Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1961 Nr. 4

Spalte:

296-302

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Coreth, Emerich

Titel/Untertitel:

Aufgaben der Philosophie 1961

Rezensent:

Eisenhuth, Heinz Erich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

295

Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 4

296

daß weder eine nur fremdsprachliche, noch eine nur volkssprachliche
Liturgie der Weisheit letzter Schluß ist. Sehr kurz äußert
sich Schmidt zu der Frage der Liturgie in den Missionen (228
—230) und zur liturgischen Problematik bei den Anglikanern und
Lutheranern (231—237). Die Bibliographie zu dem Kapitel
Liturgia in actione oecumenica zeigt übrigens, daß die ersten
modernen kritischen Ausgaben von römischen Sakramentarien
durch Anglikaner und Lutheraner veranstaltet wurden.

In dem weitgespannten Kapitel Initiatio christiana (238
—321) werden die einschlägigen Texte aus der Traditio aposto-
lica des Hippolyt (wozu in englischer und französischer Übersetzung
?), des Gela6ianum Vetus, des Ordo Romanus XI sowie
des Rituale Romanum vorgelegt und ausführlich kommentiert.
Die gegenwärtige pastoraltheologische Ratlosigkeit gerade in der
Initiationsliturgie wird sichtbar, wenn in den Notae pastoralis
nur für die Initiatio adultorum gewünscht wird, 6ie möge eine
res communitaria sein, wenn dagegen (wohl im Anschluß an
Stenzel) auf die gleiche Forderung bezüglich der Kindertaufe von
vornherein verzichtet wird. Das Kernstück des ganzen Werkes
ist verständlicherweise das Kapitel über die Messe (322—426),
das man als abgerundete, nicht zuletzt nur auf Grund der besonders
im meßliturgischen Bereich seit zwei Jahrhunderten geleisteten
Forschungsarbeit mögliche Leistung bezeichnen muß.
Im einzelnen werden behandelt der Begriff des Opfers, die liturgische
Struktur der Messe, die biblische Vorgeschichte und die
Geschichte der Meßliturgie (Missa dome6tica, Missa basilicae,
Missa papalis, Missa affectus, Missa dramatica, Missa rubrica-
rum), einige Kanonprobleme und die vieldiskutierte Konzelebra-
tion. Die in der Nota liturgica pastoralis getroffene Feststellung:
Hodie problema gravissimum est exodus fidelium ex Missa Do-
minicali ist voll zu unterschreiben. Zu den vorgeschlagenen
Möglichkeiten einer Verlebendigung der Meßfeier werden wir
uns demnächst in einer in Vorbereitung befindlichen Schrift:
„Die Krise der liturgischen Erneuerung und die Wege zu ihrer
Überwindung" ausführlich äußern. Aus der übrigen Sakramentenliturgie
wählt Schmidt noch das Matrimonium aus (427—437)
und gibt einen Überblick über die Entwicklung des Eheschließungsritus
bis herauf zu den volkssprachlichen Ritualien.

Bezüglich des Breviers beschränkt er 6ich wegen der noch
weitgehend ungeklärten Forschungssituation mit Recht auf No-
titiae technicae, d. h. auf die Wiedergabe von Tabellen zum Ordo
psalmorum und zu den Schriftlesungen (438—456). Ein eigener,
freilich allzu knapper Abschnitt ist der Psalmenfrömmigkeit der
Liturgie gewidmet (457—468). Die Aufzählung der bisherigen
Versuche, die Laien am Stundengebet zu beteiligen, ist lehrreich.
Auf Grund der bisherigen neueren Erfahrungen beurteilen wir
jedoch die Erfolgsaussichten weniger optimistisch als der Verfasser
(469-483).

Mit den Kapiteln über den Paschazyklus (484^499) und die
Quadragesima (500—518) betritt Schmidt ein ihm besonders vertrautes
Gebiet. Es empfiehlt sich, vor dem Studium seines großen
Werkes über die Hebdomada saneta diese Kapitel zu lesen. Eine
6ehr ausführliche Darstellung erfährt die Heiligenverehrung und
das Kalendar der römischen Liturgie (519—68 5). Diejenigen
Leser, die die ausführlichen Nachschlagewerke der Bollandisten
nicht zur Verfügung haben, werden die geschickt zusammengestellten
Auszüge zu den Heiligenfesten des römischen Kalenders
begrüßen. In den letzten Abschnitten beschäftigt sich der Autor
mit der Ars Sacra (686—702) und der Musica sacra und ihrem
Verhältnis zur actuosa fidelium partieipatio (703—741).

Aufs Ganze gesehen legt das Werk erneut Zeugnis ab von
der umfassenden Erudition und von dem unermüdlichen Fleiß des
Verfassers. Im Hinblick auf die Wertigkeit der behandelten
Stoffe ist eine gewisse Unproportioniertheit im Umfang der Kapitel
zu beklagen. Methodisch bedauern wir, daß Schmidt sich
in den liturgietheologischen Ausführungen oft zu stark von der
scholastischen Begriffswelt, anstatt von den eigenständigen Denkkategorien
der Liturgie leiten läßt.

Freiburg i. B. Walter Dürig

G y, P.M.: Collectaire, rituel, processionnal.

Revue des Sciences Philosophiques et Theologiques 44, 1960 S. 441
— 469.

Rüthy, Albert Emil: Bemerkungen und Erwägungen zu den altkatho-
lisdien Liturgien (Fortsetzung).

Internationale Kirchliche Zeitschrift 50, 1960 S. 225—238.

S t ä h 1 i n, Wilhelm: Blumen im Altarraum?
Kunst und Kirche 23, 1960 S. 163—165.

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Corcth, Emerich S. J. (Hrsg.): Aufgaben der Philosophie. Drei Versuche
von E. Coreth S.J., O. M u c k S; ]., J. S c h a s c h i n g
S. J. Innsbruck: Rauch [1958). 210 S. 8° = Philosophie und Grenzwissenschaften
IX, 2. DM 12.70.

In diesem Buch sind drei Arbeiten vereinigt, die sich mit
den drei Themenkreisen befassen: Metaphysik, Methodologie
und Soziologie. Ihre Verfasser gehören dem Jesuitenorden an.
Die Arbeit erschien in der Schriftenreihe „Philosophie und
Grenzwissenschaften" (IX, 2), die vom Philosophischen Institut
an der Theologischen Fakultät Innsbruck herausgegeben wird.
Ihr Schriftleiter ist Prof. Coreth. Er hat auch den ersten Beitrag
hier geschrieben. Er bezeichnet es als das gemeinsame Anliegen
der drei Verfasser, die scholastische Philosophie, „die aus
den Traditionen der klassischen Metaphysik lebt" und die in
den letzten Jahrzehnten eine Neubesinnung erfahren hat, in Verbindung
zu bringen mit den neuen Problemen der modernen
Philosophie und diese einer Lösung entgegenzuführen (7).

I. Emerich Coreth, Metaphysik als Aufgabe

Im ersten Teil wird ein philosophie-geschichtlicher Rückblick
gegeben. „Metaphysik ist die Grundwissenschaft schlechthin
" (13). Es geht in ihr nicht um ein Wissen in einem abgegrenzten
Gegenstandsbereich, sondern um das Grundwissen, um
jenes Wissen, das alle anderen Wissenschaften umgreift und begründet
. Die Einzelwissenschaften wissen um Seiendes. Dieses
Wissen ist aber nur möglich auf dem Grund eines Vorwissens
um das Sein, das sich seinerseits weder zum Gegenstand machen
noch thematisch erheben läßt. Dieses Vorwissen legt sich aber
im Wissen um das Seiende aus. Die Aufgabe der Metaphysik
besteht also darin, dieses Vorwissen und Grundwissen thematisch
freizulegen (13).

Die heutige philosophische Situation sieht Coreth nicht
mehr durch große Namen oder Richtungen bestimmt, sondern
durch eine neue Begegnung zwischen der transzendentalen Philosophie
, wie sie seit Kant herrschend ist, mit dem Seinsdenken
der scholastischen Metaphysik. Daraus erwächst der Philosophie
die Aufgabe, Transzendentalphilosophie als Seinsmetaphysik zu
sein, das heißt, die Metaphysik muß transzendentalphilosophisch
neu begründet werden.

An zwei Namen knüpft die neue Begegnung an: Joseph
Marechal hat sich um Kant, der „die Schlüsselstellung, die
allein den Zugang zur neueren Philosophie eröffnet", inne hat,
vom scholastischen Denken her bemüht. (Le point de depart de
la metaphysique, 5 Bde., 1922—1926). Er hat den seit Kant abgebrochenen
Kontakt wieder hergestellt. Das Neue liegt bei
Marechal darin, daß er die transzendentalphilosophische Denkweise
in ein metaphysisches Seinsdenken überträgt. Er hat die
Methode des philosophischen Subjektivismus zur Neubegründung
und zum Neuvollzug einer Metaphysik eingesetzt. Es wurde erkannt
, daß dem menschlichen Denken ein apriorisches Wissen
bedingend und normierend zugrunde liegt. Dieses Vorwissen
und Grundwissen ist metaphysischer Art; denn es ist ein Seinswissen
, „in dem uns die metaphysischen Grundstrukturen und
Grundgesetze des Seienden als solchem ursprünglich, wenn auch
unreflex und unthemati6ch, einsichtig sind". Dieses Grundwissen
geht in alle Wissenschaft und in alles Bewußtsein „als
dessen tragender Grund und dessen leitende Norm ein" (18).

Die zweite Anregung für die neue transzendentalphilosophische
Seinsmetaphysik ging von Martin Heidegger aus.
Er hat den Durchbruch in ein neues Seinsdenken vollzogen. Bei
ihm ist die Transzendentalphilosophie zur Fundamentalontologie