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Ausgabe:

1961 Nr. 6

Spalte:

437

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Die Urkunden Heinrichs IV. 1961

Rezensent:

Blaschka, Anton

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437

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 6

438

Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser. 6. Bd.: Die Urkunden
Heinrichs IV. 2. Teil. Bearb. v. D. v. Gladiss. Weimar: Böhlau
1952. IV, 373—686 S. 4° = Monumenta Germaniae Historica.
DM 34.40.

Es ist mißlich, die Binsenwahrheit zu wiederholen, daß Bücher
ihre Schicksale haben. Die vorliegende Quellenedition setzt
einen Schlußstrich hinter das Erbe des unseligen Krieges. Der
Bearbeiter dieses Bandes hatte die Fahnen im Felde korrigiert
und war seit 1943 vermißt, in diesem Jahre wurden auch die
Druckstöcke durch Kriegseinwirkung vernichtet, und auch der
ganze Apparat war verloren. Nichtsdestoweniger erschien der
Band i. J. 1952 in photomechanischer Reproduktion nach einem
Exemplar der Korrekturfahnen, das nicht durchgearbeitet war,
ohne daß es dem Verlag bekannt war. Nach dem Bekanntwerden
des Irrtums schritt der Verlag zu einem Neudruck, der nun vorliegt
. Dabei konnte er sich namentlich auf die gewissenhafte Rezension
stützen, die Johannes Schneider in der Deutschen
Literaturzeitung 1954, Sp. 150 ff. veröffentlicht hatte, dem daher
ein unbestreitbares Verdienst an dieser Publikation zukommt
. Auf alle Fälle hat die Verfolgung der Druck- und
Korrekturgeschichte gezeigt, daß als Vorlage für den Setzer zunächst
eine handschriftliche Niederschrift benützt wurde, während
eine sorgfältig verbesserte Maschinenschrift die Fehler auf
ein Mindestmaß herabgedrückt hätte. Jetzt ist alles mühsam in
Ordnung gebracht.

Der Band umfaßt 206 Urkunden Heinrichs IV. aus der Zeit
1077—1105, eine Urkunde der Kaiserin Agnes aus 1059, 5 Urkunden
König Konrads aus dem Zeitraum 108 8—1097, eine Urkunde
König Rudolfs aus 1079 und 2 Urkunden König Hermanns
(1082—83); anhangsweise sind XXV Vermerke über moderne
Fälschungen und apokryphe Angaben über königliche Beurkundungen
aus der in Frage kommenden Zeit angeschlossen. Damit
ist der Stoff umfassend vorgelegt und bedarf nur der Ergänzung
durch ein Register.

Dem Inhalte nach bezieht sich die Mehrzahl der Dokumente
auf Begnadungen, Verleihungen und Bestätigungen für Kirchen,
Stifter und andere kirchliche Einrichtungen und Einzelpersonen
in Italien und Deutschland; der Zeit entsprechend sind darunter
etwa 5 % unecht oder verunechtet, doch sind auch diese für den
Historiker aufschlußreich.

Die Anlage der Edition folgt den bewährten Richtlinien der
Monumenta. Hier einige Bemerkungen zu Sonderfällen:

Das im Anschluß an die Actum-Formel in einigen Originalurkunden
erscheinende Amen in auseinandergezogenen griechischen Majuskeln
wäre demgemäß als AMHN zu drucken und nicht a m h n, die Erläuterung
im Apparat könnte entfallen. In den Arengen erscheinen neben
festgestellten wörtlichen Schriftzitaten auch solche, welche nicht als
wörtlich ermittelt werden konnten, daher als Zitat? gekennzeichnet
wurden, oder unberücksichtigt blieben. Zu dem ersteren Fall gehört z. B.
in Nr. 44 8, S. 605 cui plus a deo committitur, plus ab
eo exigitur, das die inhaltliche Wiedergabe von Luc. 12,48 ist.
Wir halten die Feststellung für wichtig, weil aus demselben Kapitel
ohne wörtliches Zitat auch die Argumente in den Urkunden Nr. 304,
306, 314, 323, 327 geschöpft sind, was ohne Hinweis blieb. Zu dem
letzteren Falle gehört die Wendung von den vivi lapides in
Nr. 466, S. 629, welche auf l. Petr. 2,4/5 zurückgeht, von Augustinus
im Traktat zum Psalm 121 benützt wurde und im Hymnus Urbs beata
Jerusalem zum Kirchweihfest erscheint sowie in der Postcommunio des
genannten Festes.

Mit diesen Bemerkungen will ich nicht den Anschein erwecken
, als ob ich imstande wäre, das zunächst so bestimmt
klingende Zitat in Nr. 434, S. 581 nachzuweisen, obwohl es an
Motive aus den Proverbia und dem Ecclesiasticus anklingt; dies
und vieles andere, was uns in den Texten dieses Bandes der
Monumenta in gesicherter Edition geboten wird, wird Ausgangspunkt
künftiger hilfswissenschaftlicher Forschung und feste
Grundlage historiographischer Synthese sein. Dafür gebührt in
diesem Falle vor allem dem Verlag ein besonderer Dank.

Halle/Saale Anton Blaschka

K r a u s, Andreas: Secretarius und Sekretariat — Der Ursprung der
Institution des Staatssekretariats und ihr Einfluß auf die Entwicklung
moderner Regierungsformen in Europa.
Römische Quartalschrift 55, 1960 S. 43-84.

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Meyendorff, Jean, Dr.: Introduction ä l'etude de Gregoire Pala-
mas. Paris: Editions du Seuil [1959]. 431 S., 1 Taf. 8° = Patristica
Sorbonensia, collection dirigee par H.-I. Marrou, 3.

P a I a m a s, Gregoire: Defense des saints hesychastes. Introduction,
texte critique, traduetion et notes par Jean Meyendorff. I. u. II.
Louvain: Spicilegium Sacrum Lovaniense 1959. L, III, 767 S. 4° =
Universite catholique, Spicilegium Sacrum Lovaniense, Etudes et Do-
cuments, Fase. 30 u. 31. bfr. 400.— u. 3 50.—.

Die spätbyzantinische Mystik, die man als Hesychasmus bezeichnet
, und ihr Wortführer Gregor Palamas, der sie theologisch
zu begründen versucht hatte, wurden seit dem Ende der zwanziger
Jahre (I. Hausher, La Methode d'Oraison hesychaste) immer
mehr des Studiums von Byzantinisten aller Richtungen gewürdigt
. Das ausführliche Verzeichnis der diesbezüglichen Veröffentlichungen
(s. Introduction S. 15—22) legt Zeugnis dafür ab. Umso
mehr sind wir dem Verfasser dankbar, daß er uns zur 6. Jahrhundertfeier
des Gregor Palamas eine Richtigstellung des Hesy-
chastenstreites und eine Würdigung der Person de6 in der orthodoxen
Kirche als Heiligen verehrten Greg. Palamas in den vorliegenden
zwei Werken gegeben hat:

1. Unter dem bescheidenen Titel Introduction, Einleitung in
das Studium von Greg. Palamas, eine eingehende Behandlung
des Lebens und Wirkens (S. 25—172) des Greg. Palamas, seines
theologischen Denkens (173—329), nebst Anhang I, Aufzählung
seines edierten und unedierten Schrifttums (71 Schriften, S. 331
—399) und Anhang II edierte (S. 401) und unedierte (S. 407)
Quellen über Greg. Palamas; Verzeichnis der Eigennamen (S. 417),
der griechischen Termini technici (S. 423), der ineipit (S. 427)
und der zitierten Autoren (S. 429—431), und

2. die Hauptschrift des Mystikers, Apologie des Hesychasmus
(Defense) in einer vorbildlichen Ausgabe, mit einer französischen
Übersetzung und ausführlichen Einleitung versehen: Abfassung
und Datierung der drei Hauptteile des Werkes (S. VIII);
der Gegner Barlaam und seine Schriften (S. XXIV); der Lehrer,
der Hesychast Nicephorus (S. XXVIII); die Quellen, d. h. die
aus den byzantinischen Mystikern benützten Texte (S. XXXIV);
Plan und Stil (S. XLIII). Die erste Trilogie (Triade) der Defense
widerlegt die Argumente des Barlaam 1. gegen die Unwissenheit
der Mönche — Von der profanen Wissenschaft (S. 9—69); 2. gegen
die Omphalopsychie, d. i. die Betrachtung der Seele durch das
Fixieren des eigenen Nabels beim Gebet — Rechtfertigung dieser
Methode (71—101); 3. gegen die Lichtvisionen — sie vermitteln
die Vereinigung mit Gott (103—223). Die zweite Trilogie sucht
nach der theologischen Begründung dieser Argumentation: wahre
Weisheit (225-317), Gebet (319-389), Lichtmystik (385-555).
Die dritte Trilogie ist die Antwort auf die Anklageschrift des
Barlaam, für den die Lichtmystik der Hesychasten eine Erneuerung
des schon verurteilten Messalianismus darstellte: Gott-
werdung des Menschen (557—339), die Lehre des Makarios (641
-693), die Widersprüche des Barlaam (695—727). Das Verzeichnis
der Zitate aus der Bibel (S. 731), den griechischen Kirchenvätern
(S. 73 8) und der Liturgie (746), ein Wortverzeichnis deT
mystischen Termini (S. 747) und der Eigennamen (S. 753) schließen
den zweiten Band der Edition. Die völlige Übereinstimmung
der Hss-Überlieferung (S. XLV—L), läßt im Apparat nur hie und
da einige unbedeutende Abweichungen erscheinen, so daß wir
einen sicheren Text des Werkes besitzen, dessen getreue Wiedergabe
durch die Ausgabe in der Serie des Spicilegium Sacrum
Lovaniense und die Revision von H. H. P. Ch. Martin-Löwen
garantiert wird. In der fließenden französischen Übersetzung des
schwierigen Textes wird es dem Leser schwer fallen, den genauen
Sinn einer theologisch wichtigen Stelle zu finden. Einige Stichproben
und Korrekturen hierzu.

S. 5, 6 lies: „j'ai entendu dire par certains que les moines aussi de-
vaient rechercher la sagesse profane parce que sans eile — disent-ils — il
nc serait pas possible d'cvitcr l'ignorance et les fausses croyances, meme
si Von etait parvenu ä l'impassibilitc la plus grande, ni d'atteindre la
perfection et la saintete . . .". — 11, 13 lies: „II est ä craindre que ce
nc soit une grande faute de croire que Fun d'entre ces sages ait pu
decouvrir les raisons des choses dans l'intelligence creatrice." —
13, 5 ayonwaai = rend les images meconnaissables (nicht inutiles);