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Ausgabe:

1962 Nr. 3

Spalte:

204-206

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Westermann, Claus

Titel/Untertitel:

Grundformen Prophetischer Rede 1962

Rezensent:

Hempel, Johannes

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203

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 3

204

Zu den Einzeluntersuchungen der seit Jahren anerkannten
Aufsätze noch viel zu sagen, hieße wiederholen. Und das kann
und 6oll nicht Sinn der Anzeige sein, der es im großen und ganzen
am Herzen lag, für die Sammlung der Schriften des Verfs. in
einem Band zu danken.

Berlin Bruno D oe r

Bleeker, C. J.: Wat beoogt de Studie der god6diensten?

Nederlands Theologisch Tijdschrift 16, 1961 S. 1—17.
L a d a n y, Ladislaus: Der Buddhismus in Burma.

Stimmen der Zeit 168 (Jg. 86, 1960/61) S. 331—347.

ALTES TESTAMENT

(jj Jacob, Edmond, Prof.: Ras Shamra-Ugarit et l'Ancien Testament.

Neuchätel: Delachaux & Niestie [i960]. 132 S. 8° = Cahiers d'Ar-
cheologie biblique N° 12.

Auf das Vorwort (S. 5—8), das mit der bescheidenen, allzu
bescheidenen Feststellung schließt, daß das vorliegende Buch dem
Ausgräber von Ras Schamra-Ugarit und den Bearbeitern der von
ihm ans Tageslicht gebrachten Schätze wohl viel zu danken, aber
nichts zu geben habe, folgen I. „Die Entdeckungen von Ras
Schamra" (S. 11—39), II. „Die religiösen Texte von Ugarit. Kurze
Analyse" (S. 43—62), III. „Die Beziehungen der Texte von Ras
Schamra zum Alten Testament" (S. 63—117). „Zusammenfassung"
(S. 119-121), „Abkürzungen" (S. 122), „Bibliographie" (S. 123
—128), „Verzeichnis der Abbildungen" (S. 129—130) und „Inhaltsverzeichnis
" (S. 131 f.) bilden den Beschluß. 13 gute Tafel-
und 13 ebenso gute Textabbildungen, unter den letzteren als 1
und 2 eine Kartenskizze vom Vorderen Orient und ein Plan vom
Königspalast, verleihen der Darstellung lebendige Anschaulichkeit.
Kommen auch die anderen in Ras Schamra aufgefundenen Objekte
zu ihrem vollen Recht, so stehen doch sachgemäß die hier
zu Tage gekommenen Texte und unter ihnen wiederum die mit
religiösem Inhalt im Vordergrund, indem sie es sind, die von
den Beziehungen Ugarits zum Alten Testament, und d. h. Kanaans
zu Israel am klarsten Zeugnis geben. Dabei ist sowohl die
Charakterisierung der Ras Schamra-Texte als auch die Würdigung
ihrer Berührungen mit dem Alten Testament von großer
Sachkenntnis und vorbildlicher Besonnenheit getragen, wie das,
was die letztere angeht, der Schluß des Buches (S. 121) erkennen
läßt, der 60 lautet: „Die Beziehungen zwischen Kanaan und
Israel dürfen nicht so betrachtet werden, als ob das zweite vom
ersten ausgegangen wäre. In dieser Hinsicht sind wir viel vorsichtiger
ak die ersten Interpreten der Texte von Ugarit, indem
wir uns die Dinge so vorstellen, daß auf dem gemeinsamen Boden
der gleichen Psychologie und der gleichen Geistesbildung
Kanaan und Israel auf einmal entstanden sind. Wenn das letztere,
dank der ihm zuteil gewordenen Erwählung, eine ganz ungewöhnliche
Entwicklung erfahren hat, so kam es ihm im Verlauf seiner
weiteren Geschichte zu, dem Boden, von dem es ausgegangen war,
Anteil zu geben an den Früchten dieser Erwählung."

Halle/Saale Otto Eiflf eldt

Eißfcldt, Otto: Der Beutel der Lebendigen. Alttestamentlidie Er-
zählungs- und Dichtungsmotive im Lichte neuer Nuzi-Texte. Berlin:
Akademie-Verlag 1960. 40 S., 7 Taf. 8° = Berichte üb. d. Verhandlungen
d. Sächsischen Akademie d. Wissenschaften zu Leipzig,
Philol.-Hist. Klasse, Bd. 105, H. 6. Kart. DM 4.-.

Die 4000 akkadischen Tontafeltexte aus dem 2. Jahrtausend
v. Chr., die bei den Ausgrabungen von Nuzi im Osttigrisland in
den Jahren 1925—31 gefunden worden sind, haben schon mancherlei
zur Aufhellung der altisraelitischen Kulturgeschichte beitragen
können. Auf einige Texte der jüngten Teilveröffentlichung
(von E. Lacheman, 1958) des z. Zt. noch nicht vollständig edierten
Materials geht O. Eißfeldt in der vorliegenden Studie näher
ein. Es gelingt ihm, in umsichtiger Kleinarbeit drei Beziehungen
zwischen den Nuzi-Texten und alttestamentlichen Traditionen
herauszuarbeiten, die sowohl für den Alttestamentler als auch für
den Assyriologen von großem Interesse sind. Es handelt sich
dabei — erstens— um die in den Nuzi-Texten bezeugte Verwendung
von Rechensteinen zur Zählung verschiedener Gattungen

von Herdentieren, wodurch der Vorgang der genauen Zählung
des Viehs in der Jakob - Laban - Geschichte (Gen. 29, 1 — 32, 1)
verdeutlicht wird. Im zweiten Falle trägt das Alte Testament zum
Verständnis eines schon länger bekannten Textes aus Nuzi1 bei.
E. weist nach, daß die hier sich findende Wendung „zum Wasser
hinabsteigen" in Entsprechung zur Formel „von der Schwemme
hinaufsteigen" im Hohenlied (4,2; 6,4) als Umschreibung für
die Begattung von Muttertieren zu verstehen ist. Die dritte
Beobachtung, die den größten Raum der Ausführungen einnimmt,
leitet den Ausdruck D""Ttri („Beutel der Lebendigen") in

1. Sam. 25, 29 aus der Hirtenpraxis ab und führt die mit diesem
Ausdruck verbundene eigentümliche Vorstellung vom ,Beutel der
Lebendigen', den Jahwe verwahrt, auf die in Nuzi literarisch und
archäologisch bezeugte Sitte zurück, Viehbestände durch Steinchen
zu zählen und diese in Tontaschen aufzubewahren. Der von
1. Sam. 25,29 ausgehende Sprachgebrauch wird in seiner Bedeutungsgeschichte
unter Heranziehung talmudischer und qumräni-
scher Belege weiter verfolgt bis zur heute noch gebräuchlichen
Eulogie auf jüdischen Grabsteinen: „Es sei seine (ihre) Seele eingebeutelt
in den Beutel der Lebendigen."

Rostock Karl-Heinz Bernh a rd t

J) Nr. 541 bei E. Chiera, Publications of the Baghdad School.
Joint Expedition with the Iraq Museum at Nuzi V, 1934.

W e s t e r m a n n, Claus: Grundformen prophetischer Rede. Mündicn:
} Kaiser 1960. 150 S. gr. 8° = Beiträge z. evang. Theologie, Theol.
Abhandig., hrsg. v. E.Wolf, Bd. 31. Kart. DM 9.50.

In einem ersten Kapitel verfolgt Westermnn die Geschichte
der Forschung von Baudissin (1901) bis zu Würthwcin (1952)
mit dem Ergebnis, daß die Bestimmung des Prophetenspruches als
Botenspruch die „Begründung und Ankündigung" nicht in
„Scheltwort" und „Drohwort" auseinanderzulegen gestattet (wie
das u. a. von mir getan ist), sondern beide als eine einheitliche
Grundform zusammzubindcn zwingt. Im zweiten Teil „Die Redeformen
in den Prophetenbüchern" wird nach einem allzu knappen
Überblick über die bestehenden Formen die zentrale Bedeutung
des Botenspruches erneut unterstrichen und betont: „Bei der Anwendung
der Botenformel im Prophetenspruch ist mit dieser
Formel der ganze Botschaftsvorgang auf das Geschehen der Pro-
phetie übertragen vorauszusetzen" (S. 72). Doch ist der weitere
Satz: „Die Propheten haben sich selbst ak Gottes Boten bezeichnet
" in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Vor Deuterojesaja
(42i9 [wenn auf den Propheten zu beziehen] 44s<0 und Haggai 1»
kommt die Bezeichnung mal'äk für den Propheten ak Selbst-
bezeichnung überhaupt nicht vor, und die Selbstbezeichnung
'äbäd wird man nicht ohne weiteres im Sinne von „Bote" interpretieren
dürfen. An profanen Botensprüchen (mit Einschluß der
Maribriefe) gemachte Beobachtungen führen dazu, für die Botschaft
selbst „bestimmte, feste Formen" herauszustellen, die das
Botenwort „erst zur Botschaft machen" (S. 79), wobei der Zusammenhang
der Maribriefe mit der israelitischen Hei7sprophetic
unterstrichen wird. Mit welchem Respekt ein Spruch auch eines
fremden Gottes aufgenommen werden konnte, zeigt sehr schön
Jdc 320, eine Stelle, auf die für die gemeinorientalische Vorgeschichte
auch der israelitischen Prophetie noch hätte verwiesen
werden können. Daß den Maritexten die Unbedingtheit der Unheils
- oder Gerichtsankündigung fehlt, um derentwillen W. die
Bezeichnungen „Drohwort" und „Scheltwort" für die israelitischen
Sprüche in einem lesenswerten Exkurs abweist — ohne
freilich selbst bessere vorschlagen zu können — wird nachdrücklich
betont.

Im dritten Teil: „Das prophetische Gerichtswort an Einzelne
" wird, ausgehend von Am 7m f. Reg I 2117 ff. II Inf. die
Gleichheit im Aufbau: Botenauftrag, Aufforderung zum Hören,
Anklage, Botenformel, Ankündigung herausgestellt und vier
formale Kennzeichen des — sehr kurzen, aus eingliedrigen Teilen
aufgebauten — dem ordentlichen Gerichtsverfahren verwandten
Gerichtswortes entfaltet und durch die Prophetenbücher, sowohl
die Vorderen ak die Hinteren hindurch verfolgt. Auch die Ansage
eines Zeichens wird erwähnt, aber ausgeklammert, und „Unheik-
worte ohne Begründung" kurz gestreift. Die im vierten Teil be-