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Ausgabe: | 1960 |
Spalte: | 641-648 |
Autor/Hrsg.: | Wolf, Erik |
Titel/Untertitel: | Kirchenbegriff und Kirchenrechtslehre 1960 |
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iißonatöfdjrtft für Das gefamte ßebtet Der Cytologie und lUltgions&iffenfdjaft
Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
HERAUSGEBER: PROFESSOR D.ERNST SOMMERLATH, LEIPZIG
NUMMER !) 85. JAHRGANG SE PTEM B E R 1960
Spalte
Kirchenbegriff und Kirchenrechtslehre.
Von Erik Wolf..........Ml
Der gegenwärtige Stand der Erforschung
der in Palästina neu gefundenen hebräischen
Handschriften.
43. Zum heutigen Stand der Qumrfin-
forschung. Von K. O. Kuhn.....649
B a i 11 i e, D. M.: Oott war in Christus (O. Voigt) 693
Dombois, H. (Hrsg.): Die weltliche Strafe
in der evangelischen Theologie (O. Hillerdal) 697
Emrich, W.: Franz Kafka (H. Emtnel) . . 686
Fischer, I. A.: Lantbert von Freising 937-957
Der Bischof und Heilige, hrsg. in Verb. m.
J. Fuchs u. A. W. Ziegler (J. Staber) ... 677
Fohrer, O.: Messiasfrage und Bibelverständnis
(S. Herrmann)...........662
Fuchs, J., s. Fischer, J. A........677
Hempel, J.: Heilung als Symbol und Wirklichkeit
im biblischen Schrifttum (H. Bardtke) 661
Heussi, K.: Abriß der Kirchengeschichte.
4. Aufl. (E. Beyreuther).......673
Jahrbuch, Kirchliches, für die deutschen
Alt-Katholiken 1960 (B. Spuler).....682
Jonas, H.: Onosis und spätantiker Oeist. 11,1
(H.-M. Schenke) ..........657
Kahle, W.: Die Begegnung des baltischen
Protestantismus mit der russisch-orthodoxen
Kirche (K. Rose)..........680
Spalte
Koepp, W.: Johann Arndt und sein „Wahres
Christentum" (E. Beyreuther). .:.... 679
Kragerud, A.: Der Lieblingsjünger im
Johannesevangelium (W. Michaelis). . . . 667
M a r g u 11, H. J.: Theologie der missionarischen
Verkündigung (O. F. Vlcedom).....699
Meyer, K.: Quellen zur Kirchengeschichte
(F. Haufe).............673
Naujoks, E., s. Stadelmann, R. f.....678
Ohnsorge, W.: Abendland und Byzanz
(H. Löwe).............674
de Quervain, A.: Ruhe und Arbeit. Lohn
und Eigentum. Ethik 11,3 (H. Oraß) ... 695
Reller, H., s. Schmidt, K. D.......672
Schmidt, K. D.: Chronologische Tabellen zur
Kirchengeschichte. Beigefügt: Synoptische
Zeittafeln, bearb. v. H. Reiler (K. Heussi) . 672
Schneemelcher, W.: Bibliographia Patris-
tica I u. II (J. A. Fischer).......673
Schniewind, J. t: Das Evangelium nach
Markus übers, u. erklärt. Mit Einl.: Die Entstehung
und der Wortlaut des Neuen Testaments
. Von H. Strathmann (J. Schneider) . 671
Schreyer, L.: Christliche Kunst des 20. Jahrhunderts
in der katholischen und protestantischen
Welt (C. Seckel).......683
Seeliger, S.: Pfingsten (Lukas-Bücherei zur
Christi. Ikonographie X) (A. Weckwerth) . . 685
Simon, M.: St. Stephen and the Hellenists in
the Primitive Church (O. Delling) .... 669
Stadelmann, R. t: Das Zeitalter der Reformation
, bearb. v. E. Naujoks (F. Lau) . . 678
Spalte
Steck, K. Q.: Der „moderne Katholizismus"
und seine Kritiker (E. Schott)...... 683
Strathmann, H., s. Schniewind. J. t • . . 671
Werner, M.: Olaube und Aberglaube. Aufsätze
und Vorträge (H. Benckert) .... 691
Ziegler, A. W., s. Fischer, J. A...... 677
Referate über theologische Dissertationen
in Maschinenschrift:
Benrath, O. A.: Reformierte Kirchengeschichtsschreibung
an der Universität Heidelberg
im 16. u. 17. Jahrh......703
Lieberg, H.: Amt u. Ordination bei Luther
und Melanchthon.........704
Mai er, J.: Zum Qottesvolk- und Oemein-
schaftsbegriff in den Schriften vom Toten
Meer .............705
Mau, R.: Der Begriff der Heilsnotwendigkeit 706
Von Personen:
Oeorg Merz in memoriam (F.W. Kantzenbach) 707
Berichte und Mitteilungen:
Zum Evangelium Veritatis 36,17 ff.
(F. Schmidtke)...........713
Von den Theologischen Fakultäten ■ • 713
Neue Bücher ...........717
Kirchenbegriff und Kirchenrechtslehre1
Von Erik Wolf, Freiburg/Br.
I.
Im 19. Jahrhundert entfremdete, unter dem Einfluß des
juristischen Positivismus, der „Recht" nur als
vom „Staat" gesetztes, geschriebenes Gesetz oder vom Staat anerkannte
, geduldete Gewohnheit oder vom Staat abgeleitetes,
..autonomes" Statut zu verstehen vermocht hat, das Kirchenrecht
dem kirchlichen Bereich. Seit dem Bruch des altehrwürdigen Bandes
zwischen Rechtslehrc und Ethik im 18. Jahrhundert hatte die sachbedingte
Verknüpfung des Kirchenrechts mit Theologie und
christlicher Sittenlehre sich mehr und mehr gelöst. Auf die Methode
der jeweils herrschenden Staatsrechtslehre positiv angewiesen
, folgte die Kirchenrechtslehre den wechselnden politischen
Systemen und geriet in Abhängigkeit von den sie bestimmenden
säkularen Ideologien.
Entsprechend hatte die unter dem Einfluß des theologischen
Liberalismus entstandene Vorstellung
Von einer „historisch notwendig bedingten" Ordnungsgestalt
der Kirche dahin geführt, daß die in den theologischen
Grundentscheidungen der altkirchlichen Bekenntnisse liegenden,
*>e in den Glaubensdokumenten der Reformation gegebenen
legitimierenden und limitierenden Weisungen für reformatorische
Kirchenverfassung und Gemeindeordnung teils vernachlässigt,
teils vergessen, oft sogar nicht mehr verstanden wurden.
') Dieser Aufsatz ist ein kurzer Abschnitt aus dem 4. Teil meines
jfcmnächst erscheinenden Buches „Ordnung der Kirche. Ein Lehrbuch des
^■rehenrechts in ökumenischer Ausrichtung" (Verlag Vittorio Kloster-
"«nn. Frankfurt a. M.).
Ein kirchenrechtlicher Neutralismus entstand
, der sich zwar der Kirche im Sinn einer staatlich geschützten
Kulturinstitution, nicht aber ihrer Bekenntnis-Substanz verpflichtet
wußte. Die KiTchenrechtslehre verfiel so zwangsläufig
dem zu Anfang des 19. Jhdtß. im ganzen Bereich der deutschen
Rechtswissenschaft methodisch zur Geltung gekommenen positivistischen
Historismus, der die traditionelle Lage
bloßer Nachahmung staatlich-politischer Verhältnisse im kirchlichen
Ordnungsaufbau gleichsam „wissenschaftlich legitimierte",
weil er sie für unausweichlich „gegeben" erklärte.
Die herkömmliche Unterscheidung von „iura in sacra" und
„iura circa sacra" verstand man jetzt — zugespitzt — als geschichtlich
gefordertes Prinzip der Trennung des „innerkirchlichen
" vom „S t a a t s k i r c h e n r e c h t". Er-
steres, der „Kirchengewalt" zuständig, sollte die staatlich
zugelassene, autonome Selbstordnung der Kirche im Raum der
Gottesdienst- und Gemeinde-Ordnung bezeichnen. Letzteres,
der „Kirchenhoheit" zuständig, meinte die staatlichen
Normen für die öffentliche Rechtsstellung der Kirche, meist durch
politische Verfassungssätze anerkannt und gesichert.
In Wahrheit war damit nur noch ein engerer, ausdrücklich
so bezeichneter, Umkreis staatlicher Kirchenordnung
von einem weiteren, ebenso verstaatlichten (weil stillschweigend
den gleichen historisch-positiven Rechtsprinzipien unterstellten
und der politischen Ordnung nachgeformten) Bereich kirchlichen
Rechts abgehoben. Die - so bedingte (historisch-tatsächlich
„gegebene") Lage der Abhängigkeit der Kirchenrechtslehre
von der Theorie des öffentlichen Rechts zeigte sich in der nun ge-
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