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Ausgabe:

1962

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

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Neuerscheinungen

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gewonnen werden. An diesem Punkte bleibt Kinders Darstellung
einseitig.

Die ökumenische Bedeutung wie die biblische Eingründung
unserer Gottesdienste wird sich an dieser Frage bewähren müssen
. Es gilt, die reformatorische Zuspitzung auf die Verba als
Stiftungs- und Vollzugsworte wieder einzufügen in die trinita-
rische Weite altkirchlicher Proklamation der Heilstaten Gottes
und deren Applikation durch den Geist, ohne doch Luthers
Drängen auf die unserem Tun vorgeordnete Stiftung Christi
preiszugeben.

Heidelberg Albrecht Pete.ra

Hermann, Rudolf: Lesen und Hören. Bibelbuch und Verkündigungstheologie
.

Monatschrift für Pastoraltheologie 50, 1961 S. 465—472.
H u b b e 1 i n g, H. G.: Synthetisdi modernrtnie: J. H. Schölten als
wijsgeer en theoloog.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 16, 1961 S. 107—142.
Meister. Johannes: Lehrgespräch über das Abendmahl.

Evangelisch - Lutherische Kirchenzeitung 15. 1961 S. 38 1—385.
Pieper, Josef: Tod und Unsterblichkeit.

Universitas 16. 1961 S. 1265—1280.
Piper, Otto: Christian Baptism.

Scottish Journal of Theology 14. 1961 S. 370—379.
Q u a d t, Anno: Liegt in der Auffassung Küngs von Natur und Gnade

eine Begriffsändening vor?

Münchener Theologische Zeitschrift 12, 1961 S. 21 5—222.
Schulte. Raphael: Möglidikeitsbewcis für die Trinität?

Münchener Theologische Zeitschrift 12, 1961 S. 192—204.
S e i b e 1, Wolfgang: Der eine Glaube und die Vielfalt der Dogmen.

Stimmen der Zeit 169 (Jg. 87, 1961/62) S. 264—277.
Solowjew, A. O.: Die biblische Lehre über die Herrlichkeit Gottes.

Stimme der Orthodoxie 1, 1961, Heft s/6 S. 66—74.

RELIGIONSSOZIOLOGIE

Heck, Aloys: Außere Ursachen der Jugendverwahrlosung in moralpsychologischer
Deutung und moraltheologischer Würdigung. Frei-
burg/Br.: Lambertus-Verlag 1957. XXI, 143 S. 8°. DM 9.60.

Die vorliegende Arbeit hat sich in ihrem Thema selbst die
Grenzen gesetzt, indem sie auf die „äußeren Ursachen" der
Jugendverwahrlosung eingehen möchte. Der besondere Akzent
liegt dann in der moralpsychologischen und moraltheologischen
Deutung und Würdigung der beschriebenen Phänomene.

Die etymologische Ableitung des Wortes „Verwahrlosung"
vom althochdeutschen „waralos" = achtlos und die mittelalterliche
Bedeutung im Sinne von „unachtsam behandeln" (2) sollte
auf die Verantwortung der Erzieher aufmerksam machen. Wir
sind leider daran gewöhnt, die Verwahrlosung als ein Endprodukt
eines Verfallsprozesses anzusehen, ohne die Schuldfrage ernsthaft
zu stellen. Das Gemeinsame der Definitionen von Psychologen
, Soziologen, Pädagogen und Juristen wäre darin zu finden,
daß alle Beobachter ein „Auseinandergleiten der Persönlichkeit,
einen Verfall der Persönlichkeit, einen Mangel an klaren Bezügen
zur Mit-, Wir- und Wertwelt feststellten" (3). Die Verwahrlosung
„ist eine gewisse triebbedingte Unordentlichkeit, etwa6
Chaotisches, ein gewisses Auseinandergleiten der Persönlichkeit,
weil kein persönlicher Mittelpunkt und keine Grundsätze vorhanden
sind, die einer objektiven Wertordnung entsprechen" (4).

Die Verwahrlosungserscheinungen sind zu unterscheiden von
der Verwahrlosung selbst. In der Praxis wird leider die Bekämpfung
der Verwahrlosung allzu oft nur als eine Bekämpfung der
Verwahrlosungssymptome vollzogen. Die Verwahrlosungsäußerungen
haben nur diagnostische Bedeutung. Auf das Zustandekommen
der Verwahrlosung haben zwei Phänomene Einfluß: Anlage
und Umwelt, innere und äußere Ursachen.

Der Verfasser geht der Frage nach, welche Kräfte wohl
stärker den Verwahrlosungsprozeß bestimmen: Anlage oder Umwelt
. Er kann sich nicht für eine einseitige Auffassung entscheiden
, obwohl er die extremen Betonungen innerhalb der Psychologie
wohl kennt. Er meint, daß zwar eine gegenseitige Wechselwirkung
von Anlage und Umwelt stattfindet, möchte aber auch
festgehalten haben, daß Anlage oder Umwelt auch getrennt Einfluß
gewinnen können. Zur Methode der Untersuchungen bemerkt
der Verf., daß die Kenntnis aus Akten allein oder aus
Untersuchungen allein noch keineswegs ein sicheres Urteil über
die Entstehung der Verwahrlosung ermöglicht. „Nur ein gründliches
eingehendes Studium sowie vorurteilsloses Einfühlungsvermögen
in den Charakter,.der Jugendlichen zusammen mit einer
objektiven Schilderung der Verhältnisse . . . lassen eine ernst zu
nehmende Entscheidung zu" (10).

Es mag bedauert werden, daß die vorliegende Arbeit sich
nur mit dem Einwirken der exogenen Verwahrlosungskräfte
beschäftigt.

Es werden dann kapitelweise somatische Erscheinungs-
I formen, individuelle Erscheinungsformen und sozial-
charakterliche Erscheinungsformen geschildert. In einem
zweiten großen Abschnitt werden die äußeren Ursachen der
Jugendverwahrlosung in moralpsychologischer Deutung und moraltheologischer
Würdigung dargeboten, wirtschaftliche Sozial -
mängel, wie ungenügender Wohnraum und geringes Einkommen
aJs unmittelbare Ursachen werden beschrieben, darnach wird in
der moraltheologischen Würdigung die S c h u 1 d f r a g e im
theologischen Sinne erörtert. Es wäre vielleicht noch schärfer zu
sagen: die Frage der Verantwortung. Es wird sehr vorsichtig den
Spuren nachgegangen, die zu einer Gewissensbildung und Ge-
I Wissensentscheidung hätten führen können oder den Abwegen,
die dann zur Wertfälschung und Willensschwäche geführt haben.

Strukturelle und pädagogische Mängel,,
wie die unvollständige Familie, erziehungsunfähige Eltern, werden
mit Sachkunde und Einfühlungsvermögen festgehalten.
Wiederum wird in seelsorgerlicher Weise nach der begrenzten.
| verkümmerten und unausgeformten Verhaltensweise des jungen
I Menschen in solchen Verhältnissen gefragt. Bei allem Verständnis-
i willen wird dennoch ein Raum für die s i 111 i c h e Entscheidung
auch in dieser Liebesarmut oder Angstsphäre festgehalten. Die
sittlich-religiösen Mängel, bewirkt durch ein glaubensloses
Familienleben oder ein sittenloses Familienbeispiel, gehören
in den Kreis der Beobachtung. Abschließend wird noch ein-
! mal das Zentralproblem aufgegriffen, das der Verf. in der
Spannung von Willensfreiheit und den starken destruktiven
| Einflüssen der Umwelt sieht... Er beantwortet die Fragen mit
j der Lehre der Heiligen Schrift und der Kirche und ergänzt sie
j durch die Darstellung der Auffassungen der Medizin, Psydiolo-
| gie, Ethik, Moral und des Redits. Das Schlußkapitel handelt
' über „menschliche Verantwortung und göttliche Gnade" (117).
Was bei der Lektüre dieses gründlich gearbeiteten, verständnisbereiten
Buches auffällt, ist einerseits die Betonung, daß
j die Verwahrlosung kein unentrinnbares Schicksal
i ist und andererseits die Mahnung, im Urteil milde und vorsich-
j tig zu 6ein. Diese „verstehende Psychologie" mit ihrer seelsorger-
j liehen Linie schließt nicht aus. daß mit besonderem Nachdruck
! die Eigenverantwortlichkeit auch in schwierigen
| Umweltverhältnissen und unter Belastungen eines ungesunden
j Erbes, wenn auch besdiränkt, festzuhalten ist. Wenn es auch eine
! begrenzte Verantwortlichkeit ist, macht gerade sie den Rest der
i Menschenwürde auch in diesem verwahrlosten Leben aus. Mit
! Nachdruck wird die Gewissensbildung und -schärfung gefordert,
j weil eine pädagogische seelsorgerliche Einwirkung nodi für
i sinnvoll angesehen wird.

Einige kritische Bemerkungen kommen aus der theologi-
' sehen Sicht des Problems. Es handelt sich um die Arbeit eines
' Katholiken. Da für den Verf. die Verwahrlosung in der „V e r-
] w u n d u n g der menschlichen Natur begründet ist" (X), er vei -
j weist ausdrücklich auf Thomas, kann für ihn das entscheidende
j hilfreiche Ereignis auch nur Heilung heißen. Wenn wir auf
i die Arbeiten Johann Hinrich Wicherns blicken, dann stoßen wir
! auf eine 6ehr viel radikalere Sicht der Verwahrlosung, für deren
i Überwindung dann eben nur der weitgreifende, tiefwirkende Be-
1 griff „Rettung" angemessen ist. Es sei in diesem Zusammenhang
auf die Bemühung verwiesen, Widiern für unsere Zeit wiederzugewinnen
. Im BegTiff der Rettung ist ein fruchtbarer Ansatzpunkt
gegeben, in unser pädagogisches Handeln und Verstehen
seine Radikalität in der Betrachtung der menschlichen Natur
, aber auch im Einsatz des Liebeswillens aufzunehmen.

Methodisch ist bei der Arbeit kritisch anzumerken, daß der Verf.