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Ausgabe:

1960

Spalte:

703-704

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Benrath, Gustav Adolf

Titel/Untertitel:

Reformierte Kirchengeschichtsschreibung an der Universität Heidelberg im 16. und 17. Jahrhundert 1960

Rezensent:

Benrath, Gustav Adolf

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703

Theologische Literatuirzeitung 1960 Nr. 9

704

(Dehler, W.: Basileia. Ein Beitrag zu der Frage „Mission und Ökumene
".

Deutsches Pfarrerblatt 59, 1959 S. 438-440.
Pfeffer, Karl Heinz: Die Kirchen und der soziale Umbruch außerhalb
Europas.

Ökumenische Rundschau 8, 1959 S. 184—196.

Rosenau, Graeme M.: What is a „Mi6sionary", Anyway?
Concordia Theological Monthly XXXI, 1960 S. 303—308.

Sartory, Thomas: Das Konzil — eine innerkatholischc Angelegenheit
?

ökumenische Rundschau 9, 1960 S. 62—76.
Sasse, Hermann: The Ecumenical Movement and the Lutheran
Church.

Concordia Theological Monthly XXXI, 1960 S. 87-104.

Schlink, Edmund: Die Bedeutung der östlichen und der westlichen

Traditionen für die Christenheit.

Ökumenische Rundschau 8, 1959 S. 165—173.
Webster, Douglas: The Foreign Missionary Today.

Theology Today 16, 1960 S. 504—511.
Wendorf f, Wolfgang: Brüderliche Mission.

Evangelische Missionszeitschrift 17, 1960 S. 77—88.
W i s I 0 f f, Carl Fr.: The Unity of the Church and the Message of

Christ.

Concordia Theological Monthly XXXI, 1960 S. 30—37.
Wolf, Ernst: „Verlorene Einheit"?

Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts 11, 1960 S. 1—5.

Referate über theologische Dis:

B e n ra t h, Gustav Adolf: Reformierte Kirchengesdiiditsschreibung an
der Universität Heidelberg im 16. und 17. Jahrhundert. Diss. Heidelberg
1959, 230 S.

In einem Längsschnitt durch die Geschichte der reformierten theologischen
Fakultät der Universität Heidelberg (1559—1622, 1652—1688)
werden diejenigen Theologen behandelt, die kirchengeschichtliche Werke
verfaßt haben, insbesondere Abraham Scultetus (f 1624), Heinrich
Alting (f 1644), Joh. Heinr. Hottinger (f 1667) und Friedr. Spanheim
d.J. (f 1701).

Während die ersten beiden Theologengenerationen noch keine geschichtliche
Rückschau hielten, wurde der Schlesier Scultetus durch die
konfessionelle Auseinandersetzung zur Abfassung einer Patrologie angeregt
, durch das Reformationsjubiläum (1617) zu einer annalistisch angelegten
, bis 1 53 5 reichenden Reformationsgeschichte, in der er sich,
gestützt auf die Zeugnisse Zwingiis und Bullingers, für die historische
Priorität der Reformation Zwingiis einsetzt. Der großartigen, fünf
Tage dauernden Reformationsfeier der Universität (1617) gab der !
Ursinusschüler David Pareus (f 1622) durch seine 237 historisch-polemischen
Disputationsthesen ein scharfes antirömisches Gepräge.

Heinrich Alting aus Emden (Prof. in H. 1613—22) trug seine noch
heute wertvolle pfälzische Kirchengeschichte den Studenten an der Uni- i
versität Groningen vor (163 8). Als sorgfältiger Dogmatiker entfaltete
er sein an Ursinus orientiertes System nicht nur didaktisch, problema- |
tisch und polemisch, sondern auch historisch. Er übertrug den alten
universalgeschichtlichen Rahmen und den dualistischen Ansatz von
Augustins de civitate Dei mit eigener Akzentsetzung auf die refor- ■
mierte Dogmatik und verfolgte in seiner „Theologia Historica" die vier i
ersten Loci von Adam bis ins Jahr 163 5, wobei er deren Veränderungen
wohl vermerkt, aber als Akzidentien wertet, welche die Substanz der :
Lehre unangetastet lassen. Hervorzuheben ist die an den geschichtlichen
Veränderungen ausgerichtete selbständige Periodisierung, die er dieser
„Dogmengeschichte" gab. Er zählt 3 + 2 Perioden zu je 3 Abschnitten. ,
Durch seinen Schüler Horn weit verbreitet und im Neuen Bund zu einer
moderneren Dreiteilung ergänzt, blieb Altings Periodisierungsversuch
über ein Jahrhundert bekannt und beachtet.

Ein anderer Schüler Altings, der Züricher Orientalist Hottingcr
(in H. 1655—1661), folgte in seinem kirchengeschichtlichen Lehrbuch
(1651—1655, 1665—1667) noch dem Zenturicnschcma. Den größeren
Teil seiner 9 Bände füllte er einfach mit Quellenstücken, die er oft aus
Baronius und anderen katholischen Autoren entnahm, aber gegen sie zu
verwerten suchte. Der kleinere Teil besteht aus Archivmaterial, das er,
ein echter Polyhistor des 17. Jahrhunderts, eifrig sammelte, aber unverarbeitet
aneinanderreihte. Seine Reformationsgeschichtc wird so zu
einer breiten, von tendenziösen Anmerkungen unterbrochenen Quellensammlung
, die allein der Verherrlichung von Zwingiis Leben und Lehre
dienen muß. An Hottingers Seite hatte der lutherische Theologe
Stephan Gerlach den in der philosophischen Fakultät 1657 neu errichteten
Lehrstuhl für Kirchengeschichte inne (bis 1688).

Erst bei Spanheim (in H. 1655—1670) beginnt die konfessionelldogmatische
Kritik der Vergangenheit hinter der historischen zurückzutreten
. Spanheim übernahm das methodische Verfahren, wie es zeitgenössische
englische und französische Forscher verschiedener Konfession
in ihren Dissertationen entwickelten, und wandte es auf einzelne
Probleme der alten und mittelalterlichen Kirchengeschichte selbständig
an. Seine umfangreiche, ebenfalls noch nach Jahrhunderten eingeteilte
Kirchengeschichte von Adam bis aufs Jahr 1518 erschöpft sich indessen
in der Häufung kritischer Bemerkungen zur Überlieferung und gelangt
nicht zur Darstellung des Stoffes.

Die genannten Heidelberger Kirchenhistoriker haben sich in methodischer
Hinsicht auf verschiedene Weise versucht, ihre Geschichtsanschauung
ist jedoch noch einheitlich durch das von Augustin bis
Bossuet beherrschende, allgemeine christliche Geschichtsbild bestimmt.
Sie teilen die von den Reformatoren vorgenommene Umdeutung der

ertationen in Maschinenschrift

christlichen Vergangenheit (Papst als Antichrist, das finstere Mittelalter
, „die Wahrheitszeugen"). Darüber hinaus machen sie sich die
charakteristisch reformierte Beurteilung des Reformationsgeschehens
(Uberbetonung der Reformation Zwingiis, Polemik gegen Luther und
die Lutheraner) zu eigen. Von humanistischen, pietistischen und aufklärerischen
Zielsetzungen gleichweit entfernt, wollen sie durch historische
Belehrung die reformierte Kirche und ihr Dogma verteidigen,
befestigen und ausbauen.

L i e b e r g, Hellmut • Amt und Ordination bei Luther und Melan-
chthon. Diss. Erlangen 1960. 395 S.

Ausgehend von den neueren Positionen in der Lehre vom geistlichen
Amt und der Ordination (Sommerlath, Lohse, Heubach) unternimmt
die Arbeit es, Luthers und Melanchthons Amts- und Ordinationslehre
neu zu untersuchen. Der I. Teil befaßt sich mit dem geistlichen
Amt und der Ordination bei Luther. Nachdem die
Grundlagen des Amtsbegriffes in Luthers Rechtfertigungslehre und der
ihn stark bestimmende polemische Aspekt gegenüber der römischen
Entstellung des Amtes herausgestellt sind, wird zunächst das allgemeine
Priestertum und die auf diesem beruhende Begründung
des konkreten Amtes bei Luther entfaltet. Das jedem Christen aus der
Taufe und mit dem Glauben zukommende christliche Priestertum bezeichnet
zunächst einfach den geistlichen Stand aller Christen, schließt
dann aber auch die grundsätzliche Befähigung, Berechtigung und Bevollmächtigung
zu allen Funktionen am Wort und Sakrament ein und ist
insofern der Inbegriff des konkreten Amtes. Dieses ist von den Funktionen
des christlichen Priestertums durch seinen Öffentlichkeitscharakter
abgehoben. Die Notwendigkeit der Herausstellung eines öffentlichen
Dieners ergibt sich um der Ordnung willen, aus der Idee der fraternitas
christiana und aus der Verschiedenheit der Gaben. Der öffentliche Diener
steht vice et nomine omnium, auf ihn delegieren die einzelnen Priester
und die Gemeinde die öffentliche Ausübung ihres Priesterrcchtc6.
Genossenschaftsrechtliche Elemente liegen unleugbar in Luthers Amtsdenken
vor, wenngleich begrenzt durch die Vorstellung, daß in der delegierenden
Gemeinde die ecclesia catholica als Leib Christi handelt und
daß die Gemeinde dabei nur von Christi Befehl zur Gnadcnmittcl-
verwaltung bestimmt ist.

Die Ableitung des Amtes aus dem allgemeinen Priestertum ist bei
Luther aber nur die eine Weise der Amtsbegründung, zu der die andere
aus der göttlichen Stiftung hinzutritt. Nicht nur die Amtsfun
k t i o n ist göttlich eingesetzt, auch das spezielle Amts i n s t i t u t.
Luther lehrt das konkrete, mit Personen bestellte Amt (sogar in seiner
pfarramtlichen Struktur) als de iure divino.

Die beiden Weisen der Amtsbegründung, die aus den soziologischen
Notwendigkeiten der priesterlichen Gemeinde und die aus der göttlichen
Stiftung, stehen in Luthers Amtsdenken als die zwei Pole seiner Konzeption
zueinander in steter Spannung, die bis hart an die Grenze des
inneren Widerspruchs führt. Sie ergänzen und durchdringen sich gegenseitig
und ergeben erst in ihrer Zusammenschau den Luther eigentüm'
liehen Amtsbegriff.

Zum Predigtamt ist die Vokation. die besondere Berufung, unbedingte
Voraussetzung. Sie geschieht durch die Kirche, d.h. konkret entweder
durch die Ortsgemeinde auf dem Wege der Wahl oder durch die
Kirche repräsentierende geistliche oder weltliche Amtspersonen. Das
Normale ist für Luther die Vokation durch die Bischöfe, wobei allerdings
das suffragium der Gemeinde nicht ausgeschaltet werden darf.
Auch die christliche Obrigkeit führt Luther al6 Vokationsinstanz auf-
Aber auch bei solcher Vokation haben Diener am Wort mitzuwirken,
indem sie die Lehrbefähigung feststellen. Die Vokation als complexer
Vorgang kommt zum gültigen Abschluß in der Ordination. B«'
allem Protest gegen papistische Mißbräuche hält Luther durchaus an