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1960 Nr. 9

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Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 9

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6ein wollen, dann wird sie auch in der Institution Ereignis (86).
Ist das der Fall, erkennen die Kirchen in den Entfremdeten ihr
Gegenüber (91). Sie müssen sich einen neuen Gehorsam zur Entfaltung
ihres Zeugnisses in ihren Gemeinden schenken lassen.
Dieses muß das ganze Leben im Auge haben (166). In diesem
Zusammenhang wird die von H. Kraemer und J. C. Hoekendijk
entwickelte Lehre vom Apostolat entfaltet, das ein Wechselwort
für Mission ist (133). Die Kirche muß apostolisch in ihren Funktionen
sein, denn sie hat den Dienst der Apostel weiterzuführen
(135). Unter dieser Aufgabe werden die Kirchen wieder innerlich
wahr werden. Der Begriff Apostolat aber wird regiert von
den beiden Begriffen Reich Gottes und Welt. Es ist ,,die Bewegung
, die zwischen Reich und Welt in ihrer Gegensätzlichkeit die
messianische Zeit zwischen dem ersten und zweiten Advent des
Herrn von Reich und Welt erfüllt" (139).

Vor hier aus wird die Situation der Kirche, die bereits (102)
angedeutet ist, rücksichtslos bloßgelegt: ihre eigene Gefangenschaft
in der Institution, in ihren soziologischen Bindungen, in
ihrem Individualismus, in der Verweltlichung, in der Taktik. An
dem Beispiel Frankreichs wird aufgezeigt, in welchem Milieu die
Kirchen leben. In dieses aber will Christus eingehen (184). Dieser
Welt muß die Kirche Hoffnung schenken und die Menschen in
ihrem ganzen Leben zu erfassen suchen (197). Das kann sie aber
nur, wenn sie eine Reform ihrer Gemeinden erstrebt (160), von
denen das Zeugnis ausgehen muß. Die Kirchen müssen wieder den
Mut zu kleinsten Gemeinden haben, die als dynamische Zentren
in ihrer Umgebung wirken. Sie müssen ihr Leben aus Christus
mit den Menschen teilen. In ihnen muß der Zeuge geborgen sein
(206). Die Kirchen dürfen aber die Menschen nicht aus ihrer
Umwelt herausbrechen, sondern müssen ihnen in dieser die
Freudigkeit zum Zeugnis vermitteln. Von hier aus ist die Frage
nach der Struktur der Ortsgemeinde gestellt und nach dem Einsatz
des Laien, der nicht zum Gehilfen des Pfarrers erniedrigt
■Werden darf, wenn er in Vollmacht sein Zeugnis in die Welt
hineinsprechen soll (220 ff.).

Die Frage nach der Einheit der Kirchen ist von hier aus neu
aufgeworfen, denn das Zeugnis ist der ganzen Gemeinde Jesu
aufgetragen. Die eine Kirche steht der einen Welt gegenüber
(227), die durch die Relativierung der Räume (228), durch das
Erwachen der Religionen (280), durch den Säkularismus (271) zu
einer nichtchristlichen Welt geworden ist (235). Von hier aus
■wird immer wieder ein Nein zu Kreuz und Auferstehung gespro-
<hen und der Mensch in den Mittelpunkt des Denkens gestellt
(28 3). So kann man nicht mehr zwischen christlicher und heidnischer
Welt scheiden; denn durch die Säkularisierung der Taufe
(231) ist die nachchristliche Welt noch nicht eine nichtchristliche
Welt geworden (275). Sie kann allerdings zu einer antichristlichen
werden (278). Alle Kirchen stehen heute vor denselben
Problemen. Darum können die Fragen der Evangelisation nur auf
ökumenischer Basis gelöst werden. Volksmission und Heidenmission
rücken eng zusammen. Die Mission erfüllt sich in der
Einheit (245). Die Ökumene wird zum Raum der Verkündigung
(248). In diese eine Welt ist die ganze Kirche durch ihren Herrn
gesandt, um die Gemeinde Jesu Christi auf das Ende hin zu
sammeln (247). So werden ökumenisch und apostolisch dasselbe
(251). M ission und Evangelisation können also nur in der Einheit
geschehen.

Die Schwierigkeit ist aber, daß die Kirche in keinem rein
säkularen Raum lebt. Trotz der Entwertung der Taufe muß diese
von der Kirche in der Arbeit geachtet werden. Sie muß aber
Wissen, daß die Taufe Herrschaftswechsel ist (265). Je mehr die
Kirche sich der Welt, auch der Welt innerhalb der Kirche konfrontiert
(266), desto mehr bringt sie auch die echte Hoffnung
gegenüber den säkularisierten Hoffnungen (285). Ihre Arbeit
«ann nur auf die Taufe hin geschehen. Darum hat Volksmission
denselben Dienst wie die Heidenmission und wird von ihr
gerechtfertigt (290).

Der Verfasser hat die Theologie der missionarischen Versündigung
, soweit sie von der Ökumene erarbeitet wurde, erschöpfend
und klar dargestellt. Dennoch wird man darüber nicht
ganz froh. Wir müßten uns fragen, ob die von der ökumenischen
Studiengruppe erarbeitete Begründung der missionarischen Verkündigung
in der eschatologischen Hoffnung wirklich alles ist,
was es zu diesem Thema zu sagen gäbe. Dieses damit angegebene

Missionsziel darf sicher nicht aus dem Auge verloraen werden.
Aber wie steht es mit dem Weg zum Ziel? Wird die Herrschaft
Christi zu einseitig betont, ist die Verlagerung der Mission auf
eine sittliche Ebene unausbleiblich. Die einfache Tatsache, daß
wir in die Sendung Christi hineingenommen sind, sagt alles und
im Grunde doch nichts, wenn nicht das „wie" des Hineinnehmens
und damit das Wirken des dreieinigen Gottes beschrieben wird.
Dazu reichen die in dem Buch vorhandenen gelegentlichen Anmerkungen
nicht aus. Man könnte z. B. die Mission und damit
den Dienst der Kirche auch von der Schöpfung ableiten. Gott hat
sich nur geoffenbart, weil er Menschen geschaffen hat. Er sendet
seinen Sohn zu den von ihm geschaffenen, aber gefallenen Menschen
. Als Schöpfer und Herr will er sich durch den Heiligen
Geist in der Kirche eine neue Menschheit sammeln. Er sendet
die Kirche in die Welt, um ihr die in ihr durch Kreuz und Auferstehung
geschehene und durch die Wiederkunft Christi sich
verwirklichende Erlösung als Hoffnung verkündigen zu lassen.
In einer solchen Linie würde das eigentliche Motiv Gottes in der
Mission stärker hervortreten als in einer betonten Reichstheologie
. Es würde sich von hier aus auch ein anderes Verhältnis
der Kirche zur Welt ergeben. Diese Frage kann jedoch den Wert
des vorliegenden Buches nicht schmälern, es ist vielmehr eine
Frage an die Ökumene.

Neuendettelsau Georg F. Vicedom

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