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Ausgabe:

1960

Spalte:

123-126

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Bartz, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Die lehrende Kirche 1960

Rezensent:

Kinder, Ernst

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gegenüberstehen, die in der anglikanischen Kirche wirksam geworden
sind, so bei der Auslegung von Augustins berühmtem
Wort: „o felix culpa" (S. 22fr.). In fast humoristisch überlegener
Abfuhr für die sogenannten guten Kirchenmänner, die für die
dramatische Dynamik dieser „6ehr beunruhigenden Geschichte"
den Sinn verloren, hält sie in geistreich packender Weise ihnen
die Rolle der Jünger entgegen, die sie im größten Drama der
Weltgeschichte, nämlich im Leiden und Triumph des Christus,
spielten: wie 6ie aus törichten, feigen, ungläubigen, hilflosen
Männern, die einen irdischen Messias erwarteten, nun Boten des
Evangeliums vom Sieg Gottes wurden und Christus als den
Bringer des ewigen Lebens verkündigten: „Nun waren und blieben
sie, die den auferstandenen Christus sahen, überzeugt, daß
das Leben es wert ist, gelebt zu werden, und daß der Tod nichtig
ist."

Tutzing/Obb. Friedrich Seebari

Hinske, Norbert: Gottfried Benn — Monolog vor Gott.

Monatschrift für Pastoraltheologie 48, 1959 S. 344—355.
Kays er, Wolf gang: Die Wahrheit der Dichter.

Universitas 14, 1959 S. 379—390.
Lorenz, Heinz: Der Teufelspakt in Goethes Faust und der moderne

Mensch.

Die Zeichen der Zeit 13, 1959 S. 281—288.
Matz, Rose: Zum Werk Thomas Manns.

Theologische Rundschau N. F. 25, 1959 S. 149—172
O n a s c h, Konrad: Mythos und Wirklichkeit. Prisma der Dosto-

jewskij-Deutungen.

Die Zeichen der Zeit 13, 1959 S. 277—281.
— Theologische und philosophische Aspekte im Werk Do6tojewskijs.

Die Zeichen der Zeit 13, 1959 S. 375—382.
Prang, Helmut: Die Hauptströmungen des modernen deutschen

Dramas.

Universitas 14, 1959 S. 1047—1058.

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

B a r t z, Wilhelm, Prof. Dr. theol.: Die lehrende Kirche. Ein Beitrag zur
Ekklesiologie M. J. Scheebens. Trier: Paulinus-Verlag 1959. XVIII.
188 S. gr. 8° = Trierer Theologische Studien, hrsg. v. d. Theolog.
Fakultät Trier. Bd. 9. Kart. DM 19.80.

Scheeben, der sowohl in den „Mysterien des Christentums"
als auch in den verschiedenen Bänden seines „Handbuch der katholischen
Dogmatik" eine eigenwüchsige, kraftvolle theologische
Gesamtkonzeption niedergelegt hat, hat dabei doch keine ausgeführte
Ekklesiologie hinterlassen. Dr.s betr. geplante Buch IV
des „Handbuchs" blieb ungeschrieben. Dies ist um so bedauerlicher
, als Sch. nicht nur einer der fruchtbarsten Erneuerer katholischer
Theologie überhaupt nach deren Krisen im Anfang der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ist, sondern insbesondere
auch an der Vertiefung und Verlebendigung der katholischen
Ekklesiologie, die sich erst in der Gegenwart voll auswirkt, nachhaltigen
Anteil hat. Wir stehen bei ihm, der mit seinen tiefen,
lebensvollen theologischen Neuansätzen zugleich in unmittelbarer
Nähe zu den ekklesiologischen Festsetzungen des Vaticanum
stand, in der Tat an einer der Quellen der neuen katholischen
Kirchentheologie. Darum ist es verständlich, daß immer wieder
Versuche gemacht wurden, die Ekklesiologie Sch.s aus dem hinter-
lassenen Material, vor allem den „Mysterien", zu erheben (vgl.
die Literaturübersicht hier S. 1 f.). Im Verfolg dieser Bemühungen
will nun Bartz, Professor der Fundamentaltheologie an der Theologischen
Fakultät Trier, „ein vergessenes Stüde Scheebenscher
Theologie" bekannt und fruchtbar machen, nämlich Sch.s eingehende
Abhandlung über „Wesen und Organismus der apostolischen
Lehrverkündigung" in Buch I seines „Handbuches". Er
legt eine sorgfältige und ausführliche, allen Begründungen, Entfaltungen
und Distinktionen bis ins einzelne nachgehende Wiedergabe
der Gedanken Sch.s von dem kirchlichen Lehramt vor (das
Sch. lieber den kirchlichen Lehrapostolat nennt), aufgrund vor
allem de6 genannten Traktats, dessen einzelne Aussagen aber
jeweils sehr minutiös mit sonstigen Äußerungen Sch.s zusammengestellt
werden. Sch. selbst kommt hier ausgiebig zu Wort;
manche Partien sind etwas zu umständlich und ermüdend breit. Im

IL Teil erhärtet B. zunächst die Originalität Sch.6 in seinen Gedanken
über den kirchlichen Lehrapostolat (104—106), stellt dann
seine besondere Methode heraus (106—111), gibt eine Grundcharakterisierung
von Sch.s Konzeption nach den drei Elementarideen
Autorität, Organismus und Übernatur (111-116 [S. 111
ein Druckfehler: „Übermut"]) und interpretiert dann noch einmal
das im I. Hauptteil dargebotene Material im einzelnen (116-173),
dabei vieles dort Herausgearbeitete nochmals wiederholend. Am
Schluß skizziert B. „Das Kirchenbild Scheebens auf dem Untergrund
seiner Konzeption des Lehrapostolates" (174—186) — im
Unterschiede zu der großen Breite seiner vorherigen Einzel
wiedergaben und Interpretationen sehr knapp.

Es ist zweifellos ein gewiesener Weg, Sch.s Ekklesiologie von
seinem Durchdenken des kirchlichen Lehrapostolats aus „aufzurollen
"; denn bei diesem liegt nun einmal der entscheidende
Kristallisationspunkt alles römisch-katholischen Kirchendenkens.
Sch.s ekklesiologische Gesamtschau aber, die von christologischer
und pneumatologischer Fundierung her die sakramentale und die
jurisdiktionelle Seite der Kirche in lebendiger Einheit zu fassen
sucht, bildet zugleich den Untergrund, von dem aus er den kirchlichen
Lehrapostolat begründet, entfaltet und interpretiert. Wir
haben hier ein klassisches, elementares und eindrucksvolles Dokument
katholischer Selbstbesinnung auf das Wesen des kirchlichen
Lehramtes aufgrund neuer, tieferer theologischer Erfassung der
Wirklichkeit der Kirche in der entscheidungsvollen Situation des
letzten Drittels des 19. Jhdts. vor uns, die kraftvoll bis in unsere
Gegenwart weiterwirkt. Ihr aufmerksames Studium ist für den
evangelischen Theologen u. a. auch schon deswegen wichtig, weil
ja in den Fragen des kirchlichen Lehramtes der Hauptunterscheidungsgrund
zwischen evangelischem und katholischem Kirchendenken
, wenn nicht zwischen Evangelischem und Katholischem
überhaupt liegt. Dessen war sich auch Sch. und ist sich auch
der Verf. vorliegender Studie durchaus bewußt; die Auseinander
Setzung mit dem Protestantismus tritt in Sch.s sonstigen Auseinandersetzungen
mit „Modernismus" und „Liberalismus" in den
eigenen Reihen immer wieder hervor.

Auf das reiche Material, das B. darlegt und interpretiert,
kann hier nur hingewiesen werden. Besonders aufschlußreich ist
Sch.s Art der Begründung des kirchlichen Lehrapostolats (6-34
und 106—111), die von bewußt theozentrischem Ansatz zu striktem
Autoritarismus führt. Es geht darum, „daß das einmal in dei
Zeit gesprochene Wort Gottes fort und fort durch lebendige,
eigens dazu berufene und befähigte Gesandte Gotte6 der Mensch -
heit vorgeführt und öffentlich im Namen und in der Kraft Gottes
als Prinzip und Gesetz des Glaubens kundgemacht oder verkündigt
wird" (7). Das Wesen des kirchlichen Lehramtes wird ganz
aus der Art und der Intention der Heilsoffenbamng Gottes heraus
postuliert, und die Überzeugung seiner Wirklichkeit und Eigenart
gründet in der Gewißheit des in der Kirche weiterlebenden Christus
und durch 6ie wirkenden Heiligen Geistes. Alle Argumentation
in bezug auf den kirchlichen Lehrapostolat hat „bei der absoluten
Glaubensherrlichkeit Gottes und der in ihr gründenden
kirchlichen Lehrautorität zu beginnen" (9). „Weil der Herr
durch sie, und zwar nur durch sie, . . . seine Lehrgewalt ausübt",
darum muß sie „der Welt gegenüber als volle und souveräne
Gewalt gelten" (13). Dieses „darum muß" begegnet
auf Schritt und Tritt: Aus der Eigenart der Heilsoffenbarung Gottes
werden die einzelnen Bestimmungen des kirchlichen Lehramtes
prinzipiell postuliert. Erst nachdem so die Autorität und
Unfehlbarkeit des letzteren „durch sich selbst und a priori legitimiert
" (24) sind, folgt der historische „Urkundenbeweis" aus
dem Neuen Testament (25-28) als zusätzliche Bestätigung (vgl.
107 f.), dem sich „Der Beweis der Kirchengeschichte" (28 f.) anschließt
. Der eigentliche Beweis für das kirchliche Lehramt jedoch,
der die ersten prinzipiellen Postulationen mit Wirklichkeitsund
Geltungsgehalt auffüllt, liegt nach Sch. in dem „Beweis aus
der konkreten Gegebenheit" (29-34; vgl. 108 ff.): Die Autorität
und Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramts ist letztlich weder
historisch-genetisch (3 3). noch durch persönliche Erfahrung (31),
noch auch von dem Offenbarungsinhalt her (31) zu verifizieren,
vielmehr aus seinem tatsächlichen, lebendigen, offenkundigen
Bestände, seinem faktischen Vollzuge bzw. seiner Geltend-
| machung in der katholischen Kirche, worin und wodurch es sich