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Ausgabe: | 1960 Nr. 8 |
Kategorie: | Systematische Theologie: Allgemeines |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 8
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des Jahwe-Begriffes behandelt, wobei der Verf. sich bemüht, die
Spannungen aufzuzeigen, die einerseits zwischen dem universalen
Schöpfungsgedanken und dem national-partikulaTistischen
Bundesgedanken und andererseits zwischen dem Herr- und
Vater-Motiv bestehen. Das alttestamentliche Gottesbild ist
spannungsvoll.
Der zweite Teil (S. 89—239) behandelt die Verkündigung
Jesu im Lichte der israelitisch-jüdischen Entwicklung der Gottesidee
. Der Verf. bemüht sich hier um den Nachweis der geistesgeschichtlichen
Zusammenhänge und sucht den Inhalt der Verkündigung
Jesu als ein natürliches Ergebnis der israelitischjüdischen
Religionsentwicklung zu deuten. Da unsere Bibel über
einen 200- bis 300jährigen Zeitraum der spätjüdischen Entwicklung
keine Zeugnisse enthält, bleiben jedoch diese geistesgeschichtlichen
Zusammenhänge dem einfachen Bibelleser in der
Regel verborgen (vgl. S. 91 f.). Die Ansicht, daß Jesu Verkündigung
etwas grundsätzlich Neues darstellt, ist nach Edwien ein
Vorurteil. Sowohl hinsichtlich der Gottesauffassung als auch hinsichtlich
der religiös-ethischen Ideen und des allgemeinen Weltbildes
ist Jesu Verkündigung durch die spätjüdische Zeit bestimmt
gewesen. Sehr pointiert formuliert der Verf.: „Überhaupt hat
Jesus von den Pharisäern und verwandten Sekten (Essenern,
Damaskus- und Qumransekten) alle die Ideen übernommen, die
für das Christentum grundlegend geworden sind und die für die
Religionsauffassung des .Gesetzes und der Propheten' prinzipiell
fremd waren" (S. 92).
Diese These fordert zum Widerspruch heraus. Zweifellos liegen
in den apokryphen und pseudepigraphischen Schriften der
spätjüdischen Zeit Beziehungen zur Verkündigung Jesu vor. Aber
die historischen Befunde sind komplizierter als der Verf. annimmt
. So hat die Untersuchung der Qumrantexte ergeben, daß
sich — unbeschadet gewisser Parallelen (z. B. hinsichtlich der
Naherwartung, Bußforderung, Gütergemeinschaft) — eine entscheidende
Beeinflussung Jesu durch Qumran nicht nachweisen
läßt. Jesus ist in seiner Stellung zur Thora eher ein Gegner als
ein Anhänger der kultisch-ritualistischen Qumranfrömmigkeit
gewesen. Es wäre daher zu fragen, ob genaue Textinterpretationen
wirklich die weitreichenden Thesen des Verfs. stützen.
Ferner müßte man sich mit dem Verf. über Grenzen und Bedeutung
der geistesgeschichtlichen, bzw. ideengeschichtlichen Betrachtungsweise
auseinandersetzen. Gegen ihre Anwendung auf
biblische Texte ist selbstverständlich kein Einwand zu erheben.
Sie kann sogar, was der Verf. in verdienstvoller Weise gezeigt
hat, ganz erheblich zum rechten Verständnis der Texte beitragen.
Aber darf man sich mit ihr zufrieden geben? Die entscheidende
Frage gegenüber der ntl. Verkündigung ist doch, ob in dem
historischen Jesus von Nazareth Gott zum Heile der Welt gehandelt
hat, ob Jesus der um unserer Sünde willen gestorbene
und um unserer Gerechtigkeit willen auferstandene Christus ist.
Die scharfe Reaktion des Verfs. auf die restaurativen Tendenzen
der modernen protestantischen Dogmatik und ihre
„Autorisierung von klaren Unwahrheiten" (vgl. S. 263) sollte
die Fachtheologen daran erinnern, daß wir es heute nicht nur mit
kirchlichen, sondern auch mit kritischen Laien zu tun haben.
Lund/Schweden Gottfried H o r n ig
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Strasbourg, 48. ffr. 900.—.
Schon 1939 hat Johannes Hessen in 6einem „Piatonismus
und Prophetismus", S. 228 ff., wichtige Seiten der heutigen philosophischen
Diskussion zu klären versucht, indem er die Wertphilosophie
Nie. Hartmanns als säkularisierten Piatonismus und
die Existenzphilosophie etwa Heideggers als säkularisierten Prophetismus
charakterisiert. Man sollte somit meinen, daß ein
reformierter Theologe und Philosoph wie Roger Mehl, der noch
dazu sehr tiefgreifend von Karl Barth beeinflußt ist, viel eher mit
der Existenzphilosophie oder wenigstens gegen die Wertphilosophie
gehen würde als umgekehrt. Nun 6teht man ja aber in der
französischen Welt vor einer radikalen Existenzphilosophie, wie
sie vor allem von Sartre vertreten wird. Man kann sagen, daß
hier der Antiplatonismus zu Ende geführt worden ist, und zwar
mit dem Ergebnis, daß nur ein einziger Wert, und zwar die Freiheit
, als gegebener geblieben ist, während sonst der freiseiende
Mensch der Schöpfer der Werte des jemeinigen Daseins wird.
Hier gibt es nur Freiheit und Entwurf (projet), eigenmächtiges
Gestalten des Sinnes des Lebens und deshalb eine letzte unentrinnbare
Angst — vor dem Nichts. Da6 Leben hat an sich keinen
Sinn; ich muß in meiner freien Entscheidung der Sinngeber
meines Daseins werden und bleiben.
Hier kann kein Theologe mitgehen. Das wäre ja eine Verleugnung
der Schöpfung, meines Geschöpfsein6, eine atheistische
Selbstherrlichkeit des Menschen. Und übrigens wäre dann die urgründliche
Angst letzten Endes unverständlich. Psychologisch,
sagt Mehl (S. 66), mag Sartre Recht behalten, wenn er sagt, die
Angst komme daher, daß ich unweigerlich durch meine Wahl andere
Menschen „engagiere". Aber warum Angst, falls die jeweiligen
Werte meine freien Geschöpfe sind? „Falls ich die Möglichkeit
hätte, durch meine Wahl das Gute und das Böse zu schaffen,
die Werte in Existenz zu rufen und ihnen einen Inhalt zu geben,
könnte ich ohne Angst 6ein; denn nichts existierte vor meiner
Wahl und meine Wahl müßte sich nicht mit einer Norm konfrontieren
." Mehl hätte hier darauf verweisen können, wie für
Kierkegaard die Angst als etwas für den Menschen im Gegensatz
zum Tier Charakteristisches nur dadurch zu verstehen ist, daß der
Mensch „Geist" ist, d. h., daß er auf Gott hin bezogen ist.
So findet sich Mehl in Frontstellung zu zwei Gegnern: der
radikalen Existenzphilosophie Sartres und einem „säkularisierten
" oder „christianisierten" Piatonismus. Das Wertvolle an dieser
interessanten Studie ist nun, zu sehen, wie weit ein Theologe»
der wirklich christozentrisch denkt, mit einer Wertphilosophie
zu gehen vermag, und wie er sich von traditionellen wertphilosophischen
Anschauungen zu distanzieren versucht.
Es gibt Werte, intellektuelle, ästhetische, ethische, vitale
Werte. Menschen mögen „wertblind" sein. Das ändert aber an
der Sachlage nichts. Jede echte Begegnung mit einem Mitmenschen