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1961 Nr. 9

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Kirchenrecht

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 9

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KIRCHEISRECHT

Armbruster, Hans: Der Ehewille evangelischer Christen im Lichte
des kanonischen Prinzips der Unauflöslichkeit der Ehe. München:
Hueber i. Komm. 1959. XV, 104 S. gr. 8° = Münchener Theologische
Studien, i. Auftr. d. Theol. Fakultät München hrsg. v. J. Pascher,
K.Mörsdorf u. H. Tüchle, III. Kanonist. Abt., 12. Bd. DM 13.-.

Die Arbeit behandelt ein altes Problem der römisch-katholischen
Kanonistik. Papst Benedikt XIV. hatte ein6t im Jahre 1741
die grundsätzliche Vermutung ausgesprochen, daß der Ehewille
getaufter nicht-römischkatholischer Christen ebenso wie derjenige
katholischer Christen auf die Unlöslichkeit der Ehe und damit auf
eine wahre Ehe im Sinne der katholischen Dogmatik gerichtet sei.
Inzwischen ist infolge der Säkularisierung der Ehe vom weltlichen
Recht her und infolge der damit verbundenen Erleichterung der
Ehescheidung bei den staatlichen Gerichten diese Vermutung,
jedenfalls in ihrer Allgemeinheit, für die Kanonistik nicht mehr
anwendbar. Damit ist eine eingehende Untersuchung notwendig
geworden, in welchen Fällen vom katholischen Standpunkt aus der
Ehewille evangelischer Nupturienten als auf die Unauflöslichkeit
der Ehe gerichtet anerkannt werden kann. Die Ergebnisse sind
nicht nur von theoretischer, sondern zugleidi auch von großer
praktischer Bedeutung. Da die Ehe unter Getauften mit einem auf
die lebenslängliche Dauer des Ehestandes eingestellten Willen
von der katholischen Kirche als Sakrament anerkannt wird, kann
der vom staatlichen Gericht geschiedene Ehepartner aus einer
evangelischen Ehe, bei deren Eingehung ein auf Unauflöslichkeit
gerichteter Ehewille festgestellt wird, keine kirchlich anerkannte
Ehe mit einem Katholiken schließen. Bei dem engen Zusammenleben
der Konfessionen, wie es die Nachkriegszeit gebracht hat,
treten Fälle dieser Art immer wieder in Erscheinung.

Die entscheidende Gesetzesstelle, aus welcher der Charakter
einer Ehe als einer sakramentalen und damit als eines unauflöslichen
Lebensbundes hervorgeht, ist Can. 1082 § 1 Codex juris
canonici. Danach müssen die Ehepartner ihren Ehewillen auf eine
societas permanens, das heißt auf eine für das ganze Leben bindende
Gemeinschaft richten.

Die Abhandlung untersucht zunächst die gegenwärtige
Rechtslage in der evangelischen Kirche. Sie kommt dabei zu dem
Ergebnis, daß auch in ihr die Unauflöslichkeit gegenüber früherer
Einstellung wieder stark betont wird. Es wird sehr richtig hervorgehoben
, daß die Ablehnung der Sakramentsnatur der Ehe von Seiten
der evangelischen Kirche keineswegs die Säkularisierung der
christlichen Ehe zu bedeuten braucht.

Im Einzelfall wird die Feststellung eines Wesens-
i r r t u m s der Nupturienten in der Richtung gefordert, daß sie
die Ehe nicht nur generell für wieder lösbar halten — das wäre ein
unschädlicher Rechtsirrtum im Bereich des Verstandes —
sondern daß sie darüber hinaus den Willen haben, ihre eigene Ehe
als einen gegenenfalls wieder auflösbaren Vertrag zu schließen.
Damit wird zwischen evangelischen Christen, die eine christliche
Ehe für das ganze Leben eingehen wollen, und solchen Konfessionsangehörigen
unterschieden, die „völlig unter dem Einfluß
einer verweltlichten Eheauffassung stehen". Diese „können über
den einfachen Rechtsirrtum hinaus leicht dem Wesensirrtum zum
Opfer fallen".

Für den evangelischen Leser ist an der Abhandlung im besonderen
dreierlei interessant: 1. Die auch für die evangelische Seelsorgepraxis
wichtige Wiedergabe der Einstellung der katholischen
Kirche zur Ehe evangelischer Christen; 2. die Darstellung der Entwicklung
der evangelischen Dogmatik und des evangelischen
Kirchenrechts im Hinblick auf die Frage der Löslichkeit oder Unlöslichkeit
des Ehebandes von der Reformation bis zu Gegenwart;
3. die subtile Kasuistik und die feine juristische Dogmatik, mit
welcher Wissenschaft und Praxis des kanonischen Rechts ein
schwieriges Problem, das ganz auf die innere Seelenhaltung der
Beteiligten abgestellt ist, zu meistern suchen.

Erlangen Hans Liermann

E i c h m a n n, Eduard f: Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des
Codex Iuris Canonici. Neu bearb. u. hrsg. v. Klaus Mörsdorf.
II.: Sachenrecht. 9., verb. Aufl. München-Paderborn-Wien: Schö-
ningh [1958]. 511 S. gr. 8° = Wissenschaftliche Handbibliothek. Eine
Sammlung theol. Lehrbücher. Kart. DM 22.— : Lw. DM 26.—.

Die gleich gebliebene Seitenzahl darf nicht darüber täuschen,
daß auch dieser zweite Band des trefflichen Handbuches, das auf
jede kanonisti6che Frage zuverlässig antwortet, durchgängig erweitert
worden ist.

Nicht nur zahlreiche neue Anmerkungen vermerken das
neueste Schrifttum, es ist auch jeweils in den Text eingearbeitet;
der nötige Zeilenraum wurde durch Kürzungen, schärfere Fassung
des Ausdrucks und Weglassen älterer, durch neue Gesetzgebung,
Rechtsprechung oder Forschungsergebnisse überflüssig gewordener
Anmerkungen gewonnen.

Einige Abschnitte sind ganz neu gefaßt; einmal (S. 217—219)
sogar drei Seiten umgeschrieben worden, ohne daß eine Verschiebung
der Seitenzahlen oder der Paragrapheneinteilung notwendig
geworden wäre. So findet der Leser sich beim gewohnten Nachschlagen
nicht behindert und bekommt doch die erforderliche
Neubelehrung. Die Sorgfalt und Bedachtsamkeit, mit der diese
Bearbeitung vorgenommen wurde, muß in einer Zeit nachlassender
wissenschaftlicher Akribie ausdrücklich anerkannt
werden.

Von den Einfügungen seien hervorgehoben: die
Rücksichtnahme auf sehbehinderte und erblindete Priester (AAS
50, 1958, 51 ss. [S. 42]) — eine grundsätzliche Zulassung Blinder
zum evangelischen Pfarrdienst, wie 6ie leider noch nicht besteht,
wäre auch für den Raum der EKD zu fordern —; die Erleichterung
und Vereinfachung der Regeln eucharistischer Nüchternheit
(S. 44 u. 66 f.); die Neuordnung der Karliturgie (S. 48); die von
Mörsdorf auf Grund eigener neuer Studien gegebene rechtstheologische
Begründung des Wesens der „Messtipendien"
(S. 51 f.); die ebenso rechtstheologisch vertiefte Erklärung des
Wesens der Buße (S. 69); ein den neuesten Stand der staatlichen
Gesetzgebung berücksichtigender Abschnitt über die Zivilehe
(S. 144 f.); der Abschnitt über Unwissenheit und Irrtum über das
Wesen der Ehe, 60wie des Irrtums über die Person (S. 217 ff.);
das besondere Recht der Propsteikirchen (S. 297); neue partikular-
rechtliche Sonderbestimmungen (S. 310 f., 346, 436).

Besonders bemerkenswert erscheinen Neufassungen und
Vermehrungen des Textes mit Rüdesicht auf soziologische
Tatbestände, wie den „Wohlfahrtsstaat" (S. 461) und die Streichung
theologischer unbefriedigender Argumentationen auf
S. 64, 267.

Gern liest man die verbesserten Luther-Zitate (S. 149) unter
Anführung von J. Hedcel; ein entsprechender Hinweis auf
Calvin's Trauordnung v. 1533/45 „Declaration du Sainct
Mariage" (Calvini Opera Selecta, 31 ss.) würde die Stellung der
Reformation zur Heiligkeit der Ehe (und ihr entsprechender
kirchlicher Ordnung) noch deutlicher machen.

Oberrotwcil a. K. Erik W o 1 f

Bäumlin, Richard: Entwicklung und Typen kirchlicher Rechtsbildung.
Zweiter Bericht über die Heidelberger Kirchenrechtstagung 1960.
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 8, 1961 S. 60—65.

Maurer, Wilhelm: R. Sohms Ringen um den Zusammenhang zwischen
Geist und Recht in der Geschichte des kirchlichen Rechtes.
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 8, 1961 S. 26—60.

Portmann, Heinrich: Ökumenische Bewegung im Kirchenrecht.
Catholica 15, 1961 S. 76—78.

Süsterhenn, Adolf: Zur staatkirchenrechtlichen Stellung kirchlicher
Hochschulen unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage
in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
Trierer Theologische Zeitschrift 70, 1961 S. 156—169.

Szentirmai, Alexander: Die Bedeutung der römischen Diözesan-
synode für die Kanonistik.
Theologie und Glaube 51, 1961 S. 215—223.

Wolf, Ernst: Das Problem der Rechtsgestalt der Kirdie im Kirchenkampf
.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 8, 1961 S. 1—26.