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1961 Nr. 4

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Systematische Theologie: Allgemeines

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 4

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Rede und ungefährer Eindruck zu bleiben, sondern Punkt für
Punkt aufgenommen und durchdacht zu werden. Überdies ist das
vorliegende Gemeinschaftswerk ein kräftiges Zeugnis dafür, daß
katholische und evangelische Theologen zusammenarbeiten können
. Man begegnet sich, in Frage und Antwort und kommt so in
ein lebhaftes Gespräch.

Als Vortragende waren von evangelischer Seite beteiligt:
Ernst Wolf, G. Bornkamm, der Wiener Orientalist K.
Schubert, K. G. Steck, H. R ü c k e r t, K. v. Bis-
rn a r c k und R. Stählin; auf römisch-katholischer Seite:
H. F r i e s, J. R. G e i s e 1 m a n n, K. R a h n e r, O. Karrer,
Hans Urs v. Balthasar, P. Overhage und M. Schmaus.

Thematisch werden die großen Grundfragen behandelt:
Glaube, Bekenntnis, Entscheidung, Natur und Gnade, Kirche und
Amt, die Eschatologie und das Verhältnis der Kirche zu den
Kirchen. Daneben wurde über besondere aktuelle Probleme vorgetragen
: Entmythologisierung, die Handschriftenfunde am Toten
Meer, das Weltbild der modernen Biologie und das Verhältnis
von Christentum und Politik. Von den Sonderfragen abgesehen
äußert 6ich je ein katholischer und ein evangelischer
Gelehrter zum gleichen Thema.

In höchst erfreulicher Weise wird dabei deutlich, daß die
alten kontroverstheologischen Positionen, die uns in der täglichen
Praxis immer noch so viel zu schaffen machen, überwunden
sind. Das bedeutet zwar keineswegs völlige Einigkeit. Diese
Vorträge sind gänzlich frei von schwärmerischem Enthusiasmus.
Aber es bedeutet, daß man das Verhältnis zueinander nüchterner,
klarer, freilich auch erheblich differenzierter zu Gesicht bekommt.
Wollte man etwa versuchen, in diesem Buch die „Unterscheidungslehren
" herauszuarbeiten, wie das früher in der interkonfessionellen
Auseinandersetzung oft versucht worden ist, so würde
man merken, wie schwer es ist, klar zu 6agen, was uns denn
letztlich unterscheidet, weil die überkommenen Begriffe vielfach
nicht mehr treffen. Vor allem aber wird deutlich, wieviel uns
verbindet, ja, daß wir durch die Position des jeweils anderen sogar
in guter Weise befruchtet werden, ohne daß deswegen die
erkannte Wahrheit verdunkelt wird.

Den Inhalt dieser Vorträge auch nur annähernd wiederzugeben
, ist im Rahmen dieser Besprechung unmöglich. Der Rezensent
kann nur einige Punkte herausgreifen, an denen das Gespräch
vielleicht gefördert werden kann. So gern etwa der evangelische
Leser der gesamten Richtung zustimmt, in der Otto
Karrer „das kirchliche Amt in katholischer Sicht" darstellt,
muß er doch fragen: Hat der Verf. nicht das Gegenbild allzu
stark verzeichnet, wenn er der lutherischen Auffassung vom Amt
zuschreibt, daß es „nur als Sache der menschlichen Zweckmäßigkeit
zu gelten habe", während es „nach katholischer Lehre durch
göttlich-apostolische Ordnung überliefert ist" (S. 115). Auf diesen
Nenner läßt sich unser Unterschied bestimmt nicht bringen.
Sondern wenn irgendwo die göttliche Ordnng des „Predigtamtes
" (das ja immer mehr ist als das Amt nur der Predigt, darum
in der lateinischen Sprache ministerium ecclesiasticum genannt
wird) stark betont ist, dann in den lutherischen Bekenntnissen
.

Desgleichen ist es für einen Kenner der Verhältnisse eigentlich
nicht möglich, den „Weltprotestantismus" als eine Art Einheit
darzustellen, in der man sich darauf geeinigt habe, „es genüge
als Grundlage der kirchlichen Existenz die Nachfolge im Geist"
(S. 121). Wenn sogar das Gutachten der Vereinigten ev.-luth.
Kirche über die Frage der apostolischen Sukzession aus dem
Jahre 195 8 als Zeuge für einen solchen Spiritualismus angeführt
wird, verkennt man den Fortschritt in der kirchlich-theologischen
Entwicklung; denn gerade dieses Gutachten ist ein Beweis dafür
— ganz gleich, ob man seinem Inhalt in allen Punkten zustimmt
oder nicht —, daß die Frage der rechten apostolischen Nachfolge
heute eine ernsthafte theologische Frage im evangelischen Raum
geworden ist. So wenig wie wir der röm.-kath. Kirche absprechen
können oder wollen, daß sie das Wirken des Geistes ernst nimmt,
so wenig sollte die katholische Theologie der evangelischen
Kirche absprechen, daß in ihr die Fragen der rechten Ordnung
des Amtes, der Leibgestalt der Kirche, ernst genommen werden.

Umgekehrt könnten wir Rudolf S t ä h 1 i n fragen, ob
seine Antithesen zu dem gleichen Thema nicht einer Ergänzung

bedürfen. Er sagt (S. 170 f.): „Die Kirche ist also heilig,
nicht durch die Qualität ihrer Glieder und ihrer Lebensform,
sondern durch die heiligende Gegenwart Christi; die Kirche ist
katholisch, das heißt allumfassend, nicht durch eine
Einheitsorganisation, sondern durch die Allgewalt ihres Herrn;
die Kirche ist apostolisch, nicht weil die Apo6tel, ihr Fundament
, Nachfolger hätten, die das Apostolische garantieren
könnten, sondern weil in ihr das vollmächtige Wort der Apostel
lebendig ist, obwohl seine Diener fehlsame und irrende Menschen
sind."

Richtig. Aber sollten wir nicht hinzufügen: „Die Kirche ist
heilig, weil die heiligende Gegenwart Christi ihre Glieder in ein
neues Sein in Christo ruft. Die Kirche ist katholisch, weil die
Allgewalt ihres Herrn ihr einen alle Glieder umfassenden Leib
gibt und damit auch eine sichtbare Gestalt, die der Ordnung bedarf
. Die Kirche ist apostolisch, weil das vollmächtige Wort
bestimmte Menschen in der Nachfolge der Apostel in den Dienst
ruft, weil das Wort sich der gewiß fehlsamen, aber nun doch in
das Amt gesetzten Menschen bedient." Bliebe schließlich noch
zu sagen, waram die Einheit der Kirche als wesentliches
Merkmal im altkirchlichen Bekenntnis genannt ist.

Das Wesen der Kirche kann gewiß durch nur statische Begriffe
nicht zureichend beschrieben werden. Ebenso gewiß ist
aber eine nur dynamische oder aktualistische Beschreibung unzutreffend
. Die Wirklichkeit des Pneuma ist größer und weiter
als unsere statischen oder dynamischen Begriffe.

Im Ganzen dürfen wir sagen: Das vorliegende Buch gehört
in die Reihe der Veröffentlichungen, die beweisen, daß das
evangelisch-katholische Gespräch im deutschen Sprachraum stellvertretend
für andere Teile der Welt im Gang ist. Möchte diese
Tatsache gute Früchte tragen im Blick auf die Einheit der Kirche,
die wir nicht aufhören können, im Glauben zu bekennen.

Soest i. W. Reinhard Mumm

Drescher, Hans-Georg: Das Problem der Geschichte bei Ernst
Troeltsch.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 57, 1960 S. 186—230.
Göll witz er, Helmut: Der Friedensbeitrag der Christen.

lunge Kirche 21, 1960 S. 644—655.
Koch, Gerhard: Dominus praedicans Christum — id est Jesum Praedi-

catum.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 57, 1960 S. 238—273.
K rec k, Walter: Schöpfung und Gesetz — Zu Gustav Wingrens gleichnamigem
Buch.

Kirche in der Zeit 15, 1960 S. 369—371.
P a r k e r, T. H. L.: Barth on Revelation.

Scottish Journal of Theology 13, 1960 S. 366—382.
Renkewitz, Heinz: Quelle und Basis der Gerechtigkeit.

Kirche in der Zeit 15, 1960 S. 363—368.
Ratzinger, Joseph: Christozentrik in der Verkündigung.

Trierer Theologische Zeitschrift 70, 1961 S. 1—14.
Süss, Theobald: Zur theologischen Bedeutung der Sakramente.

Theologische Zeitschrift 16, 1960 S. 470—480.
Stellungnahme der Evangelischen Michaelsbruderschaft zu den Arnolds-

hainer Abendmahlsthesen.

Kirdie in der Zeit 15, 1960 S. 376-378.

RELIGIONSPADAGOGIH

KU ström, Bengt Ingmar: Den katckctiska undervisningen i Sverige
under medeltiden. Mit einer deutschen Zusammenfassung: Der katechetische
Unterricht in Schweden während des Mittelalters. Lund:
Gleerup [1958]. 341 S. m. Abb. gr. 8° = Bibliotheca theologiae
practicae, 8. Schwed. Kr. 20.—.

Der Verf. stieß auf das Thema seiner Untersuchung infolge
seines Interesses für mittelalterliche Kirchenmalereien und deren
Ausdeutung. Seine Arbeit, wie sie jetzt vorliegt, behandelt jedoch
die katechetische Überlieferung als solche, mit besonderer Beachtung
der in Schweden vorhandenen mittelalterlichen Quellen;
und das archäologische Material der Kirchenmalereien wurde als
eine, und zwar wohl die interessanteste Quelle unserer Kunde
eben dieser Überlieferung mitverfolgt. Vielleicht sollte man die
Verschiebung seiner eigentlichen Forschungsaufgabe bedauern, da