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1961 Nr. 10

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747 Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 10 74

Waschung" (40). Der .heilige Geist' ist also eine Kraft und Einfluß von
Gott zur Heiligung und erlaubt den Erwählten, den Sturm des Lebens
zu überstehen. Er gibt sittliche und intellektuelle Einsicht. Wahrscheinlich
sah man in den atl. Schriften die Worte des Geistes enthalten (41).
Der paulinische Gegensatz von Leben unter dem Gesetz und unter dem
Geist fehlt in dieser Auslegung des AT, die keine esoterische Mystik
hellenistischer Art ist. Eine wirkliche Hypostase ist der Geist nicht.

Harvey K. McArthur hat im umfangreichsten dieser Aufsätze
(43—77) „The Gospel according to Thomas" behandelt (er legt die bei
Brill erschienene Ausgabe zugrunde). 1. Literarische Verbindungen
. Er nimmt — nach den antiken Nachrichten über ein
häretisches Thomasevangelium (= Thev), über das Kindheitsevangelium
des Thomas und über die Oxyrhynchospapyri 654, 1 und 655 —
die Quellenfrage auf (Hebräerevangelium? Ägypterevangelium?) und
läßt sie offen. 2. Dubletten. An Dubletten des Gedankens oder
auch des Ausdrucks führt er auf Spruch 3/113, 6/14, 39/112, 48/106,
55/101, 56/80, 74/75, 81/110, 87/112, in denen synoptisches und anderes
Gut erscheint. Die engen Parallelen von 55/101, 56/80, 87/112
lassen eher an einen Herausgeber denken, der schriftliche Quellen kombiniert
. Die Folge von 55, 81, 87 wiederholt sich in 101, 110, 112 (50).

3. Griechische Wörter. Im koptischen Thev kommen mehr
als 100 griechische Wörter an mehr als 300 Stellen vor. Sie spiegeln
nicht unbedingt die griechische Vorlage wider, sondern können auch
Ausdrücke des Übersetzers sein, welche die griechische Quelle nicht
wortgetreu wiedergeben (51); vgl. dazu W.Till, TU 60, 13 f. Das Griechisch
der Oxyrhynchospapyri 6timmt aber überwiegend (17 Übereinstimmungen
gegen 2 oder 3 Unterschiede) mit den griechischen Wörtern
des Kopten überein. Die Übereinstimmung mit dem griechischen Text
der Synoptiker wechselt: in Spruch (= Spr.) 10 und 16a setzen die
Gnostiker /Welt' für ,Erde' ein, das aber in 16b stehen blieb.

4. Beziehungen zum AT. Sie fehlen, wenn wir von der
Nennung des Paradieses (Spr. 19), Adams (Spr. 46 und 85) und der
24 Propheten (Spr. 52) absehen. Diese Gnostiker scheinen das AT wie
Marcion verworfen zu haben (54). 5. 'Hard Sayings'. Als solche
gelten Spr. 7 (aber das manichäische Psalmbuch spricht p. 69,20 vom
.Löwen in mir, . . . der mich jeden Augenblick befleckt'), Spr. 21a (aber
sind hier nicht einfach zwei Bilder vermengt: das Feld ist die Welt

— vgl. Mt. 13, 38 —, und der Leib das Gewand, das man beim Verlassen
der Welt, im Tode, auszieht?), Spr. 80 (der vielleicht durch Dittogra-
phie von &eoi im griechischen Text entstellt war) und Spr. 46.
6. Klassifikation des Stoffes. Dieser läßt sich grob in
synoptische und gnostische Sprüche scheiden; etwa 2/3 von ihm hat
teilweise Entsprechungen in den kanonischen Evangelien. Spruch 53
erinnert an Rö. 2, 25. 29; 3, 1 (? Daß Spr. 17 aus 1. Kor. 2,9 entlehnt
ist, sollte man nicht ohne weiteres behaupten; er kann Wandergut
sein. Vgl. aber dazu P. Prigent in ThZ 14, 1958, 416-429). Spr. 12
spiegelt judenchristliche Tradition wider. — In einem zweiten Teil untersucht
McArthur da6 Verhältnis zu den kanonischen Evangelien.

1. Verhältnis zu Joh. Erstaunlicherweise kommen nur leichte
Berührungen in Spr. 24, 3 8, 43, 77 vor (56 f.). 2. Verhältnis
zu Mk. Zum Sondergut des Mk findet sich keine Parallele (57 ff.).

3. Verhältnis zu Lk. Lk kommt besonders zur Geltung (62 ff.).

4. Verhältnis zu Mt. Er wird in Spr. 3 3a und 34 vorgezogen.

— U. E. erklärt mündliche Weitergabe der synoptischen Überlieferung
(neben anderer Tradition) den Befund besser, eine S. 68 Mitte erwähnte
Möglichkeit. 5. Reihenfolge. Die Anordnung der Sprüche im
ganzen deutet nicht auf Abhängigkeit von einem bestimmten synoptischen
Evangelium. Aber aus Folgen wie Spr. 92—94 schließt McArthur
darauf, daß die Mt-Folge den Verfasser auch da beeinflußte, wo er den
lukanischen Wortlaut vorzog. U. E. zeigt das Ineinander von Mt und Lk
eher, daß synoptisches Gut den Verfasser in mündlicher Überlieferung
erreicht hat. 6. Stadien der Entwicklung: Spr. 44, 100
und 101 entwickeln synoptische Worte weiter; dagegen finden sich
keine Sprüche, die ,more primitive' als die synoptischen sind. — Schade,
daß hier Spr. 64 und 6 5 nicht besprochen werden. 7. Das Verhältnis
zu den Synoptikern: Das Thev „was made in
dependence upon the Synoptic Gospels" (69), die um 150 6chon in
Ägypten allgemein verbreitet gewesen seien. — Aber ist denn das Thev
in Ägypten entstanden und nicht vielmehr in Syrien, wo Thomas der
Lieblingsapostel war? Sicher scheint mir nur, daß meist der lukanische
Text dem des Thev am nächsten steht. 8. Echtheit der Sprüche:
Echte neue Jesusworte lassen sich nicht nachweisen; aber „we may be
grateful for fine sayings such as Nos. 25 and 82". — Allein Spruch 82
dürfte ein Jesus in den Mund gelegtes griechisches Sprichwort sein. —
Der dritte Teil der Abhandlung bespricht fünf gnostische Charakteristika
des Thev.: 1. Weltverachtung: Spr. 27, 42, 56, 110.

2. Anthropologischer Dualismus: Spr. 29,81. 3. Prä-
existenz und Prädestination (sind sie eigentlich gno-
stisch?): Sp. 18, 19a, 49, 50. 4. Esoterisches Wissen: Einleitung
, Spr. 2, 3b, 67, 69a, 76b, 92, 108. 5. Asketische Haltung
gegenüber dem Geschlecht: Spr. 22b, 37, 106,
114. In summa meint McArthur: Für das Christentum ergibt das Thev

nur wenig; für die Gnosis mehr: es erweitert die begrenzte Literatur,
in der die Gnostiker selbst sprechen, und zeigt gerade den Moment des
Übergangs, des Gnostischwerdens (71 ff.). U.E. ist das Zweite eine
optische Täuschung. In Wirklichkeit ist der Übergang sdion vollzogen.
Man muß nur die .synoptischen' Sprüche wie der Verfasser des Thev.s
in ihrem gnostischen Sinn verstehen. — William Kendrick G r o b e 1
hat in seinem Aufsatz „The human Jesus outside the Gospels and Acts"
(78—87) alle Angaben der 22 anderen ntl. Schriften über den Menschen
Jesus gesammelt. Es ergibt sich, daß sie an der Menschheit Jesu über
ihre Tatsächlichkeit hinaus nur ein „minimales Interesse" haben. Um so
dankbarer müssen wir den kanonischen Evangelien sein, welche „die
alten und neuen Gnostiker daran hindern, Jesus in einen himmlischen
Äon zu sublimieren, der nicht mehr Realität hat als Wischnu oder
Schiwa" (87). Der Aufsatz von G. H. C. Macgregor, „Principali-
ties and Powers: The Cosmic Background of Paul's Thought" (88—104).
ist schon 19 54 in den New Testament Studies erschienen und wird darum
hier ebensowenig besprochen wie der Beitrag von Henry J. Cadbury,
„Soluble Difficulties in the Parables" (118—128), der aus der englischen
„Friends Quarterly" 1959 übernommen ist. — George H e d 1 e y, „New
Testament Criticism and the Christian Layman" (105—117), preist die
Kritik als Befreierin von unnötigen Sorgen und Anstößen, welche der
Fundamentalismus vielen denkenden Menschen bringt. — Moses Bailey
endlich hat das „Curriculum Vitae" (124—135) Professor Purdys verfaßt
, von dessen über hundert Veröffentlichungen sein Kommentar zum
Hebräerbrief in „The Interpreters Biblc" hier am bekanntesten sein
dürfte. —

Vor allem die Aufsätze von Johnston und McArthur werden
auch außerhalb des angelsächsischen Bereichs aufmerksame und
dankbare Leser finden.

Miinster/W. Ernst Ha e n c h e n

Barth, Karl: Ein britisches Fernsehinterview mit Karl Barth.

Junge Kirche 22, 1961 S. 275—278. '
Dinkler, Erich: Der Ertrag de6 Kirchenkampfes für die Theologische

Wissenschaft.

Kirche in der Zeit 16, 1961 S. 221—226.
Kruska, .Harald: Die christliche theologische Akademie in Warschau.

Die evangelische Diaspora 32, 1961 S.20—27.
Mackinnon, D.M., Prof.: The Borderlands of Theology. An In-

augural Lecture. London: Cambridge University Press 1961. 28 S.

kl. 8°. 3 s. 6 d.

Mülhaupt, Erwin: Preisgabe der .rabies theologorum'!

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 273—276.
[Oertzen, D. v.:] Detwig von Oertzen. Ein Christuszeuge im Orient.

Mit einem Geleitwort v. Karl Heim f. für den Druck bearb. u. hrsg.

v. H. W. Hertzberg. Gießen-Basel: Brunnen-Verlag [1961]. 112 S.

kl. 8° = Zeugen des gegenwärtigen Gottes, Bd. 150/151. Kart.

DM 2.50.

Steege, Heinrich: Karl Barth als Zeuge der freien Gnade — Dank

und Gruß zum 10. Mai 1961.

Junge Kirche 22, 1961 S. 278—286.
Zieger, Paul: Woher kommt der akademische Nachwuchs?

Im Lichte der Reformation, Jahrbuch des Evangelischen Bundes IV,

1961 S. 92—108.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

B a i r y, Maurice A.: Japans neue Religionen in der Nachkriegszeit.

Bonn: Röhrscheid 1959. 135 S. gr. 8° = Untersuchungen zur allgemeinen
Religionsgeschichte, begründet v. Carl Clemen. N. F., hrsg.
v. Gustav Mensching, Bd. 3. Kart. DM 18.—.

Die Veröffentlichung dieser Arbeit eines katholischen Sachkenners
ist zu begrüßen. Sie ergänzt und erweitert die sehr viel
kürzere Darstellung Harry Thompsens, die dem deutschen Leser
in dem von G. Rosenkranz herausgegebenen Buch „Christus
kommt nach Japan" (Salzuflen 1959, S. 39—53) zugänglich gemacht
worden ist.

Das im Titel bezeichnete Phänomen ist nur ein Teil einer
Welterscheinung in der angegebenen Zeit. 1951 hat es 720
offiziell eingetragene Religionsgemeinschaften auf japanischem
Boden gegeben (gegenüber 44 rel. Verbänden der Vorkriegszeit).
Mit den nicht registrierten Gemeinschaften mögen es rund 1000
gewesen sein, von denen viele nur eine kurze Lebensdauer