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Ausgabe:

1962

Spalte:

355-356

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

O'Connor, Edward D.

Titel/Untertitel:

Faith in the synoptic Gospels 1962

Rezensent:

Lerle, Ernst

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Seite 1

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355

356

Text, daneben aber auch verschiedene Formen des r)-Typus. Ein
bestimmter Zeitpunkt, von dem an Augustin den ß-Text bevorzuge
, läßt sich nicht ausmachen (S. 190). Ich füge hinzu: Auch
eine Scheidung von literarischen Werken, in denen Augustin den
ß-Text benutzt hätte, und Predigten, Briefen etc., in denen er
auf eine bestimmte Textform weniger Wert gelegt hätte, läßt
6ich nicht durchführen. Dann aber ist es zu gewagt, bei wirklichen
Lesarten das Augustinzeugnis zur Korrektur von r heranzuziehen
, wie es S. 190—195 geschieht. Das vorgelegte Material
führt zu einer Ablehnung der bekannten These De Bruynes,
Augustin sei der Schöpfer der in r vertretenen Revision; es wird
aber nicht ganz klar, ob Zimmermann diese Folgerung zieht oder
nicht.

Folgendes spricht gegen De Bruyne: 7, 6 nagovoia praesentia,
eine genauere Übersetzung als adventus, aber audi in D belegt
(r fehlt). 10,12 Zusatz non intellegunt, eine bewußte Angleichung
an den normalen griechischen Text gegen den „westlichen" Text, aber
auch in den Vulgatahandschriften L (B) bezeugt. Als Individuen sind
D, L, B natürlidr jünger als Augustin, sie vertreten aber ältere Texte.
L zeigt die europäische Heimat an, in die gleiche Richtung weisen die
Berührungen mit dem Überlieferungszweig MVLC des pseudo-augustini-
schen Speculum (z. B. 4, 2 dolo adulterantes, in conspectu dei. —
Ist diese Gruppe für die Rezension des Speculum auch sekundär, so
hätte sie in einem Aufriß über die Geschichte des Bibeltextes doch nicht
fehlen dürfen).

Der 3. Teil (S. 239-252) behandelt die Vulgata. Nach
Zimmermann setzt sie den r3-Typ in einer Mischung von z und z'
voraus (S. 249); die Korrekturen an dieser Vorlage merzen vor
allem „westliche" Lesarten aus, doch wird auch hier der Ausscheidungsprozeß
nicht völlig konsequent durchgeführt (S. 2 50—
252). Vom ß-Typ wird nur geringe Abhängigkeit angenommen;
ich selbst halte die angeführten Beispiele (4, 10. 14) nicht für
beweiskräftig, da sie nur eine gemeinsame griechische Lesart
voraussetzen (S. 252). Hieronymus wird nach der S. 241 —245
vorgelegten Liste typischer Vulgatalesarten als der Schöpfer der
Vulgata abgelehnt; Zimmermann greift die These De Bruynes
von der fortschreitenden Entwicklung des Vulgatatextes auf
(S. 246 f.).

Für die Erörterung dieser letztlidi dodi umwälzenden These ist
aber der Raum, der der Vulgata in Zimmermanns Arbeit zugewiesen
wird, zu eng. Die wenigen Zeilen S. 246 f. genügen keinesfalls. Gegen
die These ist einzuwenden: bei einer fortsdireitenden, immer genauer
werdenden Entwicklung wäre in den Handsdiriften AG das beste Stadium
erreicht. Das zeigen Lesarten wie 8, 8 ingenitum bonum.
11,17 secundum dominum. 11,31 domini iesu (11,17.31 auch
von White rezipiert). Die Verbindung AG müßte dann als besonders
enge Verwandtschaft dieser beiden Zeugen interpretiert werden. Dagegen
spricht die mitgehende, aber immer wechselnde Bezeugung. Nicht
das Endstadium einer kontinuierlichen Entwicklung ist hier gegeben,
sondern die ursprüngliche Revision. Für die Frage, wann diese anzusetzen
ist, ist die 1961 erschienene Neuerörterung des Pelagius-
problems durch H. J. Frede von entscheidender Bedeutung.

Ich bedauere, daß in dieser Besprechung die Kritik überwiegt
. Ich weiß, daß es jahrelanger Bemühung bedarf, die angeschnittenen
Fragen zu behandeln, ja, allein das Material dafür in
sachgerechter Weise vorzulegen. Andere Pflichten und Aufgaben
verbieten es oft, so lange Zeit darauf zu verwenden. Dann aber
ist die Beschränkung auf ein Teilgebiet gefordert.

Sismarinffen Wulfer Thiele

O'Connor, Edward D., CSC: Faith in the Synoptic Gospels. A pro-
blcm in the correlation of Scripture and Theology. Notre Dame'
Indiana: University of Notre Dame Press 1961, XX, 164 S. $ 4.—.

Die Arbeit will dem Problem nachgehen, inwiefern der
Glaube bei den Synoptikern die intellektuelle Annahme eines
Sachverhalts einschließt oder bedeutet. Im Hauptteil bietet das
Buch Einzelexegesen von Stellen, an denen das Evangelium
Gegenstand des Glaubens ist, der Person Jesu Christi vertraut
(trust) wird oder der Glaube (belief) zum Ausdruck kommt,
daß Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist. Dann folgen
zusammenfassende Darstellungen, in denen Gedankengänge der
neutestamentlichen Theologie mit denen der Systematik gekoppelt
sind. Viel Raum nimmt der Nachweis ein, daß die Ergebnisse
den Postulaten der spekulativen Theologie und der
vom Vatikanischen Konzil festgelegten Definition des Glaubens

nicht widersprechen. Die einschlägige exegetische Literatur ist
berücksichtigt, die formgeschichtliche Problematik bleibt weitgehend
ausgeklammert.

Die Arbeit vertritt die These, daß der Glaube vor allem
der Person Jesu Christi gilt, aber auch die Annahme eines begrifflichen
Inhalts einschließt, und zeigt, wie an vielen synoptischen
Stellen der Glaubensakt mit einer Zustimmung Hand in
Hand geht. O'Connor stellt die intellektuelle Seite des Glaubens
in den Vordergrund; das Emotionale wird kaum gestreift
(S. 8 5 f.), beim Begriff des Vertrauens tritt das Motiv des Willens
zu stark hervor (S. 84). Eine ganzheitliche Auffassung
lehnt der Verfasser (S. 106) ab und spricht unbefangen, wenn
auch nicht ganz ohne Selbstkritik, von Teilen der Seele (S. 85).
Trotz der Mängel enthält die Arbeit eine Reihe zutreffender
exegetischer Einzelbemerkungen.

Halle/Saale Ernst Lcrlc

Bcuken, W.: Rond de Chronologie van de passieweek.

Bijdragen 21, 1960 S. 377—385.
B i s h o p, E. F. F.: The Parable of the Lost or Wandering Sheep.

Anglican Theological Review 44, 1962 S. 44—57.
C o c k, J. de: Het symbolisme van de duif bij het doopscl van

Christus.

Bijdragen 21. 1960 S. 363—376.
Harle, Paul-Andre: Sacerdocc et ministere dans le Nouveau Testament
.

Verbum Caro No. 60 (1961) S. 357—371.
Jeremias, Joachim: Das Vater-Unser im Lidite der neueren Forschung
.

Die Zeichen der Zeit 16, 1962 S. 1 — 13.

K i e t z i g, Ottfried: Der Verzicht in der Nachfolge Jesu.
Pastoralblätter 101, 1961 S. 618—629.

Quecke. H.: Koptisch-gnostische Schriften aus den Papyrus-Codices
von Nag-Hamadi.
Bijdragen 21, 1960 S. 304—309.

Soucek, J. B.: La prophetie dans le Nouveau Testament.
Communio Viatorum 4, 1961 S. 221—23 1.

Vögtle. Anton: Zeit und Zeitüberlegenheit im biblischen Verständnis
.

Freiburger Dies Universitatis 8. 1960/61 S. 1 — 18.

KI HC HEN GESCHICHTE: ALLGEMEINE S
UNI) TEHHITOHIALKIHCHENGE SCHICHTE

Klaus, Bernhard: Veit Dietrich. Leben und Werk. Nürnberg: Selbstverlag
d. Vereins f. bayerische Kirchcngeschichte 1958. XXIII, 445 S.
m. 7 Abb. gr. 8° *= Einzelarbeiten aus der Kirchengcschichte Bayerns,
hrsg. i. Auftr. d. Vereins f. bayer. Kirchcngeschichte v. M. Simon.
XXXII. Bd. Kart. DM 39.40; geb. DM 42.—.

Veit Dietrich gehört zwei Lebenskreisen an: Wittenberg und
Nürnberg. Eine ihm gewidmete Monographie, die seit langem
notwendig war, mußte daher auf beide Gebiete eingehen, den
weiteren der allgemeinen Reformationsgeschichtc und den engeren
der territorialen Kirchenhistoric. Daß diese Arbeit nun vorliegt
und die mit beiden Lebenskreisen zusammenhängenden
Probleme erörtert, ist eine erfreuliche Tatsache.

Seitdem die reformationsgeschichtlichc Forschung sich den
Männern der „zweiten Linie" zugewandt hat, mußte auch Veit
Dietrich erneut an Interesse gewinnen. In unseren Tagen wird
erst wieder erwogen, wieviel auf den Schultern der Freunde und
Schüler der Wittenberger Reformatoren gelegen hat, die ihren
geistlichen Vätern manche Arbeit und Last abgenommen haben.
Linter diesen muß Veit Dietrich, der langjährige Amanuensis
Luthers, als einer der ersten genannt werden. Hatte sich vor 25
Jahren Peter Meinhold in seiner Erstlingsarbeit mit ihm beschäftigt
, soweit er mit Luthers Genesisvorlesung und ihrer Veröffentlichung
in Verbindung steht, so hat der Verfasser eine
breitere Basis gelegt. Als Einführung hat er eine Übersicht über
Dietrichs schriftstellerische Arbeiten geliefert, in der alles Erreichbare
verzeichnet ist. Auf dieser Grundlage konnte eine gründliche
Darstellung aufgebaut werden, bei der dem Verfasser die
Kenntnis der Nürnberger Archivalien in vielem zugute gekommen
ist. In nicht wenigen Punkten führt er über Meinhold hin-