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Ausgabe:

1961 Nr. 4

Spalte:

282-284

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Schlette, Heinz Robert

Titel/Untertitel:

Die Lehre von der geistlichen Kommunion bei Bonaventura, Albert dem Grossen und Thomas von Aquin 1961

Rezensent:

Clasen, Sophronius

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Theologische Literaturzeitung 1961 Nr. 4

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hat, dessen Gemeinsdiaft ganz von dem Ideal der Askese bestimmt
war. (Vgl. dazu jetzt auch Altaner, Patrologie, 5., völlig
neu bearbeitete Aufl., Freiburg 1958, S. 190.) Nach einem knappen
Überblick über die übrigen erhaltenen und verlorenen Schriften
des Methodios wird im Kapitel über das Symposion im An schluß
an eine kurze Inhaltsangabe der Anteil des Werkes an der
Gattung der Symposienliteratur herausgestellt und eine Konfrontation
mit Piatons Symposion gegeben, das für Methodios im
Ganzen wie in vielen Einzelheiten unmittelbares Vorbild gewesen
ist. Der Abschnitt über den Text ergänzt die Angaben Bonwetschs
in seiner Ausgabe (GCS 27, Leipzig 1917, S. XXVIII-XXXI)
durch die Ergebnisse der Untersuchungen Heselers („Zum Symposium
des Methodius", Byz.-neugriech. Jahrbb. 6, 1927/28,
S. 95 ff.; 10, 1932/33 u. 1933/34, S. 325ff.). Richtig werden im
Kapitel über die Metrik die Verstöße gegen die Prosodie im Gegensatz
zu früheren Deutungsversuchen-nicht aus Verletzung des
jambischen Metrums oder mangelnder Kenntnis der Gesetze, sondern
mit Maas aus dem allmählich schwindenden Gefühl für die
Quantitäten und als Zeichen für den Übergang vom quantitieren-
den zum akzentuierenden Versprinzip erklärt. Einige Bemerkungen
über die strophische Gliederung des Hymnos, über
seine abecedarische Form (mit einem Hinweis auf deren religiössymbolische
Bedeutung) und über den Refrain schließen das
Kapitel über die Metrik ab. Der letzte Abschnitt der Einleitung
(„Ispirazione e struttura") behandelt die inhaltlichen
und formalen Bestandteile des Hymnos, weist mit Recht auf
cks Hohe Lied und den Psalm 44 (45) als biblische Vorbilder
hin und versucht eine Einordnung in die Gattungsgeschichte
des Partheneion und Epithalamios bzw. Hymenaios,
die freilich zu sehr im allgemeinen bleibt, obwohl sich gerade
hier bei stärkerer Berücksichtigung der genannten antiken
Literaturformen mancherlei Wichtiges für Übernahme und
Umformung antiken Gutes durch das Christentum ergeben hätte.
Überhaupt läßt sich sagen, daß P. das pagane Element des Hymnos
, das allerdings ganz ins Christliche transponiert erscheint,
gleichwohl jedoch noch deutlich spürbar ist, zu sehr unterschätzt
und sich damit der Möglichkeit beraubt, den spannungsreichen
Prozeß leidenschaftlicher christlicher Durchdringung antiker Formen
an einem aufschlußreichen Einzelfall zu verfolgen. Das hat
seine Auswirkungen vor allem auf die Einzelinterpretation, wie
unten an einem Beispiel gezeigt werden 6oll.

Der Einleitung folgt der Text, der an 16 Stellen (darunter
einige weniger wichtige Orthographika und eine anders beziehende
Interpunktion) von Bonwetsch abweicht, und zwar auf
Grund der Annahme einer Lesart der Haupths. P (7 mal), der
Textverbesserungen anderer (3 mal: Jahn, Christ, Mercati) oder
eigener Vorschläge P.s (6 mal). I. a. sind die Änderungen von P.,
auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, zumindest
vertretbar. Freilich bleiben eine Reihe textkritischer Fragen immer
noch ungelöst.

Bedenken sind gegen die . Einrichtung des kritischen Apparates
zu erheben, der nicht genügend durchgearbeitet ist. Er hätte
dem Ergebnis der Untersuchungen Heselers in praxi Rechnung
tragen und konsequent alle Hss. außer P ausschalten müssen, soweit
sie nicht selbständige Textvorschläge geben, was von Fall
zu Fall zu entscheiden gewesen wäre. So aber entsteht durch Angaben
wie PB: VGHI edd. (zu M 2) u. ä. ein irreführender Eindruck
über die Güte der Bezeugung einzelner Lesarten, da B ja
nachweislich eine Abschrift von P ist und G und H aus V stammen
, das seinerseits ebenfalls unmittelbar auf P zurückgeht. Hier
hätte die Beigabe eines Stemmas der Hss. und ältesten Ausgaben,
das sich auf Grund der Arbeiten Heselers heute leicht aufstellen
ließe, eine starke Vereinfachung des kritischen Apparates ermöglicht
, die dessen Übersichtlichkeit und Präzision zugute gekommen
wäre.

An den Text schließt sich der umfangreiche Kommentar an,
der reichhaltige Parallelen aus AT, NT und der Kirchenväter-
liteTarur bringt. Dagegen vermißt man eine entsprechende Berücksichtigung
der antiken Autoren, deren Heranziehung entscheidende
Aufschlüsse über die christliche Umformung und Ein-
schmelzung paganen Gedankengutes hätte liefern können.

Ein Beispiel mag das zum Schluß deutlich machen. Die

Strophe E des Hymnos lautet: „Ich vergaß des Vaterlands in der
Sehnsucht nach Deiner Gnade, Logos, ich vergaß auch die Chöre
der Jungfrauen, meine Mutter und mein ausgelassenes Geschlecht:
alles (das) nämlich bist Du mir, Du selbst, Christus." Die von P.
beigebrachten Stellen aus Origines und Gregor von Nyssa („in
Christus sind alle Güter beschlossen") stellen gerade für den von
Methodios ausgesprochenen Gedanken („Du, Christus, bist mir
Vaterland, Mutter, Gespielinnen, Geschlecht") keine wirkliche
Parallele dar und vermitteln ein volles Verständnis der Worte
des Hymnos nicht. Nun hat Buchheit an zahlreichen Beispielen
schön gezeigt, welch überragende Bedeutung neben Piaton vor
allem Homer für Methodios gehabt hat („Homer bei Methodios
von Olympos", Rhein. Mus. 99, 1956, S. 17ff.)» und natürlich
stehen hinter unserer Strophe die berühmten Worte aus Hektors
Abschied von Andromache, in denen die liebende Frau der Tiefe
ihres Gefühls für den todgeweihten Geliebten Ausdruck verleiht:
„Hektor, siehe, du bist mir Vater und waltende Mutter und auch
Bruder zugleich .. ." (Ilias 6, 429 f. nach Rupe). Methodios löste
das Motiv aus seinem Zusammenhang und gab ihm im Anschluß
einerseits an Gen. 2,24 (vgl. die paulinische Deutung dieser
Stelle Eph. 5, 31 f.) und Psalm 44 (45), 11 f., andererseits an
Stellen wie Matth. 10, 37 und 19, 29 (mit Parallelen) eine neue
überraschende Wendung, die für die selbständige Art, in der er
ducch die Verknüpfung paganen und biblischen Gedankengutes
Antikes in den christlichen Raum überführte, bezeichnend ist.

Bonn Ernst Vogt

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Schlotte. Heinz Robert, Dr.: Die Lehre von der geistlichen Kommunion
bei Bonaventura, Albert dem Großen und Thomas von Aquin.

München: Hueber i. Komm. 1959. XX, 226 S. gr. 8° = Münchener
Theologische Studien, i. Auftr. d. Theol. Fakultät München hrsg. v.
J.Pascher, K.Mörsdorf u. H. Tüchle, II. Systematische Abt., 17. Bd.
DM 16.-.

Vorliegende Dr.-Dissertation befaßt sich mit einer theologischen
Frage, über die zwar kurze Überblicke und Einzeluntersuchungen
existierten, aber noch keine eigentliche Untersuchung.
Unter geistlicher (weniger gut: geistiger) Kommunion versteht
man heute eine Art Ersatzkommunion, bei der man alle zum
Eucharistieempfang gehörenden Akte setzt, außer dem wirklichen
Genuß des Sakramentes. Da aber die heutige Auffassung von der
des Hochmittelalters gänzlich verschieden ist, läßt Sch. die drei
großen Scholastiker Bonaventura, Albertus Magnus und Thomas
von Aquin zu dieser Frage sprechen.

Da die Systematiker der Hochscholastik Material und Grundlagen
von der Frühscholastik übernommen haben und dies auch für die Lehre
von der manducatio spiritualis zutrifft, schickt der Autor seiner Untersuchung
ein eigenes Kapitel über die Problemlage in der Frühscholastik,
die wiederum auf Joh. 6 und dem Johanneskommentar Augustins beruht,
voraus; dabei geht er speziell dieser Frage bei Hugo von St. Viktor und
Petrus Lombardus nach und hebt hier zwei Momente, den Zeichen- und
Wirkcharakter des sakramentalen Geschehens im Hinblidc auf die manducatio
spiritualis hervor. Diesen mehr geschichtlichen Teil legt Sch. an
Hand dogmengeschichtlicher Untersuchungen dar, aber unter beständiger
Bezugnahme auf die wichtigsten Texte (5—29).

Anschließend untersucht er diese Lehre in Bonaventuras Sentenzenkommentar
und Breviloquium und erhebt mit Recht eine doppelte Forderung
, daß man nämlich 1) Bonaventura aus dessen eigenen Worten
interpretiere, nicht aber ihn messe an dem Maßstab der Theologie des
Thomas, und 2) daß man den ganzen Bonaventura für die Deutung
einzelner Stellen heranziehe, in denen er expressis verbis zum Problem
spricht. Bonaventuras Darlegungen bieten zwar keine allseitig befriedigende
Bewältigung der Frage, wahren aber das Zusammengehören von
Personalem und Sakramentalem im Sinne der Frühscholastik dadurch,
daß er unter manducatio spiritualis das mit Christus durch Glaube und
Liebe Verbundensein versteht, dabei aber den realen Empfang der Eucharistie
in keiner Weise abwertet (30—84).

Das Ringen um eine klare Begrifflichkeit setzt sich bei Albert dem
Großen fort. Als einzig echte Texte gelten jene im Sentenzenkommentar
, in der Schrift „De sacramentis" und im Johanneskommentar, während
alle übrigen Albert zugeschriebenen Texte zu dieser Frage als unecht
ausscheiden. Bei ihm läßt sich eine stärkere Betonung des Sakramentalen
feststellen, denn in der heilsgeschichtlichen Situation, in der