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Ausgabe:

1960 Nr. 8

Spalte:

603

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Die Kirchenordnungen von 1556 in der Kurpfalz und in der Markgrafschaft Baden-Durlach 1960

Rezensent:

Haufe, Friedrich

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603

Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 8

604

H a u s s, Fritz, und Hans Georg Zier: Die Kirchenordnungen von
1556 in der Kurpfalz und in der Markgrafschaft Baden-Durlach hrsg.
Karlsruhe: Verlag Evang. Presseverband 19 56. 162 S., 4 Taf. gr. 8"
= Veröff. d. Vereins f. Kirchengeschichte in d. evang. Landeskirche
Badens XVI.

In einem Vorwort hebt Landesbischof D. Bender die Verdienstlichkeit
dieser sehr sorgfältigen und kritisch genauen
Veröffentlichung aus der Reformationsgeschichte Badens hervor
. Da Sehlings große Ausgabe der Kirchenordnungen des
16. Jahrhunderts (1902 ff.) auch nach den neuesten Ergänzungen
sich noch nicht in den süddeutschen Raum hineinerstreckt, ist
man auf die ältere, vielfach lückenhafte Aem. L. Richtersche Ausgabe
der Evangelischen Kirchenordnungen von 1846 weithin
noch angewiesen, die auch die Verfasser der hier vorliegenden
Veröffentlichung heranziehen). Sie gehen aber für die kurpfälzische
KO von 15 56 und die Pfalz-Neuburgische von 1554, sowie
für die KO von Baden-Durlach von 1556, für die ober-
badischen Herrschaften von 1 598, die Württembergische KO
von 15 55 und die Hanau-Lichtenbergische von 1553 auf die verfügbaren
ältesten Drucke zurück. Mit einem äußerst genauen
und unter Beifügung aller Lesarten versehenen Abdruck der
kurpfälzischen KO von 1 556 verbindet Zier einen Aufsatz über
Markgraf Karl II. und die Reformation in Baden-Durlach, während
Hauß eine Abhandlung über Ottheinrich und seine Kirchenordnungen
hinzufügt. Man bekommt ein genaues Bild davon,
mit welcher Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt in drei wiederholten
Anläufen die Reformation schließlich in endgültigen
Ordnungen für die Pfälzer und badischen Gebiete eingeführt
worden ist und unter welchen Schwierigkeiten die Theologen
und juristischen Berater der Landesfürsten standen, um wirklich
das geistliche Anliegen der Reformation durch obrigkeitliche
Verordnungen zur Geltung zu bringen. Die württembergischen
Theologen um Brenz herum handeln im Bewußtsein eines gesamtevangelischen
Auftrags auch in den Arbeiten für eine
territorial beschränkt geltende KO. Es ist gut und nützlich,
durch solche Veröffentlichungen die Quellen selbst sprechen zu
lassen. Eine Vorrede, wie die des Markgrafen Karl zu seiner
KO, macht den Abstand sehr anschaulich, der mit dem Worte
,,Obrigkeit" zwischen dem heutigen und damaligen Sprachgebrauch
besteht. Der Landesherr spricht, selber redlich-gläubiges
Glied der Gemeinde, als ihr praeeipue membrum, in einer
nirgendwoher bestrittenen societas christiana.

Ein Band der Sehlingschen KO-Ausgabe, das den fränkischen
Bereich betrifft, steht unmittelbar vor der Veröffentlichung
.

Pönitz bei Leipzig Friedrich Ho u fe

Warfield, Benjamin Breckinridge, Prof.: Calvin and Augustine. Ed.

by S. G. C r a i g. With a Foreword by J. M. Kik. Philadelphia/Penn.:
Presbyterian and Reformed Publishing Comp. 1956. IX, 507 S. gr. 8°.
Lw. $ 4.95.

Dieser Band beschäftigt sich nicht mit dem Verhältnis Calvins
zu Augustin, wie der Titel vermuten lassen könnte, sondern
enthält eine Reihe von Aufsätzen, die Calvin bzw. Augustin gewidmet
sind. Der 1921 verstorbene Verfasser war Professor für
systematische Theologie am Princeton Theological Seminary.

Der erste Teil des vorliegenden Buches (es ist der vierte
Band der gesammelten Schriften Warfields) umfaßt folgende
Arbeiten: J. Calvin, der Mann und sein Werk (S. 3—26); Calvins
Lehre von der Gotteserkenntnis (S. 29—130); Calvins Gotteslehre
(S. 133—185); Calvins Trinitätslehre (S. 189—284) und den
Lexikonartikel „Calvinismus" (S. 287-300). Im zweiten Teil
6ind Augustinstudien zusammengestellt, zunächst der Artikel
„Augustin" (S. 305—324), der für die Encyclopaedia of Religion
and Ethics geschrieben war; dann: Augustin und seine „Bekenntnisse
" (S. 327—383, der Aufsatz schließt mit dem für die Zeit
des Autors charakteristischen Satz: „Denn was anderes war die
Reformation im Innersten als der Triumph der augustinischen
Gnadenlehre über die Lehre Augustins von der Kirche?"); Augu-
stins Lehre über Erkenntnis und Autorität (S. 387—477) und
ein Anhang mit begeisterten Äußerungen des Verfassers über
den Calvinismus (S. 481—507).

Die Aufsätze sind meist über 50 Jahre alt, und so ist z. B.
das über die Erkenntnistheorie Augustins Gesagte durchaus
überholt. Aber sie stammen von einem ausgezeichneten Kenner
Calvins und Augustins, der aus den Quellen arbeitet, und sind
darum als Problemquelle immer noch nützlich.

Berlin Rudolf Lorenz

Mehl, Oskar Joh.: Erasmus' Streitschrift gegen Luther: Hyperaspistes.

Zeitschrift für Rcligions- und Geistesgeschichte XII, 1960 S. 137—146.
Peuchmaurd, R.: La messe est-elle pour Luther une action de

gräce?

Revue des Sciences Philosophiques et Theologiques 43, 1959 S. 632
bis 642.

Sick, Hansjörg: Ohne rechtes Christusverständnis — kein rechtes

Schriftverständnis. Zum 400. Tode6tag Melanchthons.

Die Zeichen der Zeit 14, 1960 S. 137—141.
Smits, Luchesius: Calvijn en de oude kerk.

Jaarboek der Rijksuniversiteit te Utrecht 1958—1959 S. 57—62.
Zuck, Lowell H.: The Influence of the Reformed Tradition on the

Elizabethan Settlement.

Concordia Theological Monthly XXXI, 1960 S. 215—226.

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Hamann, Johann Georg: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe
von Josef N a d 1 e r. V. Bd.: Tagebuch eines Lesers 1753—1788.
451 S. Lw. DM 31.—. VI. Bd.: Der Schlüssel 1750—1788. 430 S.
Lw. DM 40.—. Wien: Thomas - Morus - Presse im Verlag Herder
(1953—1957). gr. 8°.

Wilhelm Löhe hat am 12. Oktober 1835 in seinem Tagebuch
vermerkt, daß ihm Hamann lieber sei als alle deutschen Klassiker
(und Goethe „ein Kind der Lüge"!). Diese Äußerung Löhes
kommt aus dem geistigen und geographischen Umkreis der ersten
Hamannausgabe, die gerade 10 Jahre zuvor mit ihrem 7. Bande
zum vorläufigen Abschluß gekommen war1. Der Herausgeber,
Friedrich Roth, war seit 1828 Präsident des Oberkonsistoriums in
München. 1842/43 erschien in zwei Teilen der achte Band, von
dem Erlanger Privatdozenten der Theologie Gustav Adolph
Wiener bearbeitet: Nachträge und ein Lexikon mit Erklärungen.
Für die vorliegende neue Hamannausgabe" haben die beider»
Bände, mit denen sie abgeschlossen wird, eine ähnliche Bedeutung
wie der 8. Band damals. Der 5. Band enthält freilich Nachträge
besonderer Art, völlig andere als Wiener 1842 sie zusammentrug
und als sie sonst in den sämtlichen Werken von Dichtern oder
Philosophen zu finden sind: ein Verzeichnis der Bibliothek Hamanns
und ein zwar nicht vollständiger, aber reichhaltiger Abdruck
aus seinen Notizbüchern. Im Falle Hamanns enthalten die
Notizbücher nur wenige eigene Entwürfe, vielmehr vornehmlich
Titel von Büchern und Aufsätzen aus Zeitschriften, Auszüge und
Übersetzungen. Darum hat Nadler dem Band den Titel „Tagebuch
eines Lesers" gegeben. Noch in dem letzten Briefe an seine
älteste Tochter Reinette (Elisabeth Regina) vom 30. Mai 178 8
aus Münster schreibt Hamann: „Gott Lob habe ich keine Schmerzen
im Leibe, auch mein Gemüt ist ruhig und ziemlich heiter,
aber zu nichts aufgelegt, als leider I zum Lesen, worin ich ebenso
unersättlich bin als im Essen ..." So gibt nun dieser 5. Band
einen umfassenden Begriff von der „Speisekarte" des Lesers
Hamann. Der Bücherkatalog zeigt seinen Besitz von 1356 Titeln
im Jahre 1776 und den seines eben verstorbenen Freundes, des
Kirchenrats Johann Gotthelf Lindner, und ist von Hamann 6elb6t
zum Zwecke der Versteigerung aufgestellt und mit mancher Anmerkung
versehen. Die Drucke seiner eigenen Pseudonymen
Schriften bekamen den Vermerk „Donum" (sc. des Verlegers!).
Bei einer Petroniusausgabe von 1694 fehlt der zweite Band, in
Klammern heißt es dazu: „Alterum Tomum hujus libri, emi ex
auetione Bibliotheca Berolinensis, ni fallor, Mettrianae perdidi
Rigae, forsan ex jure talionis"! (V, 19). Es ist Herders finanzieller
Hilfe zu verdanken, daß Hamann seine Bücher behalten
konnte. „Hamann hatte wie Abraham seinen Sohn geopfert, ohne

') Wilhelm Kreßel, Wilhelm Löhe als Liturg und Liturgiker,
Berlin (1951), S. 66-67.

') Zu Bd. 1-4 vgl. ThLZ 76, 1951, 275-279 und 80, 1099»
461—464.