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Ausgabe:

1961 Nr. 2

Spalte:

145-147

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Maurer, Hartmut

Titel/Untertitel:

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit der evangelischen Kirche 1961

Rezensent:

Ruppel, Erich

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 2

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wandel", besonders die abschließenden Sätze: „Der Getaufte hat
einen neuen .Charakter' empfangen. Die Sünde bildet nicht mehr
seinen .Charakter' " (83). Diese Angleidiung an den katholischen
Sprachgebrauch verwischt m. E. den konfessionellen Lehrunterschied
und kann von den Bekenntnisschriften her nicht vertreten
werden. Die katholischen Gesprächsteilnehmer bekamen dadurch
den Eindruck, „daß eigentlich trennende Unterschiede zwischen
der von Professor Dr. Kinder vorgetragenen Lehre (insbesondere
in bezug auf die Tilgung der Sünde in der Taufe) und der katholischen
Glaubensüberzeugung nicht festzustellen seien" (89).
Hier dürfte die von der Apologie (2, 35) vertretene Luthersche
These vom Bleiben der Sünde nach der Taufe zu leicht genommen
sein.

Halle/Saale Erdmann Schott

Barth, Ferdinand: Römisch -katholische Stimmen zu dem Buch von
Hans Küng „Rechtfertigung".

Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts 11, 1960 S. 81—87.
B a v a u d, Georges: Les rapports de la gräce et du libre arbitre. Un
dialogue entre saint Bernard, saint Thomas d'Aquin et Calvin.

Verbum Caro XIV, 1960 (No. 56) S. 328—338.
Berg, Ludwig: Der Mensch liebt Gott mehr und ursprünglicher als sich

selbst.

Trierer Theologische Zeitschrift 1960 S. 288—297.
Brinktrine, Johannes: Maria und die Eucharistie.

Theologie und Glaube 50, 1960 S. 290—292.
D o m b o i s, Hans: Die Rechtsgestalt der Gnade.

Quatembcr 24, 1959/60 S. 150—154.
H a u b s t, Rudolf: Wort Gottes und Theologie.

Trierer Theologische Zeitschrift 1960 S. 257—274.
K ü r y, Urs: Heiliger Geist, Kirche und Amt (Schluß).

Internationale Kirchliche Zeitschrift 75, 1960 S. 150—157.
N i s s i o t i s. N. A.: Le sacerdoce charismatique, le la'icat et l'autorite

pastorale.

Verbum Caro XIV, 1960 (No. 55) S. 217—218.
Schomerus, Hans: Leibhaftige Gnade.

Quatember 24, 19 59/60 S. 146—150.
Schütte, Heinz: Wiederentdeckung der Kirche in evangelischer

Theologie.

Theologie und Glaube 50, 1960 S. 339—3 58.
Stakemeier, Eduard: Die Eucharistie, die Einheit der Kirche und
die Wiedervereinigung der Getrennten.
Theologie und Glaube 50, 1960 S. 241—262.

KIRCHENRECHT

Maurer, Hartmut, Dr.: Die Verwaltungsgerichtsbarkeit der evangelischen
Kirche. Göttingen: Schwartz & Co. 1958. XV, 173 S., 1 Skizze,
gr. 8° = Göttinger Rcchtswiss. Studien, Bd. 25. Kart. DM 13.80.

Maurer schildert im ersten Abschnitt 6einer Arbeit auf
Grund umfassender Studien in den einschlägigen Gesetzen,
Gerichtsentscheidungen und Akten die Entwicklung der kirchlichen
Verwaltungsgerichtsbarkeit, gibt im zweiten Abschnitt eine
systematische Darstellung der kirchlichen Verwaltungsgerichte,
insbesondere auch in der Zeit vor 1933, und behandelt dann in
einem dritten Abschnitt die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit
in der kirchlichen Ordnung, ihre Stellung im kirchlichen Verfassungssystem
, ihr Verhältnis zu den geistlichen Amtshandlungen
, ihre Bedeutung für Wesen und Anwendung des kirchlichen
Rechts, und nimmt dann in einem vierten Abschnitt zu den sehr
aktuellen Fragen Stellung, die sich aus dem Verhältnis der kirchlichen
Verwaltungsgerichtsbarkeit zu den Gerichten und Behörden
des Staates ergeben.

Der Wert der Schrift Maurers besteht vor allem darin, daß
sie eine gründliche und vergleichende Übersicht über Rechtsgrundlagen
und Praxis der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit
gibt. Alle, denen die Fortbildung des kirchlichen Rechts auf diesem
Gebiete obliegt, die kirchlichen Richter, aber auch die Beteiligten
an kirchlichen Verwaltungsgerichtsverfahren, werden Maurers
Arbeit mit Gewinn benutzen. Darüber hinaus ist sie aber
auch für die Leser dieser Zeitschrift in grundsätzlicher Hinsicht
instruktiv: Sie enthält Material für das Verhältnis der kirchlichen
Rechtsordnung zur staatlichen, insbesondere das Verhältnis der
kirchlichen zur staatlichen Gerichtsbarkeit sowie zweitens für

Untersuchungen über das Wesen des kirchlichen Rechts. Schon
Maurers sorgfältiger Bericht über die Verwaltungsgerichtsbarkeit
der altpreußischen Rechtsausschüsse in der Weimarer Zeit beleuchtet
das damalige staatskirchenrechtliche System im Unterschied
zum heutigen. In jener Zeit bestand für viele Gegenstände
eine sachliche Konkurrenz der kirchlichen Gerichte mit den staatlichen
Verwaltungsgerichten, die durch Staatsgesetz für diese
Sachen (Zwangsetatisierung, Vermögensauseinandersetzung zwischen
Kirchengemeinden, Ümlagebeschlüsse usw.) für zuständig
erklärt waren. Mit ein Grund für den Ausbau der kirchlichen
Verwaltungsgerichtsbarkeit nach 1945 liegt darin, daß der Staat
im Zuge der freiheitlichen Distanzierung von der Kirche diese
einzeln begründeten Zuständigkeiten aufhob und für die Kirche
sich die Veranlassung ergab, den durch den Rückzug des Staates
freigewordenen rechtsfreien oder gerichtsfreien Raum mehr oder
weniger mit eigenen Einrichtungen aufzufüllen. Die Problematik
war damit nicht ganz behoben: Denn der Staat ist Gewährer der
Freiheit in weitestem Sinne, aber auch zugleich Garant dieser
Freiheit durch die von der Staatsgewalt unabhängigen Gerichte.
Gleichzeitig mit der Herstellung einer freiheitlichen Ordnung
des Verhältnisses von Staat und Kirche wurde in der
Bundesrepublik zum Schutz der Freiheitsrechte in weitestem Umfang
der Rechtsweg zu unabhängigen staatlichen Gerichten für
alle Fälle eröffnet, in denen jemand durch die öffentliche Gewalt
in seinen Rechten verletzt wird. Die damit gegebene Frage, ob es
im kirchlichen Recht hoheitliche Verwaltungsakte gibt, gegen die
dann bei den Gerichten geklagt werden kann, ist kirchenrechtliche
Kernfrage. Sie ist deshalb in der Literatur schon eingehend behandelt
, vor allem von Konrad Hesse, zuletzt im Art. Gerichtsbarkeit
, RGG II (1958) S. 1426ff. Hesse folgert aus der Bindung
der Kirche an das für alle geltende Gesetz und ihre ihrer öffentlichen
Stellung entsprechenden Verantwortung für die öffentliche
Ordnung, daß es auch für die kirchlichen Verwaltungsakte
Rechtsschutz im Sinne eines geordneten Rechtswegs zu Instanzen
mit richterlicher Unabhängigkeit geben muß. Hesse erkennt den
entsprechend ausgestalteten kirchlichen Verwaltungsgerichten die
Qualität „besonderer Verwaltungsgerichte" zu, deren Wirksamkeit
die Zuständigkeit staatlicher Gerichte ausschließt und ersetzt
. Hier zeigt sich, daß die Kirche für ihr Rechtsleben einerseits
um so besser ihre öffentliche Stellung wahrzunehmen und
um so wirksamer die Ingerenz des Staates auszuschließen vermag,
je ernster sie es mit den freiheitlichen Rechtsprinzipien nimmt
und selbst für entsprechenden Rechtsschutz sorgt, daß sie sich
andererseits dabei aber vor die Frage gestellt sieht, ob und inwieweit
sie ihr Rechtsleben nach der Art des Rechts weltlicher
Gemeinwesen gestalten soll und darf. Im Hinblick auf die vielfach
vertretene These, in der Kirche gebe es keine Teilung der Gewalten
, bedeutet die Einführung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit
mit den Prinzipien richterlicher Unabhängigkeit,
Inkompatibilität mit anderen Ämtern usw. in gewissem Umfang
eine Gewaltenteilung und bleibt, wie auch Maurer S. 122 ff. zeigt,
nicht ohne Folgen besonders für solche kirchlichen Verfassungssysteme
, die einer Instanz, der Synode oder dem geistlichen Amt,
eine umfassende, zentrale Stellung einräumen. Maurer betont mit
Recht, daß ihre Verfassungsstruktur ureigene Sache der Kirche
sei. Er will es der Kirche deshalb überlassen, ganz frei die Formen
ihres Rechtsschutzes zu bestimmen (S. 153). In letzterer Hinsicht
berücksichtigt er aber wohl nicht genug die Tragweite der Frage,
ob eine beliebige Form des Rechtsschutzes auch für alle Bereiche
als ausreichend anzusehen ist, in denen kirchliche hoheitliche Akte
vorkommen. Das Ergebnis könnte sein, daß nach der Konzeption
Hesses zwar stärkere Anforderungen an die Formen des Rechtsschutzes
gestellt, dafür aber auch weitere Bereiche allein dieser
kirchlichen Gerichtsbarkeit unterworfen werden, daß die Auffassung
Maurers zwar der Kirche große Bewegungsfreiheit in der
Gestaltung ihrer Rechtsschutzverfahren zuerkennt, derart, daß 6ie
sich auf formlose Beschwerdemöglichkeiten an Synode oder Bischof
beschränken könnte, daß der Bereich, der von sonstigen
Gerichtsverfahren frei bleibt, dafür aber auch kleiner bleibt. In
der Tat vermögen die Ausführungen Maurers über die Grenzen
kirchlicher und staatlicher gerichtlicher Zuständigkeit nicht überall
zu befriedigen.

Handelt es sich insoweit um die äußeren Grenzen, bis zu
denen kirchliche Angelegenheiten einer kirchlichen Gerichtsbar-