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Ausgabe:

1961 Nr. 6

Spalte:

440-441

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Augustinus, Aurelius

Titel/Untertitel:

Enchiridion de fide spe et caritate 1961

Rezensent:

Lohse, Bernhard

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 6

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— 13,7 ädtddxiws = sans enseignement (nicht doctrine); — 13,14
dXtjdoyvioaiav a/«<V — obtenir (nicht garder intact) la vraie science;

— 13, 15 (pvaixr/ (piXooorpia = nicht phiiosophie naturelle, sondern: si
tu t'instruis dans la contemplation de la nature; — 75,2 lies >;oi;/u-
Cövtcov; — 87, 9 etSog yvoixov — nicht aspect naturel, sondern: en
tant qu'etre particulier (Gegenteil von voi/töv) usw.

Nicht aber sollten die kleinen unvermeidlichen Fehler da6
Verdienst der großen Aufgabe schmälern, die der Verfasser durch
seine Edition und Übersetzung so hervorragend gelöst hat.

Die negative Haltung des Westens gegen die Lehre des
Hesychasmus, wie 6ie Palamas aufgefaßt hatte, d. i. die Auffassung
von Gebet, vom Aufstieg zur Vision Gottes, von der Lichtmystik
und insbesondere die Unterscheidung eines göttlichen, unerschaf-
fenen und doch menschlich schaubaren Lichtes, ist durch die Kritik
der Gegner des Palama6 im XIV. Jhdt., durch Barlaam, Akindynos
und Nicephorus Gregoras bestimmt worden (vgl. M. Jugie art.
Palamas, Dict. Th. Cath. XI, 173 5-1776 und Phil. Meyer, art.
He6ychasmus, R. E. f. prot. Theol. u. K., VIII, 14-18). Sie galt
ebensosehr auch der Art und Weise, in der die Lehre als offizielle
Anschauung der orientalisch-orthodoxen Kirche in den Synoden
von 1341 und den darauf folgenden Jahren durchgesetzt wurde.

Vf. stellte sich in der Introduction zur Aufgabe, Palamas, den
Verteidiger des Hesychasmus zu rechtfertigen, die Traditionstreue
der palamitischen Lehre zu beweisen (Indrod. 325). Mit Recht
6ieht er in Palamas (Defense I, XII) den endgültigen Sieger der
Gegenrenaissance, deren erste Ansätze im Leben des Andreas
Salos, in den Gerichtsverhandlungen gegen Psellos, Italos und
Eustratios von Nikaia (Andreas Salos, Vita BHG 117, c. 46 ff.;
P. Joannou, Psellos et le Monastere Ta Narsou, B. Z. 44 (1951)
284; Ders. Eustrate de Nicee, Trois Pieces inedites de son proces
en 1117, Rev. Et. Byz. 10 (1952) 24; Ders. Christi. Metaphysik
in Byzanz 1956, 12 f.) zu finden sind. Daß die Lichtmystik
(Defense I 103, 13; 125,4) ein Grundsatz der griechischen Mystik
seit jeher gewesen ist, beweist schon im V. Jhdt. der Kampf
eines Diadochus von Photike gegen die Visionen der Messalia-
ner und im XI. Jhdt. die zahlreichen Heiligenleben der Zeit
(P. Joannou, Les croyances demonologiques au XI0 s. ä Byzance,
Actes VII. Congr. Intern, des Et. Byz., Paris I 256). Die Erhabenheit
einer direkten Vision, in der Ekstase über die intellektuelle
Betrachtung (Defense II 487, 12; II 509 ff.; 545, 17), des
Erlebnisses über dessen Ausdruck (Introd. 143, Anm. 79) hatte das
Leben des Andreas Salos betont (cf. a. a. O. S. 26 A). Der Orien-
talisierungsprozeß des religiösen Lebens in Byzanz, dessen Anfänge
im IX. Jhdt. anzusetzen sind (vgl. P. Joannou, Art. Dichtung
, Lex. f. Th. u. Kirche 3 [1959] 358) findet tatsächlich seinen
Abschluß in der Mystik mit der palamitischen Auffassung
(Introd. 293). Die Gottwerdung des Menschen durch die Gnade
6etzt gewiß eine Teilnahme voraus (Defense I 507, 1); welcher
Art aber? An der Wesenheit Gottes? Es wäre blasphemisch. An
etwas Göttlichem (Introd. 357), was Palamas göttliche Glorie
nennt (Defense II 525), indem er Wesenheit und Wirkung Gottes
unterscheidet? Gewiß findet man bei den griechischen Kirchenvätern
, die er zitiert, die Unterscheidung zwischen der Absolutheit
Gottes und den Prädikaten, um die Beziehung der Gottheit
zu den Menschen zu erklären. Nun sind die Unterscheidungen
nicht wörtlich zu deuten, denn sie liegen nicht in Gottes Wesen,
sondern im menschlichen Denken (vgl. Psellos in Joan. Clim. Cod.
Paris, gr. 1182, fol. 284 v 1 ff. insbes. 285r: ev ro7q tdloig,
ovy. ev rovroig). Nimmt man sie hingegen wörtlich, so
verfällt man in den krassen Anthropomorphismus der Ps. Maka-
rios' Homilien und des Messalianismus, die Diadochus von Photike
so scharf bekämpft hatte. Aus dieser Sicht ist die Opposition
gegen Palamas von kirchlich gesinnten Männern zu erklären, wie
es Kalekas, Gregoras und Akindynos gewesen sind, sowie die
Bischöfe der Synode von 1351 (Introd. 152). Daß politische Motive
beiderseits mitgewirkt haben, ist unleugbar. Denn genau wie
die Treue des Palamas zu dem Kantakuzen durch die Überzeugung
gerechtfertigt war, er sei der einzige Beschützer der Einheit
des Reiches (Introd. 136), ebenso sehr war Kalekas vom Gegenteil
überzeugt (vgl. unedierte Rede des Jo. Kalekas, Cod. Paris
Coisl. 286, f. 164 v, insbes. 165 vi). Der Sieg der palamitischen
Partei ist eben dem siegreichen Aufstieg des Kantakuzens zu verdanken
(vgl. Introd. 144: Gregoras), und aus staatspolitischer

Klugheit wollten eben Kalekas und Akindynos in der ersten
Phase der Synode 1341 jeden Streit mit den Athosmönchen vermeiden
(Introd. 80 u. 353; vgl. PG 150, 901 B). Dann aber sahen
sie im Sieg des Palamismus eine religiöse Gefahr, und der Widerstand
der Opposition bis zu Demütigung, Gefängnis und Verbannung
ist nur aus diesem Motiv erklärlich, insbe6. nach dem
politischen Sieg des Kantakuzen. Deshalb kann ich nicht dem Vf.
zustimmen, in Akindynos einen unintelligenten Menschen zu
sehen (Introd. 8 5 u. 132), in Gregoras reine persönliche Motive
(Introd. 141), in Kalekas einen sturen Theologen (Defense I,
XXII), einen Fälscher (Introd. 86, Anm. 89) und nur politische
Beweggründe in Kalekas und in allen Metropoliten der Opposition
(Introd. 134). Wofür? Längst hatte 6ich die Kaiserin Anna
mit Kantakuzen und der Mönchspartei versöhnt. Für den Kano-
ni6ten Kalekas spielte noch ein anderer Grund eine große Rolle.
Das kanonische Recht der orientalisch-orthodoxen Kirche legt in
die Hände des Patriarchen bzw. des Metropoliten (vgl. Konzil zu
Chalcedon Kan. 19; II Nicaia Kan. 6; in Trullo Kan. 8; Karthago
Kan. 26) die Initiative zur Berufung einer Synode und
ihrer Bestätigung. Nicht die Laien, und die Mönche sind eben
Laien, sondern die Bischöfe bestimmen in Glaubens- und Diszi-
plinarfragen (vgl. Introd. 88). Aber nicht einmal der ganze Athos
war am Anfang palamitisch: Job, Higumen von Lavra (Introd. 58),
Sabas Higumen von Vatopedi (Introd. 136) und der Hlg. Germa-
nos (P. Joannou, Vie de saint Germain I'Hagiorite, Anal. Boll. 70

(1952) 108—109), hielten sich fern vom Streite, sicherlich nicht
als die einzigen am Anfang der Kontroverse. Die unklugen Angriffe
des Barlaam gegen die Mönche — trotz der Beschwörungen
von Akindynos und Kaleka6 — hatten die Mehrheit der rührigen
Mönche zum gemeinsamen Kampf zusammengeschlossen.

Woher aber stammte solch eine Zurückhaltung Palamas
gegenüber, bzw. eine Opposition, die mit solchen Verfolgungen
verbunden war? Hat man die Deutung der theologischen Ausdrücke
des Palamas übertrieben (Meyendorff, Theologia, XXIV

(1953) 561—566)? Denn heute noch wird man nicht klug, wenn
man die Darstellung de6 Vf.'s in der Introd. und Jugie's Art. im
Dict. Th. Cath. vergleicht, es sei denn, man nimmt eine Entwicklung
von Palamas' Lehre innerhalb der Triaden an, was mir eben
wahrscheinlicher zu sein scheint.

München Perikles-P. Joa n n o u

Augustinus, Aurelius: Enchiridion de fide spe et enritäte. Hand-
büchlcin über Glaube, Hoffnung und Liebe. Text und Übersetzung
mit Einleitung und Kommentar hrsg. v. Joseph Bärbel. Düsseldorf:
Patmos-Verlag [i960]. 256 S. 8° = Testimonia. Schriften der alt-
christlichen Zeit, hrsg. v. E. Stommel f und A. Stuiber, Bd. I. Lw.
DM 19.80.

Bekanntlich gibt es im englischen und französischen Sprachbereich
seit einigen Jahren in den Reihen der Ancient Christian
Writers bzw. der Sources Chretiennes gute Sammlungen von
Schriften der Kirchenväter, die den Urtext mit einer Übersetzung
sowie einem mehr oder weniger ausführlichen Kommentar bieten.
Eine entsprechende Reihe für den deutschen Sprachbereich ist 6eit
langem ein Desiderat. So wertvoll die Bibliothek der Kirchenväter
, vor allem auch in ihrer Ergänzungsreihe, ist, so sind hier
doch nur Übersetzungen gedruckt, nicht jedoch der Urtext mitgeteilt
und auch kein Kommentar gegeben.

Nunmehr ist jedoch mit den „Testimonia" eine Reihe begonnen
worden, die die im deutschen Sprachbereich vorhandene
Lücke schließen soll. Sie will „Texte der altchristlichen Zeit bis
zum Ausgang der Antike dem heutigen Verständnis erschließen"
und zu diesem Zwecke eine — nicht näher bezeichnete — Anzahl
von Kirchenväterschriften im Urtext mit Übersetzung und Kommentar
publizieren. Die Namen der Herausgeber sichern dieser
Reihe sofort die gebührende Beachtung.

Als erster Band der „Testimonia" liegt Augustins Enchiridion vor,
herausgegeben von J. Bärbel. Zunächst teilt eine Einleitung (S. 5—20)
das Nötige über Veranlassung und Empfänger, Überschrift, Abfassungszeit
, Inhalt, Ausgaben, Übersetzungen und Abhandlungen mit. Darauf
folgt der lateinische Text (S. 22—201), dem die deutsche Übersetzung
jeweils gegenübersteht. Ein eigentlicher Apparat wird nicht geboten.
Doch sind die wichtigeren Lesarten der Mauriner sowie Krabingers
(Enchiridion, 1861) verzeichnet; Zitate sind nachgewiesen. Am Fuße
der Seiten findet sich der Kommentar. Der nächste Abschnitt (S. 203