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Ausgabe: | 1961 Nr. 7 |
Spalte: | 511-514 |
Kategorie: | Ökumenik, Konfessionskunde |
Autor/Hrsg.: | Mulert, Hermann |
Titel/Untertitel: | Konfessionskunde 1961 |
Rezensent: | Lau, Franz |
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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 7
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KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE
Mulert, Hermannt: Konfessionskunde. Die christlichen Kirchen und
Sekten heute. 3., neubearb. Aufl. unter Mitarbeit von Konrad Onasch
hrsg. v. Erdmann Schott. Berlin: Töpelmann 1956. XXII, 558 S.
8° = Sammlung Töpelmann, 1. Reihe: Die Theologie im Abriß, Bd. 5.
Lw. DM 28.50.
In zwei Auflagen hat Hermann Mulert seine Konfessionskunde
selbst herausgehen lassen, 1927 und wieder in recht veränderter
Gestalt 1937. 1950 ist er dann plötzlich heimgerufen
worden. Daß eine dritte Auflage der Konfessionskunde bald fällig
werden würde, war schon damals deutlich. Aber würde 6ich ein
Theologe finden, der den entsagungsvollen und schwierigen
Dienst auf sich zu nehmen sich bereit zeigte, diese neue Fassung
von Mulerts Werk in seine Verantwortung zu nehmen? Die großen
Vorzüge der Arbeit Mulerts sind weithin anerkannt. Eine
Fülle von Einzelstoff war geboten, zu allen Lebensäußerungen
der christlichen Kirchen, Frömmigkeit, Verfassung, Kultus u. v. a.
Als ein Mann von weitem Horizont und gerechtem Sinn hatte sich
M. gerade in der Konfessionskunde gezeigt, und mit eiserner
Konsequenz hatte er mit dem seit Kattenbusch und Loofs gültigem
Grundsatz Ernst gemacht, nicht nur Lehrdarstellung und
Lehrvergleich zu bieten, sondern die christlichen Gemeinschaften
in ihrer ganzen Erscheinungsfülle vorzuführen. Aber die ernste
Frage war dann doch auch an M. gerichtet worden, und nicht nur
von einer Seite, ob nicht die doctrina der einzelnen Kirchen zu
sehr an den Rand gestellt und ungebührlich entwertet werde.
Die Konfessionen in der Darstellung Mulerts hatten keine rechte
Mitte. Die Erscheinungsfülle war nicht auf ein jeweiliges Zentrum
zugeordnet. Standpunktlos war M.s Konfessionskunde
durchaus nicht. Etwa in dem § 31 mit geschichtlichen Materialien
zum römischen Katholizismus oder noch viel mehr in den
Ausführungen über die protestantische Frömmigkeit (§ 70) kommt
M.s. Standpunkt sehr stark zum Ausdruck. Aber wie viele werden
heute noch bereit sein, M. auch nur seinen Ausgang vom Protestantismus
statt vom Evangelium abzunehmen? Sätze wie: Es
,,führt doch eine gerade Linie von Luthers Kämpfen im Kloster
bis hin zu Goethes Wort: .Denn das selbständige Gewissen ist
Sonne deinem Sittentag'" (431) oder: „Die katholische Kirche
hat Priester, die nebenher Prediger (und Seelsorger) sind; die
evangelische hat Prediger und Seelsorger, die daneben auch solche
Kulthandlungen vollziehen, die nicht nur Wortverkündigung
sind" (434) und viele andere werden auf breiter Front heute
scharfe Zurückweisung erfahren. Von der Ethisierung der „protestantischen
" Religion bei M. her werden dann aber eben auch
die anderen Sätze verständlich, die souverän eine sorgfältige Beschäftigung
mit der Lehre einer Konfession von sich weisen, daß
die grundsätzlich zweitrangigen Unterscheidungslehren hier nicht
ausführlich zu behandeln seien (445) oder: „Deshalb sind in einer
Konfessionskunde, die das wirkliche heutige Leben der katholischen
Kirche darstellen will, nur einige charakteristische Grundgedanken
der katholischen Dogmatik wiederzugeben" (253).
Wer die Verantwortung für eine 3. Auflage von Mulerts Konfessionskunde
übernimmt, muß entweder den Mut haben — und
es gehört viel Mut dazu —, zwar eine Fülle von Berichtigungen
und Ergänzungen vorzunehmen, es aber bei der Grundhaltung
des Werkes zu belassen, oder er muß weite Abschnitte ganz neu
schreiben und dem Werk eine ganz andere Ausrichtung geben.
Dafür, daß Erdmann Schott den Mut gezeigt hat, eine bewundernswerte
Probe protestantischer Askese zu erbringen, indem er ein
Werk neu auflegte, das dezidiert in Abrede stellt, daß der
Protestantismus irgendwie asketisch ist („Darum ist protestantische
Frömmigkeit nicht asketisch", 418), gebührt ihm höchste
Bewunderung. Aber ist es nicht zu viel Selbstentäußerung, in
einer Konfessionskunde von Mulert-Schott (so auf dem harten
Umschlag) den Satz zu bringen: „Hört der Katholik in der Stimme
der Kirche Gott, so stand Luther vor der Entscheidung — Kirche
oder Gott? Und diese Frage war für ihn, weil er Gottes
Stimme in seinem Gewissen hörte (Sperrung vom
Rezensenten), gleichbedeutend mit der Frage: Kirche oder Gewissen
?" (416)? Hermann Mulert war wie wenige eine anima
Candida, und viele, die ihm im Innersten zugetan waren, werden
dankbar sein für den Erweis der Pietät, den man ihm selbst gern
erweisen möchte. Aber ob es innerlich möglich sein darf, so weit
zu gehen, ist schon eine ernste Frage.
Im Ergebnis ist es bei der Lektüre dieser Neufassung des
Werkes ganz ähnlich wie bei der der 1. und 2. Auflage. Man ist
dankbar für die Fülle der Einsichten und den Reichtum der
Gesichtspunkte, man ist herzlich erfreut über die — stärker als in
den früheren Auflagen — gediegenen Literaturzusammenstellungen
, die zum Teil auf das Konto von Konrad Onasch und Martin
Seils gehen. Aber man sagt sich — und mit dem Rezensenten wird
es vielen Lesern so gehen: So darf eine Konfessionskunde doch
nicht geschrieben werden. Und sogar, wenn man schon Schotts
Versuch grundsätzlich einmal gelten läßt, kann man immer noch
fragen, ob eine Wendung wie die: „Gilt dem Katholiken die
Kirche als .Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit'..." (425)
(und manche andere mehr!) nicht hätte getilgt werden sollen. Die
Mulert nicht mehr kennen, merken vielleicht nicht sofort, daß
sie (l. Tim. 3, 15!) nicht frivol gemeint ist.
Es liegt in der Natur der Sache, daß bei der Besprechung
eines Lehrbuches der Konfessionskunde sich der Blick der Rezensenten
sehr stark auf einzelne Stellen wendet. Hier und dort wird
auch im Detail spürbar, wie schwierig es ist, bei einer Bearbeitung
von fremder Hand die Einheitlichkeit des Ganzen zu wahren.
Nur ein paar Stellen, an denen der Rezensent stutzig wurde:
9: Warum fehlt in dieser Zusammenstellung das vielleicht wichtigste
Hilfsmittel, die Herder-Korrespondenz? — 14: Liegt wirklich im
lutherischen Protestantismus deshalb, weil eine selbständige Entscheidung
verlangt wird, schon etwas dem Wesen der Sekte Verwandtes vor?
— 25: Geht die Konfessionsmischung wirklich so rapid vorwärts, daß
Konfessionskarten mehr und mehr an Wert verlieren? Ist es nicht im
Gegenteil auffällig, wie konstant trotz starker Wanderungsbewegungen
die konfessionellen Verhältnisse weithin bleiben? — 55: So sicher ist
das nicht mehr, daß der Rigorismus in der Bußfrage das Ursprüngliche ist
(Mt 18, 21 — 35; Eiert). — 57: M. K. nach ist in der Alten Kirche die
Geburt Jesu vom hlg. Geist und der Jungfrau Maria nicht Beweis für die
wahre Gottheit, sondern für die wahre Menschheit Jesu gewesen. —
57 f.: Luthers Verständnis der Höllenfahrt ist durchaus nicht so eindeutig
, und das des Heidelberger Katechismus ist ganz übergangen. —
63; Daß NC nicht ein durch Stücke älterer Taufsymbole erweitertes
Nicänum, sondern ein durch nicänische Worte und Sätze erweitertes
Symbol sei, ist eine Behauptung, die sich durch alle Lehrbücher der
Konfessionskunde weiterschleppt. Ob sie aber richtig ist, ist eine ganz
andere Frage. — 63: Für die Aneignung von NC auf dem Konstantinopler
Konzil von 381 fehlt m. E. jeder Beweis. — 64: Wieso NC weniger
Lehrbekenntnis als Nie? Doch höchstens insofern, als lediglich Nie den
polemischen Anhang hat. — 75: Daß der Westen im Grunde (Tertul-
lianl) an der modalistischen Auffassung des Dogmas festhielt, ist so
nicht richtig und übertreibt einen richtigen Sachverhalt, den man anders
ausdrücken müßte! — 81 (vgl. auch 227): In Rom haben m.E. schon
vor 476 die Kaiser des Westens nicht mehr regiert. — 85: Haben die
Orientalen bei der Ablehnung des filioque sich wirklich nur gegen Verfälschung
des Symbols gewehrt? Wären sie an sich für die Trinitätslehre
Augustins offen gewesen? — 93 : s. § 26 zu berichtigen in § 25, 5. —
94: Es ist schwerlich richtig, daß es in Rumänien noch 400 000 Lutheraner
(namentlich die Siebenbürger Sachsen) gibt. Größer als 180 000 ist
die Zahl der sächs. Lutheraner in Siebenbürgen nicht. — 99 bzw. 111:
Wieder ein Konzil aller orthodoxen Kirchen? — 102: Tichon ist nicht
durch das russische Konzil von 1917 zum Patriarchen gewählt, sondern
aus drei Gewählten ausgelost worden. — 105: Eleuferius, 520 in Reg.:
Eleuferons. — 114: Die Notiz über die Anfänge des christl. Gottesdienstes
, 1927 so vielleicht noch unverfänglich, durfte nach Cullmanns
Arbeiten so schwerlich stehen bleiben. — 115: Ist der ostkirchliche
Gottesdienst wirklich gar nicht auf Gott gerichtetes mittlerisches Tun?
— 156: Die Ausführungen 4. Die syrischen Jakobiten, Anfang, sind, wie
sie dastehen, kaum verständlich. — 157 (und öfter): „bis zum Weltkrieg
" — zwischen 1927 und 1956 hat ein II. Weltkrieg stattgefunden.
— 158: Das armenische Kirchentum um 1900 erstarrt? — 163: Wird
nicht auch in Rußland die Milch getrunken? — 182: Pflegen auch
apostolische Präfekten den Bischofstitel zu haben? In katholischer Literatur
liest man das Gegenteil (z.B. Brinkmann; Kl. kath. Kirchenlexikon
s.v. Apostolische Präfektur). — 193: „Zugegeben wird, daß einzelne
Stücke (gesperrt vom Rezensenten) der kirchlichen Verfassung
nicht urchristlich, sondern erst später aufgekommen sind, z. B. die
Wahl des Papstes durch die Kardinäle". M. E. ist unbestritten, daß der
weitaus größte Teil des kirchlichen Rechtes jus humanum und nur ein
kleiner Teil jus divinum ist. — 198: Maßgebender Text der Vulgata
ist m. K. nach die 3. Auflage der Clementina v. 1598. — 210: Ob von
der Christenheit mehr oder weniger als die Hälfte heute röm.-kath. ist,
ist kontrovers. — 210: Wenn die katholischen Religionslehrer an