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1962

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Altes Testament

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Neuerscheinungen

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6iegen. Audi der Kult gehört ganz auf seine Seite. Aber geht es
im Judentum seit dem Exil nicht um die Religion des Wortes,
ist nicht der Tempel und der Tempelkult schon in der israelitischen
Religion der Köngiszcit zwischeneingekommen (Apg. 7,
48 ff.; Rom 5, 20)? Aber hier, wo der Blick des Verfassers sich
auch auf die weitere Entwicklung der biblischen Religion im
Judentum, im jüdischen Sektenwesen und in der christlichen
Gemeinde richtet, d. h. etwa um die Wende zum zweiten vorchristlichen
Jahrhundert, schließt der Verfasser seine Darstellung
mit Recht ab, zumal die Probleme des jüdischen Sekten- und
Parteienwesens, wie 6ie heute zu sehen wären, einer Gesamtdarstellung
wohl noch nicht zugänglich sind.

Ist das vorliegende Werk zunächst auch für den Lernenden
und für den am Stoffe interessierten Theologen oder Laien bestimmt
, so wird doch auch der Fachmann an der Geschlossenheit
der Darstellung und an der Sicherheit, mit der der Verfasser den
Weg der Geschichte nachzeichnet, sich freuen und mancherlei
weiterführende und anregende Ausführungen dankbar anerkennen
.

Gießen Georg Bertram

Atkinson, Clifford W.: The Ordinances of Passover-Unleavencd
Bread.

Anglican Theological Review 44, 1962 S. 70—85.

Heller, Jan: Theologische Aufteilung der Gesdiichte Israels.
Communio Viatorum 4, 1961 S. 232—235.

Kapelrud, Arvid S.: Fra Israels profeter til de vise menn. Oslo-
Bergen: Universitetsforlaget [1961]. 95 S. kl. 8°.

Koch, Klaus: „denn seine Güte währet ewiglich".
Evangelische Theologie 21, 1961 S. 531—544.

— Neuorientierung der alttestamentlichen Theologie.
Pastoralblätter 101, 1961 S. 548—559.

Nötschcr, F.: Bar Kochba, Ben Kosba: der Sternsohn, der Prächtige
.

Vetus Testamentum XI, 1961 S. 449—451.

NEUES TESTAMENT

R i s t o w, Helmut, u. Karl M a 11 h i a e [Hrsg.]: Der historische
Jesus und der kerygmatisdie Christus. Beiträge zum Christusverständnis
in Forschung und Verkündigung. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
[i960]. 674 S., 36Taf. gr. 8°. Lw. DM 21.-.

Die 48 Beiträge dieses Bandes kreisen (mehr oder weniger
eng) um dasselbe Thema. Es geht um die Frage nach Jesus und
nach seinem Verhältnis zum Christus des Kerygmas. Nach Absicht
des Verlages soll dem Leser mit diesem Werk „ein gewisser
Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung hinsichtlich
dieses Problems wie auch der Verflochtenheit des Glaubens
mit dieser Forschung gegeben werden". Ist das gelungen,
bzw. kann der Band das leisten?

Nun, zu Wort kommen Forscher aus Deutschland, der
Schweiz, den angelsächsischen Ländern, Skandinavien, Belgien,
der Tschechoslowakei und Ungarn; Neutestamentier, Systematiker
und Praktische Theologen (darunter auch einige katholische
Beiträge) und ein jüdischer Religionswissenschaftlcr1. Wir
haben es also wirklich mit einem recht breiten Querschnitt zu
tun. Man sieht 48 Forscher an der Arbeit an einem Thema.
Ohne Zweifel ist das eine sehr bemerkenswerte Sache, die man
begrüßen und über die man sich freuen kann.

") Die Namen der Verfasser sind: K. Adam - Tübingen; P. Althaus
- Erlangen; E. Barnikol - Halle IS.: G. Bornkamm - Heidelberg;

H. Braun - Mainz: E. Brunner - Zürich; R. Bultmann - Marburg; F. Buri-
Basel; M. Burrows - New Häven: H. Conzelmann - Göttingen; O. Cull-
mann - Basel - Paris: N. A. Dahl - Oslo; J. Daniclou - Paris; G. Delling-
Halle/S.; H. Diem - Tübingen; E. Fascher - Berlin; J. de Fraine - Löwen:
E. Fuchs - Berlin; H. Gollwitzer - Berlin; L. Goppelt - Hamburg; W.
Grundmann - Eisenach: O. Haendler - Berlin ; E. Heitsch - Göttingen;

I. Henderson - Glasgow; R. Hermann - Berlin; J. L. Hromädka - Prag;
J. Jeremias - Göttingen; H. Jursch - Jena; K. Karner - Budapest; W. G.
Kümmel - Marburg; J. Leipoldt - Rostock; R. Marie - Paris; W.Michaelis
-Bern; O. Michel - Tübingen; W. Nagel - Greifswald; B. Reicke -
Basel; H. Riesenfeld - Upsala; B. Rigaux - Brüssel: R. Schnackenburg -
Würzburg; J. Schneider - Berlin; H. J. Schoeps - Erlangen; E. Schott-
Halle'S.; H. Schürmann - Erfurt: E. Schweizer - Zürich; E. Stauffer - Erlangen
; H. Urner-Halle/S.; K. Weiß - Rostock; M. Werner - Bern.

Da die Beiträge (abgesehen von der Orientierung am
Rahmenthema) nicht aufeinander abgestimmt sind, ist es klar,
daß sie in der Anlage jeweils sehr voneinander abweichen.
Mehrfach wird auf die Geschichte des Problems eingegangen,
wobei die verschieden gesetzten Akzente charakteristisch sind.
Manche Aufsätze behandeln Vorfragen, andere Teilfragen. Neben
exegetischen Untersuchungen stehen Thesen oder auch methodische
Erwägungen, die die Möglichkeiten und Grenzen des
Fragens abzuklären versuchen. Einige Beiträge stellen rein historisch
dar, andere wieder fragen, welche Bedeutung das Problem
für die Gegenwart hat. Manche Verfasser lassen sich ausführlich
auf Diskussionen ein, andere verfolgen nur ihren eigenen Weg.
Einen besonderen Charakter hat der letzte Beitrag über das
Christusbild, der (mit 36 Schwarz-Weißdrucken) einen interessanten
Einblick in die Frömmigkeitsgeschichte vermittelt.

Schon dieser Überblick über das Gesamtwerk zeigt, daß es in
einer Rezension unmöglich ist, die einzelnen Aufsätze darzustellen und
dann (wenn auch nur kurz) zu würdigen. Man müßte so sehr ins Detail
gehen, weil oft gerade da wichtige Entscheidungen für die Gesamtkonzeptionen
fallen, müßte dann Querverbindungen zu anderen Beiträgen
ziehen, nach Voraussetzungen fragen und Schlüsse kontrollieren.
Trifft man aber eine Auswahl, dann wird die zwangsläufig willkürlich.
Entweder orientiert man sich an den Aufsätzen, die der eigenen Richtung
des Fragens entsprechen, bei denen man dann den Gedankengang
aufnehmen, vielleidit ein Stückchen weiterführen möchte; oder man
orientiert sich gerade (nun kritisch und z. T. sehr kritisch) an den anderen
Aufsätzen. Aber alle Verfasser haben ein Recht, gehört zu
werden.

So sei hier nur nach dem Gesamteindruck gefragt, und
zwar unter dem Gesichtspunkt des gemeinsamen Themas und
der Absicht des Verlages. Der Rezensent kann nicht verhehlen,
daß er das Buch mit zwiespältigen Gefühlen durchgearbeitet hat.
Wahrscheinlich wird es jedem Leser so gehen, ganz gleich,
welche historischen und theologischen Urteile ihn überzeugen.
Man kann verhältnismäßig leicht eine Reihe von Aufsätzen zu
Gruppen zusammenfassen (die dann meist mit „Schulen" zusammenhängen
). Hier ist (trotz der oft sehr verschieden gewählten
Komplexe, die untersucht werden) doch inhaltliche Gemeinsamkeit
festzustellen. Es liegt wirklich gemeinsame Arbeit
am Problem vor. Aufs Ganze gesehen ist es aber so, daß es
sich lediglich um Arbeit am gemeinsamen Problem
handelt. Ist das nun viel oder wenig?

Bedenkt man, daß das Thema erst seit einigen Jahren
energisch neu in den Mittelpunkt gerückt ist, wird man sagen,
daß die Konzentration darauf zu begrüßen ist. Dennoch wird
man fragen müssen: Ist das Thema nicht eigentlich das für die
christliche Theologie selbstverständliche? Unter diesem Gesichtspunkt
ist die Gemeinsamkeit dann nicht gerade etwas Besonderes
. Ja, nun zeigen sich die Differenzen nur noch deutlicher,
manchmal sogar erschreckend. Die Voraussetzungen, von denen
aus argumentiert, die Methoden, die benutzt, auch die Art, wie
sie benutzt werden, gehen oft beängstigend weit auseinander.
Was auf einer Seite ohne jede Erörterung als sicher angenommen
wird und nicht mehr begründet zu werden braucht, wird von
anderer Seite bezweifelt, manchmal aber nicht einmal zur Kenntnis
genommen. Man beachte etwa die verschiedene Beurteilung
und Handhabung (und die Ignorierung!) der Formgeschichte oder
die Heranziehung und Benutzung der Quellen (etwa Apg.) zur
Gewinnung historischer Urteile.

So macht dieser Band besonders eindringlich eine Aporic
deutlich, in der die theologische Arbeit heute steckt. Daß er sie
nicht überwinden kann, auch keine Wege dazu zeigen kann, ist
bei der Art der Anlage des Sammelbandcs klar. Man soll es
darum auch nicht von ihm verlangen oder erwarten. Daß die
Aporic bestand, war ohnehin bekannt. Wie groß sie aber ist,
das tritt hier nun deutlicher in Erscheinung, wo man sich unmittelbarer
als oft sonst an der gleichen Thematik orientiert.
Man wird sich kaum dabei beruhigen können; es sei denn, man
ist bereit, auf ein wirkliches Gespräch zu verzichten. Ernsthaft
wird das niemand wollen. Darum werden wir nicht darum
herumkommen, immer wieder neu die Grundlagen zu kontrollieren
und im Gespräch kontrollieren zu lassen, so mühsam das
nach den bisher gemachten Erfahrungen auch zu sein scheinen
mag.

MiinMer/Wcsfl. Willi Marxsen