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1960 Nr. 12

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 12

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den Platz in Übersichtsartikeln von z. T. beachtlicher Qualität
erhalten. Ich erwähne nur einzelne als Beispiele: Febronianis-
mus, Freimaurer, Frühchristliche Kirche (von H. Rahner,
geistreich, aber in vielem systematisierend und daher fragwürdig,
vor allem in der Frage des Frühkatholizismus und der Ämter m. E.
nicht richtig), Frühchristliche Kunst, Gallikanismus, Gegenreformation
(von E. W. Zeeden, vorbildlich in 6einem abgewogenen
Urteil), Germanen, Geschichtsphilosophie (vor allem
vom 17. Jhdt. bis zur Gegenwart), Gnostizismus (K. Prümm,
K. Schubert, R. Schnackenburg, H. Rahner und K. Algermissen
haben an diesem großen Beitrag mitgewirkt; in dem historischen
und auch im neutestamentlichen Teil sehr reichhaltig; aber bei
diesem schwierigen Gebiet bleiben dem kritischen Leser natürlich
manche Fragen), Gotik. Die systematischen Artikel sind wiedeT
besonders interessant, vor allem, wenn sie von K. Rahner stammen
. Das Gleichgewicht mit den historischen Beiträgen scheint in
diesem Band besser gewahrt zu sein.

Aber ich will nicht weiter die Fülle, die auch diesen Band
kennzeichnet, auszuschöpfen versuchen. Nur an wenigen Stellen
wird man Widerspruch oder Bedenken anzumelden haben, oder
auch Lücken schmerzlich empfinden. So scheint mir das Schlußurteil
über Fichte nicht richtig: F. enthüllt den Geist der ganzen
Zeit, „die monistisch -gnostische Erkenntnismystik, die das empirische
Ich u. 6eine ratio mit dem allg. Ich u. der ratio überhaupt
identifizierte, ein Gedanke, der die ganze Zeit des Deutschen
Idealismus erfüllt"; hier müßte einerseits schärfer differenziert
und andererseits der Begriff .Erkenntnismystik' präzisiert werden;
er erscheint mir unbrauchbar für eine legitime Erfassung des Deutschen
Idealismus. — Der kurze Art. Fliesteden erregt den Eindruck
, als ob dieser Leidensgefährte Ciarenbachs nur ein Radaubruder
war; aber auch, wenn Fliesteden zu dem radikalen Flügel
der Reformation gehörte, so ist diese Charakteristik wohl unzureichend
. — Der Art. Fegleuer reizt natürlich zu theologischer
Auseinandersetzung, vor allem in seinen historischen Partien, aber
dazu ist hier nicht der rechte Ort. — Linter Film (III. Kirche und
Film) wird nur die katholische Filmarbeit erörtert. Es gibt aber
bekanntlich auch eine ausgedehnte Filmarbeit der evangelischen
Kirche (von der allerdings — das muß gerechterweise gesagt werden
— die RGG in ihrer Neuauflage auch keine Notiz nimmt). —
Der Art. Gesetz und Evangelium (Söhngen) ist gut, aber m. E.
nicht ausreichend, weil die Konsequenzen, die vor allem im Neu-
Luthertum gezogen worden sind, nicht genügend zur Geltung
kommen. — Wenig befriedigend ist der Art. Glaubensbekenntnis
. Hier fehlt nicht nur wichtige Literatur (Lietzmann und Cull-
mann), sondern auch die Ausführungen über die .Vorgeschichte', d.h.
über die reiche Symbolbildung vor 325, sind zu dürftig. Der in der
Einleitung sich findende Satz: „sie (sc. die Glaubensbekenntnisse)
heißen bei den Protestanten .Konfession', praktisch synonym mit
Bekenntnisschriften" ist — sit venia verbo — schlicht und einfach
Unsinn.

Aber diese kritischen Bemerkungen können und sollen nicht
das positive Gesamturteil abschwächen: Das Lexikon für Theologie
und Kirche ist in seiner Neubearbeitung ein wissenschaftliches
Nachschlagewerk, das solide gearbeitet ist und das den
Leser einwandfrei unterrichtet. Es ist auch buchtechnisch eine
hervorragende Leistung des Verlages Herder (nur ein Druckfehler
ist mir aufgefallen: Sp. 155 s. v. Fischbeck muß es heißen Krum-
wiede). So kann man Mitarbeitern, Herausgebern und Verlag nur
einen guten Fortgang dieses erfreulichen Unternehmens wünschen.

Bonn Wilhelm Schneemelcher

[Lilje, Hanns:] Stat Crux dum volvitur orbis. Eine Festschrift für
Landesbischof D. Hanns Lilje, Abt zu Loccum, zum 60. Geburtstag
am 20. August 1959, hrsg. von G. Hoffmann und K. H. Rengstorf.
Berlin: Lutherisches Verlagshaus 1959. 237 S. gr. 8°. Lw. DM 16.80.

An einer Wand des Kapitelsaals im Kloster Loccum steht
das Wort des Bernhard von Clairvaux, das den Titel für die vorliegende
Festschrift hergegeben hat. Als Mitarbeiter zeichnen
Männer des akademischen Lehramts und der kirchlichen Praxis,
die der hannoverschen Landeskirche entstammen oder dort ihr
Heimatrecht gefunden haben. Der Band in seiner Gesamtheit
vermittelt einen starken Eindruck von der inneren Verbundenheit
aller untereinander und von der gemeinsamen Liebe zu

„Bischof und Bruder" Lilje. Im einzelnen teilen sich die Beiträge
auf in exegetische, kirchengeschichtliche, systematische und
theologisch-praktische Studien. Otto Eißfeldt liefert eine saubere
Exegese des 121. Psalms. Karl Heinrich Rengstorf zeigt, wie
die lukanisdhe Weihnachtserzählung in einer einzigartigen Weise
Einblicke in das Geheimnis des Glaubens gewährt. Hans
Wenschkewtz behandelt „die Einheitlichkeit der synoptischen
erzählenden Perikopen in ihrer Bedeutung für die Verkündigung
der Kirche". Er setzt sich temperamentvoll mit der formgeschichtlichen
Arbeit am Neuen Testament auseinander und macht an
mehreren Beispielen deutlich, wie sich streng wissenschaftliche
Bemühung um den Urtext und Verkündigung für die Gemeinde
sehr wohl miteinander verbinden lassen. Der englisch geschriebene
Beitrag von Julius Bodensieck „Colony of Heaven" ordnet
das Wort aus dem Philipperbrief, daß wir Heimat und Bürgerrecht
im Himmel haben, in den Gesamtzusammenhang der pau-
lini6chen Theologie ein, während Hermann Schuster das in den
letzten Jahren mehrfach erörterte Problem, wie 6ich „Rechtfertigung
und Gericht bei Paulus" zueinander verhalten, erneut
aufgreift.

Die theologiegeschichtlichen Arbeiten beginnen mit einer
Studie von Peter Kawerau: „Zur Kirchengeschichte Asiens", wobei
besonders „die einst wahrhaft katholische und universal
ostsyrische Kirche und ihr Ende" gewürdigt wird. Zur Theologie
Luthers haben Erich Fascher (Trost bei Luther) und Paul Althaus
(Martin Luther über die Autorität der Kirche) zwei dem Jubilar
gewiß besonders willkommene Beiträge gestiftet. Interessantes
Material bringt der Heidelberger Mis6ionswissenschaftler Hans-
Werner Gensichen zu dem Thema: „Bartholomäus Ziegenbalg
und der Islam." Entsprechend der weltweiten Wirkung im Lebenswerk
von Bischof Lilje hat in der Festschrift eine große Zahl von
Untersuchungen Aufnahme gefunden, die sich um den Fragenkreis
der christlichen Ökumene bewegen. So schreibt Ernst
Sommerlath über „Die Katholizität der Kirche", Georg Hoffmann
über „Die ökumenische Blickrichtung in der Praktischen
Theologie", Kurt Dietrich Schmidt über „Luthertum und Ökumene
" und Walter Holsten über „Kolonialismus als theologisches
Problem". Die politische Ethik ist durch Delekat beachtlich
vertreten, der der Entstehung des politischen Atheismus bei Karl
Marx nachgeht. Die vielseitigen Aufgabenkreise, die der Praktischen
Theologie zugehören, bekommen ihr Recht durch Hermann
Dörries (Geschichte der vocatio zum kirchlichen Amt),
durch Karl Janssen (Johann Hinrich Wicherns Predigtanschauung),
durch Eduard Steinwand (Zentrales und Peripheres in der Seelsorge
) und durch Chri6thard Mahrenholz, der eine Gottesdienstordnung
aus dem 18. Jahrhundert liturgisch überprüft. Bei aller
Vielschichtigkeit der Fragestellungen 6pürt man unverkennbar
die gemeinsame Ausrichtung auf das lutherische Verständnis von
Schrift, Bekenntnis, Kirche und Amt. Für den Jubilar mag die
Festgabe ein erquickendes Zeugnis gewesen sein, wie groß der
Bund der Freunde und Mitarbeiter ist, deren er sich erfreuen darf.

Tübingen Adolf Kübe rlo

Amt und Ordination — Theologische Einführung zum Pfarrergesetz
der VELKD.

Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 14, 1960 S. 241—242.

Jonas, Han6: Gnosis und moderner Nihilismus.
Kerygma und Dogma 6, 1960 S. 155—171.

Nygren, Anders: Carl Stange als theologischer Bahnbrecher.
Neue Zeitschrift für Systematische Theologie 2, 1960 S. 123—128.

R e d i n g, Marcel: Die Befreiung der Theologie durch das neue Raumdenken
.

Universitas 15, 1960 S. 929—938.

ALTES TESTAMENT

Lindblom, Joh.: A Study on the Immanuel Section in Isaiah.

Isa. VII, I—IX, 6. Lund: Gleerup [1958]. 57 S. gr. 8° = Scripta Minore
. Studier utg. av Kungl. Humanistiska Vetenskap6samfundct i
Lund. 1957—1958:4. Schw. Kr. 6—.

Lindblom geht von der 6eit Budde geläufigen Voraussetzung
au6, daß Jes. 6, 1 — 9, 6 ursprünglich eine selbständige Einheit
innerhalb des Jesajabuches bildete; er läßt aber Jes 6 beiseite und
beschäftigt sich nur mit dem Stück 7,1 — 9,6, das er als Immanuel-
Abschnitt bezeichnet. Er legt allen Nachdruck darauf, daß dieses

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