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1961 Nr. 7

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Kirchengeschichte: Reformationszeit

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 7

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KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Cadier, Jean: Calvin. Der Mann, den Gott bezwungen hat. Über-

SSetzung aus dem Französischen v. M. Thurneysen. Zollikon:
Evangelischer Verlag [1959]. 216 S. m. Abb., 1 Titelbild. 8°. Lw.

AHR, S Außer der aus dem Holländischen übersetzten Calvin-Biographie
von W. F. Dankbaar, Calvin. Sein Weg und sein Werk,

o*- hat uns Deutschen das Jubiläumsjahr 1959 noch diese Übersetzung
aus dem Französischen eingebracht. Auch diese Biographie,
deren Verf. Dekan der Theol. Fakultät von Montpellier ist, ist
für einen weiteren Leserkreis gedacht und hat nicht die Absicht,
die wissenschaftliche Forschung weiterzutreiben. Gleichwohl ist
nicht zu verkennen, daß hier jemand schreibt, der aus dem Vollen
schöpfen kann.

Es soll „das Porträt eines Siegers" gezeichnet werden, der
selber von Gott bezwungen und beschlagnahmt worden ist. Die
Biographie verfährt chronologisch, ordnet also nicht nach sachlichen
Gesichtspunkten. Die Bekehrung C.6 setzt der Verf. wie
Doumergue und Holl früh an — 1529 —, sieht sie freilich sich allmählich
in „einzelnen Abschnitten" vollziehen und durchsetzen
(1528—1534). Die Tatsache, daß C. erst 1534 auf seine Pfründen
verzichtete, spreche nicht gegen die frühe Datierung seiner
Bekehrung, da diese Pfründen die Aufgaben von Stipendien
hatten und aus diesem Grunde von C. bis zum Abschluß seines
Studienganges in Anspruch genommen worden seien. — Da der
Verf. chronologisch und nicht sachlich ordnet, müssen in dem Kapitel
über den Aufenthalt in Straßburg sehr verschiedene Materialien
abgehandelt werden: C.s Verhältnis zu Butzer, dessen Einfluß
auf C. der Verf. weniger in Fragen der Lehre als in Sachen
der Ordnung und der Liturgie wirksam sieht; sein Brief an Sado-
let; die Veröffentlichung eines Bandes Psalmlieder (interessant C.s
Übertragung des 46. Psalms!); seine Ehe; seine Teilnahme an
Religionsgesprächen; sein Verhältnis zu Melanchthon. Beachtlich
ist der Hinweis, daß C. in Straßburg die röm. Beichte durch ein
Einzelgespräch der Abendmahlsteilnehmer mit dem Pfarrer ersetzt
; daß er die Konfirmation und die Bildung kleiner Kerngruppen
in der Gemeinde von Butzer nicht übernahm. — Andererseits
bringt es die chronologische Ordnung unvermeidbar mit sich,
daß sachlich Zusammengehöriges auseinandergerissen wird.
Etwa die Auseinandersetzung C.s mit seinen Gegnern: Caroli
S. 93; Ca6tellio, Bolsec S. 147 ff.; über die „unheilvolle Auseinandersetzung
mit Servet" handelt ein eigenes, in seinem Urteil
sehr abgewogenes Kapitel. Auch von der Kirchenzucht ist an
verschiedenen Stellen die Rede: S. 8 8 ff. und S. 120 ff. Dabei ist
beachtlich, daß der Verf. die Ordnung in Genf nicht als „Theo-
kratie", sondern vielmehr als „Bibliokratie" angesehen wissen
möchte.

Auf eine Zusammenfassung der theologischen Hauptgedanken
C.s hat der Verf. bewußt verzichtet; er hat lediglich an der
Prädestinationslehre (S. 152 ff.) und an der Abendmahlslehre
(S. 134 ff.) C.s theologisches Denken und seine biblizistische Methode
zu exemplifizieren versucht („für C.s Arbeitsweise kennzeichnend
sind: biblische Beweise und geistliche Tatsachen"
S. 159). Mehr als einen flüchtigen Eindruck von C.s theologischer
Auffassung kann der Leser naturgemäß nicht erhalten.

Die Darstellung ist flüssig und von der Sache her lebendig,
freilich nicht so spannend wie Stiokelbergers Calvinbuch, dafür
sachlich abgewogener. In die Darstellung sind geschickt besonders
typische Stücke aus C.s Briefen, Traktaten und Katechismen
eingearbeitet, so daß der Leser immer wieder C. selbst zu
hören bekommt. — Eine kleine Kostbarkeit ist die Mitteilung der
Beschreibung der Arbeitsweise von C.6 Sekretären (S. 190).

Man wird gern bestätigen, daß die Hoffnung des Verfs.,
„mit dieser Darstellung ein lebendiges und packendes Bild vom
unbezähmbaren Mut des Mannes zu geben, dessen Gott sich bedient
hat, um der franz. Reformation im 16. Jhdt. ihren Führer
... zu schenken", sich erfüllt hat.

Das Deutsch des Übersetzers Matthias Thurneysen liest sich
glatt. Die Bibliographie ist, namentlich was die Untersuchungen

und Abhandlungen über C.s Theologie anbelangt, recht zufälliger
Natur.

Corrigenda : S. 30: statt 1552 muß es 1532 heißen. — S. 160,
Anm. 15: dem deutschsprachigen Leser nützt die Verweisung
auf die Opera Selecta nichts; er wäre hinzuweisen auf die deutsche
Übersetzung der Institutio von O. Weber.

Lückendorf Werner Krusehe

Grane, Leif: Confcssio Augustana. Oversaettelse med noter. Ind-_
ferelse i den Lutherske Reformations Hovedtanker. Kopenhagen:
Gyldendal 1959. 216 S. gr. 8° = Scandinavian University Books.
Dan. Kr. 21.50.

Die Confessio Augustana, die von Melanchthon aus Anlaß
des Reichstags in Augsburg 1530 verfaßt und Kaiser Karl V. vorgelegt
wurde, war ja eigentlich als eine Gelegenheitsschrift und
nicht als ein für jede Zeit verpflichtendes Bekenntnis gedacht.
Als Ausdruck der lutherischen Lehre gewann sie aber schnell
offizielle Anerkennung. Melanchthon betrachtete sie als sein
eigenes Werk, das er selbst korrigieren und verbessern durfte.
Daß sie aber in engem Zusammenhang mit Luthers Vorarbeiten
in den Schwabacher und Marburger Artikeln, ja, mit Luthers ganzem
theologischen Wirken gesehen werden muß, ist offenbar,
auch wenn die Eigenart der CA gegenüber Luthers Denken nicht
zu verbergen ist.

Der junge dänische Universitätsassistent Leif Grane, der
vor allem durch sein tiefschürfendes Studium der Theologie
Gabriel Biels bekannt ist, hat in seiner neuerschienenen
Übersetzung des lateinischen Textes der CA nicht nur die Intentionen
und Fragestellungen des Bekenntnisses selbst zu verstehen
gesucht, sondern sie auch gerade im Lichte ihres Zusammenhanges
nicht nur mit der Theologie Luthers, sondern auch mit der
seiner Zeitgenossen zusammengeschaut.

Die Übersetzung ist, soweit ich feststellen konnte, ganz
korrekt. Die erklärenden Anmerkungen, die jedem Artikel zugefügt
werden, sowie auch die Fußnoten, sind sehr knapp, aber
für ein Lehrbuch dieser Art völlig ausreichend. Zu jedem der 21
ersten Artikel wird ein Kommentar gegeben, der den theologiegeschichtlichen
Rahmen sehr anschaulich bietet, und in dem man
verständlicherweise vor allem das Lutherbild der dänischen
Lutherforschung wiedererkennt.

Als Vorlage für Granes Anmerkungen und Kommentare
zum Text der CA liegt die von H. Bornkamm besorgte Ausgabe
der CA in: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen
Kirche (19563) zu Grunde, aber sie bieten im ganzen einen selbständigen
und in ihrer Straffheit beachtenswerten Beitrag zum
Verständnis der CA.

Als Einführung in den Grundgedanken der Lutherschen
Reformation und als ein ausgezeichnetes Hilfsmittel für den
Universitätsunterricht in Symbolik ist Granes Buch herzlich zu
begrüßen.

Lund/Schwedcn DaTidLöfgren

Bruehl, Clemens M.: Josef Justus Scaliger. Ein Beitrag zur geistesgeschichtlichen
Bedeutung der Altertumswissenschaft.
Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte XIII, 1961 S. 45—65.

Harms, Klaus: Wie wurde der evangelische Pfarrerstand?
Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 8—10.

Janssen, Heinrich: Die Abendmahlslehre Johannes Calvins.
Una Sancta 15, 1960 S. 125—138.

Mülhaupt, Erwin: Wie Luther in den Tischreden 6ich mit Melanchthon
verglich.

Luther — Mitteilungen der Luthergesellschaft 1961 S. 40—44.
— Melanchthon der Lehrer.

Luther — Mitteilungen der Luthergesellschaft 1961 S. 25—39.
Rost, Gerhard: Der Zorn Gottes in Luthers Theologie.

Lutherischer Rundblick 9, 1961 S. 2—32.
Weijenborg, R.: Luther et les cinquante et un Augustins d'Erfurt

(D'apres une lettre d'indulgences inedite du 18 avril 1508).

Revue d'Histoire Ecclesiastique 55, 1960 S. 819—875.
Wolf, Ernst: Philipp Melanchthon — Evangelischer Humanismus.

Neue Sammlung — Göttinger Blätter für Kultur und Erziehung 1,

1961 S. 15—25.