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1961

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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311 Theologi6che Literaturzeihing 1961 Nr. 4 312

die bei der Exegese von Canones, die ius vetus unmodifiziert
wiedergeben, die Berufung auf bewährte Kirchenschriftsteller erlaubt
(vgl. dazu ebenfalls: Nicolas J. Neuberge r, Canon 6
or the relation of the Codex Iuris Canonici to Preceding Legislation
, Kan. Diss. Washington, D.G [= Catholic University of
America Canon Law Studies No. XL1V], 1927, p. 74-78).
Wenngleich auch die authentische Interpretation des CIC (can. 17
CIC) die Anerkennung privater Rechtsauffassungen als herrschende
Meinung verbietet, schließt das gleichwohl andererseits
nicht aus, daß gewisse Autoren immerhin im Gerichtsgebrauch zu
besonderem autoritativen Ansehen gelangten. Diese führenden
Gelehrten, zu denen auch Moraltheologen zählen, verkörpern
eben diese „probati auctores" im Sinne des Gesetzes. Ihre Ansichten
werden verwertet, um die vom Gesetz selbst nicht geregelten
Rechtsprobleme zu klären. Aus dem Kreise der kanonistischen
probati auctores ragen die bedeutendsten Vertreter der Disziplin
heraus, wie die Namen Prosper Lambertini,
Sanchez, Reiffenstuel, Schmalzgrueber, Gas-
p a r r i und C a p p e 11 o bezeugen. Der I. Teil der vorliegenden
Darstellung bietet eine Übersicht der Lebensläufe und Werke
dieser erprobten Autoren aus der Zeit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert
, beginnend mit Thomas von Aquin und heraufführend
bis zur Gegenwart. Selbst die in den Decisiones der S. R. Rota
seltener zitierten Wissenschaftler werden mitbehandelt. Demgegenüber
analysiert der II. Teil des Buches den Anteil der
probati auctores bei der Begründung der Entscheidungen in den
Ehenichtigkeitsprozessen der S. R. Rota. Dabei wurden systematisch
die einzelnen Ehehindernisse, Konsens- und Formmängel
überprüft. Dieser Part bietet in nuce zugleich einen Abriß aller
Rechtsfragen, die bei der nichtigen Ehe auftauchen können. Gewiß
ist es nicht zu verkennen, daß gerade die Lehren der
probati auctores Einflüsse auf die gerichtliche Behandlung des
kanonischen Eherechts ausstrahlten Nur zu begreiflich erscheint
es, wenn unter den zeitgenössischen Kanonisten nach wie vor
der bedeutende Redaktor des CIC Kardinal Pietro G a s p a r r i
verdientermaßen als der überragende probatus auetor 'der
S. R. Rota schlechthin hervortritt. Der Verfasser hat bei seiner
Arbeit ein riesiges Quellenmaterial durchdrungen und bewältigt,
sowie die Rota-Zitation nahezu statistisch erfaßt. Mit unendlichem
Fleiß und hoher Gründlichkeit ist er seine Aufgabe angegangen
. Der positive Gesamteindruck mag daher auch den bewußten
Verzicht auf ein kleinliches Herausgreifen geringfügiger
Diskussionspunkte rechtfertigen. Immerhin stellt sich jedoch
gerade angesichts eines Thema6, wie es das behandelte nun ein-'
mal ist, die grundsätzliche Frage, ob überhaupt der historisch
arbeitende Rechtsforscher aus dem Anteil und der Intensität
zitierter Autoritäten die gesamte Spruchpraxis eines pofilierten,
von höchstem Rechtsethos erfüllten und mit größter Sachkunde
ausgestatteten Gerichts zu erkennen vermag. Zum anderen wirft
sich nicht zuletzt noch eine zweite Frage auf, ob 6ich für den
behandelten Zeitraum die stillschweigende Voraussetzung einer
einheitlichen Judikatur der Rota etwa im Sinne einer ständigen
Rechtsprechung halten läßt. Das aber 6ind bereits Fragen, die
über den eigentlichen Gegenstand der Untersuchung hinausgreifen
und grundsätzliche Probleme der juristischen, insbesondere
rechtshistorischen analytischen Methode berühren. Der Rezensent
schließt seine Betrachtung mit ehrlichem Dank an den Autor des
Bandes, der der kanonistischen Wissenschaft, ebenso übrigens der
kirchlichen Gelehrtengeschichte, mit seinen subtilen, entsagungsvollen
Bemühungen einen tragfähigen Baustein geliefert hat.

Innsbruck-München Friedrich Merzbacher

Brunott e, Heinz: Personalitätsprinzip und landeskirchliches Territorialprinzip
.

Zeitschrift für evangelisches Kirdienrecht 7, 1961 S. 348—375.
Grundmann, Siegfried: Personalitätsprinzip und landeskirchliches
Territorialprinzip.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1961 S. 38 5—38 8.

Lara, Rosajio Castillo: Los primeros dcsarrollos doctrinales del „noto-
rium" en la canonistica cldsica.
Salesianum XXII, 1960 S. 410—433.

Maurer, Wilhelm: Die Auseinandersetzung zwischen Harnack und
Sohm und die Begründung eines evangelischen Kirchenrechtes.
Kerygma und Dogma 6, 1960 S. 194—213.

N i e m ö 11 e r, Martin: Haupttypen heutiger deutscher Kirchenverfassungen
.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1961 S. 337—347.
Weeber, Rudolf: Personalitätsprinzip und landeskirchliches Territorialprinzip
.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1961 S. 375—385.
— Welche allgemeinen Fragen und speziellen Probleme stellen 6ich bei
der Ausarbeitung einer Kirchgemeindeordnung?
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1961 S. 389—416.

VON PERSONEN

In memoriam Heinrich Rendtorff
9. 4. 1888- 18. 4. i960

Am Ostermontag des vergangenen Jahres, dem 18. April 1960,
ist Heinrich Rendtorff kurz nach der Vollendung 6eines 72. Lebensjahres
nach mehrmonatiger Krankheit in Kiel gestorben. Die Theologische
Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel verlor mit ihm nicht
nur ihren über die Grenzen des Landes hinaus bekannten und geschätzten
Senior, der, ein Schüler von Ludwig Ihmels und Erich Haupt, als
Nachfolger von Otto Baumgarten von 1926—19,30 und nach der Rüdekehr
in die schleswig-holsteinische Heimat von 1945—1956 wieder als
Ordinarius für Praktische Theologie und Neues Testament in Kiel
wirkte, sondern sie verlor mit ihm auch einen akademischen Lehrer, der
mit seiner besonderen Begabung zur Verkündigung, mit der von ihm
bevorzugten und gekonnten praktischen Exegese und mit einer in reicher
geistlicher Erfahrung gegründeten Seelsorge dem von ihm vertretenen
Fach der Praktischen Theologie ein besonderes Gewicht gab. Mit
diesen Gaben hat der Heimgegangene vielen in ihrem Studium richtungweisende
Hilfe für den künftigen Dienst in der Kirche geleistet.

Der Neubau der Kieler Theologischen Fakultät, der Wiederaufbau
der durch den Bombenkrieg zum größten Teil zerstörten Universität,
deren Rector magnificus er in schwierigsten Aufbaujahren 1948—1950
zwei Amtsjahre hindurch war, sind entscheidend das Verdienst dieses
Mannes, welcher mit seiner tatkräftigen und konzentrierten Initiative
eine besondere organisatorische Befähigung besaß.

Der akademischen Jugend, die nach 1945 in den unmittelbaren
Nachkriegssemestern nach innerem Halt und neuer Wegweisung suchte,
hat Heinrich Rendtorff im Hörsaal, in öffentlichen Vorträgen, Ausspracheabenden
und unzähligen Einzelgesprächen durch die von persönlicher
Erfahrung und seinem eigenen Bibelglauben her geprägten Aussagen
neue und bleibende Erkenntnis evangelischen Glaubens und christlichen
Verhaltens vermittelt.

Wie die von ihm im Großen auf den Deutschen Evangelischen
Kirchentagen seit deren Anfängen und in zahllosen großen Vortragsveranstaltungen
im In- und Ausland, besonders auch in der DDR, vorgetragenen
Bibelarbeiten, so waren auch seine Kollegs und Seminare
von der Zielrichtung seiner theologischen Arbeit geprägt: Erneuerung
der Kirche durch gegenwartsnahe Auslegung und Verkündigung des
Bibelwortes, Anleitung zum eigenen Forschen in der Schrift und zum
Hören und Tun des Wortes Gottes. Sein theologisches Denken und
Handeln spiegeln die Titel seiner verschiedenen größeren und kleineren
Veröffentlichungen wider, z.B.: ,Pflüget ein Neues' (1924) — .Begegnungen
mit Jesus für den Menschen von heute ausgelegt' (1924) —
.Getrostes Wandern (1929) — ,Die Kirche des wirkenden Wortes' (1930)
— .Gottes Aufgebot in der Welt' (1935) — .Ordnung der Kirche als
Gottes Aufgebot' (1946) — .Kirche geschieht heute' (1947) — .Hörer
und Täter' (1953) — ,Die Sendung der Kirche an die Welt' (1956) —
,Das persönliche Leben des evangelischen Botschafters' (19 58) u.a.m.

Zwar hat Heinrich Rendtorff nur wenige, im strengeren Sinne
wissenschaftliche Veröffentlichungen erscheinen lassen. Seine besondere
Befähigung lag in der persönlichen Vermittlung theologischer Gedanken
und Erkenntnisse durch die direkte Rede.

Als Homilet und Seelsorger war er erfüllt von einem leidenschaftlichen
Drang zur Mission, zur Erneuerung der Kirche durch das wirkende
Wort Gottes, zum Dienst der Kirche an der Welt auf mancherlei Weise.
Mit dieser ihm eigenen Leidenschaft verkörperte er im Kreise der deutschen
evangelischen Theologie eine wichtige Seite der theologischen
Erneuerungsbewegung 6einer Generation, zu der er als Lehrer der
Praktischen Theologie, als Bischof und Pfarrer besonders legitimiert war.

Die Schlußsätze seiner letzten größeren Veröffentlichung ,Das persönliche
Leben des evangelischen Botschafters' (1958, 19592) sind — wie