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Ausgabe:

1962 Nr. 4

Spalte:

260-261

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Sources Orientales ; III:Les Pèlerinages 1962

Rezensent:

Lanczkowski, Günter

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 4

260

aus dem Reich Christi, welche so heilig sein und mit ihren wer-
cken so hinein rumpeln."28

Folgerichtig zu Ende führt Luther den Gedanken, daß nur
die Heiligkeit Christi vor Gottes Angesicht zu bestehen vermag.
Bedingungslos schroff gedenkt er den Abgrund festzuhalten, der
die Gerechtigkeit Gottes von unserer Gerechtigkeit trennt, d.h.
die Heiligkeit Gottes von unserer Heiligkeit. Nur die großen
Heiligen der Bibel verwirklichten die Heiligkeit Gottes, da ihr
Glaube und ihr Gehorsam das ermöglichten.

Die römisch-katholische Anschauung von der Heiligkeit
weicht also von Luthers darin ab, daß sich ein jeder solchen
Heiligkeitsübungen hingeben kann, die Gott gefällig und ange-

-") 33, 505, 23— (1530—1532).

nehm sind. Somit wird die menschliche Heiligkeit als gültig erklärt
. Mit dem ganzen Gewicht der Schriftautorität legte Luther
an diesem Punkt Protest ein. Gewißsermaßen kann man sagen,
daß das der Kernpunkt seiner ganzen Reformation war. Eine
Stelle aus seiner Galaterbriefvorlesung ir.ag dieses nochmals bestätigen
: „Quicquid igitur mundus habet Optimum et sanctissi-
mum extra Christum, peccatum, error et caro est. Itaque circun-
cisio, observatio legis, item opera, religiones, vota Monachorum
et omnium iusticiariorum carnalia sunt. Nos vero, inquit Paulus,
longe supra ista omnia versamur in Spiritu, quia per fidem tene-
mus Christum et in tribulatione expectamus 6pe eam iusticiam,
quam fide iam possidemus."29

L'") 40,2, 30,21— (Rörer 1 535).

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Benz, Emst: Ideen zu einer Theologie der Religionsgeschichte. Mainz:
Verlag der Akademie der Wissenschaften u. d. Literatur; Wiesbaden:
Steiner i. Komm. [1961]. 76 S. gr. 8° = Akademie der Wissenschaften
u. d. Literatur, Abhandl. d. Geistes- u. Sozialwiss. Klasse,
Jg. 1960, Nr. 5. DM 7.20.

„Die christliche Theologie hat die neuen Erkenntnisse der
Religionsgeschichte und der Religionswissenschaft nicht geistig
verarbeitet und hat keine neue Theologie der Religionsgeschichte
ausgearbeitet, die der neuen Situation entsprochen hätte" (S. 32).
Die6e Beobachtung ist der Ausgangspunkt für die vorliegende
Untersuchung, und es ist dem Verf. nur zuzustimmen, wenn er
die Erarbeitung eines neuen Verständnisses „von dem Verhältnis
der Religionsgeschichte zur HeiLsgeschichte" als „eine vordringliche
Aufgabe der Theologie der Gegenwart" bezeichnet (S. 5).

Zunächst gibt B. in einem geschichtlichen Rückblick eine
Übersicht über „die bisherige Beurteilung der Fremdreligionen
durch die christliche Theologie" (S. 11 ff.), wobei er mancherlei an
hochinteressantem und teilweise bislang wenig bekanntem Geschichtsmaterial
mitteilt. Als allgemeines Kennzeichen für die
Haltung von Kirche und Theologie in den vergangenen Jahrhunderten
der Kirchengeschichte bis noch in die Neuzeit hinein
erweist sich die „christliche Unkenntnis nichtchristlicher Religionen
" (S. 11), auf Grund de6 Werturteils, daß neben dem Christentum
alle andere Religion nur verwerflicher Götzendienst 6ein
kann.

In der alten Kirche spielt gerade bei den Apologeten allerdings
schon der Gedanke einer natürlichen Offenbarung außerhalb der alt-
testamentlichen Heilsgeschichte eine Rolle, die dann durch da« Christentum
als „Erfüllung der Religionsgeschichte" (S. 19) abgeschlossen wurde.
Mit dem Aufkommen des Islam als einer neuen Weltreligion konnte
diese Auffassung nicht mehr gehalten werden. Sie wurde von einer
eschatologischen Deutung abgelöst, die im Islam eine apokalyptische
Größe, das Tier aus dem Abgrund', erblickte. Diese Anschauung hat
die Ideologie der Kreuzzüge geprägt, die für den Nichtchristcn nur die
Alternative von Unterwerfung oder Ausrottung kennt. Für eine vorübergehende
Abkehr von dieser Auffassung nach dem Fall von Kon-
etantinopel wird als Beispiel Nicolaus Cusanus angeführt, der grundsätzlich
anerkannte, „daß es auch in anderen Religionen um den einen
Gott geht" (S. 26). B. verfolgt dann die Geschichte weiter über die
Zeit des abermaligen Hervortretens der „Kreuzzugs-Theologie in der
römisch-katholischen Weltmission des 16. und 17. Jahrhunderts"
(S. 27 ff.) bis zu ihrer erneuten Überwindung durch die in der Aufklärungszeit
wieder auftretende Lehre von der revelatio naturalis und
den Toleranzgedanken angesichts der nunmehr erst ins Blickfeld geratenen
großen asiatischen Religionen. Die Haltung der aus den Er-
weckungsbewegungen des 18. Jahrhunderts hervorgegangenen Missionsbestrebungen
bedeutet wieder einen Rückschritt und die „Wiederbelebung
der Kreuzzugsideologie auf einer geistlichen Ebene" (S. 31). In
der Geschichtstheologie des deutschen Idealismus erfolgt dann erneut
eine Überwindung der „rein dämonologischen Bewertung der nichtchristlichen
Religionen" (S. 32) durch den Rückgriff auf die alte Lehre
vom Logos spermatikos.

In einem zweiten Abschnitt werden von B. mit scharfer
Kritik die Standpunkte der gegenwärtigen theologischen Richtungen
gesichtet. In dem Ausweg der dialektischen Theologie,

das Christentum aus dem Umkreis der Religionen überhaupt
herauszunehmen und als Krisis aller Religionen anzusehen, erblickt
der Verf. mit Recht nur „eine neue Variante in der Begründung
des exklusiven Ahsolutheitsanspruches" (S. 38). Positiver
wird dagegen Ernst Trocltschs Ansatz beurteilt, in dem die
beiden „Hauptthemen" einer „modernen Theologie der Religionsgeschichte
" bereits enthalten sind (S. 46).

Auf diese beiden „Hauptthemen" geht B. in einem dritten
Abschnitt ein. Es handelt sich — erstens — um das „Verhältnis
von Menschheitsgeschichte, Religionsgeschichte und Heilsgeschichte
vor Christus" (S. 47 ff.). B. betont, daß man den ganzen Umfang
der hunderttausende von Jahren umfassenden Menschheitsgeschichte
vor Christus nicht einfach unberücksichtigt kssen kann.
Wenn „die Universalität des Erlösungswerkes Gottes" gewahrt
werden soll, dann muß „die allgemeine Religionsgeschichte und
die Entwicklung des religiösen Bewußtseins der Menschheit... in
einer sinnvollen Bezogenheit zu der christlichen Heilsgeschichte"
stehen (S. 49). Das zweite Hauptthema wird gestellt von der
unbestreitbaren Tatsache, „daß die Religionsgeschichte auch nach
Christus weitergeht" (S. 50). Audi hier wird man mit dem Verf.
darin übereinstimmen, daß es — gerade auch im Blick auf die Lage
der äußeren Mission — nicht mehr angeht, „das Verhältnis von
Christentum und nichtchristlichen Religionen in dem üblichen
Schema des Verhältnisses von Licht und Finsternis . . ." zu umschreiben
(S. 53).

Zur Lösung dieser beiden Hauptfragen verweist B. auf
„neutestamentliche Ansätze" (S. 53 ff.). Herangezogen werden
u.a. besonders die Missionspredigt des Paulus Acta 14 sowie die
Herrenworte Matth. 7, 21 f. und 25, 31 ff., denen B. entnimmt,
daß sich die Heilsgeschichte „nidit nur im Bereich der organisierten
Kirchen und Glaubensbekenntnisse, sondern im Gesamtbereich
der Religionsgeschichte" realisiert. „Heilsgeschichte ist
Menschheitsgeschichte" (S. 62).

Es ist klar, daß B. bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge
nicht mehr als erste Ansätze bieten kann, die noch weiterer und
gründlicherer Erörterung bedürfen. Er hat aber — und dies ist das
große Verdienst seiner Studie — einen dringenden Notstand richtig
erkannt, vorzüglich analysiert und auch die Möglichkeiten zu
6einer Überwindung aufgezeigt. An Widerspruch wird es ihm bei
dem durchgängigen gegenwärtigen Selbstverständnis der christlichen
Kirchen nicht fehlen. Möge aber trotzdem B.s mutiger Ruf
zur Neubesinnung in der Theologie der Religionsgeschichte nicht
ungehört verhallen!

Rostock Karl-Heinz Bernhardt

SourcesOricntales: I. La Naissance du Monde. 507 S., 7 Ktn.
1959. II. Les Songes et leur Interpretation. 331 S., 6 Ktn. 1959.'
III. Les Pclerinages. 373 S., 20 Ktn. 1960. Paris: Editions du

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Mit aufrichtiger Freude können die ersten drei Bände einer
Publikationsreihe angekündigt werden, deren Planung und Bearbeitung
französischen Orientalisten des „Centre National de la
Recherche Scientifique" und der „Ecole des Hautes Emdes" zu
verdanken ist. Der aus Anne-Marie Esnoul, Paul Garelli, Yves
Hctvouet, Marcel Leibovici, Serge Sauneron und Jean Yoyotte