (1956) einen Vorläufer.

Mir scheint wichtig der Satz: „Luther identifizierte die
Bibel mit dem Worte Gottes" (257), ein Satz, der dann aber sogleich
wieder mit dem seiner „Aktualität für uns" geltenden
Fragezeichen „in Schwebe gebracht wird". Hier scheint mir
Luthers Exegese wie ein erratischer Block der heutigen Theologie
im Wege zu liegen, soweit für sie die Bibel der Ort ist, wo man
Gottes Wort suchen, das Rohmaterial, aus dem man es heraus-
destillicren muß. Aber dieser Gegensatz Luthers zu einem dynamischen
Verständnis des immer erst werdenden Wortes, seine
statische Konzeption, seine Vorstellung vom Worte Gottes als
von einem Bestände, wird nun doch im Kapitel „Die Bibel und
das Wort Gottes" abgeschwächt. Der Satz: „Das Wort Gottes . . .
in seiner geschriebenen Form war die Bibel" (70) wird dadurch
zum Gegenpart gegen die Feststellung. Luther habe Bibel
und Wort Gottes identifiziert, daß er seitenlange Ausführungen
abschließt, die doch darauf hinauslaufen, das Wort
Gottes habe immer erst noch zu geschehen. Würde Pelikan hier
die Akzente recht gesetzt haben, so wäre Luther durch Quen-
stedts Satz verlassen worden, daß die efficacitas Verbi Divini
.ctiam ante et extra usum" gegeben sei', das aber glaube ich
nicht; Verf. wäre zu fragen, ob er es glaubt.

Bai! Tiilz ()l)crfiMlil>nHi Cornelius Frhr. von Heyl

Lyr.i und Rasdii) hat sidier Wahrheitsgehalt. Raschi hat nicht nur Exegese
getrieben, sondern schon (!) reflektiert über das Wesen von Exegese
.

*) „Theol. did.-pol.", I. 4: 2, 16.

Locher, Gottfried W.: Calvin. Anwalt der Ökumene. Zollikon:
Evangelischer Verlag [i960]. 28 S. 8° = Theologische Studien, hrsg.
v. K.Barth u. M.Geiger, H. 60. DM 2.50.

Die deutschen Reformierten hielten im September 1959 in
Calvins 400. Todesjahr Gedenkfeiern in Frankfurt am Main ab.
Außer Prof. Walter Krcck und Prof. Otto Weber sprach ProL
Gottfried W. Locher aus Bern, ein Elberfelder Pfarrerssohn, und
brachte zugleich die Anteilnahme der Schweizer an ihren deutschen
Brüdern zum Ausdruck. Dem bedeutenden Zwingli-Interpreten
gelang es, mit Bedacht ein wenig der Vorurteile, die seit
<*cn Anfängen des Rationalismus das Bild Calvins entstellen,
auszuräumen. Er will weniger den von Nijenhuis gesammelten
Tatbeständen zum Thema nachgehen („obwohl hier mehr geschehen
sollte" S. 8), als vielmehr die innere theologische Motivierung
aufsuchen, die aus Calvin einen so bedeutenden Mann
der Einigung der protestantischen Front gemacht hat.

Die geopolitischc Lage Genfs von Caesars Zeiten an dient
dem Verf. als Absprung. Einem Luther als Mann der individuellen
Frömmigkeit, einem Zwingli als Theologen des Volkstums
wird Calvin als Denker der Kirche gegenübergestellt - und zwar
der Kirche in ihrer unprotegierten Eigenbehauptung in «1
„Diaspora"-Situation. Allezeit dachte Calvin von der „Katholi-
z'tät" der Kirche her (S. 13). Hier liegt der Eigenwert dieses Beitrages
zur ständig wachsenden Calvin-Literatur. „Die Katholizi-
Mt des Wortes" als „Quelle und Kennzeichen der wahren Gottcs-
verchrung" geben den Traggrund aller ökumenischen Aktivität
.2 fi^T 3b: sie entfaltet sich in der „Katholizität der Hcrr-
W ,C nsti"' di* «ich auch auf die Gebiete der Politik und
2 n w Vrst[cd<t: besonders diese Ausführungen, die auf
i I, Re"u, SC^U"Ken bci Zwi"Rli ruSen, wiederholen beachtliche
Richt.gstellungen der Vulgärthesen von Max Weber und

E. Troeltsch (S. 19). Etwas eng gefaßt wird die „Katholizität der
Bruderschaft" in wenigen Beispielen der „Gastfreundschaft"; sie
schöpfen den in Calvins Lebenswerk ausgebreiteten Reichtum bei
weitem nicht aus. Ganz wie Nijenhuis sieht Verf. die „Grenzen
der Oekumenizität" in Calvins Verhältnis zur Römischen Kirche
und zu libertinistischen Kirchengruppen; diese reden zuviel vom
Geist, weil sie zu wenig vom Wort halten. Der umfassendste
Ring der Ökumenizität wird bei Calvins Erwählungslehre gesehen
; hier wird eine gute Gegenwartsverbindung von „massa
perditionis" zur modernen Massengesellschaft aufgewiesen. Ein
Zitat aus dem Sendschreiben an die „sächsischen und niederdeutschen
" Lutheraner schließt diesen Jubiläumsvortrag ab, der ein
Hauptanliegen Calvins richtig herausstellt.

Berlin Günter G1 ocdc

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K1I1CHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Malt ha, Andreas Heinrich, O. P.: Die Neue Theologie. Deutsche
Ausgabe. München: Manz [i960]. 266 S. 8°. Lw. DM 15.80.

Eine zusammenfassende Darstellung der „Neuen Theologie"
im gegenwärtigen Katholizismus hat bisher im deutschsprachigen
Raum gefehlt. So greift man dankbar zu der deutschen Bearbeitung
dieses ursprünglich in flämischer Sprache geschriebenen Buches
eines niederländischen Dominikaners, der bei kirchlich durchaus
korrekter Einstellung innerlich doch positiv an den Bestrebungen
der „Neuen Theologie" teilnimmt. Der Verfasser bekennt
, eine zweifache Absicht mit seinem Buch zu verfolgen: Es
soll ausgiebiges Tatsachenmaterial darbieten und zugleich dem
Leser dazu helfen, sich ein „maßvolles Urteil" zu bilden. Nach
einem Überblick über bisherige Charakteristiken der „Neuen
Theologie" unternimmt der Verf. einen eigenen Versuch eines
solchen. Die „Neue Theologie", die der Verf. nicht auf die bekannte
Jesuiten-Hochschule von Lyon-Fourviere beschränkt wissen
will, neigt zu „Intuitionismus", zu konkreter, unmittelbarer
und affektiver Erkenntnis; Abstraktion und Syllogismus treten
zurück. Als Zweites nennt der Verf. die Neigung zu „Konfusionismus
", zur Zusammcnschau, zur Synthese, zur Einheit und Ganzheit
. Das Dritte ist die Neigung zu „Evolutionismus"; man sucht
immer nach neuen Ausdruchsformen der Grundidee. Ein Festhalten
an den alten Formeln kann zum Irrtum führen. Audi dcrThomis-
mus wird in die Evolution hineingezogen. Man unterscheidet
zwischen Thomas (..thomasisch") und den Thomisten, zwischen