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Ausgabe:

1961 Nr. 8

Spalte:

594-596

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 4

Titel/Untertitel:

Lfg. 25-32 1961

Rezensent:

Campenhausen, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 8

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men zwar katholisch geblieben, aber nach dem Westfälischen
Frieden mit den neu gegründeten Herzogtümern Bremen und
Verden an Schweden gefallen und säkularisiert worden; in der
Klosterkirche wurde jetzt evangelischer Gottesdienst gehalten.
Die Nonnen durften freilich bis an ihr Lebensende im Kloster
bleiben. Das unweit von Altkloster gelegene Neukloster, dessen
Subpriorissa Elisabetha Korten in demselben Rezeß unter den
verstorbenen Schwestern aufgeführt wird, hatte die Reformation
gleichfalls überdauert, starb jedoch allmählich aus. Der Rezeß des
Generalkapitels zu Corvey vom 29. —31. August 1706 meldet
den Tod der Jungfrau Margaretha Jansen, die 1705 als letzte
Nonne von Neukloster starb (S. 203).

Schon in den Besprechungen der vorigen Bände ist auf die
Fülle an Quellenmaterial zur Geschichte, die die Rezesse bieten,
hingewiesen sowie versucht worden, die große Mühe, Ausdauer
und Kleinarbeit, die hinter dieser Publikation steckt, zu würdigen
. Für die Edition der Rezesse, die in den drei Bänden auf insgesamt
1503 Seiten mitgeteilt werden, sind 30 Handschriften benutzt
, die sich in 17 verschiedenen Archiven bzw. Bibliotheken
befinden. Schon diese Zahlen sprechen eine beredte Sprache.
Hinzu kommen die an Quellenmaterial gleichfalls reichhaltigen
Einleitungen. Die zahlreichen Arbeiten P. Volks zur Geschichte
der Bursfelder Kongregation erfahren durch das vorliegende Werk
ihre Krönung.

Göttingen Anneliese Sp re n gle r

D u s s I e r, Hildebrand, P., OSB: Johann Michael Fcncbcrg und die
Allgäuer Erwcckungsbcwcgung. Ein kirchengeschichtlicher Beitrag aus
den Quellen zur Heimatkunde des Allgäus. Nürnberg: Selbstverlag
d. Vereins f. bayerische Kirchengeschichte 1959. IV, 15*, 267 S., m.
27 Abb., 14 Taf. gr. 8° = Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte
Bayerns, hrsg. v. Verein f. bayer. Kirchengeschichte v. M. Simon,
Bd. XXXIII. Geb. DM 15.-.

Die sog. Allgäuer Erweckungsbewegung, die unlöslich mit
dem Namen des späteren Regensburger Bischofs Johann Michael
Sailer verknüpft ist, da sie von seinem Schüler Martin Boos ausging
, hat seit jeher und bis in die neuere Zeit eine widerstreitende
Beurteilung erfahren. Sie war zwar ihrem Ausgangspunkt
nach an das Allgäu geknüpft, hat aber weithin nach Schwaben
und Bayern, Österreich, der Schweiz, Norddeutschland und bis
nach Rußland gewirkt. Sailers Gegner sahen in dieser Abkehr von
der Werkfrömmigkeit „Aftermystizismus" und Ketzerei, andere
dagegen eine pietistische Strömung innerhalb der katholischen
Kirche. Kurt Aland, der sich wiederholt mit der Bewegung und
insbesondere mit deren Vertreter Anton Bach beschäftigt hat,
suchte gleichfalls eine sektiererische Grundhaltung der Bewegung
nachzuweisen, was aber nur für einzelne ihrer Vertreter zutrifft.
Eine erschöpfende Darstellung bleibt versagt, da die mehrere
Zentner wiegenden Akten des OrdinariatsaTchivs Augsburg 1944
durch Kriegseinwirkung vernichtet wurden. Um so erstaunlicher
ist es, welche Fülle von anderweitigem Aktenmaterial P. H.
Dussler OSB zusammentragen konnte, indem er die sympathische
Gestalt des Sailerfreundes Joh. Michael Feneberg zum Mittelpunkt
einer Darstellung der Bewegung genommen, darüber hinaus aber
mit einer Fülle von Detailuntersuchungen den ganzen Personen-
kreis der Bewegung in seine Forschungen einbezogen hat. Gerade
auf dieser Unsumme von Kleinarbeit beruht ein Hauptverdienst
seines Buches. Auch die Familienforschung des Allgäu
kann dank der sorgfältigen Register daraus vielfachen Gewinn
ziehen. Die ungemein sorgfältige und auf einem immensen
Quellen- und Belegmaterial aufgebaute Untersuchung darf als
abschließend angesehen werden und bildet einen methodisch vorbildlichen
Beitrag zur Kirchengeschichte um die Wende vom
18. zum 19. Jahrhundert.

Trier Hubert Schiel

N i g g, Walter: Von Heiligen und Gottesnarren. Freiburg: Herder
[i960]. 183 S. kl. 8° = Herder-Bücherei, Bd. 79.

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Reallexikon für Antike und Christentum. Sachwörterbuch zur
Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt. Begründet
von Frz. Jos. Dölger, Th. Klauser, H. Kruse, H. Lietzmann, J. H.
Waszink, hrsg. von Theodor K 1 a u s e r. Band IV (Lfg. 25—32):
Dogma II — Empore. Stuttgart: Hiersemann 1959. 1272 Sp. 4°. Je Lfg.
DM 12.50.

Im Lauf von wieder nur drei Jahren liegt der neue Band des
RAC abgeschlossen vor uns. Das Werk wird jetzt auch durch die
ersten Bände des zugehörigen Jahrbuchs ergänzt (vgl. ThLZ 1961,
Sp. 206) und zeigt bei größtem Reichtum nach allen Seiten hin
eine sichere Ausgewogenheit, die die früheren Bände noch übertrifft
und den Benutzer zu immer neuer Bewunderung zwingt.
Man kann nur wünschen, daß es nicht nur gelegentlich nachgeschlagen
werde (was freilich sein nächster Zweck bleibt), sondern
daß es unter den Gelehrten (und Studenten) auch recht viel
echte Leser finde, die darin schmökern. Nur so werden sich die
Erkenntnisse und Anregungen, die es vermittelt, allgemeiner
durchsetzen und z.B. auch die kirchengeschichtlichen Vorlesungen
bestimmen. Erfahrungsgemäß werden Lexikonartikel (im Gegensatz
zu Aufsätzen) wenig beachtet. Eine bloße Aufzählung der
Stichworte, auf die ich mich im folgenden notgedrungen beschränken
muß, verrät durchaus nicht immer, wie Vieles und wie
Wichtiges darunter begriffen ist. Nur wer mit dem RAC sozusagen
umgeht, ist vor unzähligen eingefleischten Irrtümern geschützt,
denen man heute noch im Blick auf „Antike und Christentum"
leicht begegnen kann, und ist auf unzählige Fragen gewappnet,
die man in dieser Richtung stellt.

Der vorliegende vierte Band ist dem Andenken Eduard Stommels
gewidmet, der vor dessen Abschluß dem Unternehmen, das ihm so
vieles verdankt, durch einen plötzlichen Tod entrissen wurde. Mit Bewegung
liest man seinen letzten Beitrag: „Domus aeterna" — eine in
der heidnischen Antike häufige Bezeichnung des Grabes, die auch christlich
begegnet (sei es, um die Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit
der Grabstätte zu betonen, sei es auch daneben in gedankenloser Übernahme
gewohnter Floskeln, wie sie häufig vorkommt).

Unter den geographischen Artikeln hat Kirsten wieder zwei besonders
Stoff- und umfangreidie beigesteuert: die „Donauprovinzen"
(zusammen mit A. L i p p o 1 d), die sinnvolle Zusammenfassung eines
größeren, wechselnd gegliederten Komplexes (mit Kartenskizze), und:
„Edessa" mit den zahllosen religionsgeschichtlichen Fragen, die hier zu
erörtern waren. Der Abgarbrief ist der Nachfolger eines älteren jüdischen
Talismans. Auffallend ist die geringe Berücksichtigung von W.
Bauers Untersuchungen (Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 1934). Von
dem „Nestorianismus" des Ibas sollte man vielleicht doch nicht reden
— der Ausdruck entstammt der Polemik und führt dadurch in die Irre.
Neben einem allgemeiner gehaltenen Beitrag Leipoldts über Eleusis
(Mysterien) ist noch der durch Skizzen erläuterte Artikel „Dura" von
E i ß f e 1 d t besonders zu nennen. Er bietet mit 6einen reichen Literaturangaben
die beste Orientierung. Im übrigen betont er die orientalischen
Elemente der hier bezeugten Kultur. K. Gross behandelt zwei römische
Kaiser: den rätselreichen Elagabal und Domitian. Daß unter Domitian
Verfolgungen der Christen stattgefunden haben, wird m. E. mit Recht
festgehalten, auch wenn die Beurteilung der Einzelheiten z. T. allzu
zuversichtlich erscheint.

Allgemeine soziale Zusammenhänge berühren die vielen (vielleicht
etwas zu stark aufgespaltenen) Ehe-Artikel (zumeist von Delling)
oder der Artikel über die „Eltern" (Lumpe/Karpp) und deren
Schätzung. Höchst merkwürdige und interessante Dinge erfährt man
unter dem Stichwort „Einbalsamierung" wieder von Hermann, der
diese Sitte bis ins Mittelalter hinein verfolgt. Seine Ausführungen über
den „Dolmetscher" (zusammen mit W. v. Soden) bezieht auch Fragen
der Auslegung und göttlicher Mittlerschaft mit ein. Gleichfalls
lehrreich, obwohl gelegentlich vielleicht zu juristisch bestimmt sind
Heichelheims umfangreiche Darbietungen über die „Domäne",
die mit den prähistorischen Zeiten beginnen. Doch ist es zu bedauern,
daß für die Geschichte des frühen Christentums, durch den Namen eines
hervorragenden Fachmanns gedeckt, verschiedene Dinge hier als
„quellenmäßig sichergestellt" ausgegeben werden, die bestenfalls als einleuchtende
Hypothese gelten können (essenische Einflüsse, Institutum
Neronianum, Funktion der Diakonen — im Gegensatz zu RAC III 892 —,
Chronologisches).

Weitere „Realien" seien wenigstens mit ihren Stichworten angeführt
: Dornstrauch, Drache, Ebenholz, Echo, Edelstein (mit Tabelle deT
Bezeichnungen für das Brustschild des Hohenpriesters), Ei, Eiche, Eidechse,
Einhorn, Eleborus, Elefant, Elektron II (die Metallegierung). Sie berücksichtigen
vielfach auch die künstlerische und ikonographische Seite und