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1961

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Religionswissenschaft

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659

Theologisdie Literaturzeitung 1961 Nr. 9

660

Gedanken, über gelegentlichen Henotheismus. Das Kapitel über
Schöpfung, Weltbild und Weltende gibt den eigentlichen Abschluß
der Religionsdarstellung mit schönen Ausführungen über
die vielfältigen Züge der Ragnarök-Vorstellungen: „der nordische
Geist der heidnischen Spätzeit klingt uns ungetrübt aus
der Völuspä entgegen; schwermütig grübelnd über die Auflösung,
die 6ich auf allen Lebensgebieten kundgibt, aber trotzdem sich
entschlossen zusammenraffend zum entscheidenden Endkampf"
(405).

Auch der Untergang des Heidentums und das werdende
Christentum stehen in Beziehung zur ag. Religion und schließen
ihre Geschichte ab. Gerade der Verf., der die Nachwirkungen des
Alten in volkskundlichen Zeugnissen so sorgsam beachtet, konnte
das nicht übersehen. Auch er hält den Arianismus und die gotische
Mission für Richtungen, die germanischem Geiste besonders entsprechen
. Doch ist ja schließlich die germanisch-christliche Kultur
erst im Katholizismus erwachsen.

Was man auch gegen einzelne Ansätze des Verf6., ja, gerade
auch gegen seine neue Richtung auf eine indogermanische Gründung
der germanischen Religion sagen mag, das Buch ist eine gewaltige
Leistung und eine ausgezeichnete, höchst dankenswerte
Hilfe für jeden, der auf dem Gebiet Auskünfte sucht — er sei nun
Germanist oder nicht. Der Verf. verschweigt nie, wo andere Forscher
abweichen, und bekennt 6ich offen zu Meinungsänderungen
und Verbesserungen auf Grund fremder Ergebnisse. Das Literaturverzeichnis
i6t mit seinen mehr als 1 000 Nummern geradezu ein
Wegweiser in da6 Gebiet. Man wird es ihm nicht anrechnen, daß
mancher hier Namen streichen möchte oder andere vermissen
könnte. ,

Einen kleinen Schönheitsfehler sollte eine künftige Auflage beseitigen
: die Menge der Nederlandismen beim Gebrauch schwacher und
starker Endungen I

Dresden .Helga Reus c h el

Places, Edouard des: Philosophie religieuse des Grecs (suite).

Redierdie6 de science religieuse XL1X, 1961 S. 285—304.
Quiles, I.: Para una comprension de los modos de pensar orien-

tales.

Ciencia y Fe XVI, 1960 S. 399—406.
Unnik, W. C. van: Die jüdische Komponente in der Entstehung der
Gnosis.

Vigiliae Christianae XV, 1961 S. 65—82.

BIBELWISSENSCHAFT

Lexikon zur Bibel. Hrsg. v. Fritz Rienecker. Wuppertal-Vohwinkel
: Brockhaus [1959/60]. VIII S., 1680 Sp. m. Abb., 99 Taf. 4°.
DM 61.60.

Unter der verantwortlichen Redaktion von Rienecker, Seewald
und Brockhaus haben sich 59 meist (?) freikirchliche Mitarbeiter
zur Arbeit an diesem Lexikon zusammengetan. Zahlreiche
Abbildungen (Zeichnungen) begleiten die Artikel zu Realien
und der Geschichte (hier auch viele Spezialkarten), dazu
kommen 99 Bildtafeln. Wieweit die Artikel selbständig gearbeitet
sind, läßt sich deswegen nicht übersehen, weil — laut
Vorwort — der Verlag Kok in Kampen/Holland (der Gerefor-
meerden Kirke zuzurechnen) „uns gestattete, für die Realien
teils in Übersetzung, teils in Anlehnung entsprechende Artikel
der von ihm (wann?) herausgegebenen .Bijbelse Encyclopädie'
zu verwerten". In dem deutschen Werk, das hier allein zur Diskussion
steht, tragen die Artikel, auch die größeren der theologischen
Begriffe, keine Verfassernamen. Warum man bei drei
Artikeln von v. Eicken eine Ausnahme gemacht hat, ist nicht
ganz durchsichtig; bei dem Artikel Mosesbucher von Lamorte
könnte das damit begründet sein, daß hier ausnahmsweise einmal
genauer über andersartige Urteile (Quellenkritik) b e r i c ht e t
wird (die dann zurückgewiesen werden). Gern wüßte man bei
dem dem Verlag so wichtigen Artikel: Heilige Schrift, den Autor
, der mit gutem Grund die christozentrische Sicht in dem
Vordergrund gestellt hat. Für das Gesamtverständnis des Lexikons
ist hier folgender Passus wichtig: „Wenn die Heilige Schrift
geschichtliche, geographische [usw.] Beziehungen in ihren Zeugnissen
enthalten, so kann man ihnen nur dann „Irrtümer" vorwerfen
, wenn man den eignen gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher
Forschung und Wahrheitserkenntnis absolut setzt. . Wenn
man jedoch berücksichtigt, daß die Heilige Schrift eine in der
Geschichte geschehene Offenbarung darstellt und bezeugt, so
wird man ihre Aussagen innerhalb ihrer zeitlichen Erscheinung
zu würdigen suchen. Geschichts- und Naturbeschreibungen..
standen in der damaligen Welt unter anderen Anforderungen
und Voraussetzungen als es in unserer Zeit üblich ist." Wäre
nach diesem „Rezept" überall verfahren worden, 60 hätten die
konservativen Interpretationen nicht so oft den Charakter einer
durchaus „rationalistischen" Apologetik angenommen. „Irrtümer
" konstatieren heißt ja nun wahrlich nicht, sie der Bibel
„vorzuwerfen"! Bekanntlich 6timmen die Darstellungen in
2. Sam./Kön. nicht in allem mit dem in 1./2. Chronik überein.
Dazu heißt es, mehr die Verlegenheit dokumentierend: „Aus
der verschiedenen Betrachtungsweise zwischen der Chronik und
den früheren Geschichtsbüchern des AT entstehen allerdings gelegentlich
für unser Verständnis Schwierigkeiten, die wir mit
unseren Mitteln nicht oder noch nicht mit völliger Sicherheit zu
lösen vermögen" — Obwohl der Rezensent das Lexikon in seiner
Gänze durchstudiert hat, möchte er sich — aus verständlichen
Gründen — vornehmlich den das AT betreffenden Partien
zuwenden (die auch vom Umfang her den größeren Raum
einnehmen). Eine Merkwürdigkeit 6ei gleich anfangs festgehalten
: das Verhältnis zu bereits vorliegenden Publikationen.
Vereinzelt tauchen genaue Buchtitel auf (z. B. Assyrien, Bethes-
da, Säule) manchmal nur Namen wie Bruce, Albright, Noordzij
(vgl. auch Mesa - Inschrift im Gegensatz zu Siloah-Inschrift),
meist fehlen solche. In dem der 1. Lieferung beigefügten (später
ersetzten) Vorwort heißt es u.a.: „Das eigentliche Fachwissen
der Theologie im Hinblick auf die sog. .wissenschaftlichen Einleitungsfragen
' . . . und die religionsgeschichtlichen und bibel-
textkritischen Erörterungen im engeren Sinne . . . sind bewußt
ferngehalten". In Wirklichkeit besagt das, daß man jeweils die
eigenen Ansichten zu den „Einleitungsfragen" vorträgt! Es
ist selbstverständlich das gute Recht der anonym bleibenden
Autoren, ihre Ansicht (etwa zum Hohenlied oder zum Predigerbuch
: s.u.) vorzutragen, nur müssen sie es sich gefallen lassen,
daß man ihre Argumente auf ihre Tragfähigkeit hin untersucht.
Bei der Auswahl der Stichworte fällt die Unmenge (!!) biblischer
Namen ins Auge, deren theologischer Ertrag gering ist. Wer
z. B. beim Bibellesen in 1 Chron 6, 20 auf den Namen Machath
6tößt, findet im Lexikon diese (und eine zweite) Stelle angeführt
und er erfährt, daß der Levit den Namen „Kohlenpfanne"
geführt habe (und dies stimmt nicht einmal! Vgl. Noth, Personennamen
). Gewiß kann man aus der Namengebung der Israeliten
manches lernen, wie Noths Buch und die Untersuchungen
von J. J. Stamm - Bern zeigen, aber das gelingt nur, wenn man
die verschiedenen Typen vergleicht. Der einzelne Name
(den der Vater oder die Mutter aussuchten) ist als solcher ohne
Ergiebigkeit. Wenn man denn schon Aspenas (Dan. 1, 3) als
„Roßnase" erklärt (vgl. Montgomery), dann hätte hinzugefügt
werden müssen: persischer (!) Name eines Obersten am
Hofe des Babyloniers Nebukadnezars!

Die „Glaubwürdigkeit" biblischer Nachrichten 6chwebt bei
„mündlicher Tradition" offensichtlich nach dem Urteil der Verfasser
zu sehr in der Luft, daher möchte man wenigstens von den
Patriarchen an mit Dokumenten operieren (Nb im Artikel
Schöpfung Sp. 1229 wird „umgedeutet"). So lesen wir bei Abraham
, dessen über 70 Jahre alte Frau nach Gen 12, 14 ff. wegen
ihrer Schönheit gerühmt und in den Palast des Pharao gebracht
wird (daß hier die sekundäre Chronologie nicht paßt, sollte man
freimütig zugestehen), daß man noch zu seinen Lebzeiten alles
aufschrieb, ja, daß er wohl selbst in Ur schreiben gelernt habe.
Nun wohl — aber was war das dann für eine Schrift? Da die semitische
Alphabethschrift, die merkwürdigerweise nicht genauer
besprochen wird, etwa um 1600/1500 von semitischen Kupferbergarbeitern
(unter ägyptischer Anregung) auf der Sinaihalb-
insel erfunden wurde (älteste Zeugnisse: Palästina: 13.Jhdt.), so
kann Abraham, der rund um 2200 oder 1980 v. Chr. datiert wird
sich dieser Schrift nicht bedient haben. Gesprochen aber hat
er — nach dem Artikel „Aramäer" — aramäisch! Wie soll man
sich nun konkret die „Keilschrifttafeln" (?) Abrahams vorstel-