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1961 Nr. 2

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Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 2

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Diese an Hypothesen reiche und von Willkürlichkeiten
volle Darstellung der Geschichte Jesu wird mit 158 Geschichts-
perikopen, nach Verwerfung nach einer großen Reihe von Überlieferungsstücken
(vgl. S. 334—3 36), gezeichnet. Diese 158
Perikopen, die z. T. keine sind, werden im einzelnen kritisch behandelt
; die Heilungserzählungen werden dabei umgedeutet; das
Gespräch müßte im Grunde über jede einzelne einsetzen. Wenn
der exegetischen Kommentarliteratur Modernisierung der Geschichte
Jesu vorgeworfen wird (290), so kann dieser Vorwurf
an die Erläuterungen zu den 158 Geschichtsperikopen zurückgegeben
werden. Dahinter aber steht die Frage der die gegenwärtige
exegetische Wissenschaft stark beschäftigenden Hermeneutik
, ohne die z. B. die Arbeit Bultmanns und seiner Freunde nicht
zu verstehen ist; Barnikol geht daran vorüber. In einem letzten
Abschnitt, überschrieben „Die Geschichte Jesu bis zur Erhöhung
zum Christus" werden in einer fortlaufenden Darstellung die Ergebnisse
des kritischen und erläuternden Teiles zusammengefaßt.
In diesem Zusammenhang sei noch eine Frage gestellt: Warum
fehlen z. B. Gleichnisse wie die vom barmherzigen Samariter, vom
verlorenen Sohn, vom Pharisäer und Zöllner, vom Schalksknecht
?

Barnikol will das Leben Jesu zeichnen; vergleicht man seine
Ergebnisse mit den gleichen Versuchen, wie sie in der gegenwärtigen
Theologie E. Stauffer unternimmt, den Barnikol ebenfalls
kritisch behandelt, dann wird die Erkenntnis unausweichlich:
wir stehen vor der gleichen Situation, wie 6ie Albert Schweitzer
in seiner Geschichte der Leben-Jesu-Forschung grundlegend dargestellt
hat. Dabei ist beachtlich: Barnikol geht an der Erforschung
des palästinischen Judentums völlig vorüber; Namen wie
z. B. A. Schlatter oder E. Hirsch begegnen bei ihm nicht, Joachim
Jeremias nur mit seinen Arbeiten über die unbekannten Jesusworte
und über Golgatha. Die Frage nach dem „Leben Jesu"
stellt in gleicher Weise vor quellenkritische, formgeschichtliche
und religionsgeschichtliche, sicher auch dogmengeschichtliche Fragen
und setzt auch eine grundsätzliche Besinnung über die mit
der Fragestellung zusammenhängenden theologischen Fragen
voraus. Die Methode Barnikols, die letztlich dazu führt, daß der
Forscher bestimmt, was geschichtlich ist, reicht dazu nicht aus.
Die Geschichte Jesu entfaltet sich uns als inneres Ereignis und
äußerer Verlauf. Beide Fragen müssen unterschieden werden;
zeichnet sich in ersterer eine zunehmende Übereinstimmung in
der gegenwärtigen Forschung ab, so wird die zweite bei der
Eigenart der Überlieferung nur umrißhaft zu zeichnen sein. Ohne
redaktionsgeschichtliche Erörterung bleibt sie unlösbar. Wir
meinen daher: der Anspruch, den Barnikol mit seiner Arbeit erhebt
, ist durch sie nicht gerechtfertigt, jedoch stellt sie uns vor
eine Reihe unerledigter Fragen der bisherigen Forschung, über
die die gegenwärtige neutestamentliche Wissenschaft zu rasch
hinweggegangen ist. Das soll nicht überhört werden, auch wenn
es Barnikol durch die Art seiner Polemik schwer macht.

Eisenach Walter Grundmann

Stempvoort, A. van, Dr.: Decorum, Orde en Mondigheid in het
Nieuwe Testament. Nijkerk: Callenbach [1956]. 28 S. gr. 8°.

Professor van Stempvoort, der Nachfolger Ubbinks auf dem
Lehrstuhl für NT und alt-christliche Literatur an der Universität
Groningen, fängt seine Antrittsrede an mit einer Analysierung
der Begriffe rägig und evax^/icov in 1. Kor. 14,40. Er findet
diese „bürgerliche", für Paulus wichtige Terminologie auch bei
Philo und Josephus und konstatiert, daß der Begriff Ordnung auch
in der Damaskusschrift und in 1 QS eine Rolle spielt. Dann wird
die Frage aufgeworfen, wessen Aufgabe es war, diese Ordnung in
der Gemeinde aufrechtzuerhalten. Nach der Meinung vieler Forscher
soll in der korinthischen Gemeinde doch „eine pneumatische
Anarchie" geherrscht haben. Demgegenüber akzentuiert v. S. die
Texte, worin von gewissen „amtlichen" Funktionen die Rede ist:
arxikrj/MpEig, ngoioräuEvot, noifievE? und dann Phil. 1,1.
Die Auffassung von v. Campenhausen qualifiziert er als „zu anti-
konstitutionell". — Die Seiten 8—10 sind den Pastoralbriefen gewidmet
(Echtheit unsicher). Auch hier betont er, daß die für die
„Ämter" genannten Bedingungen fast alle „bürgerlich" und nicht
spezifisch christlich sind (Ausnahme: dldaxTixög).

Der zweite Teil der Rede handelt von dem Begriff „Mündigkeit
". Die Priester-Terminologie wird im NT nirgends verbunden
mit den gewissermaßen „offiziellen" Funktionen in der christlichen
Gemeinde. In der Ekklesia sind alle Priester. Ein priesterlicher
Kultus wird im täglichen Leben der mündigen Gläubigen realisiert
.

Die interessante Rede schließt mit einigen Bemerkungen über
die Bedeutung der Laien in der Kirche und über die Spannungen
zwischen Ordnung und Mündigkeit. Van S. möchte neue Formen
in der Kirche nicht scheuen und plädiert für ein protestantisches
Episkopat.

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KIRCHEN GESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Frings, Hermann Josef: Medizin und Arzt bei den griechischen
Kirchenvätern bis Chrysostomos. Inaugural-Dissertation. Bonn:
Universitätsverlag 1959. 129 S. 8°.

Diese ausgezeichnete Dissertation, der man die vorzügliche
Schule Herters auf jeder Seite anmerkt, ist eine jener geistesgeschichtlichen
Monographien, wie wir sie für die Kirchenväter
noch viel zu wenig besitzen. Der Verfasser hat in sauberer Arbeit
die ersten 64 Bände des Migne auf alle Stellen durchgesehen, die
es mit Arzt und Medizin zu tun haben und sie unter systema-