Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1961

Spalte:

464-465

Kategorie:

Kirchenfragen der Gegenwart

Autor/Hrsg.:

Heyer, Friedrich

Titel/Untertitel:

Der Tanz in der modernen Gesellschaft 1961

Rezensent:

Müller-Schwefe, Hans-Rudolf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

463

464

Ihre Überwindung kann darum nadi Meinung des Verfs. nicht
die Aufgabe des Protestantismus 6ein. Vielmehr muß er den
Glauben wieder im Sinne Luthers als freies Wagnis verstehen
lehren. Der Rechtfertigungsglaube Luthers wurde bereits von der
Orthodoxie verfälscht und mit einem Persönlichkeitsmodell verknüpft
, das heute nicht mehr vorhanden ist. Die Gottesfrage
bricht heute an der Frage nach der Rechtfertigung der Welt
auf. Es muß zu der freiwilligen Bindung an die Gemeinde und
zur mündigen Mitverantwortung kommen. — Das Heft enthält
Gedanken, die auch von anderen, vom Verf. in einem Exkurs
genannten Autoren vertreten werden. Sie werden aber m. E. nicht
konsequent genug durchgeführt. Immerhin 6oll anerkannt werden
, daß die Problematik des protestantischen Menschen gesehen,
daß ihm eine eigenständige Bedeutung neben dem Reformatorischen
im historischem Sinn zugebilligt und daß das Heil nicht
einfach in Repristinierung gesucht wird.

Erlangen Walther v. Loewenich

Berkhof, Hendrik: Gott, Gegenstand der Wissenschaft?

Evangelische Theologie 21, 1961 S. 116—131.
B u 1 g a k o w, P. Sergius: Dialog zwisdien Gott und Mensch. Ein Beitrag

zum christlichen Offenbarung6begriff. Marburg/Lahn: Edel [1961]. 48 S.

8° = Orthodoxe Beiträge, hrsg. v. R. F. Edel u. L. A. Zander, I.
D i e m, Hermann: Die historisch-kritische Bibelwissenschaft und die

Verkündigungsaufgabe der Kirche.

Kirche in der Zeit 16, 1961 S. 74—80.
Funke, Gerhard: Krise der Hermeneutik?

Zeitschrift für Religion«- und Geistesgeschichte XIII, 1961 S. 1—24.
Kinder, Ernst: Die Bedeutung der Einsetzungsworte beim Abendmahl

nach lutherischem Verständnis.

Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 14, 1960 S. 361—365.
R e i d i c k, Gertrude: Zur Diskussion über die Arnoldshainer Abendmahlsthesen
.

Una Sancta 15, 1960 S. 166—202.

Seeg er, Theodor: Die heutige katholische Sakramentenlehre als Beitrag
zur Una Sancta.
Una Sancta 15, 1960 S. 85—94.

Stellungnahme der Evangelischen Michaelsbruderschaft zu den Arnoldshainer
Thesen.

Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 15, 1961 S. 78—80.
Vi e ring, Friedrich Christian: Zur gegenwärtigen Situation des
Abendmahlsgesprächs.

Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 14, 1960 S. 341—344.
Vogel, Heinrich: Das Fragen als ein Grundproblem der menschlichen
Existenz.

Evangelische Theologie 21, 1961 S. 97—115.
Wolf, Ernst: Die „weltoffene" Kirche.

Die Zeichen der Zeit 15, 1961 S. 51—54.
Wren-Lewis, lohn: What was the Original Sin?

Expository Times 72, 1961 S. 177—180.

GEGENWARTSPROBLEME

Schultz, Hans Jürgen: Frömmigkeit in einer weltlichen Welt hrsg.
Stuttgart: Kreuz-Verlag; Ölten u. Freiburg/Br.: Walter-Verlag [1959].
309 S. kl. 8°. Kart. DM 7.80.

Nach einer Vorbemerkung des Herausgebers Hans Jürgen
Schultz bringt dies Buch 38 verschiedene Aufsätze von 38 Verfassern
, jeder Aufsatz durchschnittlich etwa 8 Seiten lang. Dem
Inhaltsverzeichnis folgt noch eine Liste mit Namen und Anschrift
der Mitarbeiter. Unter ihnen sind drei allgemein bekannte protestantische
Theologen: Gerhard Ebeling, Theodor Ellwein und
Günter Bornkamm, einige katholische Theologen, die meisten
aber Laien aus den verschiedensten Arbeitsgebieten. Der Herausgeber
hat vier Abschnitte gebildet:

1. Probleme und Chancen der Frömmigkeit
. Hier haben mich besonders gefesserlt: Dietrich von
Oppen, Frömmigkeit ohne Vorbilder (weil eine ganz neue Art
des Frommseins uns auferlegt ist); Walter Dirks, Der Atheismus
und die Frömmigkeit (eine eindringliche Warnung vor
jeder Art leichtfertigen Urteils über den Verlust des Gottesglaubens
in unsern Tagen); Gerhard Ebeling, Weltliches Reden
von Gott (der Titel ist zunächst überraschend, die Sache aber
von höchster Bedeutung. Gemeint ist „verantwortliches Reden

von Gott, das dahin zielt, wo Gott und Welt gleichsam in einem
mathematischen Punkt zusammentreffen. Dieser Ort ist das Gewissen
"); Friedrich Heer, Konfessionsloses Christentum (unter
Berufung auf Walther von Loewenich und Albert Schweitzer wird
überzeugend dargetan, echtes Christentum in der Nachfolge Jesu
Christi müsse die Mauern der Konfessionen übersteigen); Jan
Hermelink. Christsein im Welthorizont (öffnet vor uns die
Perspektive auf die Hochreligionen der Erde und legt uns die
Frage nahe, ob wir nicht dem Gei6t Jesu Christi die Kraft zutrauen
müssen, jene andern Religionen zu befruchten und zu erneuern
, ohne gewaltsame Bekehrung).

2. Einübung in der Frömmigkeit. Hier nenne
ich nur einige besonders gute Beispiele ohne nähere Erläuterung:
Hans S t o r c k, Menschsein vor der Maschine; Hans Bo-
lewßki, Verantwortung für den Glauben des andern; Heinz
Z a h r n t, Umgang mit der Bibel.

3. Experimente der Frömmigkeit. Die beiden
schönen Aufsätze von Jochen M a r g u 11, Ein Dorf namens
Agape; und Hans-Eckehard Bahr, Bruderschaft in Taize, schildern
ein vorbildliches Christentum der tätigen Liebe und Brüderlichkeit
; Horst Symanowski, Theologen unter Arbeitern,
zeigt deutlich, daß ein Theologe nicht in wenigen Wochen der
Gemeinschaft mit Fabrikarbeitern, sondern nur in langer Zeit sie
verstehen und ihnen nahekommen kann.

4. Situationen des Christ6eins: Eugen
Gerstenmaie r, Der Politiker; Walther G e r 1 a c h, Der
Forscher (Das Problem ist schwieriger, als es einst Bernhard
Bavink in seinem Büchlein „Die Naturwissenschaft auf dem Wege
zur Religion" uns vorgestellt hatte); ganz vortrefflich sind die
beiden Beiträge von Eberhard Stammler, Der Journalist (in
seiner doppelten Verpflichtung gegenüber seiner Aufgabe sachgetreuer
Berichterstattung und 6einem persönlichen Glauben)
und Friedrich Karrenberg, Der Unternehmer (der die berühmte
Eigengesetzlichkeit der Wirtschaft durch christliche Gewissenhaftigkeit
zu überwinden weiß); den Beschluß macht
Günter Bornkamm mit der schwierigsten Aufgabe, die Situation
des Theologen zu beschreiben. Das ganze Buch bietet außerordentlich
viele fruchtbare Anregungen.

Hannover-Kleefeld Hermann Schuster

Hey er, Friedrich: Der Tanz in der modernen Gesellschaft. Theologen,
Tanzlehrer, Pädagogen, Musikwissenschaftler, Ärzte und Soziologen
deuten das Phänomen des Tanzes. Unter Mitarb. v. C. Andresen,
J. E. Berendt, E. Boettcher, R. Espenschied, D. Geldschläger, H.-H.
Muchow, E. Ritter u. M. Wendt hrsg. Hamburg: Furche-Verlag
[1958]. 171 S. 8° = Soziale Wirklichkeit. Soziologische u. sozialethische
Studien z. Gegenwart Bd. 4. Lw. DM 12.80.

Eine Arbeitsgemeinschaft der Ev. Akademie Schleswig-
Holstein hat diesen hübschen Sammelband zusammengestellt.
Wir werden in ihm über den kultischen Ursprung des Tanzes
belehrt. Im Leben der Juden hatten der kultische und der
Volkstanz ihren festen Platz. Die alte Kirche aber lehnte den
Tanz scharf ab, weil er aus dem heidnischen Kultus stammte.
War aber einmal der Kampf bestanden, dann konnte, im Mittelalter
, der Tanz allmählich wieder seine Stellung erhalten. In der
katholischen Dogmatik wie bei den Reformatoren wird der Tanz
als weltlicher Brauch anerkannt. Er ist für die Lutheraner ein
Adiaphoron: nur von der Einstellung des Tanzenden hängt seine
Bewertung ab.

Heute geht es um die Stellung des Tanzes in der säkularisierten
Gesellschaft. Er wird anthropologisch vom Spiel her als
im einzelnen sehr komplexe Ausdrucksform verstanden. Man
kann seine sportliche, seine erotische, seine soziologische Komponente
betonen. Er kann den gehemmten Menschen heilend zur
rechten Motorik entbinden; er kann ihm helfen, zu sich selbst
ein rechtes Verhältnis zu gewinnen und sich zu finden; er muß
aber auch als ein Ausbruch de* Menschen aus dem System mit
den der Massengesellschaft eigenen Mitteln verstanden werden.
Der Theologe hat mit dem Tanz nur noch 6eelsorgerlidi und
soziologisch zu tun. Er soll den, der tanzt, seelsorgerlich beraten,
damit er 6eine Freiheit als Kind Gottes nicht verliert, sondern
bewährt.

Die einzelnen Beiträge sind verschieden an Niveau. Das