Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1961 Nr. 2

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

111

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 2

112

einstimmung zwischen einem behaupteten und wirklichen Sachverhalt
' verstanden, sondern einen metaphysischen Begriff . .."
(S. 450). Er weist dann darauf hin, daß bereits im Rgveda
(3, 54, 3; 10, 190, 1) die vedischen Arier zwischen ita und satya
(Wahrheit) Bedeutungsnuancen fanden. Man könnte hinzufügen,
daß gerade in den Brähmana's, wo doch sonst die Tendenz der
Begriffsverschmelzung besteht, eine große Menge solcher Bedeutungsunterschiede
nachzuweisen ist.

Die Karman-Lehre stimmt mit der Idee einer unpersönlichen
Gesetzmäßigkeit überein und verbürgt zu gleicher Zeit eine sittliche
Weltordnung, setzt sie doch freien Willen, Gerechtigkeit
und individuelle Entwicklungsmöglichkeit voraus.

Manche Forscher wiesen auf die Vergöttlichung Buddha's hin,
da sie gezwungen waren, seine eigene Ablehnung eines Gottes im
Sinne der Theisten anzuerkennen. Buddha's Leben selbst wurde
als ein bloßer Mythus interpretiert. Dagegen führt Verf. mit
kurzen aber treffenden Argumenten in6 Feld: 1. Das Alter der
Päli Überlieferung, 2. die Authentizität Buddha's, 3. die psychologischen
Beweggründe der späteren mythischen Ausgestaltung
der Erlöserpersönlichkeit. Hat Buddha sich selbst (so auch seine
unmittelbaren Schüler) 6tets nur als Mensch betrachtet, so entstand
doch bereits in gewissen Hinayäna-Sekten die Neigung, den
Welterleuchter als .überweltliches' Wesen zu betrachten. Die Entwicklung
dieser Vorstellung wird im 4. Kapitel geschildert. Im
Mähayäna fand sie eine philosophische und religiöse Ausprägung.
Nach der friJcäya-Lehre ist der historische Buddha eine bloße Erscheinung
im illusionistischen Sinne. Das wahre Sein ist der
Gesetzeskörper (dharma-käya), der metaphysische Leib Buddha
's. Einen mehr religiösen Niederschlag fand diese Anschauung
in der Lehre vom ,Ur-buddha' als dem von jeher Erwachten und
vor allem im Pietismus des Amitäbha-Kultes.

Dies führt uns zur Betrachtung des Absoluten, des Nirväna
(5. Kapitel). Es besteht kein Zweifel mehr, daß dieses positiv
gewertet werden muß, auch wenn man darüber nichts aussagen
kann, da es seiner Natur nach transzendent ist. Sicher muß das
Nirväna streng vom christlichen Gottesbegriff unterschieden werden
: „Es ist weder eine Persönlichkeit, noch besitzt es Denken,
Fühlen, Wollen, es ist nicht die Ursache der Erschaffung der Welt
usw." (S. 511). Auch geht es nicht an, das Nirväna mit dem
brahmanischen Allgeist, dem Urgrund der Welt, der mit den
Einzelseelen identisch ist, gleichzusetzen. Aufgabe der Religionswissenschaft
ist es, die buddhistischen Vorstellungen zu beschreiben
, aber nicht weiterzudenken. Daher schließt Verf., daß der
Atheismus des Buddhismus mit seinen mannigfaltigen Parallelen
nur eine der verschiedenen Deutungen des Unerkennbaren darstellt
.

Es wird das außergewöhnliche Verdienst H. von Glasenapp's
sein, wenn dank 6einer wohlfundierten Ausführungen unter den
Buddhologen betreffs dieser fundamentalen Frage Übereinstimmung
herrschen wird.

Zürich PauIHorsch

Alfonsi, L.: Ovidio nelle „Divinae Institutiones" di Lattanrio.

Vigiliae Christianae XIV, 1960 S. 170—176.
B a i 1 e y, D. R. Shaddeton: Lactantiana.

Vigiliae Christianae XIV, 1960 S. 165—169.
Holsten, Walter: Die Religionen in Gegenwart und Geschichte.

Verkündigung und Forschung 1958/59 S. 1—22.
S c h m i d, Wolfgang: Ein Sprudi gegen Schmerzen bei ps. Theod. Prise.

Zur Frage der Bedeutungsentwicklung des Adjektivs „passus" im

Spätlatein.

Vigiliae Christianae XIV, 1960 S. 177—184.

ALTER ORIENT

G a b r i e 1 i, Francesco (Hrsg): L'Antica Societä Beduina. Studi di
W. Dostal, G. Dossin, M. Höfner, J. Henninger u. F. Gabrieli. Rom:
Centro di Studi Semitici, Istituto di Studi Orientali, Universitä 1959.
157 S. gr. 8° = Studi Semitici, dir. S. Moscati, N. 2.

Auf ein Vorwort aus der Feder des Herausgebers, das die
Weitschichtigkeit des im vorliegenden Buche, dem Niederschlag
mehrerer 1959 im Centro di Studi Semitici gehaltenen Vorträge,
behandelten Themas hervorhebt und betont, daß diese die Heranziehung
moderner Verhältnisse zum Verständnis der antiken

rechtfertigt und erforderlich macht (S. 5—7), folgen Walter
Dostal, The Evolution of Bedouin Life (S. 11—34), Georges
Dossin, Les bedouins dans les textes de Mari (S. 35—51),
Maria H ö f n e r, Die Beduinen in den vorislamischen arabischen
Inschriften (S. 5 3—68), Joseph Henninger, La societe be-
douine ancienne (S. 69—93), Francesco Gabrieli, La lettera-
tura beduina preislamica (S. 95—114), Joseph Henninger,
La religion bedouine preislamique (S. 115—140), und ein Epilog
des Herausgebers (S. 140—145) faßt die Ergebnisse der vorangegangenen
sechs Aufsätze kurz zusammen und würdigt sie. Den
Beschluß bildet ein von G. G a r b i n i zusammengestelltes Namen
- und Sachregister (Indice Analitico S.147—153). Dostal
unterscheidet in der Entwicklung des beduinischen Nomadismus
die von der gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. geschehenen
Domestikation des Kamels bis zum 4. Jahrhundert n. Chr.
reichende probeduinische Stufe und die dann einsetzende Phase
des reinen Beduinentums, wobei die — in Zeichnungen wiedergegebenen
— Sattelformen ausgewertet werden. Eine 5 Seiten
umfassende Bibliographie beschließt den Aufsatz. Dossin
schildert anschaulich den mit den geographischen Verhältnissen
von Mari gegebenen Gegensatz zwischen Seßhaften und Beduinen
und lehrt uns die Suteer und die Hapiru, die Yaminiten und die
Haneer als Gruppen der mit den Ansässigen in ständiger Fehde
lebenden Wüstensöhne kennen. Dabei macht er mit Recht darauf
aufmerksam, daß die übliche Wiedergabe von TUR.MES iamina
mit „Benjaminiten" besser durch „Jaminiten" ersetzt werde, da
die Lesung von TUR als ben keineswegs gesichert sei und dies
möglicherweise viel mehr märu gelesen werden müsse. Maria
H ö f n e r will einen Unterschied gemacht wissen zwischen Zentral
- und Nordarabien einer- und Südarabien anderseits. Während
nach Ausweis der 6afaitischen und der thamudischen Inschriften
dort das beduinische Element von früh an vorherrscht,
spielt es hier zunächst keine besondere Rolle, wird vielmehr erst
maßgebend, als die Staaten zerfallen. Henninger führt in
seinem ersten Beitrag zunächst die Quellen vor, die über das
Beduinentum der vorislamischen Zeit Auskunft geben, ägyptische
, babylonisch - assyrische, biblische, griechisch - römische,
byzantinisch-syrische, arabische epigraphischer und literarischer
Art, und handelt dann von dem Stamm als der für die beduinische
Gesellschaft entscheidenden Größe. So werden die die Gliederung
des Stammes widerspiegelnden Termini wie sarlh oder
samlm „Notabler", mawäJt oder girän „Klient" und andere
vorgeführt und die Gruppen daraufhin untersucht, ob sie wirklich
blutmäßig-genealogisch zusammengehören oder aber Konföderationen
darstellen (hilf oder tahälul). Dabei darf man die heutigen
Verhältnisse darum zum Verständnis der antiken heranziehen
, weil diese weithin in jenen weiter leben. Gabrieli
betrachtet die vorislamische arabische Dichtung unter dem Gesichtspunkt
, was sie zum Verständnis der antiken beduinischen
Gesellschaft beizutragen hat, führt die hier in Betracht kommenden
literarischen Genera und Dichter-Persönlichkeiten vor und
schließt mit dieser Feststellung: „Mit der leidenschaftlichen Ausübung
der poetischen Fälligkeit und Kunst haben die arabischen
Beduinen nicht nur die dauerhafteste Erinnerung an sich hinterlassen
, sondern auch ihren einzigen positiven Beitrag zur Kultur
der Menschheit geleistet." Henninger faßt das Ergebnis seiner
mit einem Rückblick auf die Geschichte der hier in Betracht
kommenden Forschung eingeleiteten Untersuchung der vorislamischen
Religion dahin zusammen: „Alläh, der Schöpfer der
Welt, oberster und unbestrittener, aber im kultischen und praktischen
Leben in den Hintergrund gedrängter Herr; dann, als
erste Spuren eines Polytheismus, einige astrale (zum mindesten
die des Venus-Planeten) und atmosphärische (vielleicht hyposta-
sierte Attribute des Schöpfergottes) Gottheiten; endlich die
Ahnen und die Dschinncn, die letzteren von viel größerer Bedeutung
in den Glaubensvorstellungen als im Kult. Das alles ist
dabei ziemlich verschwommen und weit von der Organisation in
einem wirklichen Pantheon oder einem hierarchischen System
entfernt." Der mit G a b r i e 1 i s Nachwort würdig schließende
Band stellt sich dem 1958 erschienenen ersten Band der „Studi
Semitici", der „Le antiche divinitä semitiche" zum Gegenstand
hatte, ebenbürtig an die Seite.

Halle/Saale Otto EiBfeldt