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Ausgabe:

1960 Nr. 10

Spalte:

760-762

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Špidlík, Tomáš

Titel/Untertitel:

Joseph de Volokolamsk 1960

Rezensent:

Lilienfeld, Fairy

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 10

760

konnten, sei es ein zusätzlicher Abdruck aus einer nationalsozialistischen
Glossierung. Aber das sind nicht wesentliche
Dinge. Jedenfalls sind die hier besprochenen vier Arbeiten zur
Geschichte des Kirchenkampfes wesentliche Leistungen und wir
hoffen, daß in der angekündigten raschen Folge andere Veröffentlichungen
von gleichem Gewicht erscheinen werden.

Leipzig Erich Bey reuther

Alonso, C.i Proyecto de una misiön de la Orden de San Agustin

en Arabia (1624—1629).

AugU6tiniana X, 1960 S. 61—76.
Ceyssens, L.: La publication officielle de la bulle „In eminenti"

(1651—1633) (a suivre).

Augustiniana X, 1960 S. 77—114.
Hennemann, Gerhard: Der Fall Galilei.

Deutsches Pfarrerblatt 60, 1960 S. 247—250.
J e d i n, Hubert: Die Geschäftsordnung der beiden letzten ökumenischen
Konzilien in ekklesiologischer Sicht.

Catholica 14, 1960 S. 105—118.
Kleef, B. A. van: Das Utrechter Provinzialkonzil vom Jahre 1763

(Fortsetzung).

Internationale Kirchliche Zeitschrift 50, 1960 S. 65—92.
Koepp, Wilhelm: Joh. Georg Hamanns Londoner Senel-Affäre Januar
1758.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 57, 1960 S. 92—108.
Moltmann, Jürgen: Jacob Brocard als Vorläufer der Reich-Gottes-
Tbeologie und der symbolisch-prophetischen Schriftauslegung des
Johann Coccejus.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXXI, 1960 S. 110—129.
Muralt, Leonhard von: Die Universität Basel als Stätte protestantischen
Geistes.

Zwingliana XI, 1960 S. 155—163.
Nordhues, Paul: Das wichtigste kontroverstheologische Anliegen
des Oratorianers Louis de Thomassin (1619—169 5).
Catholica 14, 1960 S. 132—152.

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

— Sherrard, Philip: The Greek East and the Latin West. A Study in
the Christian Tradition. London: Oxford Univereity Press 1959.
VIII, 202 S. 8°. Lw. 25 s.

Nicht etwa die Gegensätze zwischen der heutigen östlichen
und westlichen Kirche sind es, die der Verf. dieses Buches erörtert,
sondern die Grundlagen der Entwicklung, die nach seiner Auffassung
zwangsläufig die Scheidung des Christentums in zwei
Hälften herbeiführten. Anhand einer gründlichen Kenntnis der
griechischen Theologie legt Sh., auch als Athos-Forscher bekannt
geworden, dar, wie sich christliche Gedanken mit vorchristlichem
hellenischem Denken vermischten und dadurch ebenso geprägt
wurden, wie im westlichen Denken Ideale der römischen „Humanitas
" und der „weltweiten" Befriedung des Mittelmeer-Raumes
eine Rolle spielten. Daneben trat die Wirkung des römischen
Rechts und der Verwaltung in einer Kirche, die vor Konstantin
nach Sh. keine adäquaten Schöpfungen dieser Art hervorgebracht
hatte. Gedanken dieser Art sind an sich gewiß nicht völlig neu,
und Sh. führt eine ganze Reihe seiner Vorgänger auf diesem Gebiete
an. Aber der Nachdruck, mit dem der Verf. den ostkirchlichen
Standpunkt, etwa in der Filioque-Frage oder in der Herausarbeitung
der Stellung der oströmischen Kaiser als der Schutz-
herren der Kirche hervorhebt, macht das Buch gerade für den
westlichen Christen lesenswert. Es zeigt ihm, wo Grundpunkte
der Spaltung liegen und wie die Orthodoxen sie sehen; an ihnen
wird ein Gespräch zwischen Ost und West nicht vorbeigehen
dürfen. Dabei sieht der Verf. die griechische Kirche keineswegs
idealisiert. Die Ausweitung an Macht, die der Ökumenische Patriarch
und die leitenden Metropoliten infolge der türkischen „Millet-
Verfassung" nach 1453 erhielten, betrachtet er als eine Schädigung
ihres Auftrages und als eine de facto-Annäherung an die
Stellung des Papsttums, das man doch in der Theorie weiterhin
bekämpfte.

Daneben geht Sh. dem Eifer nach, mit dem die Orthodoxie
sich bis zur Renaissance hin offiziell gegen den Platoni6mus verwahrte
, offenbar ohne sich damals bewußt zu sein, wie viel platonisches
Ideengut die Orthodoxie (wenn auch durch neuplatonische
und andere Vermittlung) in sich aufgenommen hatte.
Der Piatonismus wurde dann über Gemistos Pletton und andere
griechische Flüchtlinge des 15. Jhdts. zu einer Kraft im Westen,
besonders an der Universität Padua, in der Sh. einen Hort des
modernen, „aufgeklärten" Denkens in der frühen Neuzeit sieht.
Auf dieser Basis hat sich eine freie Philosophie in Europa entwickeln
können, die der christlichen Gesinnung an die Seite trat
und sie vielfach überlagerte oder ersetzte. In Parallele dazu sieht
Sh. in dem von Korais und seinen Schülern unter den Griechen
vertretenen Nationalgedanken ein Abweichen von der überkommenen
Linie. Auch hier entstand ein neues Denken, von dem
sich aber der Athos durch Auflösung der dortigen Akademie
rechtzeitig distanzierte.

Das Buch ist nicht einfach geschrieben und setzt vieles an
Wissen voraus. Es vertritt einen durchaus eigenen Standpunkt,
der eher einer früheren Entwicklungsstufe der Orthodoxie als den
heutigen Verhältnissen zuneigt. Darauf wird jeder Leser entsprechend
seiner Auffassung verschieden reagieren. Indem aber Sh.
die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, etwa da6 Auftauchen
sozialer Fragen und einer organisierten Inneren Mission, nicht mehr
behandelt, bleibt unklar, ob der Verf. auch in einer sich wandelnden
Zeit ein unwandelbares Festhalten an einer älteren Entwicklungsstufe
befürwortet.

Hamburg, z. Zt. Bordeaux Bertold S p u 1 e r

Spidlik, Thomas, Prof. S. J.: Joseph de Volokolamsk. Un chapitre
de la spiritualite russe. Rom: Pont. Inst. Orientalium Studiorum 1956.
XIX, 153 S. gr. 8° = Orientalia Chri6tiana Analecta 146. Lire 1.900;
$ 3.-.

„Um ein Volk gut zu kennen, muß man 6eine Heiligen kennen
, denn die Seele eines Heiligen ist immer die Seele dieses Volkes
, die sich in der Person des Heiligen in ihren höchsten
Aspirationen realisiert. Und wenn man die Heiligen eines Volkes
kennt, kennt man auch die ganze Menschheit, denn die walrre
Heiligkeit bleibt immer tief menschlich, wenn 6ie auch die Merkmale
der ihr eigenen Zeit und Umstände trägt. In dieser menschlichen
Natur stellt der gemeinsame Vater sein Ebenbild und
Gleichnis nach dem göttlichen Vorbild wieder her, da6 unser
Herr Jesus Christus ist.

Als beste Söhne ihres Volks sind die Heiligen auch universal
, 6ie gehören ohne Unterschied dem Orient wie dem Okzident,
allen Juden, Hellenen und Barbaren. ... Sie sind in Wahrheit ein
Zeichen unserer Einheit in Christo."

Diese einleitenden Absätze des vorliegenden Buches zeigen
uns am besten die Absicht, die das Werk verfolgt, das von
römisch-katholischem Standpunkt aus ein ökumenisdies Anliegen
aufnimmt.

Joseph von Volokolamsk — Josif Volockij — i6t ja gerade
einer der Männer der russischen Kirchengeschichte, dessen geistesgeschichtliche
Rolle dem russisch - orthodoxen Kirchentum für
lange das Gepräge gegeben hat, ein Gepräge, das mit dazu
beiträgt, es uns fremd und „unevangelisch" erscheinen zu lassen.
Auch bei der liberalisierenden Emanzipation der russischen Laientheologen
und Historiker des 19. Jahrhunderts und in ihrem
Kampf mit der Schuldogmatik hat daher die Gestalt Josif Volockij«
eine große Rolle gespielt. Er erschien förmlich als Verkörperung
aller negativen Züge der russisch-orthodoxen Kirche: als finsterer
Eiferer, der nicht davor zurückschreckte, die politische Macht des
Moskauer Zaren gegen 6eine Gegner auszuspielen, als Vorkämpfer
der allzu engen Bindung, ja, Identifikation von Thron
und Altar, als Klosterabt von harter Gesetzlichkeit, der die Macht
und den öffentlichen Einfluß des Klostere durch dessen Reichtum
an Land und leibeigenen Bauern sichern wollte, als bedenkenloser
Intrigant. Ihm gegenüber etellte man das lichte Bild des
„Großen Starec" Nil Sorskij, des auf geistliches Leben und wahrhafte
Armut der Mönche bedachten bedeutenden Seelsorgers
„von jenseits der Wolga", so wie man ihn damals verstand. Und
dieses Verständnis des 19. Jhdts. hat das kirchengcsdiiditlichc
und geitesge6chichtliche Bild der großen Auseinandersetzungen in
der russischen Kirche um die Wende vom 15. zum 16. Jhdt. entscheidend
geprägt.

Die große Schwierigkeit liegt nun darin, daß Josif von
Volokolamsk 6chon am Ende des 16. Jhdts. für die gesamt-