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Ausgabe:

1961 Nr. 2

Spalte:

147-148

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Arnim, Hans von

Titel/Untertitel:

Das Disziplinargesetz der evangelischen Kirche in Deutschland 1961

Rezensent:

Brunotte, Heinz

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147

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 2

148

keit unterworfen werden können, so umgibt auch die geistliche
Mitte im Inneren der Kirche ein Bereich, für den ernstlich die
Frage zu erheben ist, ob das zu ihm gehörende Geschehen einer
jurisdiktioneilen Behandlung und Entscheidung fähig ist.

Geistliches Handeln und der kirchliche Dienst der kirchlichen
Organe können jedenfalls in der evangelischen Kirche nicht vorwiegend
nach rechtlichen Maßstäben gemessen werden. Hier fehlt
auch ganz die allgemeine Gesetzesbindung der Staatsverwaltung.
In der Kirche gibt es ferner nicht nur einzelne Handlungen, sondern
ganze Ordnungen, die sich auch von kirchlichen Gerichten
nicht so anwenden lassen, wie die abstrakten Sätze des weltlichen
Rechts von den Gerichten angewendet werden. Maurer gelangt zu
einer Unterscheidung von ,,geistlichem Recht" und kirchlichem
Verf.issungs- und Verwaltungsrecht, zu einer Abgrenzung von
kirchlichem Verwaltungsakt und geistlicher Amtshandlung (sie
wird durch die entsprechenden Bestimmungen kirchlicher Verwaltungsgerichtsgesetze
nötig), einer Untersuchung der rechtlichen
Qualität der geistlichen Lebensordnungen und zu einer Würdigung
der normativen Bedeutung des Bekenntnisses als Entscheidungsnorm
im Verhältnis zum übrigen kirchlichen Recht. Es
handelt sich dabei um lauter Probleme, die bei der noch in vollem
Gange befindlichen Diskussion über Grundlegung und Wesen des
Kirchenrechts vorwiegend behandelt werden. Für den Juristen
Maurer kommen allerdings dem Gegenstande seiner Arbeit gemäß
etwas zu ausschließlich die Rechtssätze des äußeren Kirchenwe6ens
in Sicht. Deshalb werden die Eigenart des kirchlichen Ordnungslebens
, der Stil der Handhabung kirchlichen Rechts und das jeweils
mehr oder weniger wirksame Miteinander von geistlicher
Motivation und Direktive und geschriebener Ordnung nicht voll
gewürdigt und untersucht. Das würde auch über die Aufgabe
dieser juristischen Arbeit hinausgegangen sein. Gleichwohl bietet
6ie auch für die Behandlung dieser Fragen wertvolle Hilfe. Denn
durch sie treten Bereiche und Anwendungsformen des Kirchenrechts
deutlich in Erscheinung, die bei vielen neueren Versuchen
der Orientierung des Kirchenrechts am geistlichen Wesen der
Kirche in unzulässiger Weise außer Acht gelassen werden. So ist
die Schrift durch ihre gründliche Behandlung des positiven Materials
an Gesetzen und Entscheidungen ein wichtiger Beitrag zu der
immer mehr in Gang kommenden Konfrontierung der Prinzipienlehre
des Kirchenrechts mit den praktischen Problemen des kirchlichen
Rechtslebens.

Hannover Eridi R u p p e 1

Arnim, Hans von, Dr. jur.: Das Disziplinargesetz der Evangelischen
Kirche in Deutschland vom 11. März 1955 sowie die Verordnung der
Evangelischen Kirche der Union über das Disziplinarrecht vom 14. Mai
1956 nebst den Überleitungsgesetzen der Gliedkirchen erläutert.
Berlin: de Gruyter 1960. VII, 221 S. 8° = Sammlung Guttentag 251.
Lw. DM 16.-.

Der frühere Präsident des Evang. Konsistoriums Berlin, der
selbst im Ausschuß der EKD an dem Disziplinargesetz führend
mitgearbeitet hat, legt als reife Frucht seiner langjährigen praktischen
Erfahrung den für alle, die mit dem Gesetz zu arbeiten
haben, unentbehrlichen Kommentar vor. In einer knappen Einleitung
wird die geschichtliche Entwicklung des Disziplinarrechts
innerhalb der EKD skizziert. Den Hauptteil des Buches macht
anhand der einzelnen Abschnitte und Paragraphen des Gesetzestextes
die erläuternde Auslegung aus (S. 7—142). Danach folgen
(S. 145—214) die Gesetzestexte im vollen Wortlaut: das Disziplinargesetz
der EKD mit zwei Durchführungsverordnungen;
die Verordnung der EKU über das Disziplinarrecht, die kurz
kommentiert wird; endlich die Überleitungsgesetze von 15 Gliedkirchen
, die das Disziplinargesetz der EKD übernommen haben.
(Hier fehlt das K. Ges. der Pfalz vom 21. 6. 1958 - ABl. EKD
1958, Nr. 191.) Ein sorgfältiges Sachregister erschließt den Inhalt
des Buches für die praktische Benutzung.

Der Kommentar von Arnim hat seinen unbestreitbaren Wert
als Hilfsbuch für die Praxi6. Die Erläuterungen zu den einzelnen
Paragraphen 6ind knapp, aber sie verdeutlichen stets den Gesetzeswortlaut
, häufig durch Anführung von Beispielen, in großem
Umfange auch durch Vergleich mit den Bestimmungen früherer
Disziplinargesetze (z. B. der Disziplinarordnung der DEK
vom 13. 4. 1939) oder staatlicher Vorschriften (z. B. Bundesdisziplinarordnung
, Strafprozeßordnung u. a.). Hierdurch wird

das Bemühen des Gesetzes deutlich, der Kirche ein Disziplinarrecht
zu geben, das nicht einfach eine Übernahme aus dem staatlichen
Raum ist, sondern der Eigenart des kirchlichen Dienstes
gerecht wird. Gelegentlich bringt der Kommentar auch — berechtigte
— kritische Anmerkungen zu einzelnen Formulierungen des
Gesetzes. Die Beifügung der landeskirchlichen Gesetztexte ist
sehr zu begrüßen; sie erleichtert die Benutzung des Kommentars
in den verschiedenen Landeskirchen, die das Gesetz der EKD
übernommen haben.

Wenn man aus der Dankbarkeit für dieses treffliche und
zuverlässige Hilfsbuch einen Wunsch aussprechen dürfte, so wäre
es dieser, daß bei einer Neuauflage die geistliche und theologische
Problematik des Disziplinarrechtes in der evangelischen Kirche
stärker herausgearbeitet werden möchte. Die geschichtliche Einleitung
ist allzu kurz. Es wäre doch interessant, die Entwicklung
von 1919 bis 1939 etwas näher zu beleuchten. Fraglich ist auch,
ob es genügt, das heutige evangelische Disziplinarrecht aus dem
kanonischen Recht abzuleiten (S. 3 u. S. 10 unten), von dem mißverständlich
gesagt wird, daß es seinerseits wieder „auf dem jus
divinum fußte". Was heißt es, daß das neue Disziplinarrecht
„geistliches Recht" sei? In diesem Zusammenhang müßte auch;
auf die Tatsache eingegangen werden, daß acht lutherische Landeskirchen
das Gesetz der EKD nicht übernommen haben und aus
welchen Motiven die VELKD an einer eigenen Disziplinarordnung
arbeitet. Hier ergäbe sich einiges aus den Vorlagen und Gutachten
zur Synode der EKD von 195 5 in Espelkamp.

Eine technische Einzelheit: die amtliche Abkürzung für
„Evangelische Kirche in Deutschland" ist EKD (nicht EKiD; die
EKU kürzt auch nicht ab: EKdU). Jedenfalls sollten aber nicht
beide Abkürzungen auf derselben Seite nebeneinander erscheinen
(S. 5, 137).

Hannover Heinz B ru n o t te

Bader, Karl S.: Arbiter arbitrator seu amicabilis compositor. Zur Verbreitung
einer kanonischen Formel in Gebieten nördlich der Alpen.
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 239
bis 276.

B a r i o n, Hans: Ordo und Regimen fidelium. Über die rechtsgeschichtlichen
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Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 112
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B o r n k a m m, Heinrich: Staat und Kirche in der Sicht des neueren
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Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1960 S. 273—279.
le B r a s, Gabriel: Le droit canon dans Ia litterature quodlibetique.

Zeitschrift d. Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 62—80.
Carlen, Louis: Zum Offizialat von Sitten im Mittelalter.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgcschichte 77, 1960 S. 221

bis 238.

Engel, Wilhelm: Spätmittelalterliche Treuebriefe des Wertheimer
Klerus.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 303
bis 316.

Fink, Karl August: Frühe urkundliche Belege für die Auflösung des
matrimonium ratum non consumatum durch päpstliche Dispensation.
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 434
bis 442.

Grass, Nikolaus: Pfalzkapellen und Hofkirchen in Österreich. Ein Beitrag
zur Rechtsgeschichte der Capella regia.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 345
bis 394.

Grass, Franz: Volksmedizin, Sakralkultur und Recht.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 442
bis 452.

Grundmann, Siegfried: Die Ordnung des Verhältnisses von Staat
und Kirche auf der Grundlage des Vertragskirchenrechtes.
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— Die Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche auf der Grundlage
des Vertragskirchenrechts (II).

Deutsches Pfarrerblatt 60, 1960 S. 146—149.
Hofmeister, Philipp: Die Excommunicatio regularis.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 77, 1960 S. 13 5
bis 220.

— Die Kompromißwahl bei den Ordensleuten.

Tübinger Theologische Quartalschrift 140, 1960 S. 70—90.
Hutten, Kurt: Eigenartige Wege eines katholischen Ehegerichts.
Deutsches Pfarrerblatt 60, 1960 S. 124—126.