Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1961 Nr. 10

Spalte:

755-756

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bultmann, Rudolf

Titel/Untertitel:

Theologie des Neuen Testaments 1961

Rezensent:

Michel, Otto

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

755

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 10

756

O'Dell, Jerry: The religious Background of the Psalms of Salomon.

P.evue de Qumrän 3, 1961 S. 241—257.
Et tisch, Ernst E.: Die Gemeinderegel und der Qumrankalender.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 125—133.
G n i 1 k a, Joachim: Die essenischen Tauchbäder und die Johannestaufe.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 185—207.
Haspecker, Josef: Israels Gespräch mit Gott. Bittgebete aus den

erzählenden Schriften de6 AT.

Bibel und Leben 2, 1961 S. 81—92.
Lehmann, Manfred R.:* Ben Sira and the Qumrän Literature.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 103—116.
— „Yom Kippur" in Qumrän.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 117—124.
Mansoor, Menahem: The Thanksgiving Hymns and the Massoretic

Text.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 2 59—266.

Mowinckel, Sigmund: Jeg'et i Qumransalmene.
Norsk Teologisk Tidsskrift 62, 1961 S. 2 8—46.

Schilling, Othmar: Die Anbetung Gottes — Wurzel und Konsequenz
. Auslegung von Psalm 9 5 (94).
Bibel und Leben 2, 1961 S. 105—120.

Schönfeld, Hans-Gottfried: Zum Begriff „Therapeutai" bei Philo
von Alexandrien.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 219—240.
Thorndike, Jeanie P.: The Apokalypse of Weeks and the Qumrän
Sect.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 163—184. -
Trever, John C.: When was Qumrän Cave I discovered?

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 135—141.
Wiesenberg, Ernest: The Jubilee of Jubilees.

Revue de Qumrän 3, 1961 S. 3—40.

NEUES TESTAMENT

Bultmann, Rudolf: Theologie des Neuen Testaments. 3., durchges.
u. ergänzte Aufl. Tübingen: Mohr 1958. XVI, 611 S. gr. 8° = Neue
Theologische Grundrisse, hrsg. v. R. Bultmann. — Lizenzausgabe für
die DDR: Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1959].

Die neue (3.) Auflage von R. Bultmanns „Theologie des
NTs" (1. Aufl. 1953, vgl. meine Besprechung ThLZ 79 (1954),
146—149) unterscheidet sich von der 1. Auflage durch ein bezeichnendes
Vorwort, das neu eingefügt wurde, und durch die
Ergänzung der Literaturhinweise. Da das Lehrbuch einen wichtigen
Dienst tut in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung
, ist es notwendig, dem Vorwort besondere Aufmerksamkeit
zuzuwenden. Es setzt sich mit der inzwischen aufgeblühten
Qumranforschung auseinander. R. Bultmann sieht durch
die Funde die alte Beobachtung W. Boussets u. a. bestätigt, daß
das Bild des Judentums zur Zeit Jesu kein einheitliches war, wie
es nach den rabbinischen Texten erscheinen könnte. Einzelne
Parallelen zwischen dem NT und den Qumrantexten beweisen
kein Abhängigkeitsverhältnis, sondern sind Analogiebildungen
innerhalb des bewegten Judentums jener Zeit. Mit diesen beiden
Feststellungen wird die Bedeutung der Qumranfunde für das NT
auf ein historisches und traditionsgeschichtliches Minimum
zurückgeführt. R. Bultmann wird damit rechnen müssen, daß sich
an diesem Punkt Fragen und Widerspruch anmelden werden.
Wenn wir bei Dupont-Sommer die Gegenthese vertreten finden,
daß die Urgemeinde bis zu einem Grad, den niemand vermuten
konnte, in der Essenersekte verwurzelt ist und daß sie von dort
her einen beträchtlichen Teil ihrer Organisation und Gebräuche,
ihrer Lehren und Denkschemata entlehnt hat, dann entsteht die
Frage, ob der Gegensatz zwischen Analogiebildung und
Entlehnung durch ein knappes Vorwort erledigt werden
kann. Historische Prozesse verlaufen im allgemeinen komplizierter
, als daß man sie durch ein einziges Stichwort abtun
könnte. Zudem hat die Hypothese des Essäertums bzw. Halb-
essäertums Jesu eine nicht ganz uninteressante Geschichte und
bedarf gerade jetzt einer genauen Nachprüfung. Wäre es nicht
möglich, gerade vom Motiv der geschichtlichen Analogie aus den
Lehrer der Gerechtigkeit und den synoptischen Jesus, dessen
Verkündigung nach R. Bultmann, § 1, S. 3 in geschichtlichem
Zusammenhang der jüdischen End- und Zukunftserwartung steht,
miteinander zu vergleichen? Auf eine derartige Frage erhalten wir
swar bei Dupont-Sommer eine Antwort, nicht aber in unseren

Lehrbüchern der nt.liehen Theologie. Aber gerade die Darstellung
der Verkündigung Jesu bei R. Bultmann in § 1—4 legt auf
Schritt und Tritt diese Frage nahe.

Wir stehen jetzt innerhalb einer Periode, die R. Bultmanns
Arbeit am NT voraussetzt. Jede seiner Thesen mußte durchdacht
und durcharbeitet werden, aber es zeigt sich immer wieder, daß
wir über sie hinauswachsen mußten. Dürfen wir 6agen, daß Gericht
und Heil eschatologische Vorgänge sind, mit denen der alte
Weltlauf und die Geschichte überhaupt aufhören (S. 25)? Ist
Jesu Gottesgedanke entgeschichtlicht und der unter diesem Gottesgedanken
stehende Mensch ebenfalls entgeschichtlicht (S. 25)?
Ist das Judentum nur ein Glaube, dessen Entgeschichtlichung an
das Gesetzbuch und an den Ritus gebunden ist (S. 25)? Diese
entscheidenden Sätze, die für eine „dialektisch" argumentierende
Theologie Wesentliches aussagen, bedürfen dringend
weiterer Klärung. Auf jeden Fall fragen wir, ob ein derartig eng
verstandenes Judentum mit der Darstellung des Vorwortes noch
übereinstimmt.

Tübingen Otto Michel

T r i 11 i n g, Wolfgang: Das wahre Israel. Studien zur Theologie des
•: Matthäusevangeliums. Leipzig: St. Benno-Verlag 1959. 210 S. 8° =
Erfurter theologische Studien. Im Auftr. d. philos.-theol. Studiums
Erfurt hrsg. v. E. Kleineidam u. H. Schürmann, Bd. 7. DM 21.50.

Nachdem die formgeschichtliche Forschung sich vor allem der
Analyse der kleinsten Einheiten der Synoptiker gewidmet hat,
wendet sich nunmehr die Aufmerksamkeit stärker ihrem Rahmen
und also der redaktionellen Tätigkeit der Evangelisten zu. Dabei
werden die Evangelisten nicht mehr nur als Sammler und
Tradenten gesehen, sondern zugleich als Theologen, die mit
ihren — im Vergleich zu Johannes zwar bescheidenen — Mitteln
doch das überkommene Traditionsgut auf ihre Weise selbständig
interpretieren. Für Lukas und Markus ist dies vor allem in den
Arbeiten von H. Conzelmann (Die Mitte der Zeit, 3. Aufl. 1959)
und W. Marxsen (Der Evangelist Markus 1956) geschehen. Für
das Matthäusevangelium lagen bisher außer Spezialuntersuchungen
(so K. Stendahl, The School of St. Matthew 1954) und
Maschinenschriftdissertationen nur kleinere Aufsätze vor (so
E. Haendien, Matthäus 23, ZThK 48, 1951, und G. Bornkamm,
Enderwartung und Kirche im Matthäusevangelium, in „The Background
of the New Testament and its Eschatology" 1956, jetzt
in „Überlieferung und Auslegung im Matthäus-Evangelium"
Neukirchen 1960). An dieser Stelle will die sorgfältige Arbeit
von W. Trilling einspringen, die zugleich zeigt, wie sehr die genannte
Fragestellung jetzt auch die katholische Exegese bewegt.
T. fragt auf der Grundlage der formgeschichtlichen Forschung
nach der Theologie des Evangeliums als Ganzem, speziell nach
seinem Kirchenbegriff. Dabei unterscheidet er drei Schichten im
Gestaltungsprozeß der Evangelien: die „historische" Situation im
Leben Jesu, die Situation der tradierenden Kirche und die redaktionelle
Tätigkeit bei der letzten Komposition. Um der Straffung
seiner Arbeit willen befaßt er sich nur mit den beiden letzten
Phasen.

Das Buch beginnt mit einer Analyse von Mt 28, 18—20,
wo die Hauptthemen des Evangeliums noch einmal anklingen.
Neben den grundlegenden Glaubensüberzeugungen — Herrentum
Christi und Gottesvolk — sind einzelne Themen zu erkennen:
der unbeschränkte Universalismus, die Gegenwart des Kyrios, das
Verständnis der Glieder des Gottesvolkes als /M'&rjxai, Taufe
und Lehre der Gebote Jesu. Dabei sucht die Auslegung zu zeigen
, wie stark die Anschauungen von 28, 18—20 in der Struktur
des ganzen Evangeliums verankert sind. Zur Form des Abschnittes
wird festgestellt, daß die beiden Bestimmungen als „Gemeinderegel
" oder als „Inthronisationshymnus" jeweils nur eine Seite
des Sachverhaltes treffen. T. sucht das Vorbild für die matthä-
ische Form in einem Typus der alttestamentlichen Willensäußerung
Jahwes mit Offenbarungswort, Weisung und Verheißung
, wofür er auf Stellen wie Dt 31, 5 f. 7 f. 23 u. a. verweist
(S. 33). Freilich müßten dann schon die Zwischenglieder dieser
Traditionskette aufgezeigt werden, wenn ein solcher Typus als
„Form" den Matthäus - Schluß beeinflußt haben 6ollte. Aber muß
man hier überhaupt nach einer Formvorlage fragen? Genügt — bei
Beachtung der redaktionellen Tätigkeit des Evangelisten — nicht