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Ausgabe:

1961 Nr. 7

Spalte:

505-506

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Wiles, Maurice F.

Titel/Untertitel:

The spiritual gospel 1961

Rezensent:

Haenchen, Ernst

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505

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 7

506

W i 1 e i, Maurice F.: The Spiritual Cospel. The Interpretation of the
mA?1 Fourth Gospel in the Early Church. London: Cambridge University
Press 1960. X, 182 S. 8°. Lw. 2 5 S.

Der Verf. zeigt die Besonderheit der alexandrinischen und
antiochenischen Bibelauslegung an den Johanneskommentaren des
Origenes, Cyrill von Alexandrien und Theodor von Mopsueste,
die eeiiie .Einführung' (S. 1—6) dem Leser vorstellt. Sehr anschauliche
Einzelbelege aus diesen Kommentaren beleben die 9 Kapitel:
1) Verfasserschaft und Zweck des Evangeliums (7—12); 2) Das
4. Evangelium und die Synoptiker (13—21); 3) Geschichtlichkeit
und Symbolik (22—40); 4) Die Zeichen (41—64); 5) Leitgedanken
des Evangeliums (65—95); 6) Das 4. Evangelium und die
Gnostiker (96—111); 7) Christologische Interpretation im 3. und
4. Jhdt. (112—128); 8) Die christologische Exegese Theodors und
Cyrills (129-147); 9) Das Evangelium des Heils (148-157). Ein
.Epilog' (158—161) bespricht den exegetischen Wert der erwähnten
Kommentare. Eine Bibliographie (162—166), ein Verzeichnis
der Eigennamen (167f.) und der Textstellen (169—182) beschließen
den inhaltreichen Band.

Zur Veranschaulichung greifen wir Kap. 2 und 3 heraus. Daß
Johannes mit seinem Evangelium die Synoptiker ergänzen wollte,
darin waren sich alle drei Kommentatoren einig. Trotzdem zeigte
der genaue Vergleich mit den Synoptikern genug peinliche Fragen
, mit deren Harmonisierung sich Euseb, Epiphanius und Augustin
abgemüht haben (14). Origenes dagegen gibt die Unvereinbarkeit
der joh. und synopt. Chronologie und mancher Berichte
zu. Aber der Unterschied im Tatsächlichen soll nach ihm verschiedene
geistige Wahrheiten ausdrücken: im materiell Falschen
kann das geistig Wahre bewahrt bleiben. Je verschiedener die
Berichte, um so weiter reicht der geistige Sinnl (15) Gegen Celsus
versucht Origenes freilich auch die Historizität der johanneischen
Angaben zu sichern. Theodor dagegen hilft sich damit, daß er den
Synoptikern die wahre Chronologie abspricht; um 6ie bemüht
sich nur Johannes (16). Andere Unterschiede führt Th. darauf
zurück, daß Markus und Lukas, da nicht Augenzeugen, in Einzelheiten
weniger verläßlich sind (17). Bei der Passion war nur Johannes
zugegen (18). Für Cyrill war es unmöglich, daß die im
Wichtigen einigen Evangelisten in Einzelheiten 6ich widersprechen
. Also beseitigt er die Widersprüche: jemand hat Jesus einen
Essigschwamm auf einem Rohr gegeben (Mt 27, 48), und ein anderer
auf einem Ysopstengel (Joh 19,29)/ C. bemerkt auch den
Unterschied zwischen Joh 1, 14 und Lk. 2, 52. Aber er erklärt ihn
durch die Unterscheidung dessen, was von Jesus als Logos gesagt
wird und was über die wachsende Wertschätzung durch die Menschen
(19 f.).

Kap. 3 bespricht zunächst die schon die Alten bewegende
Frage der Geschichtlichkeit des 4. Evangeliums. Wenn
Herakleon eine Geschichte als einfachen historischen Bericht auffaßt
, ist das für Origenes „viel zu einfach" — er sucht den tiefen
Sinn auch da, wo ihn keine Schwierigkeit im Wortsinn dazu trieb:
der Schuhriemen Christi (Joh 1,27) spielt auf Menschwerdung und
Hadesfahrt an (23)! Die Nacht, in der Nikodemus kommt, ist die
wirkliche Nacht, aber zugleich die Nacht seines Unwissens (24).
Theodor dagegen sucht auch alle Einzelheiten historisch zu erklären
: Jesu ungenähter Rock — so webte man halt damals! Orts-
und Personennamen und Detailangaben beweisen für Theodor,
Cyrill und Chrysostomus die Genauigkeit des Johannes (36).
Wenn die Reden Jesu Sprünge zeigen, so deshalb, weil Jesus in
den Gedanken der Hörer liest und darauf eingeht. Sein Handeln
ist stets daraus zu erklären, daß er die Juden schrittweise zur Anerkennung
seiner Gottheit führen will (27). Andererseits hat
Jesus das verhüllt ausgedrückt, wofür die Jünger noch nicht reif
waren (28). Nach Cyrill dagegen waren Jesu Gleichnisse von
völliger Durchsichtigkeit, und trotzdem verstanden sie sie nicht.
Theodor ist der größere Realist; darum sieht er Schwierigkeiten,
die für Cyrill nicht existieren (31 f.). Den Symbolismus
finden die Alexandriner überall. Das „viele Gras" von Joh 6, 10
malt die geistliche Erfrischung, die „grüne Aue" von Ps. 23, 2. So
legten Origenes und Cyrill aus, wenn auch nicht wörtlich übereinstimmend
. Die 5 Fische (Joh. 6,9), für Or. die Bedeutungen der
Schrift auf Grund der traditionellen 5 Sinne, sind für Cyrill ein
Symbol des Gesetzes, das im Pentateuth ausgedrückt ist (33). Aber

Cyrill sieht symbolischen Sinn nicht nur in Einzelheiten: das ganze
Evangelium drückt zwei Wahrheiten symbolisch immer wieder aus:
das Ungenügende des Gesetzes, das erst in Christus erfüllt wird,
und die Heidenmission, die Jesu Handeln andeutet (34 f.). Auch
Theodor kennt symbolische Anspielungen und tieferen Sinn,
aber er sieht nicht wie Cyrill, daß die Passion die do£a ist, sondern
denkt an die Wunder, die die Kreuzigung begleiteten. Sein
Horizont ist auf die individuellen historischen Ereignisse begrenzt
(39).

Münster/W. Ernst Haenchen

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KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

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1907 gab L. Traube sein bekanntes Buch über Nomina sacra
heraus. Er befaßte sich mit der altchristlichen Sitte, Wörter wie
#eoc und xvgiog so abzukürzen, daß in der Regel nur der erste
und der letzte Mitlauter geschrieben werden; er führte das auf
jüdischen Brauch zurück. Unser Verf., Professor der alten Spra-