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Ausgabe:

1962

Spalte:

363-364

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Die Deutsche Bibel ; Bd. 11,2 1962

Rezensent:

Wolf, Ernst

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363

364

Lauf n er, Richard: Matthiasverehrung im Mittelalter.
Trierer Theologische Zeitschrift 70, 1961 S. 355—360.

L e c 1 e r c q, Jean: Mönchtum und Peregrinatio im Frühmittelalter.
Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte
55, 1960 S. 212—225.

P a 11 i n, A.: Over de schrijver en de vertaler van het Liber de
causis.

Tijdschrift voor Philosophie 23, 1961 S. 503—526.
Schwaiger, Georg: Savonarola und seine Zeit.

Münchener Theologische Zeitschrift 12, 1961 S. 210—214.
Stella, P. T.: Intentio Aristotelis, secundum superficiem suae

litterae. La „Replicatio contra Magistrum Herveum Praedicatorem"

di Giovanni di Pouilly.

Salesianum XXIII, 1961 S. 481—528.
V a 1 1 i n, Pierre: Une retouche au Scriptum super quarto Sententiarum

de saint Thomas.

Recherches de science religieuse XLIX, 1961 S. 561—563.
Z a g i b a, Franz: Die bairische Slavenmission und ihre Fortsetzung
durch Kyrill und Method.

Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 9, 1961 S. 1—56.

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

[Luther:] D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe.
Die Deutsche Bibel. 1 522— 1 546. Bd. 11,2: Die Übersetzung des
Prophetenteils des Alten Testamentes (Daniel bis Maleachi). Weimar
: Böhlau 1960. CXLVIII, 400 S., 8 Taf. DM 58.—.

Dieser in der letzten Anzeige (86 Jg., 285) bereits angekündigte
Band bringt einige für die Forschung wichtige Überraschungen
. Selbstverständlich auch in der sehr umfangreichen
Einleitung, die eine Gesamtgeschichte von Luthers Prophetenübersetzung
in den Einzelausgaben (1526/30) und in den Gesamtausgaben
(15 32, Vollbibeln 15 34/46) bietet und dabei nicht nur
die Abhängigkeitsverhältnisse der einzelnen Drucke klärt, sondern
vor allem auch Luthers durch wechselndes aktuelles Interesse
mitbestimmtes Übersetzungsgeschäft erhellt. Ein Exkurs geht
der Frage nach, ob Luther die von L. Hätzer und H. Denck 1527
in Worms veröffentlichte erste deutsche Übersetzung der prophetischen
Bücher benützt habe, die „Wormser Propheten". Gegenüber
der von G. Witzel 1 5 36 behaupteten Abhängigkeit wird die
Frage dahin beantwortet, daß Luther „die Wormser Propheten
nur gelegentlich als zusätzliche Hilfsmittel herangezogen" habe.

Für die um die historische Verdeutlichung überaus stark
bemühte Vorrede Luthers zu Daniel konnte der verdiente Herausgeber
als Vorlage zur Auslegung des 11. Kapitels neben dem
Daniel-Kommentar des Hieronymus ein Werk ermitteln, das
zwar auch von Hieronymus benützt wurde, aber 1526 von
Georg Major unter dem Titel „Justini ex Trogo Pompeio histo-
ria" neu veröffentlicht worden ist: den Auszug des M. Junianus
Justinus aus den von Pompeius Trogus als Ergänzung zu Livius
verfaßten Historiarum Philippicarum libri XLIV. Luthers brennendes
Interesse an der zeitgeschichtlichen Einordnung der
Prophetensprüche zeigt sich hier besonders eindrucksvoll.

Für den das Kapitel 12 betreffenden Abschnitt der Vorrede
hat der Herausgeber Luthers eigenhändige Niederschrift dieser
Auslegung des Antichrist-Kapitels von 1541 in der Jenenser
Universitätsbibliothek heranziehen können. Sie wird (S. 50 ff.)
unter dem Strich abgedruckt und mit einem reichen Apparat
versehen.

Auch für den Widmungsbrief zur Daniel-Übersetzung von
1530 an den Kurprinzen Johann Friedrich — ein bei Luther ganz
seltenes Vorkommen — konnte das jetzt in Leningrad befindliche
Originalmanuskript herangezogen werden (376 ff.). Ebenso auch
für ein kleines Stück der Hosea-Übersetzung von 1530 (7,9—
8, 12), was man um so mehr begrüßen wird, als dieses jetzt in
Breslau befindliche Manuskriptstück den bei den kleinen Propheten
sehr spärlichen Bestand an Originalen Luthers ergänzt. Das
Stück wird als Anhang II wiedergegeben (388 ff.).

Dem Band sind acht Abbildungstafeln beigefügt, die sämtliche
Cranachsche und Lembergersche Illustrationen zu den
Wittenberger Erstdrucken der Einzelausgaben von Jona, Habakuk,
Sacharja, Jesaja und Daniel, die Weltkarte des Monogrammisten
M. S., das Bild der Hesekielvision von Lukas Cranach d. J. von
1541 samt dem Vorbild aus der Postille des Nikolaus von Lyra

von 1481 bringen, Lyras Stamm- und Regententafel der Diado-
chen (zu Dan. 11), dazu eine Faksimile-Wiedergabe einer Seite
aus dem erwähnten Übersetzungsmanuskript zu Hosea 8, 8 ff.
und 15 Schriftproben eines bisher noch unbekannten Mitarbeiters
an der Bibelrevision von 1540/41.

Auch bei dem vorliegenden Band muß man wiederum,
ohne das breiter ausführen zu brauchen, die Verdienste des
Herausgebers um diese mustergültige Edition der neuen Bände in
der Abteilung Deutsche Bibel aufs stärkste betonen. Was hier
zusammengetragen ist, ist nicht nur selbst Ergebnis einer ausgedehnten
Forschung, wird nicht nur die allgemeine Luther-
forschung immer wieder bereichern, sondern führt auch vor eine
Fülle neuer Probleme.

Göttingen Ernst Wolf

L u t h e r' s Works. Companion Volume. Luther the Expositor. Intro-
duetion to the Reformer's Exegetical Writings by Jaroslav Pelikan.
St. Louis: Concordia Publ. House [1959]. XIII, 286 S. gr. 8°. Lw.
$ 4.-.

Es handelt sich um einen Ergänzungsband der 5 5-bändigen
im Ersdieinen begriffenen englischsprachigen Lutherausgabe,
welche gemeinsam besorgt wird von: Lutherische Kirche —
Missourisynode und von The American Lutheran Church.
Das Wort „expositor" im Titel entspricht genau dem Wort
„Exeget". Verf., Historiker der United Theol. Faculty in Chicago,
stammt aus der Slowakischen Synode und ist jetzt Glied des
luinisterium der'Missourisynode; ungeachtet dessen, daß letztere
nicht dem Weltkirchenrat angehört, hat er in dessen Kommission
„Faith and Order" als deren Mitglied vielbeachtete Vorträge
gehalten.

Calvin hat die Kanzel zum Katheder gemacht; Luther aber
„predigt" Exegese selbst im Hörsaal; das macht Größe und
Schwäche seiner exegetischen Leistung aus, und Ellwein hat in
seiner von Pelikan noch nicht miterfaßten Schrift „Summus
Evangelista"1 ganz recht von „dieser naiv-unproblematischen
oder auch souveränen Zusammenfassung des Evangeliums" durch
den Exegeten Luther geredet. Waren frühere Untersuchungen
über den Exegeten Luther häufig noch in der Art von Silhouetten
, ja, bisweilen in den Engführungen von systematischem
Luther-Vorverständnis, gehalten, wir denken u. a. an Karl Holl,
so tritt Pelikans Arbeit gleichsam als Hochrelief auch in eine
dritte Dimension hinein. Kommt so der Prediger Luther heraus,
so wird andererseits diese vorwiegend theologiegeschichtliche
(an Luthers Exegese und an den Werken über dieselbe orientierte
) Schrift in einer gewissen Schwebelage und mit dem Ausmünden
auf Fragezeichen abgewickelt. Man sollte ihr das nicht
vorwerfen, ist sie doch als Gebrauchsanweisung gegenüber den
vielen Bänden exegetischer Lutherschriften dieser Gesamtausgabe
zu verstehen. Die offenkundige Anlehnung an Ebclings „Evangelische
Evangelienauslegung" scheint mir zu dieser Schwebelage Im
übrigen nur noch beizutragen.

Erstaunlich ist (wegen der kirchlichen Herkunft des Verfs.)
die Distanz zu Luther; das Porträt ist das Gegenteil von panegyrisch
, ja, fast spürt man ihm den Unwillen über Luthers Sic-et-
non-Charakter ab, von dem Verf. an anderer Stelle einmal geredet
hat. (Luther wegen seiner Polemik „als Systematiker disqualifiziert
", erst in der Exegese wieder „die Überakzente ausgleichend
", S. 43, 260; Fraglichkeit biblischer Legitimation von
Luthers „Vorstellung von Realpräsenz", S. 44'-' etc.) Von hier
aus erklärt sich wohl die Frage, ob es möglich sei, seine christo-
zentrische Exegese des AT heute nachzuvollziehen, ohne das
Historische „in das Vage eines ungezügelten Allegorismus hinein"
zu verlieren (259). Man hätte in diesem Zusammenhange gewünscht
, daß Verf. der Frage nachgegangen wäre, wieweit der von
ihm nicht erwähnte jüdische mittelalterliche Exeget Raschi' in

') München, 1960, S. 127. (Untertitel: „Die Botschaft des Joh.-Ev.
i. d. Auslegung Luthers".)

-') M. E. hätte es zur Aufgabe des Verfs. gehört, sich hier stärker
auseinanderzusetzen mit H. Sasses Forschung in „This is My Body".
Minneapolis, 1959, oder, wenn ihm dieses Werk noch nicht vorgelegen
hätte, mit S's ihm schon verfügbaren früheren Stellungnahmen.

■') Das dictum ..Lutherus non lyriisset, nisi Lyra raschierat"
(..lyriisset" und „raschierat" sind verbalisierte Formen der Eigennamen