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Ausgabe:

1961 Nr. 5

Spalte:

334-335

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Leeuw, Gerardus van der

Titel/Untertitel:

Sakramentales Denken 1961

Rezensent:

Leipoldt, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 5

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Grenzen gebunden ist. Angehörige der verschiedensten Konfessionen
und Nationen haben ihre Gabe dargebracht. Ein Blick auf
das Inhaltsverzeichnis beweist das zur Genüge. Es geht daraus
hervor, daß das Buch eine ökumenische Leistung, im weitesten
Sinne genommen, darstellt. Denn es haben nicht nur Kirchenrechtler
aus Kirchen, welche der Ökumene als Zusammenschluß der
nicht römisch-katholischen Kirchen angehören, an dem Band mitgearbeitet
. Er enthält vielmehr eine Reihe von Beiträgen aus der
Feder von Gelehrten römisch -katholischer Konfession.

Ganz besonders sei ferner hervorgehoben, daß die Festschrift
in einer sehr feinen Weise der Persönlichkeit und der Lebensarbeit
von Johannes Heckel gerecht wird. Ein Teil der Aufsätze
kreist in mehr oder minder großem Ausmaß um Heckeis grundlegende
Arbeit Lex charitatis (München 1953). Diese „juristische
Untersuchung über das Recht in der Theologie Martin Luthers",
wie der Untertitel lautet, hat viel Anerkennung, aber auch — wie
jede bedeutende wissenschaftliche Leistung — viel Widerspruch
gefunden. So ist der Band zugleich ein Beweis für die schöpferische
Unruhe, in welche die Kirchenrechtswissenschaft und darüber
hinaus die Theologie durch Heckeis Werk versetzt worden ist.
Wenn man in der Geschichte der Wissenschaft vom evangelischen
Kirchenrecht vergleichend zurückblickt, stößt man auf die berühmte
These von Rudolph Sohm, daß das Kirchenrecht mit dem
Wesen der Kirche im Widerspruch 6teht. Sohm hat damals, so
wie heute Johannes Heckel, eine ähnliche, fruchtbare und in die
Tiefe gehende Diskussion auf breitester Grundlage hervorgerufen
.

Ein Stück Wissenschaftsgeschichte findet sich auch im Vorwort
. Hier werden von Herausgeber und Verlag Person und Werk
des Jubilars gewürdigt. Man kann daraus die Lebensgeschichte
eines deutschen Gelehrten entnehmen, der in der Jugend am
ersten Weltkrieg teilgenommen und weiterhin das Auf und Ab
des deutschen Schicksals ebenso wie die Wellenbewegungen deutschen
Geisteslebens miterlebt, miterlitten und mitgefühlt hat.
Daß dieses Gelehrtenleben trotz allem, was von außen an Unruhe
hineingetragen worden ist, eine reiche Ernte eingebracht hat,
zeigt am Schluß des Bandes die vom Sohn des Jubilars, Martin
Heckel, auf zehn Seiten liebevoll zusammengestellte Bibliographie
der Schriften von Johannes Heckel aus dem Gebiete des
Kirchenrechts und der kirchlichen Rechtsgeschichte.

Inhalt

Vorwort

Staatsrecht
Staat und Schule im Verfassungsrecht

von Staatsminister Prof. Dr. Theodor Maunz, München.

Staatskirchenrecht

11 diritto di spoglio e il diritto di regalia in Germania nel Medioevo
von Prof. Dr. Giuseppe Forchielli, Bologna.

Die Zwangsbeitreibung der Kirchensteuern in der Deutschen Demokratischen
Republik

von Prof. D. Dr. Erwin Jacobi, Leipzig.
Ein geistlicher Staat in Deutschland von 1809—1845

von Prof. Dr. Dr. Hermann Nottarp, Würzburg.
Zur Vorgeschichte und Problematik des Kirdienbeitrr.gsgcsetzes in

Österreich

von Prof. Dr. Willibald M. Plöchl, Wien.

Evangelisches Kirchenrecht
Naturrecht und obrigkeitliches Kirchenregiment bei Wolfgang Musculus

von Privatdozent Dr. Richard Bäumlin, Bern.
Sacerdotium — Ministerium — Ecclesia Particularis

von Prof. Dr. Siegfried Grundmann, München.
Gustav Vasa und die Bischofsweihe (1 523—1 531)

von Prof. Dr. Sven Kjöllerström, Lund.
Grundsätzliche Rechtsbeziehungen der Landeskirchen untereinander

von Prof. D. Dr. Rudolf Smend, Göttingen,

Katholisches Kirchenrecht
Die Verfassung de« Oratoriums des hl. Philippus Neri

von Prof. Dr. P. Philipp Hofmeister OSB, Abtei Neresheim über
Aalen.

Johann Oldendorp und das Kanonische Recht

von Prof. Dr. Dr. Friedrich Merzbacher, Innsbruck.

Theologie

Die Reform des Kirchenrechts und die Reformen der Kirche
von Dekan D. Theodor Heckel, München.

Luthers Ableitung der geistlichen und weltlichen „Oberkeit"
aus dem 4. Gebot

von Prof. Dr. Ernst Kinder, Münster.
Christum habere omnia Mosis, Bemerkungen zum Problem Gesetz und
Evangelium

von Prof. D. Ernst Wolf, Göttingen.

Kirchenkunde

Mormonism

von Prof. Julius Bodensieck, Dubuque, Iowa, USA.
John Wcsley als Organisator der methodistischen Bewegung
von Prof. Dr. Martin Schmidt D. D., Mainz.

Bibliographie

Schrifttumsverzeichnis Johannes Heckel aus dem Gebiete des Kirchenrechts
und der kirchlichen Rechtsgeschichte
von Dr. Martin Heckel, München.

Erlangen Hans L i e r m a n n

Birnbaum, Walter: Organisches Denken. Vortrag zur Feier des 85.
Geburtstages von Albert Schweitzer. Tübingen: Mohr i960.. 43 S.
gr. 8° — Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften a. d.
Gebiet d. Theologie u. Religionsgeschichte, 231. DM 2.40.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

L e e u w, Gcrardus van der, Prof.: Sakramentales Denken. Erscheinungsformen
und Wesen der außerchristlichen und christlichen Sakramente.
Übers, aus dem Holländischen von Dr. E. Schwarz. Kassel: Stauda-
Verlag 1959. 275 S. gr. 8°. Lw. DM 18.—.

Diese letzte Schrift des bekannten niederländischen Religionswissenschaftlers
(gest. 1950) wurde von Eva Schwarz ins Deutsche
übertragen. Es handelt sich um ein eigentümliches Buch; viele
werden Einspruch erheben; aber jeder, der sich Mühe gibt, es zu
lesen, wird Gewinn haben.

Der Verf. meint wohl mit Recht, daß heute die Gelegenheit
günstig sei, sich über die Sakramente, zumal in der ihm eigenen
Weise, zu äußern; der Existentialismus in seinen verschiedenen
Formen bereite den Boden.

Das gilt am wenigsten für den ersten Teil, der die sieben
aus der Kirchengeschichte bekannten Sakramente vom Neuen
Testamente und der späteren Entwicklung her darstellt. Die
biblischen Grundlagen werden, soweit vorhanden, mitgeteilt und
gewürdigt, die Hauptpunkte klar herausgearbeitet, wie der Verf.
sie sieht. Dabei werden Abendmahl und Taufe besonders ausführlich
besprochen. Ich sehe die Notwendigkeit dieses Teiles
nicht ganz ein. Aber es ist lehrreich, die Anschauungen des Verfs.
auf diesem Gebiete kennen zu lernen. Es wird hier natürlich viele
geben, die manche Tatbestände anders beurteilen. Ich würde, was
die Eucharistie betrifft, nicht 1. Kor. 11 an die Spitze stellen,
sondern die Synoptiker. Auch scheint mir Rom. 6 nicht der rechte
Ausgangspunkt für eine Darstellung der Tauflehre. Das Urteil
über Jak. 5, 14 f. muß den Leser zunächst verblüffen: ,eine sakramentale
Handlung ist hier ganz sicher anzunehmen'.

Der zweite Teil des Buches ist phänomenologisch und benutzt
als Stoff das ganze Gebiet der Religionsgeschichte. Verf.
hat einen weiten Begriff vom Sakrament. Er macht ihn etwa
folgendermaßen deutlich. „Überall auf dem ganzen Erdkreis verrichtet
der Mensch bestimmte Handlungen, die ihr Ziel nicht ausschließlich
in sich selbst haben oder von denen er sich bewußt ist,
daß er wohl der unmittelbare Autor ist, aber nicht der eigentliche
" (S. 109). „Ein Sakrament, gesehen als menschliches Phänomen
, verursacht durch menschliche Absicht, ist eine elementare
Handlung, die der Mensch in dem Bewußtsein verrichtet, daß
er damit etwas in einer anderen Sphäre bewirkt" (S. 110 f.). Ich
halte es für wertvoll, daß dabei auch Handlungen und Erlebnisse
zur Sprache kommen, die nicht zur Reihe der sieben Sakramente
gehören (Handauflegung bei verschiedenen Gelegenheiten, Sterben
, Tanz, Umzüge, Kampf usw.). Zweifellos hören wir hier viel
Richtiges zur Psychologie früherer Frömmigkeit. Unsicher ist mir,
ob der Verf. alles recht deutet. Mir scheinen die betreffenden
Begehungen nicht immer eindeutig. Auch arbeite ich lieber nicht
mit so weiten Begriffen, wie unser Verf. Ich finde, daß man sich
mit strengen Begriffen klarer ausdrücken kann. Hier scheint mir
vor allem die Grenze zwischen Sakrament und Zauber oft zu ver-