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Ausgabe:

1960

Spalte:

111-112

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Fascher, Erich

Titel/Untertitel:

Jesaja 53 in christlicher und jüdischer Sicht 1960

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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111

Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 2

geschlossenheit für Kritik im einzelnen noch einmal besonders
die Autorisierung der Evangelien durch die Kirche betont (und
hier führt der Gedankengang von der Urkirche hinüber zu „unserer
heiligen Mutter Kirche", die das Verständnis der
bruta facta überliefert [330 f.]).

Unsere Hinweise auf die Verwertung der Formgeschichte
wollten die Arbeitsweise des Werkes an einem vielleicht besonders
instruktiven Punkt deutlich machen. Ähnliche Bereitschaft,
die neuere Forschung zu nutzen, in bestimmter Modifizierung,
z. T. in einer gewissen Verbindung mit älteren Anschauungen und
doch nicht ohne Kritik an ihnen, in manchen Fragen ähnliche
Zurückhaltung gegenüber letzten Urteilen findet sich auch sonst.
So wird etwa einerseits festgestellt, daß der Verfasser des Joh.-
Ev. seine eigenen Auslegungen mit geschichtlichen Jesusworten
vereint [626], andererseits, daß er seine persönlichen Erinnerungen
erzählt [668]; auf ihn sind nicht die materiellen Fakten zurückzuführen
, von denen die Rede ist (d.h. er hat sie nicht erfunden),
sondern nur die orchestration, die er zufügt [667]. Selbstverständlich
werden zu allen Schriften des Neuen Testaments die
üblichen Einleitungsfragen erörtert (einschließlich etwa der der
sprachlichen und literarischen Eigenart). Die Literaturangaben
6ind natürlich nicht erschöpfend, berücksichtigen jedoch in erheblichem
Umfang auch die englisch und deutsch geschriebenen und
neben wichtigen älteren die neuesten Veröffentlichungen (die katholischen
sind durch ein Sternchen ausgezeichnet). Vier Register,
eine Zeittafel, 7 Karten und Pläne sowie 8 Fotos (von denen nur
eine Wiedergabe des Anfangs des Joh.-Papyrus Bodmer direkt mit
der „Einleitung" zxi tun hat) runden das Ganze ab.

Das Arbeiten mit dem gut geschriebenen Werk ist nicht nur
lehrreich, um sich über den Stand der katholischen Einleitungs-
wissenschaft zu unterrichten; in der Tat zeigt es einerseits allerdings
, daß die Einleitungswissenschaft noch konfessionell geteilt
ist, andererseits aber doch auch, daß eine Gemeinsamkeit des Arbeitens
vorhanden ist, die freilich im Bereich der eigentlichen Exegese
(nicht zuletzt theologischer Aussagen) wohl schon wesentlich
weiter geht. So empfängt der Benutzer aus diesem instruktiven
Sammelwerk vielerlei Belehrung in Einzelfragen und Anregung für
umfassendere Probleme.

Halle/Saale Gerhard Del!in g

Fascher, Erich: Jesaja 53 in christlicher und jüdischer Sicht. Berlin:
Evangelische Verlagsanstalt o. J. 58 S. 8° = Aufsätze u. Vorträge z.
Theologie u. Religionswiss., hrsg. v. E. Schott u. H. Urner, H 4.
DM 2.70

An Hand einer Gegenüberstellung der christlichen und der
jüdischen Exegese eines Zentralkapitels des Alten Testamentes
möchte diese gediegene Arbeit in die Methodik und Betrachtungs
weise der vergleichenden Religionsgeschichte einführen. In gründlichen
und gelehrten, nicht immer ganz leicht zu lesenden Ausführungen
wird vor dem Leser die Geschichte der Deutung von
Jes. 53 vom Urchristentum bis zur Neuzeit entfaltet, wobei sich
Kapitel für Kapitel der gleiche unüberbrückbare Gegensatz zwischen
Kirche und Synagoge auftut.

Die „christliche" Deutung von Jes. 53 beginnt mit Jesus
selbst, der sich nicht als „naiver Schwärmer über die Wirkung
seiner Reden und Taten völlig getäuscht" hat (S. 12); Mark. 9, 12
wird in diesem Zusammenhang mit R. Otto als „Urwort" bewertet
. Mit Recht wird (entgegen einer verbreiteten gegenteiligen
Meinung) herausgestellt, daß das Zitat Apg. 8, 32 f. (= Jes.
53, 7 f.) als Zeugnis für Jesu sühnendes Sterben, dem die Erhöhung
folgte, gemeint ist (Teil I, S. 7—13). Auf jüdischer Seite
war der Boden für dieses Verständnis von Jes. 5 3 nicht vorbereitet
. Denn schon die Septuaginta führt in der Übersetzung von
V. 8—10 eine Umdeutung dieses Kapitels durch, wenn sie auch,
wie ihre Wiedergabe von V. 12 zeigt, aufs Ganze gesehen, den
Grundgedanken des Urtextes von Jes. 5 3 nicht preisgab. Bleibt
auch die Möglichkeit offen, daß lQJsa Jes 53 messianisch deutete
(S. 15 f.) und daß schon vorchristliche Rabbinen den Leidensgedanken
für den Messias erwogen haben (S. 25, anders S. 20),
so war doch ohne Frage die politische Messiashoffnung die herrschende
(TeilII, S. 13-20). Im 2. Jahrhundert n.Chr. stoßen
wir im jüdischen Bereich an mehreren Stellen auf Erwartungen des

leidenden Messias (Aquila, Tryphon, Theodotion). Aber gerade
im Rahmen dieser gemeinsamen Basis tritt der Gegensatz zwischen
Kirche und Synagoge in seiner ganzen Schärfe hervor. Das zeigt
Justins Dialogus cum Tryphone, dessen Darstellung und Analyse
das interessanteste Kapitel der Arbeit ist. Fascher versteht es.
seine Überzeugung glaubhaft zu machen, daß Justin die Ansichten
seines Gesprächspartners richtig und „in geradezu mustergültiger
Gerechtigkeit" (S. 25) darstellte; widersteht Justin doch der Versuchung
, den unbefriedigenden Ausgang der Diskussion zu vertuschen
und sie literarisch mit einem christlichen Triumph enden
zu lassen. Dann aber zeigt der Dialogus cum Tryphone beispielhaft
mit großer Klarheit, daß der entscheidende Anstoß der Juden
an der christlichen Botschaft nicht im Leiden des Messias an sich
bestand, sondern im Fluchtod des Messias (Deut. 21, 23; vgl.
Gal. 3, 13). „Kreuzestod ist Fluchtodf" „5. Mose 21, 23 gilt für
den Juden weiter" (S. 25). Das Evangelium Nicodemi (c. 16) bestätigt
dieses Ergebnis (Teil III, S. 20—27). In der Folgezeit bildet
im Judentum die Bezugnahme auf Jes. 53 nur einen kleinen Ausschnitt
innerhalb der bunten und reichhaltigen messianischen Er
Wartungen (Teil IV, S. 27—38). Die apokalyptische und die essenische
Literatur trägt zu unserem Thema nichts bei (Teil V,
S. 38—40). Neben der messianischen Deutung von Jes. 5 3 findet
sich nun aber im Judentum seit den Tagen des Origenes, später
bei Raschi und mittelalterlichen Rabbinen, die kollektive Deutung
auf Israel; Luther hat sie mit großer Schärfe bekämpft (Teil VI,
S. 38—44). In neuester Zeit hat diese kollektive Deutung einen
warmherzigen Vertreter in Leo Baeck gefunden; neben ihm kommt
ausführlich Martin Buber zu Wort, der in der Geschichte Israels
von einer Reihe verborgener leidender Gottesknechte weiß, zu
deren Zahl Jesus gehört (Teil VII, S. 44-52). Ein Bericht über
die heutige protestantische Exegese zu Jes. 5 3 bildet den Abschluß
der gehaltvollen Arbeit (Teil VIII, S. 53-58).

Güttingen Joachim Jeremias

Lemoine, F.-M., u. C. N o v e 1 : Christus, unser Erlöser. Alttesta-
mentliche Verheißung und neutestamentliche Erfüllung. Deutsche Bearbeitung
von A. Baum. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1959]. 104 S.
8° = Die Welt der Bibel. Kleinkommentare zur Heiligen Schrift,
hrsg. v. E. Beck, W. Hillmann, E. Walter, 7. Kart. DM 4.80.

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Liebenwein, Wolfgang: Wo bleiben die Söhne der Apostel?
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