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Ausgabe:

1961 Nr. 5

Spalte:

331-332

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Vierzig Jahre hochkirchliche Bewegung in Deutschland und in Nachbarländern 1961

Rezensent:

Schanze, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 5

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recht geworden ist, werden immer außerhalb des Bereiches de« es besteht kein Widerstreit und keine Konkurrenz zwischen dem,
Amtes seine Funktionen aus freier Liebe neue Wege finden. Ge- was hier und was dort in verschiedener Weise und von verschie-
wiß gibt es hier zwei Bereiche für ein und dasselbe Wirken, aber denen Personen getan wird.

ALLGEMEINES: FESTSCHRIFTEN

V o I k m a n n, Albrecht [Bearb.j: Vierzig Jahre Hochkirchliche Bewegung
in Deutschland und in Nachbarländern. München-Basel: E. Reinhardt
. 134 S. gr. 8° = Sonderheft der Zeitschrift „Eine heilige Kirche
", hrsg. v. F. Heiler, Jg. 1957/58, H. II. DM 7.50.

Das Jubiläumsheft der Hochkirchlichen Bewegung bietet 20
Aufsätze unterschiedlicher Thematik und Qualität. Die Zusammenstellung
ist aufschlußreich als Selb6tzeugnis der Bewegung in
ihrem gegenwärtigen Stand.

Es empfiehlt sich, die Lektüre am Ende zu beginnen. An letzter
Stelle 6tehen die 95 Thesen, die der holsteinische Pastor
Heinrich Hansen zum Reformation6jubiläum 1917 herausgab:
„Spieße und Nägel, d. i. Streitsätze wider die Irrnisse und Wirrnisse
unserer Zeit" — in der nicht ganz klassischen lateinischen Fassung
als „Stimuli et clavi" bezeichnet. Das innere Pathos und
die kirchliche Stoßrichtung der Hochkirchlichen Bewegung in
ihrem Anfangsstadium wird an diesen aggressiven und ungeschützten
Streitsätzen in einer erfrischenden Deutlichkeit erkennbar
. Es geht dem Verfasser um die wahre Katholizität der
Kirche, die zwischen den protestantischen Reduktionen und den
römischen Verhärtungen zu 6uchen ist. Alle spezifischen Anliegen
der Hochkirchlichen Bewegung treten bei Hansen bereits klar
heraus. — Es ist interessant, mit diesem temperamentvollen
Zeugnis aus den Anfängen der Bewegung die grundsätzlichen
Ausführungen zu vergleichen, mit denen Albrecht Volkmann in
dem wohl wichtigsten Aufsatz dieses Heftes „Aufgaben und
Ziele der evangelisch - ökumenischen Bewegung" deren Gegenwartsaspekte
kennzeichnet. Der Ton ist klug und abgewogen, die
Heftigkeit der Polemik ist verschwunden. Volkmann stellt fest,
daß manche Ziele der Hochkirchlichen Bewegung, namentlich auf
liturgischem Gebiete, heute weithin gebilligt und praktiziert
werden. In vier Punkten definiert Volkmann die gegenwärtige
und zukünftige Aufgabe der Bewegung:

1. Die Wiedergewinnung des vollen christlichen Wahrheitsgehaltes
, wie er sich aus der ganzen Hl. Schrift und aus der an
der Hl. Schrift gemessenen gesamtkirchlichen Überlieferung ergibt
. (Die Antithese von Schrift und Tradition ist also aufzulösen
, wie es schon Hansen in These 27 ff. forderte.)

2. Die Wiederherstellung des vollen evangelischen Gottesdienstes
, in Predigt, sakramentalem Leben und Gebetsdienst.
(Hier ist eine besonnene, liturgischen Sonderwünschen gegenüber
vorsichtige Haltung zu beobachten.)

3. Die Wiederanknüpfung der abgerissenen katholischen
Tradition des kirchlichen Amtes. (Der Autor bedauert hier, daß
die Lutherische Bisdiofskonferenz zur Frage der Apostolischen
Sukzession eine reservierte Haltung eingenommen hat.)

4. Die Wiedervereinigung der gesamten jetzt gespaltenen
Christenheit im Glauben und in der Liebe, am Altar und unter
der Leitung des historischen Bischofsamtes. — An diesem Punkte
wird das ökumenische Anliegen deutlich, das auch durch die
Namensgebung „evangelisch - ökumenische Bewegung" betont
wird. Dabei ist bemerkenswert, daß die südindische Kirchenunion
vom Verfasser deshalb positiv bewertet wird, weil in ihr protestantische
und katholische Elemente zusammengefügt worden
sind.

Was von Volkmann zusammenfassend dargelegt wird, entfalten
andere Aufsätze nach einzelnen Seiten hin. Paul Sdiorlem-
mer behandelt „Des Pfarrers Würde und Amt aus der Sicht evangelischer
Katholizität", Konrad Minkner „Die altkirchlichen
katholischen Bekenntnisse in ihrer Bedeutung für die heutige
Christenheit". Johannes Heintze spricht über die „Allumfassende
Kirche", Lotte Zechel über das Thema „Die Heiligen
und der evangelische Christ". Merkwürdig blaß und unprofiliert
in der Beurteilung ist der kompendiarische Bericht von Werner I
Ernst Linz „Entwicklungen im liturgischen Leben des deutschen |

Protestantismus von 1918 bis 1958". Daneben finden sich
Erinnerungsberichte (Oskar Joh. Mehl, Elisabeth Hempel, Dorothea
Paul) und Lageberichte über die Arbeit der Hodikirchlichen
Bewegung im In- und Ausland (Holland, Schweden, Norwegen).
Über die „Evangelisch-ökumenische Johannisbruderschaft" berichtet
Albrecht Volkmann, über die „Evangelischen Franziskanertertiaren
" Elisabeth Hempel und Dorothea Paul. Diese
summarische Übersicht mag genügen.

Die notwendige Beschränkung dieser Anzeige verbietet es,
den vielfältigen Problemen im einzelnen nachzugehen, die von
der Hochkirchlichen Bewegung in der ihr spezifischen Weise behandelt
werden. Es geht um das Verhältnis von Schrift und Tradition
, von Liturgie und Verkündigung, von Sakrament und
Predigt, von Gehalt und Gestaltung, von Amt und Gemeinde,
von Christenheit und Konfessionskirchen: sämtlich weitschichtige
Fragen, die nicht mit ein paar Sätzen abzuhandeln 6ind. Es ist das
Verdienst der Hodikirchlichen Bewegung, diese Fragen nadi-
drücklich ins Blickfeld gerückt zu haben und eine geprägte Antwort
anzubieten, die nicht nur von einer einheitlichen Grundposition
getragen wird, sondern auch auf echten geistlichen Erfahrungen
beruht. Diese aus Liturgie, Sakrament und vita com-
! munis erwachsenen Erfahrungen sollte auch derjenige respektieren
, der von „protestantischen" oder „dialektischen" oder anderen
Prämissen her den Weg der Bewegung nicht mitzugehen
gewillt ist.

Weimar Wolfgang Schanze

[Heckel, J.:] Für Kirche und Recht. Festsdirift für Johannes Heckel
zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Siegfried Grundmann. Köln-Graz:
Böhlau 1959. IX, 360 S., 1 Portrat. gr. 8°. Lw. DM 27.-.

Der Band „Für Kirche und Recht" ist eine der Festschriften,
welche dem hervorragenden Kirchenrechtslehrer Johannes Heckel
zu seinem 70. Geburtstage von Freunden, Fachgenossen und
Schülern dargebracht worden sind. Als eine zweite Festschrift aus
demselben Anlaß ist Band 76 (1959), Kanonistisdie Abteilung,
der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Reditsgeschichte dem
Jubilar gewidmet worden. Beide Bände enthalten in ihrer Gesamtheit
eine Summe der heute in der Kirchenrechtswissenschaft
aktuellen Probleme, weit über das spezielle Gebiet des evangelischen
Kirchenrechts hinaus, auf dem Johannes Heckel in erster
Linie große wissenschaftliche Leistungen hervorgebracht hat.

Der hier zu besprechende Band „Für Kirche und Recht" ist
von Siegfried Grundmann, Heckeis ehemaligem Schüler und Nachfolger
auf seinem Münchener Lehrstuhl, herausgegeben worden.
Er enthält nidit weniger als 17 Beiträge aus der Feder führender
Vertreter der Kirchenrechtswissensdiaft. Sie im einzelnen zu erörtern
, verbietet der im Rahmen dieser Zeitschrift für eine Besprechung
zur Verfügung stehende Raum. Namen der Verfasser
und Titel der einzelnen Beiträge sind am Sdiluß dieser Rezension
zum Abdruck gebracht, so daß sich der Leser ein Bild von dem
Inhalt des Bandes machen kann.

Zur Gesamtwürdigung des Werkes mag folgendes gesagt
sein: Es zeigt die Kirchenrechtswissenschaft als eine reiche Früchte
tragende, sowohl für die rechts- und kirchengeschichtliche Forschung
als auch für aktuelle Fragen der Gegenwart aufgeschlossene
und bedeutsame Disziplin. Zwar ist die Zahl der Vertreter
des Kirdienrechts verhältnismäßig klein. Man kann sagen, daß in
den beiden Festschriften für Johannes Heckel die gegenwärtige
Generation dieser Wissenschaft zu einem sehr großen Teil zu
Wort gekommen ist. Dafür hat die Kirchenrechtswissenschaft aber
ein ganz bestimmtes Gepräge. Es ist durch den engen Zusammenhalt
ihrer Vertreter gekennzeichnet. Man ist fast versucht zu sagen
, daß sie eine große Familie bilden, die hier an dem Jubiläum
eines hochgeschätzten und verehrten Familienmitglieds besonderen
Anteil nimmt.

Es ist ein Zeichen unserer Zeit, die nach Einheit und Frieden
verlangt, daß diese Familie nicht an politische oder religiöse