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Ausgabe: | 1960 Nr. 1 |
Spalte: | 61-62 |
Kategorie: | Ökumenik, Konfessionskunde |
Autor/Hrsg.: | Schafer, Bruno |
Titel/Untertitel: | Die Wahrheit machte sie frei 1960 |
Rezensent: | Holtz, Gottfried |
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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 1
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Die Geschichte hat es mit Toten und Lebenden zu tun; in einer
Sektendarstellung sucht man nur etwas über die Lebenden. Trotzdem
werden Sekten von heute tatsächlich am besten verständlich,
wenn man von ihrer Geschichte her an 6ie herangeht, und ein
geschichtliches Prinzip bei der Ordnung der Sekten führt vielleicht
doch am weitesten. Katholisch-Apostolische, Adventisten,
Mormonen und Darbysten gehören geschichtlich zusammen. Warum
bei H. nur Mormonen und Neuapostolische in eine Gruppe
kommen (Unter den Fittichen des vollmächtigen Amtes) leuchtet
nicht nur dem historisch Denkenden nicht leicht ein. Obwohl ich
selbst genau weiß, wie mächtig gerade in der Sektenarbeit die
praktischen Gesichtspunkte 6ind, die an einen herangetragen
werden, möchte ich doch wenigstens gefragt haben, ob nicht einmal
darangegangen werden müßte, die Frage der Gesamtdarstellung
der Sekten neu zu erörtern.
Huttens Werk gehört zu denen, die man nicht zu empfehlen
braucht. Es ist konkurrenzlos, jedenfalls für Deutschland. Alles,
was sonst über Sekten geschrieben ist, kann 6ich nicht mit dem
Hutten messen odeT verfolgt eine ganz andere Zielsetzung. Wer
6ich heute mit Sekten beschäftigen will, kommt ohne den Hutten
nicht aus, muß auf alle Fälle mit ihm beginnen und erhält im allgemeinen
ausgezeichnete Hilfe. Man kann nur wünschen, daß jede
weitere Auflage noch vollkommener wird (NB: Den Deutschen
Tempel sollte man noch nicht ganz abschreiben!). Über den
Bilderanhang wird sich wohl jeder Benutzer von Herzen gefreut
haben.
Markkleeberg/Leipzig Franzi.an
S c h a f e r, Bruno, P.: Die Wahrheit machte sie frei. Konvertiten
schildern ihren Weg zur Kirche. Trier: Paulinus-Verlag 19 58. 240 S.
8°. Lw. DM 9.90.
Wir haben 15 kurze Autobiographien von Konvertiten oder
Revertiten vor uns. Wir begegnen zwei katholischen Revertiten
(einem Deutsch-Österreicher, einem Italiener), einem japanischen
Prinzen, einem Inder, der aus der jakobiti6chen Kirche kommt,
zwei Buddhisten (einem burmesischen Offizier, einer siamesischen
Prinzessin), einem Juden, einem aus der koptischen Kirche kommenden
abessinischen Knaben, sieben Konvertiten aus dem Protestantismus
(einem Norweger, einem Holländer, fünf Anglika-
nern aus verschiedenen Teilen der Erde). Die Berichte sind qualitätsmäßig
sehr unterschieden; gelegentlich machen die Verfasser
und der Herausgeber selbst Bemerkungen über die Unbedeutend-
heit der Beiträge. Man hätte darum auf dem Waschzettel nicht
an Augustins Konfessionen erinnern und von „bedeutenden Wahrheitssuchern
" reden sollen. Da strenge theologische Maßstäbe an
die Autobiographien nicht angelegt sind, hat unsere Besprechung
es schwer. Zunächst: da6 Buch gehört zur Traktat- und Propa-
gandaliteratur und richtet sich an unkritische Leser, auf die es
Eindruck machen wird. Nüchterner kritischer Sinn findet Spreu
und Weizen und sondert sie voneinander. Wertvoll sind nach
unserm Urteil am ersten die Berichte der ehemaligen Buddhisten,
eines Neuseeländers, der in einem Schlußkapitel über Erfahrungen
und Beobachtungen schreibt und willkommene psychologische
Einsichten vermittelt, und eines Professors der Philosophie in
Kapstadt. Was wir schon immer an angelsächsischen Konvertitenbiographien
beobachtet haben, findet sich aufs neue: die starke
Hervorhebung der Vernunft und der Logik im katholischen
Glaubensprozeß und ihr Anteil an der Konversion; es dürfte bezeichnend
sein, daß die Berichte in angelsächsisch-reformierte und
Ber'ch'^16 ^nc'er ^"hren, nicht ,n romanische — wir nehmen den
nicht t ^ien a's Sonderfall noch aus. Irrationales fehlt
Visione"** *^eT zuruc'<; 60 begegnen gelegentlich Berichte über
j,- J,nenr"n^ Ekstasen, nicht ohne daß die Frape nach der psychischen
Gesundheit der Befallenen sich meldetet In der Konver-
titenliteratur der vorangegangenen Jahre fiel uns auf, daß der
Mariologie ausgewidlen wurde. efi war ^ erwarten daß sidl das
andern wurde. Unser Buch packt schon fester zu. So bekennen
sich die beiden ehemaligen Buddhisten zu Maria, beide unter dem
Eindruck der Lourdes-Ereignisse; die Fatimastatue war auch durch
biam gewandert. Uie marianischen Wunder werden den logischen
Beweisen des katholischen Glaubens zugeordnet. „Die Lehre von
Maria war mir immer als etwas Liebliches und Logisches im
Katholizismus vorgekommen", schreibt der Neuseeländer (212);
später beschuldigt er den Protestantismus: „Die Verstoßung der
Mutter Jesu war etwas vom Schlimmsten, was die Reformatoren
verschuldeten; denn dies hat notwendigerweise zu einer weitverbreiteten
Nichtanerkennung auch des Sohnes geführt" (222).
Die Anschauung von der Unfehlbarkeit des Papstes erscheint an
wenigen Stellen und wird als logisches Postulat bejaht. Starke
Bedenken erheben 6ich u. E. gegen drei Berichte: der Norweger,
ein ehemaliger Quisling, der 6eine Unklarheit mit Gefängnis büßen
mußte, ist ein Wirrkopf geblieben; den Volkszorn gegen
Verräter und Kollaborateure versteht er noch immer nicht. Nur
der Priester, der ihn in die römische Kirche aufnahm, war ohne
„Vorurteile" und „Kälte". Im Geleitwort des Herausgebers liest
man, die Geschichte würde die Quislinge einmal milder beurteilen,
— es hat für uns einen peinlichen Nachgeschmack. — Daß der
Abessinier als Knabe von 12 Jahren konvertierte, wird der flüchtige
Leser nicht merken. Wer wissen sollte, daß die koptische
Kirche Sakramentskitche ist, eine kräftige Marienverehrung pflegt
und trotz ihres Monophysitismus bis in die Liturgie hinein das
Chalcedonense ehrt, wird die Proselytenmacherei verurteilen.
Wie großzügig die Haltung der Familie des Knaben, wie weise
der Brief des Vaters an den Sohnl (168). Am bedenklichsten
scheint uns der Schlußbericht zu sein. Der Italiener Cornacchiola
wurde schon in der Jugend der katholischen Kirche entfremdet,
kämpfte als Kommunist in Spanien, war abwechselnd Baptist und
Adventist, verfällt in Rasereien, quält seine Frau, will den Papst
ermorden — und wird durch eine Marienenscheinung vor einer
Grotte bekehrt! Man entnimmt den einführenden Sätzen des
Herausgebers, daß die verantwortlichen Organe der Kirchenleitung
sich distanziert haben — mit vollem Recht, denn die
Begleitumstände dürften sehr deutliche Hinweise auf parapsychisch
zu erklärende seelische Abnormitäten geben. Ist die Aufnahme
solchen Berichtes, der die Vorlage eines schlechten Films liefern
könnte, berechtigt? — Nachdem man das Buch gelesen hat, begreift
man neu die Abneigung evangelischer Kreise gegen ähnliche
Literatur und ihren Verzicht auf Konkurrenz.
Rostock Gottfried H o 11 z
Cheyne, A. C: Inter-Church Relations. A Retrospect.
Scottish Journal of Theology 12, 1959 S. 257-276.
M c K a y, Johnston R.: The Impact of American Religion on Great
Britain.
The Expository Times 71, 1959 S. 19—21.
Spul er, Bertold: Die orthodoxen Kirchen XL.
International Kirchliche Zeitschrift 49, 1959 S. 133—160.
_GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST
He nze, Anton: Neue Kirchliche Kunst. Recklinghausen: Paulus-Verlag
[1958]. 325 S. m. Abb. i. Text u. 262 Abb. auf Taf. 49. Lw.
DM 49.80.
Die neue Architektur und die moderne Plastik und Malerei
haben in dem kirchlichen Bau6chaffen der Gegenwart ein reiche«
Betätigungsfeld gefunden, insbesondere in Deutschland, wo nach
den schweren Kriegsverwüstungen zahlreiche Gotteshäuser neu
errichtet bzw. wiederhergestellt und neu gestaltet werden mußten
. Anton Henze gibt in dem vorliegenden Buche eine klare
Übersicht über das europäische und außereuropäische Kunstschaffen
im Bereich der katholischen Kirche während unseres
Jahrhunderts bis hin zum Jahre 1958. Die große Zahl vorzüglicher
photographischer Abbildungen und anschaulicher Grundriß-
und Aufrißskizzen läßt die Vielfalt dieses Schaffens deutlich
werden. Wenn man die Bildseiten durchblättert, könnte geradezu
der Eindruck entstehen, daß dieses Wirken ungebunden sei und
man der subjektiven Auffassung, die der betreffende Architekt
sich über die Gestaltung des Raumes bilde, und der Phantasie der
Künstler schrankenlos freien Lauf gewähre. Der Text des Verfassers
macht klar, daß dem nicht so ist. Die mannigfaltige Raum -
gestaltung zeugt in einem jeden Falle von dem ernsten Bemühen,
den Gemeinderaum und den Altar in das beste Verhältnis zu
setzen und den speziellen Erfordernissen des jeweiligen gottesdienstlichen
Gebäudes gerecht zu werden. Für den katholischen