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Ausgabe:

1961 Nr. 7

Spalte:

531

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Welte, Bernhard

Titel/Untertitel:

Über das Böse 1961

Rezensent:

Schott, Erdmann

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531

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 7

532

Ein schwerwiegender Einwand gegen die Aufstellung eines
Normensystems liegt jedoch nach Gyllenkrok in der Erkenntnis,
daß die theologische Ethik nicht von der Dogmatik abgelöst werden
kann. Die neutestamentlichen Aussagen über Gesetz und
Evangelium, Gottes Verurteilung und Begnadigung besitzen eine
unmittelbare ethische Relevanz, lassen sich aber nicht ohne weiteres
in ein streng pyramidal aufgebautes Nonnensystem einfügen
. Hinzu kommt, daß die ethischen Relationen des Christen
nicht nur zwischenmenschlicher Art sind, sondern sich auch auf
Gott, den Schöpfer und Erlöser beziehen. Worin Gottesliebe und
Gottvertrauen jeweils bestehen, läßt 6ich aber gleichfalls nicht
begrifflich exakt angeben. Aus den genannten Gründen muß die
theologische Ethik auf die Form eines Normensystems verzichten.

Die klaren, knappen und präzisen Ausführungen des schwedischen
Systematiken;, von denen hier nur einige Grundgedanken
angedeutet werden konnten, stellen zweifellos einen wichtigen
Beitrag zur Debatte über die Prinzipien und Methoden der systematischen
Theologie dar. Bedenken hat der Rezensent vor allem
gegenüber der generellen Ausscheidung der Wahrheitsfrage aus
dem Bereich der systematischen Theologie. Gewiß kann die Forderung
, alle Sätze mit einem kontrollierbaren Wahrheitsanspruch
auszurüsten, nicht erfüllt werden. Denn schon der Beweis für die
Existenz Gottes läßt sich ja — trotz gegenteiliger Behauptungen
von Seiten der Neuthomisten — nicht erbringen. Aber bei der
systematischen Arbeit stellen sich doch auch eine ganze Reihe von
historischen Fragen (Leben Jesu, Messiasbewußtsein, Auferstehung
, Osterglaube, Parusieverzögerung, Ausbildung der Kirche,
Frühkatholizismus u. a.), die durchaus mit allgemeingültigen
wissenschaftlichen Methoden untersucht werden können. Die durch
eine historisch-kritische Methode gewonnenen Forschungsergebnisse
sind nicht nur für einzelne dogmatische Loci, sondern für
das Ganze einer systematischen Schrifttheologie von Belang.

In dem Nygren-Zitat auf S. 17 (Mitte) findet sich ein sinnentstellender
Druckfehler. Es muß „lägt" anstelle von „längt' heißen.

Lund (Schweden) Gottfried Hornig

Welte, Bernhard: Über das Böse. Eine thomistische Untersuchung.
Basel-Freiburg-Wien: Herder [1959]. 55 S. 8° = Quaestiones Dispu-
tatae, hrsg. v. K. Rahner und H. Schlier, 6. Kart. DM 4.—.

W. behandelt das Problem des Bösen vom thomistischen
Standpunkt aus. Er bietet einschlägige Thomastexte in lateinischer
und deutscher Sprache und schreibt dazu einen systematischphilosophischen
Kommentar. Nach Thomas gehört es zum Wesen
des Willens, das Gute, letztlich Gott, zu wollen. Selbst von
den Dämonen (insofern sie wollen) gilt: „Deum appetunt et
diligunt" (23). Da nun aber die Kreatur nicht (wie Gott) actus
purus ist, sondern eine permixtio potentiae hat, kann die geistige
Kreatur, bei welcher der Unterschied zwischen actus und po-
tentia „ins Innere ihres Seinsvollzuges" fällt (20), mit sich selbst
in Zwiespalt geraten, d. h. böse werden. Der Mensch „kann im
Akte aufhören zu wollen, was er im Wesensgrunde immer und
notwendig will, das Gute, er kann diesen Widerspruch mit sich
ßelbst vollziehen" (23). — Nur wer bereit ist, den thomistischen
Willensbegriff anzunehmen, wird diese Deduktion als richtig
anerkennen.

Halle/Saale ErdmannSchott


Backes, Ignaz: Gottes Volk im Neuen Bunde.

Trierer Theologische Zeitschrift 70, 1961 S. 80—93.
Dilschneider, Otto: „Jesus, Paulus und wir".

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 189—192.
Haible, Eberhard: Die Vergegenwärtigung des Apostelkollegiums.

Eine Bemerkung zum Selbstverständnis und zur Aufgabe des Konzils.

Zeitschrift für katholische Theologie 83, 1961 S. 80—87. •
Heintze, Gerhard: Das Abendmahlsgespräch — Fragen zur lutherischen
Kritik an den Arnoldshainer Abendmahlsthesen.

Monatschrift für Pastoraltheologie 50, 1961 S. 71—93.
K ö b e r 1 e, Adolf: Christliches Denken.

Quatember 25, 1960/61 S. 61—67.
Krusche, Werner: Waren Adam und Eva die ersten Menschen?

Die Zeichen der Zeit 15, 1961 S. 86—93.
Küng, Hans: Das theologische Verständnis des Ökumenischen Konzils.

Tübinger Theologische Quartalschrift 141, 1961 S. 50—77.

Martelet, Gustave: Elements transmissibles et intransmissibles de
la succession apostolique.
Verbum Caro No. 58, 1961 S. 185—198.

Mülhaupt, Erwin: 95 Thesen, hauptsächlich zur Bruderschaftstheologie
.

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 33—38.

Nielen, Josef Maria: Zur Theologie des Wortec
Bibel und Leben 2, 1961 S. 1-17.

Sasse, Hermann: Der Siebente Artikel der Augustana in der gegenwärtigen
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Lutherische Blätter 13, 1961 S. 49-74.

Thurian, Max: L'ordination des pasteurs.
Verbum Caro No. 58, 1961 S. 199—213.

ETHIK

Jahrbuch für Caritaswissenschaft und Caritasarbeit 1958. Hrsg. v.
Karl B o r g m a n n. Freiburg i. Br.: Lambertus-Verlag [1959]. 177 S.,
23 Abb. 8°. DM 7.80.

„In der Liebe Christi gibt es keine Divergenzen" (nämlich
zwischen den Konfessionen) — 60 heißt e6 in dem ersten Beitrag
des Jahrbuchs, in dem Joh. Auer „Gedanken zu einer Theologie
der Barmherzigkeit" vorträgt. In der Tat ist auf dem Gebiet der
christlichen Liebestätigkeit die Ökumene im gemeinsamen und
freund-nachbarlichen Handeln der Kirchen in verheißungsvoller
Weise verwirklicht. Darum darf auch das Jahrbuch des Deutschen
Caritasverbandes auf das Interesse derer rechnen, die in der
Inneren Mission und im Hilfswerk der Evangelischen Kirche am
gleichen Werke stehn. Der neue Band vereinigt wieder geschichtliche
, grundsätzlich-theologische, 60zialwissenschaftliche Beiträge
und Arbeitsberichte. Auers „Gedanken zu einer Theologie der
Barmherzigkeit" zeigen in dem Schema Natur - Übernatur den
katholischen Ansatz, in der neutesramentlichen Fundierung die
Fühlung mit der evangelischen Forschung (Bultmann!) und münden
in eine Meditation über den Christuspsalm Phil. 2. W. Röhrig
gibt ein Lebensbild des Begründers des Deutschen Caritasverbandes
Lorenz Werthmann zu dessen 100. Geburtstag und nennt
unter den Paten der Caritasbewegung im 19. Jahrhundert auch
nachdrücklich Joh. Hinrich Wiehern. Der Herausgeber des Jahrbuchs
, Karl Borgmann, steuert einen „Aufriß" über Caritas und
Caritasverbände bei, dem zwei Artikel im Lexikon für Theologie
und Kirche zugrunde liegen — sie geben einen guten Überblick
(sehr knapp) über Geschichte, Wesen und gegenwärtigen Stand
der Caritasarbeit. Erfreulich ist, daß der Direktor in der Stuttgarter
Zentrale der Inneren Mission und des Hilfswerks H. Chr.
v. Hase mit einem entsprechenden Beitrag über sein Arbeitsgebiet
hier auch zu Worte kommt. Über die Geschichte der Caritas
in Bayern berichtet I. Nep. Nar. Von der Geschichte und
Theologie zur Praxis und den besonderen Problemen fürsorgerischer
Arbeit hinüber führen die Beiträge von P. J. Briefs über
„Rehabilitation" (nicht erst ein Problem unserer Tage — schon
1844 redet ein führender Caritas - Mann, der badische Hofrat
Büß, in seinem „System der gesamten Armenpflege" von deT
ganzheitlichen Rehabilitation der Hilfsbedürftigen!) und H.
Wollasch über „Moderne soziale Methoden und die fundamentalen
Werte" (eine theologisch-philosophisch-anthropologische
Studie, die in ihrer Werttheorie auf Thomas fußt — hier wird die
Gegensätzlichkeit evangelischen und katholischen Denkens vielleicht
besonders deutlich!). Besonderen Aufgaben der Gegenwart
zugewandt sind die Beiträge über „Auslandshilfe" nach dem
Kriege (M. Vorgrimler vergleicht das Geschehen nach dem ersten
und dem zweiten Weltkrieg und zeigt, wieviel schwieriger die
Situation nach 1945 war, wie sie aber in Verbindung von persönlichem
Einsatz und großzügiger Organisation gemeistert wurde)
und über die Flüchtlingsarbeit (Orpha Fahl schildert die besondere
Not der „Familiensituation" in den Lagern, die für ein
gesundes Familienleben kaum Raum geben — eine Not, die auch
heut weithin noch nicht behoben ist!). Die Verlängerung der
Lebensdauer, die wachsende Zahl von Alten in unserem Volk
macht das Kapitel der Altersfürsorge immer bedrängender —
einen Spezialausschnitt greift H. Haid mit seinen Vorschlägen
für eine gesunde „Altersernährung" heraus. Neben den Alten die
Kinder — ein besonders ansprechender Beitrag ist der Bericht
von Nikolaus Ehlen über neue Wege, die man in Worms-Horch-