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1960 Nr. 8

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 8

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Pneumatikers. Allerdings mißt du Plessis dieser Vorstellung für
die Interpretation des NT keinen Wert bei, da ihm die Annahme
einer vorchristlichen Gnosis zu unsicher erscheint.

Die LXX gibt Anlaß, die ganz andere Auffassung von der
Vollkommenheit, wie sie hebräischem Denken eigen ist, in den
Blick zu nehmen. Ziel des Lebens ist hier die Furcht Gottes und
das Halten der Gebote. Wer diese Voraussetzung erfüllt, der ist
Qijpn- Vollkommenheit meint hier die Ganzheit (totality) im Leben
vor Gott. Sie ist nicht eine abstrakte Qualität oder der statische
Gipfel des Bemühens um Erkenntnis oder Schau, sondern
sie besteht vielmehr in Aktivität, formt einen vorgeschriebenen
Weg und bezieht alle Äußerungen des menschlichen Lebens ein.

Mit besonderem Interesse liest man den Abschnitt über den
Sprachgebrauch der Qumranschriften. D^nFl wird hier zum Kennzeichen
jedes vollgültigen Sektenmitgliedes. Denn wer der Sekte
angehört, hat Einsicht in die Pläne Gottes. Exklusivität und Verbindung
mit der Erkenntnis charakterisieren die Vollkommenheitsvorstellung
dieser heterodoxen Juden. Der Verfasser sieht
darin eine reine Weiterentwicklung der at-lichen Vollkommenheitskonzeption
und spricht unter Ablehnung jeden gnostischen
Einflusses von „vorgnostischen apokalyptischen Spekulationen".

Mit seinem Ansatz, zeXetog von reXog her zu verstehen,
macht der Verfasser auch bei der Untersuchung des NT ernst. So
beginnt er sein Chapter III reXeiog in the NT mit einer Untersuchung
von xeXog im NT. Dabei wird die Vorstellung von
Christus als dem xeXog im prägnanten Sinne, als dem Ende bzw.
Wendepunkt der Heilsgeschichte herausgestellt. Dieser soterio-
logischen Bedeutung von xiXog entspricht eine eschatologische,
insofern xeXog das Eschaton in dem Sinne meine, als Christus
dieses Eschaton heraufführt. In dieser soteriologischen und escha-
tologischen Bedeutung von riXog sieht der Verfasser das Fundament
, von dem her der Begriff teXecog im NT erfaßbar wird.

An die Untersuchung dieses Begriffes geht der Verfasser in
sorgfältiger Analyse der einschlägigen Stellen. Dabei wird auf der
einen Seite die at-liche Vollkommenheitsauffassung deutlich, die
die Vollkommenheit als Ganzheit des Lebens vor Gott charakterisiert
. Bei den Synoptikern, bei Johannes und in der Apostelgeschichte
ist diese Vorstellung der Hintergrund, der die xeXsia
dydjirj (l. Joh. 4, 18; vgl. Mt. 5,48; 19,21) als Bedingung der
Gemeinschaft mit Gott verständlich macht. Der Jakobusbrief
wendet dieses at-liche Motiv auf das Verhältnis von Glaube und
Werken an. Auf der anderen Seite liegt in der Art, wie Paulus
und der Hebräerbrief xeXeiog gebrauchen, eine Weiterentwicklung
der at-lichen Konzeption vor. Bei Paulus wird xeXeiog
zu einem allgemeinchristlichen Epitheton, das den Status des Erlösten
bezeichnet (l. Kor. 2,6; Phil. 3,15; Kol. 1,28; 4,12).
Allerdings ist Vollkommenheit bei Paulus nichts Statisches; 6ie
schließt nicht nur den Reifegedanken ein, dem zufolge der Christ
danach strebt, mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung zu
sein (l. Kor. 14, 20), sondern gewinnt auch eine Perspektive in
die Zukunft, die die eschatologische Vollendung des Glaubens
bringt (l. Kor. 13, 10; Phil. 3, 15).

In eigenständiger Weise bezieht der Hebräerbrief die
reXelcDOtg der Christen auf die xeXeicoaig des Gottessohnes.
Dessen Vollkommenheit, die auf seiner Sündlosigkeit, seinem
Mittleramt und seiner persönlichen Entwicklung basiert, ermöglicht
die Vollkommenheit für den Glaubenden. In dieser Konzeption
sieht der Verfasser eine Weiterentwicklung von kultischen
Vorstellungen des AT und lehnt den Einfluß gnostischer Gedanken
ab.

Zusammenfassend wird der Gebrauch von xeXeiog im NT
so charakterisiert, „daß Vollkommenheit als Indikativ die erlösende
Gnade ist, daß Vollkommenheit als Imperativ die dynamische
Ausdauer ist, in Übereinstimmung mit diesem Maßstabe
zu bleiben". Eine solche Auffassung von Vollkommenheit findet
außerhalb des NT keine Parallele, hat aber ihre Wurzel in dem
at-lichen TeAoc-Motiv, das im NT in einer völlig neuen Dimension
erscheint, in der Dimension Christus.

Wenn der Verfasser auch die Eigenständigkeit des NT betont
und vor der Umwelt des NT nicht die Äugen verschließt,
versucht er doch, in konsequenter Weise die Verbindungslinien

zum AT zu ziehen. Leider geht er dabei der Einzelauseinandersetzung
mit den Versuchen, von der Gnosis her Licht in die nt-
lidhen Aussagen zu bringen, wie sie etwa Käsemann vorgelegt hat,
aus dem Wege. Mit dieser Begrenzung sei aber nicht der Wert der
Arbeit bestritten, an der niemand, der sich mit der Frage nach
Vollkommenheit im NT befaßt, wird vorbeigehen können.

Remschcid-LUttringhausen Friedridi-Wilhelm E11ester

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