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Ausgabe:

1961 Nr. 5

Spalte:

335-339

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Drower, E. S.

Titel/Untertitel:

The canonical prayerbook of the Mandaeans 1961

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 5

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fließen, obwohl es natürlich Fälle genug gibt, an denen sich solche
Grenze nicht sicher ziehen läßt. Aber ich muß bekennen, daß mir
nicht alle Darlegungen des Verfs. ganz deutlich geworden ßind.
An einigen Stellen sind die Belege nachzuprüfen. S. 141 wird
„der Prophet Theano" erwähnt; es handelt 6ich aber um eine
Pythagoreerin.

Der dritte Teil ist wieder den christlichen Sakramenten gewidmet
. Wir lesen die Begriffsbestimmung: „Sakramente sind
elementare Lebensvorgänge, von Gott hervorgerufen und bestimmt
, Träger zu 6ein der wahrhaftigen Gegenwart Christi in
seinem ganzen Erlösungswerk und 6einer Ausstrahlung in das Leben
der Kirche" (S. 194). Hier wird das Suchen nach Wahrheit und
Wirklichkeit ernst genommen. Die Frage nach der Zahl der Sakramente
ist „überflüssig". „Es gibt nur e i n Christusmysterium,
das Gott uns auf verschiedene Weise und in verschiedenen Formen
zeigt" (S. 227). „Das Abendmahl aber ist zweifellos das zentrale
Sakrament, weil es in direkter Beziehung steht zu Christi
Tod und Auferstehung" (S. 228). Eine wesentliche Besonderheit
sei mit eigenen Worten des Verfs. hervorgehoben (S. 251). „Die
Ehe muß ganz bestimmt unter die Sakramente gerechnet werden
und nimmt unter ihnen einen ganz besonderen und typischen
Platz ein. Nirgends wird uns die analogia entis so klar wie bei
der Ehe: das menschliche, .natürliche' Tun ist das Abbild des
göttlichen Tuns, Epheser 5. Daß wir geschaffen sind als Ebenbilder
Gottes, wird in der Ehe in 6einer ganzen sakramentalen Kraft
sichtbar. Die Verbindung zwischen Christus und seiner Kirche
liegt letztlich an der Verbindung zwischen Mensch und Mensch,
oder besser: an der Einheit des Menschen. Er schuf sie Mann und
Frau."

Man kann nicht leugnen, daß der Verf. alle diese Sätze von
seiner Grundanschauung aus denkrichtig gewinnt.

Ostseebad Ahrenshoop Johannes Leipoldt

D r o w e r, E. S.: The Canonical Prayerbook of the Mandacans, transl.
with Notes. Leiden: Brill 1959. VIII, 325 S. u. 248 S. mandäisdier
Text. gr. 8°. Lw. hfl. 68.—.

Nach ihren bereits zahlreichen und wertvollen Arbeiten über
die Mandäer, legt Lady Drower jetzt eine im Vergleich zu der
klassischen Ausgabe von Lidzbarski1 weitaus umfangreichere
Sammlung der mandäischen Liturgien in Text und englischer
Übersetzung vor. Die beiden Editionen unterscheiden sich nicht
nur nach ihrem Umfang, sondern auch nach den Gesichtspunkten,
die die Herausgeber leiteten. Während es Lidzbarski auf den
Wert und das relative Alter der zu edierenden Stücke ankam, geht
es D. um Vollständigkeit der Texte und um ihren Bezug auf den
gegenwärtig ausgeübten Kult der Mandäer. So bietet sie das
ganze bei den heutigen Mandäern in kanonischer Geltung stehende
und im heutigen Kult verwendete Corpus liturgischer Gebete
, und zwar im wesentlichen nach zwei das ganze Corpus umfassenden
Handschriften ihrer eigenen Sammlung, nämlich D. C*
3 und 53. Davon ist D. C 53 — von Lady D. im Frühling 1954
erworben — die wertvollere und besser erhaltene Handschrift.
Nach einer m. E. zu knappen Einleitung von eineinhalb Seiten,
die in dem Leser mehr Fragen weckt als beantwortet, folgt die
Übersetzung des in 414 Stücke gegliederten Gebetbuches. Zugrunde
liegt der Übersetzung in der Hauptsache die Handschrift
D. C. 53; vielfach berücksichtigt bzw. in den Fußnoten diskutiert
werden abweichende Lesarten von D. C. 3 und von dem Text
Lidzbarskis; gelegentlich werden auch andere Handschriften der
Drower Collection, die nicht das ganze Gebetbuch enthalten,
vornehmlich D. C. 38, zu Rate gezogen. Knappe Fußnoten enthalten
außer textkritischen und philologischen Erwägungen auch
Bemerkungen zu sachlichen Fragen, wobei die Symbolik der
Texte für den heutigen Kult vielleicht etwas zu sehr betont wird.
Die Übersetzung beschließt ein Namens- und Begriffsregister
(S. 317-324). Der zweite Teil des Buches enthält auf 495 Halbseiten
den mandäischen Text der Handschrift D. C. 53 in photomechanischer
Wiedergabe.

Das Werk stellt also keine kritische Textausgabe dar und
erhebt auch gar nicht einen derartigen Anspruch. Es will vielmehr

*) Mandäische Liturgien, Abhandl. d. königl. Ges. d. Wiss. z. Göttingen
, philo!.-hist. Kl. N. F. Bd. XVII, 1, Berlin 1920.
2) D. C. = Drower Collection.

ein Stück Pionierarbeit leisten, der 6ich auf dem Gebiet der mandäischen
Forschung die Lady D. ja verschrieben hat. Eine beträchtliche
Anzahl von Texten wird hier erstmalig veröffentlicht; andere
bietet D. hier in größerem Rahmen zum zweiten Male, nachdem
sie selbst sie bereits an anderer Stelle mitgeteilt hat. D. h.
aber nicht, daß die6e Texte bisher unbekannt waren. Lidzbarski
hat während der Vorbereitung seiner Ausgabe Pariser und Londoner
Handschriften benutzt, die einen ganzen Teil dieser von D.
erstmalig nun herausgegebenen Gebete enthielten, hat 6ie aber
einer Edition nicht für wert gehalten. Von den Stücken, die bereits
Lidzbarski veröffentlicht und übersetzt hatte, bietet D. eine
neue, z. T. abweichende Übersetzung.

Wie solche Abweichungen3 aussehen, soll an einigen Beispielen
verdeutlicht werden. Häufig sind nur die Textbestandteile
anders bezogen worden. Vgl. z. B.:

la) Lidzbarski Qol. XL (Mand. Lit., S. 72, Z. 14 - S. 73, Z. 2 d.

Übers.):

Ich verehrte und pries jenen herrlichen, ersten Weinstock, dessen

Inneres Wasser, dessen Laub Uthras, dessen Ranken Leuchten des

Lichtes sind. In seinem Schatten sitzen Uthras, in der großen,

ersten Lichtwolke. Sie weilten im Lichtschatz, und (in ihm) wurde

der verborgene Mänä geschaffen.

lb) Drower Prayerb. No. 40 (Transl. p. 39, 1. 1—5):

I worehipped and praised that supreme First Vine, for within it

is its Sap; its leaves are 'uthras and its tendrils rays of light.

'Uthras sit in its shade. And within the great first Cloud of Light

there came into existence, within the Treasure-of-Light there was

generated, the Secret Mana.

Durch solche Verschiebungen gewinnt D. nicht selten dem Text

einen besseren Sinn ab. Vgl. z. B.:

2a) Lidzbarski Qol. VII (Mand. Lit., S. 11, Z. 3-5 d. Übers.):
Aus ihm ist Mandä dHaije entstanden und hervorgegangen, der
durdi den Sinn des ersten Lebens erkannte und einsah, daß es
hervorragend ist.

2b) Drower Prayerb. No. 7 (Transl. p. 5, 1. 9—12):

For from it came into being and was manifest Knowledge-of-Life

(Manda-d-Hiia) who knew and interpreted the thoughts of the

First Life, which are wondrous.

3a) Lidzbarski Qol. X (Mand. Lit., S. 17 f.):

Am Tage, da sie den Jordan dem Säm-Smir, dem großen, reinen

Glänze des ersten Lebens, gewährten, von dem aus Bihräm und Ram

der Große des Lebens hingezogen wurden, gingen mit ihm 144 000

Myriaden Uthras, Söhne des Lichtes. Sie stiegen zum Jordan hinab,

und er taufte sie, dann stiegen sie zu seinem Ufer empor, und er

stellte 6ie da auf. Er gewährte ihnen von dem Lobpreis und der

Größe, die mit ihm waren.

3b) Drower Prayerb. No. 10 (Transl. p. 8):

On the day that the Jordan was bestowed upon Sam-Smir, the great
pure radiance (Apposition zu Jordan) of the First Life which
flowed forth from Hirn, Bihram and Ram-Rba-Hiia went with him
(and?) four hundred and forty-four thousand myriads of
'uthras, sons of light, who descended to the jordan. He baptised
them and they rose to the bank. He raised them up and conferred
upon them some of the glory and 6ome of the greatness which was
(conferred) on himself.

Auch sonst gelingt es D., an manchen Stellen den Text mehr aufzuhellen
. Vgl. z. B.:

4a) Lidzbarski Qol. XCI (Mand. Lit., S. 156):

Meine Erleuchtung und meine Lobpreisung führen mich hinüber.
Der du durch die Wache hindurchführest, führe mich hinüber,

die Lichtwolke, und sie steige empor
siegreich zum Orte des Lichtes.

4b) Drower Prayerb. No. 91 (Transl. p. 95):

My vigilance and praisegiving

Are my ferrymen across (the waters of death);

A transformation brought me over,

A cloud of light took me over.

In purity shalt thou rise to the Place of Light.

5a) Lidzbarski Oxf. Samml., 1. B., XX (Mand. Lit., S. 190, Z. 4—9
d. Übers.):

Am Anfange zog ich in einer Wolke hinaus,
aus dir, glänzendes Heim.

3) Dabei sehen wir ab von Kleinigkeiten und solchen Abweichungen
, die offensichtlich auf einer geringfügigen Verschiedenheit der Textgrundlage
beruhen.