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1962

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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sei aU Ergebnis einer Disputation anzusehen, ist er jetzt der Meinung,
einer Disputation entspreche grundsätzlich eine ganze Quästion.

Besonders wertvoll sind die am Schluß jedes Kapitels gegebenen
..Arbeitshinweise", die nicht nur eine Einführung in die wichtigste
Literatur enthalten, sondern darüber hinaus ganz praktische methodische
Anleitungen geben. z.B. S. 71:.....die hauptsächlichen Phasen
in der Entwicklung der Schulen geographisch darstellen; eine Karte
des akademischen Paris im 13. Jahrhundert anfertigen; gemäß der
verschiedenartigen Gestaltung der Klosterschulen und der Stadtschulen
gleichsam vorausschauend die Entwicklung der .monastischen'
zur scholastischen Theologie überdenken . . ." Dem Übersetzer Otto
M. Pesch O. P. verdankt der deutsche Leser die Ergänzung der Arbeitshinweise
, die ursprünglich im wesentlichen französische Literatur
nannten, durch entsprediende deutschsprachige Titel, ferner kleine zusätzliche
erklärende Anmerkungen, schließlich i Register (Abkürzungen;
Sachen; Personen; lat. Fachausdrücke; besprochene Thomasstellen).

Durch die Einzeichnung des Werkes des Thomas in seine
Zeit will Chenu in keiner Weise einem Relativismus in bezug
auf die Autorität des Thomas heute das Wort reden. „Die
Wahrheit ist nicht deshalb weniger wahr, weil sie sich einzeichnet
in die Zeit" (S. (19)). Dennoch wird durch ein solches Verfahren
notwendig einer schematisch-dogmatischen Heranziehung
einzelner Thomassätze und auch ganzer Beweisgänge für die
gegenwärtige Philosophie und Theologie der Abschied gegeben.
Gefragt ist in erster Linie nach der Intention und dem Geist,
mit dem Thomas im Rahmen seiner Zeit wissenschaftlich gearbeitet
hat. und wenn dieser Geist Vorbild ist für gegenwärtiges
philosophisches und theologisches Denken, dann können, ohne
daß seiner Autorität Abbruch geschähe. Grenzen In bestimmten
Einzelheiten bei Thomas zugegeben werden.

Der Geist, in dem Thomas forschte, ist der Darstellung
Chenus zufolge ganz entscheidend geprägt und bestimmt vom

Teil 11) aufgebaut sei, während der III. Teil lediglich die konkrete
Form der Rückkehr „in Christus" beschreibe (S. 343 f.,
351 ff.). Diese Ausführungen hält E. Gilson in einer Besprechung
(Bulletin thomiste VIII, S. 5—10) für die zentralsten und wichtigsten
des ganzen Buches. Die These Chenus hat freilich bei
Forschern wie H. Schillebeeckx O. P., A. Häven S. J., neuerdings
bei G. Lafont O.S.B, und anderen Widerspruch hervorgerufen,
die die Stellung Christi in der Summa Theologiae und im ganzen
Werk des Thomas für wesentlich zentraler halten, als es
nach Chenus Interpretation der Fall ist. In dieser Diskussion
geht es grundlegend um die Frage des Verhältnisses der hcils-
gesdiichtlichen Elemente zur Metaphysik des Thomas, der
Chenu selbst einen ganzen Abschnitt widmet (S. 340—351).
Uns scheint hierbei vielfach die Position Chenus, insbesondere
die Bedeutung, die er dem exitus-reditus-Schema beilegt, von
seinen Gegnern noch nicht richtig verstanden worden zu sein.
Das genannte Schema versteht Chenu nicht ,,wie einen bequemen
Rahmen", in dem der unermeßliche Stoff der heiligen Lehre
disponiert wurde, vielmehr bildet es eine „Ordnung des Wissens
, die das Offenbarungsgut von innen her verstehen läßt".
Thomas „bringt und entwickelt Gründe . . . innerhalb einer
Reihe von kontingenten Fakten" (S. 347). So ist also auch nach
Chenu das geschichtlich-kontingente Handeln Gottes bestimmend
für den Aufbau der Summa und findet in dem exitus-
reditus-Schema lediglich seinen adaequaten wissenschaftlichen
Ausdruck. Das bedeutet jedoch für Chenu nicht, daß die ganze
Summa christologisch zu interpretieren ist — geschichtlich -kon-
tingentes Handeln Gottes ist ja auch etwa die Schöpfung.
Gegenüber dem Bestreben, dem menschgewordenen Christus die
beherrschende zentrale Stellung im System des Thomas zuzugestehen
, weist er u. E. mit Recht auf die Lehre des Thomas über

evangelischen Anliegen seiner Zeit, insbesondere des Domini- das Motiv der Inkarnation, wie sie sich „im

Knnerordcns. Es ist „nicht das Eindringen des Aristoteles, das einzeichnet und offenbart" (S. 357), hin, der jenes Bestreben

entscheidend das Denken des heiligen Thomas bestimmt ... eindeutig zuwider ist

hder Christenheit des 13. Jahrhunderts ist die Renaissance j Die evangelische Theologie wird sich durch das Buch des

gefugt ln eine evangelische Bewegung (S 39). Dieser Geist Dominikaners Chenu fragen lassen müssen, ob sie recht daran

ustimmt in erster Linie den biblischen Unterricht, dessen | tut, Thomas von Aquin kampflos dem römischen Katholizismus

'Niederschlag wir in den Schr.ftkommentaren des Thomas haben, j 2U überlassen. Der Geist des Evangeliums, der nach Chenus Dar-

"e Hörerschaft dieses biblischen Unterrichts sind nicht mehr Stellung das Werk des Thomas durchweht und bestimmt, sollte

I IUI tri KDM l U1C9C9 VIVWHlMi -----

Mönche, die für ein privates Leben frommer Betrachtung Nah- : evangelische Theologen einladen, sich dem Studium des Thomas

fung suchen, sondern sind die Weltklcriker, die in ein aktives----A;* Fr^p vi.-ll.-n nh man

Programm apostolischer Eroberung eingespannt sind" (S. 267).
Indem das Evangelium die gesamte „Vernunft mit ihren Forderungen
und Hilfsmitteln in Anspruch" nimmt, läßt es die
wissenschaftliche Theologie entstehen (S. 273). Aber auch die
Philosophie des Thomas, insbesondere seine Aristotelesvcrwen-

z" widmen. Ebenso sollte man sich die Frage stellen, ob man
einer Metaphysik, die das Evangelium nicht beherrscht, sondern
ihm dient, weiterhin nur ablehnend gegenüberstehen muß.
Freilich wird im einzelnen zu prüfen sein, ob es sich tatsächlich
so verhält, daß bei Thomas Aristoteles an das Evangelium, und
nicht, wie Luther meinte, das Evangelium an Aristoteles aus-
un8i ist nur aus diesem evangelischen Geist heraus zu verste- j geliefert worden ist. Daß es aber überhaupt zu dieser erregenden
Fhomas ist ein Meister der „expositio reverentialis" j Frage kommt und daß durch sie unter Umständen auf ganz neue

.--(—-^„„ll,.,, Gpsoräch hingewiesen wird,

nen Thomas ist ein Meister der •■^^/"^ den ! Aspekte im interkonfessionellen Gespräch hingewiesen wird,
<S. 21 ff., 160 ff., 234). die nicht das humanistische Ziel hat, oe i k Lektüre dieses wichtigen Buches, für

historischen Aristoteles als solchen ins Leben zurückzurufen £» ci^ J^cZh^ W «K Verfasser aufrichtigen Dank

sondern von ihm nur erfahren will, was wahr ist, und sich | den ein evangelischer Leser _ _ ^ ^_

.,,an....■ " j Aristoteles auf-

dabei nicht scheut, dem ursprünglichen Sinn de* AnrtW« ^
grund der Glaubenserkenntnis mit „sichtbaren vi
und „diskreten Zurechtbiegungen" (S 161) gg^JgK-
interpretiert demnach Thomas in ähnlicher und
chen Philosophen", wie es besonders Jacques rv
Etienne Gilson. in Deutschland etwa Jose! Kiepe r g The0,ogie
die für Thomas die These einer „Form-Einheit von „en
und Philosophie" vertreten - im Gegensatz zur i
Schulauffassung, die Theologie und Philosophie bc. ihm
lieh trennen will. Theologia«-'
Die Summa contra Gentiles und die >umma verstehen
sind nach Chenu in ihrer Gesamtheit als Theologie zu GentjlcS
- auch aus den ersten drei Büchern der Su,1im*f° Wahrheiten
darf man. obwohl sie der Vernunft zugängliche n ^
behandeln, nicht „eine Summa pMoiophlcan»™» ]V
christlichen Lehrstoff und die theologische Mc™°ae , iae
Buch vorbehalten wollen" (S. 331). Für die Summa i e Innoccntium IV.

hat Chenu die mittlerweile fast klassisch zu ™nnendtChomiste | Salesianum XX111. IW1 S. 407-
(sie ist von ihm zuerst in einem Aufsatz in der Revue

schuldig ist — und dem Übersetzer dafür, daß er diesem Werk
durch seine gut lesbare Übertragung eine weitere Verbreitung
ermöglicht hat.

Druckfehler: S. (18). Z. 14: nach dem 4. Wort fehlt ein Komma;
S. 27. Z. 4 v.u.: Anm. 23 statt 33; S. 36, Z. 1: 1. Buchstabe steht auf
dem Kopf; S. 62, Z. 14: nach dem 6. Wort fehlt ein Punkt; S. 80,
Z. 9 v.u.: sententiis statt eententiis; S.III, Z. 8: eidoc statt tiSog;
S. 175. Z. 6 v.u.: rationale statt rationalen: S. 183, Z. 6: am Ende
fehlt ein Abteilungszeichen; S. 196, Z. 13: formalis statt fomalis;
S. 353, Z. 12: nach dem creten Wort ein Komma statt des Punktes.
Leipzig Ulrich K U h n

Campos. Redig de: Die Bauten Innozenz'III. und Nikolaus'III. auf
dem vatikanischen Hügel.

Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchcn-
geschichte 55, 1960 S. 246.
C a n t i n i, Joannes A.: De autonom!« judicis saecularis et de Ro-
mani Pontificis plenitudine potestatis in temporalibus secundum

in miiiii /Imsum in — i

1939 vertreten worden) aufgestellt, daß sie nach dem neupla-

Gößmann, Elisabeth: Der Christologietraktat in der Summa Halen-
bei Bonaventura und Thomas von Aquin.

...i.j, c , --------1 «ui^tMciii, uüu "<•-■ -- r n . i . p,onaventura und nomas von Aquin.

tonisch „Schema von ex/lu.s (Ausgang der Geschöpfe von Gott sehe Zeitschrift .2, .961 S. .75-191.

- Te.ll) und reditus (Rückkehr der Geschöpfe zu Gott - Munchener g