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Ausgabe:

1962 Nr. 4

Spalte:

286-288

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Hessen, Johannes

Titel/Untertitel:

Das Kausalprinzip 1962

Rezensent:

Hermann, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 4

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um. Auch der Anteil der sog. byzantinischen „Kunstprovinzen",
vor allem der Makedoniens, wurde im 1. Teil (S. 27) nur angedeutet
. Man muß sich hierüber in Verf.6 Byzantine Art, London
1954* (Penguin Books), S. 122f. näher orientieren. & ist bezeichnend
, daß das Problem der paläologischen Renaissance und der
sog. makedonischen Schule die beiden letzten Byzantinisten-
kongresse stark beschäftigt hat (O. Dermis, Die Entstehung des
Paläologenstils in der Malerei, in: Berichte zum XI. Intern.
Byzantinisten-Kongreß München 1958, IV, 2, München 1958 und
V. N. Lazarev, Zivopis' XI—XII vekov v Makedonii, in: Xlle
Congres Intern, des Etudes Byzantines Ochrid 1961, V, Belgrad-
Ochrid 1961). Besonders dankenswert sind die Hinweise R.s auf
die vor allem von amerikanischen Gelehrten vorgenommenen
Reinigungen einer großen Anzahl von Denkmälern aus allen
Gebieten der byzantinischen Kunst. Ich wüßte nur weniges nachzutragen
. Das Barberini-Elfenbein (Tafel 19, S. 38) mit der umstrittenen
Figur des Kaisers und damit auch der anderen Gestalten
ist jetzt von K. Wessel (Das Diptychon Barberini, in:
Akten des XI. Intern. Byzantinisten-Kongresses München 1958,
München 1960, S. 665—670) mit Justinian I. und seiner Zeit
identifiziert worden. Bei dem Gebäude auf dem herrlichen Elfenbein
der vierzig Märtyrer (Tafel 116, 117; S. 66), ein Motiv, das
wegen seines dramatisch-epischen Gehaltes schon früh die Künstler
gereizt hat, handelt es sich um die Badestube, die einer von
den Vierzig aufsuchte, um tot niederzufallen. An seine Stelle
tritt der Aufseher vorne ganz rechts (vgl. Synaxarium Ecclesiae
Constantinopolitanae, ed. H. Delehaye, Brüssel 1902, S. 521 f.).
Die russische Transkription der deutschen Übersetzung ist unzureichend
und 6ehr persönlich. Redaktionell hätte dieser Band
besser mit dem im gleichen Verlage von W. F. Volbach, Frühchristliche
Kunst. Die Kunst der Spätantike in West- und Ostrom
, München 1958 erschienenen abgesprochen werden können.
Das von Max Hirmer und Julia Asen beigebrachte ausgezeichnete
Photomaterial ließ der Verlag ebenso ausgezeichnet reproduzieren
. Die Leser werden ihm für die schönen (manchmal vielleicht
sogar etwas zu schönen?!) Tafeln Dank zu sagen wissen. Zusammen
mit dem ruhigen, für den Durchschnittsleser alle unnötigen
Fragen beiseite lassenden Text, den nur ein 6o hervorragender
Kenner und Beherrscher der Materie, wie D. T. Rice, schreiben
konnte, ist damit ein Buch geschaffen worden, das endlich
hoffentlich auch breitere Kreise mit der byzantinischen Kunst in
Verbindung bringen wird. Sie hat auf die Kunst de6 Westens,
worauf der Verf. mit berechtigter Betonung hinweist, weit mehr
Einfluß genommen, als viele zu glauben meinen (s. a. D. T. Rice,
Byzantine art, 17. Kap.: Byzantium and the West, S. 244—257,
wo zur Literatur noch Ph. Schweinfurth, Die byzantinische Form.
Ihr Wesen und ihre Wirkung, Mainz 19542 (Berlin 1943) hinzuzufügen
wäre, auch wenn man mit seinen Ergebnissen nicht völlig
einverstanden 6ein sollte).

Halle/Saale Konrad Onasch

Heyden, A.A. M. van der |Hrcg.]: Bildatlas der klassischen Welt.
Deutsche Ausgabe übers, u. bearb. v. H. E. Stier. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn [i960]. 222 S. m. 475 Abb.,
13 Zeichn., 73 Ktn. 2°. Lw. DM 48.-.

Der „Bildatlas der klassischen Welt" ist nach dem „Bildatlas
2"r Bibel" und dem „Bildatlas der frühchristlichen Welt" das
dritte prächtige Glied einer einheitlich gestalteten Reihe. Er bietet
sich dem Benutzer dar als eine wohldurchdachte und gelungene
Komposition aus drei Elementen: Bild (Photographie bzw.
Zeichnung), Karte, Text.

Die BiMer sind teils chronologisch, teils nach sachlichen
Gesichtspunkten geordnet. Die Photographien 6ind meist ausgezeichnet
. Besonders hervorzuheben wären die zahlreichen Luftaufnahmen
, die extra für diesen Atlas angefertigt wurden. Sie
sind fast durchweg gestochen scharf und lassen mit ihrer interessanten
Perspektive den Benutzer das jeweils Aufgenommene
beinahe erleben. Die zahlreichen farbigen Übersichts- und Einzel-
karren bringen eine Neuheit: Die Karten enthalten über die
Namen von Orten, Flüssen, Landschaften hinaus noch kurze, die
Bedeutung einer Stadt oder eines Landes erläuternde Texte.
Diese rot eingezeichneten Texte (im Unterschied zu den schwarz I

gedruckten Namen) sind meist auch gut lesbar. Außer diesen
Karten-Texten und den Beischriften der Bilder enthält der Atlas
noch einen, 6ich durch das ganze Werk hindurchziehenden reinen
Textteil. Dieser Text bietet im wesentlichen eine knappe, übersichtlich
gegliederte Darstellung der Entwicklung der Hellenen
vom Stamm zum Kulturvolk und des Wachstums Roms von der
Stadt zum Imperium. Ein besonderes Wort verdient schließlich
noch das Register, das mehr enthält als bloß die übliche Verweisung
auf eine bestimmte Stelle des Werkes: das Register ist
nämlich als ein kleines, sehr brauchbares, auch für sich verständliches
Lexikon gestaltet worden.

Das vorliegende Werk ist von einer vielfältigen Verwendbarkeit
. Die Schönheit seiner Gestaltung und die Schönheit des
Gestalteten reizt immer wieder dazu, es zur Hand zu nehmen und
sich hinein zu vertiefen, wobei es einem zum Wegweiser einer
möglichst lebendigen Anschauung der klassischen Antike werden
kann. Wohl dem, der dies Buch sein eigen nennen darf!

Berlin Hans-Martin Seil enke

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Hessen, Johannes, Prof. D. Dr.: Das Kausalprinzip. 2., erw. Aufl.
München/Basel: Ernst Reinhardt 1958. 300 S. gr. 8°. Kart. DM 16.— ;
Lw. DM 18.—.

Die vorliegende 2. Auflage besteht aus einem genauen
Wiederabdruck des 1928 erstmalig bei Benno Filser in Augsburg
erschienenen Buches und einem Anhang von 9 Seiten, der die
Zwischenzeit überbrücken soll. Man ist über die Knappheit dieses
Anhangs etwas enttäuscht, da das Kausalproblem gerade in den
letzten Jahrzehnten durch die Entwicklung der Atomlehre und die
mit der chemischen und physikalischen Arbeit auf diesem Gebiet
Hand in Hand gehende intensive philosophische Besinnung in so
nachdrücklicher Weise neu erörtert worden ist, daß man weithin
meint, von einer Aufhebung der Kausalität im Unendlich Kleinen
und von da aus von einer neuen Fassung des ganzen Kausalproblems
reden zu müssen. Hessen geht auf diesen Fragenkreis
1928 60 gut wie gar nicht ein. Im Anhang sind ihm nur 2% Seiten
gewidmet.

Da eine Besprechung s. Z. bei der ThLZ nicht eingegangen
war, so sei eine Charakterisierung des Werkes nachgeholt. Es
zeigt alle Vorzüge der Hessenschen philosophischen Darbietungen,
also klare Denkweise, gründlichste Stoffdurchdringung und weite
Beherrschung der Literatur. Das Buch ist stilistisch beispielhaft
durchsichtig und von erheblicher informatorischer Bedeutung. So
bietet H. dem Leser die ganze Geschichte des Kausalproblem6,
die er referierend — allerdings mit gar zu langen, mehrfach über
ganze Seiten sich erstreckenden Zitaten —, und kritisch, auch da
wieder reichlich den betr. Gegner zitierend, vor dem Leser aufrollt
. Jedenfalls hat das Werk eine durchaus eigene Linienführung
, wie denn H's Selbständigkeit in der Vertretung Augustini -
sehen Denkens gegenüber scholastischem bekannt ist und sich
auch hier wieder in der Auseinandersetzung mit der 6ehr reichlich
zu Worte kommenden katholischen Philosophie erweist.

Seine Augustinische Orientierung will der Verf. vor allem in
der Verwendung des Wertbegriffes zum Ausdruck bringen, — dies
allerdings nicht mehr in ausführlicher Darstellung, sondern mehr
voraus- und zugleich auf 6ein anderes Schrifttum hinweisend.
Aber sie steht hinter der These, daß mit bloß ontologischen Begriffen
nicht kausal zu einem Weltgrund aufzusteigen sei, und
daß, selbst wenn es möglich wäre, aus einem Ens a se der persönliche
Gott nicht gewonnen würde, in dem, als „unendlicher Wertrealität
", „Wert und Sein, Idee und Wirklichkeit zur Deckung
kommen" (28 3).

So ergibt sich die Auseinandersetzung mit der Scholastik,
nicht zuletzt der Neuscholastik. Aber bereits gegen den Satz des
Thomas, das Kausalprinzip sei ein prineipium per se notum, wird
Stellung genommen. Ebensowenig sei es deduktiv, etwa aus dem
Begriff des Entstehens oder aus den logischen Grundsätzen —
etwa dem des zureichenden Grundes, dem des Widerspruchs oder
aus dem Prinzip der Identität —, zu erweisen. Es sei eben kein
„analytischer", und „darum auch nicht auf apriorisch-begriff-