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Ausgabe:

1960

Kategorie:

Kirchenrecht

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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135

Die neutestamentlidien Aussagen von dem von Christus
in die Gemeinde gegebenen Amt, von seiner in der Sendung
des Herrn gründenden Vollmacht kommt nicht klar ins Blickfeld.
Doch ruft die kleine Schrift dazu auf, nicht ohne sorgfältige
theologische Vorklärung kirchliche Ordnungen zu schaffen. Eine
gewiß für uns notwendige Mahnung nach dem zeitbedingten und
unter Zeitdruck vollzogenen vielfachen „Ordnen" der ersten
Nachkriegszeit. Auch inhaltlich gibt das Büchlein manche gute
Anregung aus theologischer Erkenntnis und aus praktischer
Erfahrung.

Berlin Otto Pereis

Beyer, Hans: Die Entwicklung der schwedischen Kirchenverfassung
im Spiegel des neueren Schrifttums.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1959 S. 62—72.
Engelhardt, Hanns: Zu den Lehrzuchtordnungen evangelischer

Kirchen der Gegenwart in Deutschland.

Lutherischer Rundblick 7, 1959 S. 26—42.
Friedrich, Otto: Die neue Grundordnung der Evangelischen Lan-

deskirche in Baden im Lichte des heutigen kirchlichen Vcrfassungs-

problems.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1959 S. 1—18.
Granzow, Christian: Das neue kirchlidie Disziplinarrecht in der
Praxis.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1959 S. 18—39.
Grundmann, Siegfried: Der tertius usus legis als Grundlage einer
Kirchenrechtstheorie?

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1959 S. 40—49.
Hammerschmidt, Ernst: Zur Gültigkeit und eherechtlichen Bedeutung
des österreichischen Konkordates.

Materialdienst d. Konfessionskundlichen Instituts 10, 1959 S. 46—51.
Liermann, Hans: Grundfragen des ökumenischen Kirchen rechts.
Zeitschrift der Savigny - Stiftung für Rechtsgeschichte 76, 1959
S. 278—300.

Möhler, Justin: Der Irrtum in einer persönlichen Eigenschaft des

Ehepartners nach kanonischem Recht.

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 162—176.
Oesterle, Gerhard: Trauung an jedem Tag erlaubt?

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 300—305.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Bovet, Theodor: Die Liebe ist in unserer Mitte. Eine zuversichtliche
Betrachtung unserer Nöte und der Not der Zeit. Tübingen: Katzmann
Verlag [1959]. 299 S. 8°. Lw. DM 13.80.

Es ist nicht ganz leicht, über dies Buch des bekannten und
von vielen mit Recht geschätzten Arztes, der sich durch seine
Bücher einen großen und dankbaren Leserkreis geschaffen hat,
eine theologische Besprechung zu schreiben. Es will kein theologisches
Buch 6ein. Freilich ist der Verf., wie in anderen Bereichen
, auch in der Theologie nicht ununterrichtet; aber er spricht
hier bewußt als „Laie", als schlichter Zeuge Christi, als einer, der
von der Liebe Gottes, wie sie uns in Christus begegnet, überwältigt
ist; er will nun anderen, denen es Not macht, den Weg zum
Glauben zu finden, diesen Weg freilegen, wobei ihn besonders
das Anliegen bewegt, gefährlichen Fehlentscheidungen in der Gestaltung
mitmenschlicher Verhältnisse und deren Folgen entgegenzuwirken
. Dabei entfaltet er in den Kapiteln III—VII über
die Ehe, die Ehelosigkeit, den Bruder, über Gottes Liebe und das
Reich Gottes und seine Gerechtigkeit eine Fülle von wegweisenden
Gedanken, für die man innerlich aufnahmebereite Leser nur
wünschen möchte. Auch in diesen Kapiteln stößt man freilich auf
Partien, die man mit Fragezeichen versehen muß. Es ist bei der
Fülle der hier angeschnittenen Probleme unmöglich, auf sie im
einzelnen einzugehen; ein einigermaßen kritischer Leser wird
<iie«e Fragezeichen schon selbst setzen.

Hier kann es sich nur darum handeln, über den Gesamt-
•duktus seiner Gedanken etwas zu sagen. Es gibt eine z. B. von
Goethe sehr einprägsam formulierte Regel für den, der sich denkend
und erkennend in der Welt zurechtfinden will: „Dich im
Unendlichen zu finden, mußt unterscheiden und dann verbinden."
Mir scheint, daß der Verf. das „Unterscheiden" nicht präzis genug
vornimmt, das „Verbinden" dagegen zu schnell vollzieht. Auf
diese Weise entstehen innere Inkonzinnitäten. Die Synthese, zu

schnell vollzogen, sucht miteinander Unvereinbares zu vereinbaren
. In den beiden ersten Kapiteln über Mütterlichkeit und
Väterlichkeit zeigt sich der Verf. als Schüler C. G. Jungs. Der
Begriff des Archetyps, der zur Aufhellung seelischer Vorgänge
brauchbar ist, wird norm setzend verwendet. Um echte
Mütterlichkeit, über deren Verlust heute (mangelnde Nestwärme.
Flucht in allerlei Süchte etc.) viel Beachtenswertes gesagt wird,
wiederzugewinnen, wird der heutigen Frau empfohlen, sich an
dem Archetyp der „Urmuttergöttin" innerlich zu orientieren, der
dann auch von ihm, wie das überall geschieht, wo Jung'scher Einfluß
wirksam ist, zur Verehrung der Mutter Maria in Beziehung
gesetzt wird. Analog soll sich die „Väterlichkeit", auf deren Verlust
ebenfalls mit Recht viele heutige Verfallserscheinungen
zurückgeführt werden, an den verschiedenen in den Tiefen un
seres Unbewußten schlummernden Vaterarchetypen zu neuem
Leben erwecken lassen. Und doch weiß der Verf. (S. 208): „Im
Unterschied zu allen Göttern der Mythologie und zu allen bloß
archetypischen Gestalten ist der lebendige Gott ein solcher,
den man nicht nur anruft, um den herum man nur einen Kult
macht, der nicht nur die Hauptperson einer Religion ist; sondern
er ist ein Gott, der r e d e t. Der lebendige Gott muß nicht von
Weisen ergründet und von großen „Eingeweihten" erschaut werden
, sondern er offenbart sich selbst, wann und wem er will."
Wie kann der Verf., wenn er dies, offenbar durch Karl Barth beeinflußt
, so deutlich ausspricht, die Ausrichtung an dem Archetyp
der Urmuttergöttin als Heilmittel empfehlen? Der Verf. hört auf
allzuviele Stimmen. Man kann nicht gleichzeitig Karl Barth,
Emil Brunner, Dietrich Bonhoeffer — und C. G. Jung folgen, ohne
daß Verwirrungen eintreten. Man kann auch nicht ein 6ich an
der Schrift orientierender Protestant sein und gleichzeitig Anleihen
bei einem doch aus ganz anderen Quellen sich speisenden
Katholizismus machen. Die Seite 50 dieses Buches kann man als
Schriftkenner nur mit Kopfschütteln lesen: die doch sehr erregende
Erzählung, wie Maria und die Brüder Jesu zu Jesus kommen
und ihn rufen, und er auf die ihn Umgebenden hinweist: das
sind meine Mutter und meine Brüder, die den Willen Gottes tun
(Mr. 3. 3i_38)p wird hier mit dem harmlosen Sätzchen wieder
gegeben: „viel später hören wir, wie sie einmal ihren Sohn r.u
sehen wünscht, aber nicht hereingelassen wird". (Übrigens ist
auch der Satz auf S. 208: „Gott hat Maria, die Jungfrau, auserwählt
, um ihm einen Sohn zu gebären" nicht zu rechtfertigen
sondern ist reine Mythologie.)

Immerhin, in einer Beziehung hat doch wohl sein Drängen
auf Synthese recht, darin, daß er die geschlechtliche Liebe, die
Mann und Weib zusammenführt, und die Liebe Gottes, die in
Jesus zu uns kommt, nicht als etwas Gegensätzliches ansieht, sondern
als einen in Gottes Liebe begründeten Zusammenhang, und
demgemäß sowohl die Ächtung der geschlechtlichen Liebe ablehnt,
wie ein Hängenbleiben in einem reinen Sexualismus. Ausgezeichnet
, wie er von dieser Sicht aus das Reden von der „vollkommenen
Ehe", allein garantiert durch technische Meisterung des
Liebesspiels, aufs Korn nimmt, die in echter Geschlechtsliebe liegende
Tendenz auf „Treue" betont und die Erfüllung der Liebesverbundenheit
in der heilig gehaltenen Ehe sieht. Daß er meint,
es wäre gut, wenn der Protestantismus dazu überginge, auch
seinerseits die Ehe ein „Sakrament" 711 nennen, möchte ich dem
Verf. nicht weiter verübeln; freilich meine ich, daß die Luthersche
Bezeichnung der Ehe als „heiliger Ehestand" eigentlich tiefer
greift, zumal, wenn man an den eigentümlich schwebenden Sinn
des Worts „Sakrament" in der katholischen Ehelehre denkt.
Jedenfalls darf man sich nicht auf das Eph. 5,32 gebrauchte Wort
„Mysterion" berufen, da an dieser Stelle gerade dieser Ausdruck
deutlich auf das Verhältnis Christi zu seiner Gemeinde
bezogen wird.

Unklar ist mir geblieben, wie der Verf. seinen so optimistisch
klingenden Untertitel: „zuversichtliche Betrachtung unserer
Nöte" motivieren will. Steht dahinter der Glaube an einen
relativ leicht zu erringenden Sieg der „Liebe Gottes mitten unter
uns"? Haben wir dafür eine Verheißung? Oder will er uns nur
Mut machen, ihr Raum zu geben und von ihr zu zeugen? Jedenfalls
möchte man dem Buch, wenn auch kritische, so doch aufmerkende
und das viele Wertvolle darin beherzigende Leser