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1961 Nr. 7

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Christliche Kunst und Literatur

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 7

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Kunst befassen. Angesichts der Kluft zwischen den künstlerischen
Intentionen unserer Zeit und der Kirche kommen diese kleinen
Kunsthefte mit erläuternden Darstellungen und vorzüglichen
Wiedergaben den der Kunst gegenüber aufgeschlossenen Gliedern
der Gemeinde zu Hilfe, indem sie den heutigen Künstler und
seine Werke aus dem Lebens- und Geisteszusammenhang der
Zeit erläutern.

Die Abbildungen des Bandes zeigen schwarz-weiße und farbige
Pinselzeichnungen zu alttestamentlichen Texten. Die Kunst
Elmar Freunds, eines 37jährigen Malers und Grafikers, ist durchaus
an die biblische Erzählung gebunden. Sie gibt mit ganz knappen
, technischen Mitteln bildhafte Aussagen, die ebenso frei 6ind
von expressionistischem Pathos wie gefügiger Konvention. Sie
versucht, ebenso unmittelbar wie intensiv in einer spontanen
Geste der Ergriffenheit die Urgewalt biblischer Geschichtsbilder
zu zeigen. Bei strenger kompositorischer Dichte lassen die Zeichnungen
das Handschriftliche der Fixierung erkennen: Es sind geschriebene
Bildgedanken, keine Bilder zum Aufhängen; sie dienen
nicht dem ästhetischen Wohlgefallen, sondern dem „Hören aufs
Wort".

Gerd Gaiser, der durdi seine Romane bekannte Autor, gibt
dem Bildheft eine knappe, treffende Einführung.

Radebeul Christian R i e t s c h e 1

Hamann-Mac Lea n, R.: Zu den Malerinschriften der „Milutin-
Sdiule".

Byzantinische Zeitschrift 53, 1960 S. 112—117.
H a r t o g, Hans: Das Kirchengebäude als Gleichnis.

Zeitwende XXXII, 1961 S. 164—177.
H i r z e 1, Stephan: Kirdienbau und Architekturstudium.

Kunst und Kirche XXIV, 1961 S. 37—40.
Hotz, Walter: Die Wahrheit über „Grünewald".

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 169—172.
Pesch, Christian: Die Bibel in Chagalls Bibelbilderwerk.

Bibel und Leben 1, 1960 S. 281—285.
R a v e, PaulOrtwin: Zur Geschichte der kirchl:chen~Baukunst in Berlin.

Kunst und Kirche XXIV, 1961 S. 3-8.
Wessel, K.: Die Entstehung des Crucifixus.

Byzantinische Zeilschrift 53, 1960 S. 9 5—111.

PHILOSOPHIE UND REUG10JSSPH1L0S0PH1E

Balthasar, Hans Urs von: Einsame Zwiesprache. Martin Buber und
das Christentum. Köln-Olten: Hegner [1958]. 129 S. 8°. Lw. DM 9.80.

H. U. v. Balthasar hat es unternommen, in einer tiefgründigen
Untersuchung den Aussagen Martin Bubers über das
Christentum nachzugehen. Damit wird diese Analyse zugleich zu
einer theologischen Auseinandersetzung zwischen Judentum und
Christentum, zu einem Dialog. Dieser muß notwendigerweise
dort enden, wo der Christ dem Juden zu sagen hat, was der
Kern des Christlichen selbst ist. An diesem Punkte des Gesprächs
fühlt der Christ seine Einsamkeit, weil der Jude seinen
Partner zwar noch hören kann, eine Antwort aus seiner Existenz
vermag der Jude jedoch eben nur noch dadurch zu geben, daß er
auf sein Dasein als Israel verweist, so wie er es nicht nur versteht
, sondern erlebt, verpersönlicht.

Balthasar ist sich durchaus im klaren, daß ein theologisches
Gespräch zwischen Juden und Christen, zwischen diesen beiden
„Völkern", nicht in einem Austausch von Höflichkeiten bestehen
kann, es muß von den theologischen Grundlagen ausgehen.
Martin Buber erscheint dem Verfasser für einen solchen Dialog
besonders geeignet, obwohl auch andere Juden mit ähnlicher
Kraft und Tiefe versuchten, sich der christlich-jüdischen Problematik
zu stellen: Franz Rosenzweig (Stern der Erlösung), Leo
Baeck (Das Evangelium als Urkunde jüdischer Glaubensgeschichte;
Romantische Religion u. a.) sowie auf anderer Ebene Chagall.
Buber habe jedoch, nach Meinung Balthasars, vor allem dieses
„Gespür" für das Richtige, und er besitze zugleich den kritischen
Sinn, das Brüchige und Zeitgebundene zu erkennen und als unwesentlich
auszuscheiden. Balthasar ist sich bewußt, daß die
mittelalterliche Kirche, deTen Tradition weit hinein in die Neuzeit
gewirkt hat, und — jedenfalls in dieser Beziehung — vom

Protestantismus übernommen wurde, einem echten Gespräch mit
den Juden ausgewichen ist. Man meinte früher, die Juden hätten
schließlich ihre wahre Bestimmung verfehlt, und so lohne es sich
nicht zu hören, was sie zu 6agen haben. Eine solche Haltung
gegenüber dem Judentum ist jedoch unpaulinisch, denn das
Gottesvolk der Juden darf nicht wie eine entlassene Dienstmagd
behandelt werden; eine derartige Sicht Israels wird dem Römerbrief
in keiner Weise gerecht: „Gott hat sein Volk, das er einst
erwählte, nicht verstoßen" (Rom. 11,2). Es darf ferner niemals
vergessen werden, daß die Verwurzelung des Urchristentums in
der jüdischen Umwelt eine unbestreitbare Tatsache ist; wir
glauben die Übergänge heute fast mit Händen greifen zu können
. Wenn es aber nun den Juden möglich sein sollte, sich in
ihren Glauben der Vergangenheit zu versetzen, d. h. sich in ihre
eigene Geschichte zu versenken, so können die Christen hier in
eine Kommunikation mit den Juden treten, denn es gibt kein
Christentum, das nicht apriorisch in einer wesentlichen „Fühlung
" mit dem „heiligen Stamm" steht, wie der Zweig mit der
Wurzel (vgl. Rom. 11, 18 f.). Balthasar anerkennt also, daß das
Christentum ohne „Fühlung" mit dem Judentum entartet, Buber
hingegen meint, das Judentum könne auf einen Kontakt mit
dem Christentum verzichten, weil die Juden das wahre Christentum
, gleichsam ein Ur-Judentum, ohnehin in sich tragen. „Die
Schwungkraft der Botschaft Jesu ist die altjüdische Forderung
der unbedingten Entscheidung, die den Menschen wandelt und
ins Gottesreich hebt. Und sie ist die Schwungkraft des Christentums
geblieben, auf die es zurückgriff, so oft es sich erneuern
wollte" (S. 28). Balthasar stimmt dieser These bedingt zu, indem
er bemerkt, ein antijüdisches Christentum etwa im Stile des
edlen Liberalismus eines Harnack führe schnurgerade nach
Auschwitz. Andererseits darf natürlich nicht übersehen werden,
daß die großen Erneuerer des Christentums (Antonius, Bernhard
, Franz, Ignatius, Luther u. a.) sich zwar auch in die Nachfolge
des Geistes Abrahams und der Propheten gestellt wußten,
aber doch zugleich auch im Geiste der Gefolgschaft des Gottmenschen
standen; für Luther ist die eigentliche frohe Botschaft
der von Buber so kritisch behandelte Paulus. Aus einigen Äußerungen
Bubers glaubt Balthasar entnehmen zu können, der Jude
„fremde" vor dem Christlichen, was der Christ — bei aller tiefen
historischen Unwissenheit dem nachchristlichen Judentum
gegenüber — dennoch grundsätzlich nicht tue (S. 32). Buber hatte
nämlich behauptet, die Juden wären in der Lage, die Glaubenswirklichkeit
der anderen zwar als ein „Geheimnis" anzuerkennen
, das Beurteilen des Sinnes wäre ihnen jedoch verwehrt
, „weil wir es von innen her nicht kennen, so wie wir
uns von innen her kennen". Wenn diese Behauptung Bubers gewiß
vieles für sich hat, und Balthasar sie auch für die Juden dem
Christentum gegenüber akzeptiert, so ist jedoch nicht recht einzusehen
, warum Balthasar sie für die Christen bestreitet, denen
das Judentum nicht selten zwar eine bis zu einem gewissen
Grade „erlernbare" Größe ist, die Glaubens w i r k 1 i c h k e i t
der Juden bleibt den Christen doch auch verschlossen, sonst
würden sie nicht mit einem Missionsanspruch an die Bekenner
einer auch noch heute lebendigen Religion treten, die den Juden
derart prägt, daß er ihr nicht entfliehen kann. Er kann seinem
Auftrag untreu werden, er bleibt aber selbst in seiner Untreue
noch Israel; die Reden der alttestamentlichen Propheten, die
Lehre Jesu und die Theologie des Paulus sind dafür der unwiderlegbare
Beweis.

Balthasar geht ausführlich der Biographie und der geistigen
Entwicklung Bubers nach und deutet damit zugleich die Glaubens
- und Denkweisen, des modernen Judentums: Das Jasagen
zur lebendigen „Religiosität", die lebendigen Ausdruck, lebendiges
Gesetz und Brauchtum erzeugt, das Neinsagen gegenüber
..Religion", die zu Ritualismus und Dogmatismus erstarrt, wenn
die Gesinnung sie nicht mehr erfüllt. Das Gesetz ist wichtig,
aber nur insofern es den Menschen anleitet, selber Thora zu
werden (S. 37). Judentum ist daher Leistung der Treue, ist zuinnerst
Tat, Verwirklichung, Aktualisierung des Kernes der
Person (S. 39). In der Mitte der Religiosität Israels steht bei
Buber das Prophetische, das er von Abraham bis zum Exil zu
erkennen meint. Mit dieser Reduktion (d. h. Ausklammerung
des nachexilischen und vor allem des apokalyptischen Judentums)