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1961 Nr. 9

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 9

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delt es sich aber nur um den festgelegten Beschluß Jahves, dessen
ausgereckte Hand niemand, auch das Weltreich nicht, „zurückbiegen
" kann. Aber ein Plan, der durch Unheil hindurch zum Heil
führt, ist nach F.s Meinung unjesajanisch. „Jesaja weiß nichts
von dem Vorher-Nachher von strafendem Zorn und anschließendem
Trost und Heil" (159). Der Verfasser von Jes. 12 habe
darin ,Jesaja falsch verstanden" (ebenda). Insbesondere sind es
die Hinweise auf die Rettung des Zion und die Erweiterung der
prophetischen Schau auf die Welt der Völker, die nach F.s Ansicht
nicht für Jesaja vorstellbar sind. Daher wird z. B. eines der
sicher ganz echten Jesajaworte 17, 12—14 mit folgendem Verdikt
ins alttestamentliche Niemandsland geschoben: „Es 6tammt keinesfalls
von Jesaja, sondern aus einem Kreis nachexilischer Propheten
, deren eschatologische Erwartungen um das künftige Geschick
des Zion und der Völker kreisen" (201). Es ist demgegenüber
einigermaßen inkonsequent, wenn 1,21—26, die Wiederherstellung
Jerusalems durch das Läuterungsgericht, dem Jesaja belassen
wird, und man kann gespannt sein, was der Verf. im zweiten
Band mit den Kapiteln 28—32 anfangen wird.

Eine Verlegenheit für den Verf. muß angesichts der von ihm
eingenommenen Haltung auch die jesajanische Resttheologie sein.
Daß der Schluß von Kap. 6 in die nachexilische Zeit gesetzt wird, hat
diese Erklärung mit anderen gemeinsam. Aber auch Schearjaschub
(7, 3) wird anders gedeutet als üblich; dieses Wort „hat an sich
weder verheißenden noch drohenden, sondern mahnenden Sinn
und bezieht sich auf das Geschick Judas, das sich am Verhalten
der Judäer entscheidet" (96), ja, es ist im Grunde ein Zeichen für
„den Untergang Judas, da6 nicht als Rest bestehen bleibt, nachdem
es sich geweigert hat, umzukehren und zu glauben (7, 1—9)"
(120). Hier ist die Sache offenbar genau in ihr Gegenteil verkehrt
. Bemerkenswert ist dazu das Stück vom Immanuel 7, 10 ff.
Hier würde ich meinerseits bezüglich der Zusätze — bis auf die
Verse 23—25, die aus stilistischen Gründen von F. gestrichen
werden — dem Verf. zustimmen (vgl. meinen „Jesaja" z. St.) und
ebenfalls der Meinung sein, daß der Drohcharakter der Perikope
nicht zu bestreiten ist. Aber warum muß nun der doch
eindeutig Heilscharakter tragende Name „Gott mit uns"
ebenfalls als ein Stück der Drohung erscheinen? Der Name
sei „Ausdruck der Politik des Ahas, der die Assyrer herbeiruft
. . . und erwartet oder hofft, daß Gott dann schon mithelfen
wird" (103). Das aber kann man nur mit Kopfschütteln
registrieren. Denn wie immer man das „junge Weib" betrachte:
es taucht hier doch mit dem Immanuelknaben ein Novum auf,
für König Ahas natürlich insofern bedrohlich, weil es ihn, den
Glaubenslosen, zu ersetzen bestimmt ist, für die Glaubenden
aber wirklich voller Heil. Die nachgeschichtlichen Zusätze haben
diesen in der Planung Gottes liegenden Heilscharakter schon
richtig verstanden! Die Linie per aspera ad astra ist ja auch in 9, 1;
11,1; 4, 2 ff. erkennbar und stellt gewiß eine entscheidende
Grundlinie der jesajanischen Botschaft dar.

Es war schon erwähnt, daß der prophetische Blick auf die
Welt der Völker gleichfalls nicht in die Konzeption des Verfs.
hineinpaßt. Von 17, 12—14 war die Rede. Wie dort, verhält sich
F. auch bei dem mächtigen, typisch jesajanischen Wort 8, 9 f.:
„Erbost euch, ihr Völker, und seid gelähmt; horcht auf, alle Weiten
der Erde! Rüstet euch und seid gelähmt, rüstet euch und seid
gelähmt; plant einen Plan, daß er zerbreche, sprecht einen Spruch,
daß er nicht bestehe — denn mit uns ist Gottf" Dazu sagt F.:
„Dieses Wort .. . 6tammt nicht von Jesaja. Was er zu und über
Juda gesagt hat, sucht ein späterer Unbekannter auf alle Völker
anzuwenden. . . . Denn die Völker planen und rüsten — gegen
Israel ... In siegesgewisser Zuversicht . . . wird die Prophetie
Jesajas umgedeutet" (115 f.). In dieser Exegese, die die gewal-
• tige Schau mit ihrer charakteristischen Weltplanung dem Propheten
abspricht, wird wohl kaum jemand dem Verf. folgen wollen!

Man fragt sich, wie der Verf. dazu kommt, diese Verengung
des jesajanischen Gedankengefüges vorzunehmen. Zwei
Gründe scheinen dafür vorzuliegen. Einmal ist es die auf das
Psychologische bedachte Einstellung des Verfs., von der bereits
kurz die Rede war. Es sei dazu noch auf das hingewiesen, was er
S, 29 über die Verstockung sagt: „Der Mensch steigert sich in
seine Schuld hinein, so daß das Gericht infolge des wachsenden
Gegensatzes zu Gott unabwendbar wird." Hier wird die theologische
Seite der Sache gar nicht gesehen, daß nämlich auch in dem
geheimnisvollen Verstockungsvorgang Gott selbst die Hand im
Spiele hat. Und wie Gott den Menschen immer tiefer in das Gericht
hineinführen kann, genau so kann er ihm das Heil zusagen.
Da6 für uns Unbegreifliche dabei ist, wie auf der einen Seite die
Schuld, auf der anderen Seite der Glaube damit verknüpft wird.
Aber diese erstaunlichen Sachverhalte sind eben gerade für die
Theologie Jesajas bezeichnend.

Ein anderer Grund ist offenbar der, daß F. eine starke Empfindung
dafür hat, wie bei Jesaja der jeweils angeredete Mensch
in eine EntscheidungS6ituation gestellt wird. Daher 6ieht er es so
an, daß die bei Jesaja geforderte „Wandlung sich nicht in einer
unbestimmten und ungewissen Zukunft, sondern hier und jetzt
ereignen soll und kann" (160). Diese Theologie einer unmittelbaren
Konfrontation zwischen Gott und Mensch ist für den alt-
testamentlichen Propheten überhaupt — schon Nathan und Elia! —
bezeichnend, so auch für Jesaja, und es ist gut, wenn F. es
stark heraushebt. Das braucht aber nicht zur Folge zu haben,
jene anderen Tatbestände dem Jesaja abzusprechen! Es ergibt
sich vielmehr bei Jesaja aus der „heiligen" Größe des Herrn,
vor der der Mensch in 6ein Nichts verwiesen wird, daß Gottes
Wirken ein weltweites und Vergangenheit wie Zukunft umspannendes
ist.

Gelegentlich sieht es so aus, als sei F. seiner Position doch
nicht ganz sicher. So erwähnt er S. 16 die Möglichkeit, daß die
jesajanischen Verheißungen „nach dem Jahr 701 v. Chr. entstanden
sein" könnten. Auch versichert er mitunter, daß es der Sache
nach nichts ausmache, ob die Verheißungen früher oder später
entstanden seien. Das ist natürlich richtig. Aber das Bild Jesajas,
um das es hier doch geht, wird ein völlig anderes, wenn dieser
Teil seiner Botschaft ihm abgesprochen wird, und das ist, gerade
im Blick auf die Leser, für die diese Jesaja-Erklärung innerhalb
der Zürcher Sammlung gedacht ist, doch ein schwerer Schade.

Kiel Hans Wilhelm Her tzb e rg

Hanhart, Robert (ed.): Maccabaeorum libri I—IV, Fase. III; Macca-
baeorum über III. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1960. 70 S.
gr. 8° = Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum auetoritate
Societatis Litterarum Gottingensis ed., Vol. IX, 3. DM 9.40.

Eine — dankenswerterweise in einer Lesekarte mit „Erklärung
der Zeichen und Abkürzungen" zusammengefaßte — „Einleitung
", die ,,A: Die Textzeugen", nämlich „I. Die griechischen
Zeugen", „II. Die alten Übersetzungen", „III. Die Druckausgaben
", „B: Die Textgestalt", nämlich „I. Die Unzialen A V und
ihr Verhältnis zu den Minuskeln", „II. Die Rezension des Lu-
kian", „III. Die Rezension q", „IV. Die Überlieferung des Textes
als Ganzes" behandelt und dann noch „C: Grammatica"
bringt, nimmt die erste Hälfte des vorliegenden Buches (S. 7—40)
ein, während seine zweite Hälfte (S. 41—70) von Text und Apparat
in Anspruch genommen wird. Dabei sind, wie das schon in
früheren Bänden und Teilbänden geschehen ist, die beiden Teile
auch dadurch glücklich aufeinander abgestimmt, daß S. 40 ein
„Verzeichnis der wichtigsten in der Einleitung besprochenen Stellen
" mitgeteilt und dadurch die Auswertung der Einleitung und
ihre Nutzbarmachung für den Apparat erleichtert wird. So erfährt
die knappe, nicht einmal eine Zeile einnehmende Bemerkung
, die der Apparat zu dem 1,11 in den Text aufgenommenen
e£eivm eladrai macht; ,, l£eivat eladvai q 347 Sy Arm]
etjeivai L "3" -311; om. e£eivai Tel." durch das, was S. 30 in
nicht weniger als 21 Zeilen dazu gesagt wird, eine 6ehr willkommene
Ergänzung, die es dem Leser viel klarer macht, als der Apparat
das tun könnte, daß efelvai eioihai offenbar der richtige
Text ist. Im übrigen darf auf die Anzeigen von IX/1 Maccabaeorum
liber I und IX/2 Maccabaeorum liber II in ThLZ 62, 1936,
Sp. 46 f. und 84, 1959, Sp. 510 f. verwiesen werden, bei denen es
mit Textüberlieferung und Textgestaltung ähnlich steht wie bei
Maccabaeorum liber III.

Halle/Saalo Otto Ei fi f eld t

Beyerlin, Walter: Das Königscharisma bei Saul.

Zeitschrift f. d. alttestamentliche Wissenschaft 73, 1961 S. 186—201.
C o o k e, Gerald: The Israelite King as Son of God.

Zeitschrift f. d. alttestamentliche Wissenschaft 73, 1961 S. 202—225.