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Ausgabe:

1960

Spalte:

37

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Bardtke, Hans

Titel/Untertitel:

Zu beiden Seiten des Jordans 1960

Rezensent:

Jepsen, Alfred

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Theologische Literafurzeitung 1960 Nr. 1

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Ich für mein Teil kann das nur hundertprozentig unterstreichen;
m. £. ist das richtige Verständnis dieser Stelle geradezu ein Kriterium
für Exegese. Zu Jakob im Buche Hosea sagt der Verfasser
(S. 248): Der Prophet „macht der Gemeinde ihre Schuld an ihrem
Heiligen klar. Dabei sucht er sie in die Buße des Erzvaters hineinzuziehen
". Gewagter ist, wenn er Jakob in 6einer eigenmächtigen
Leidenschaft als „Urbild der eigenwilligen, seelisch-sinnlichen
Frömmigkeit der Kirche" sieht (S. 259).

Die genannten Beispiele zeigen wieder, wie Fr.'s frühere
Bibelerklärungen, charakteristische Ausblicke und kühne Formu-
lierungea Hierzu noch ein Beispiel zu dem Doppelspruch 8, 9b 8 a
(in dieser Reihenfolge/): „Das eine ist das Bild der Geüheit, das
andere ist das Bild der Feilheit" (S. 165). An Umstellungen und
Textänderungen, bei der schlecht überlieferten Textgestalt dieses
Buches begreiflich, fehlt es auch sonst nicht. Am Schluß des Bandes
finden sich, im Telegrammstil und mit zahllosen Abkürzungen
, dennoch nicht weniger als 13 Seiten „Textkritisches". Besonders
liegt dem Verf. daran, einen übersichtlichen Strophenbau
aufzuweisen, wie sich auch sonst eine Reihe von Änderungen
metri causa vorfindet. Hierüber müßte man mit dem Verf. ein
grundsätzliches Gespräch führen. Aber recht geben wird man ihm
jedenfalls in der Beurteilung des Wesens gewisser Zusätze: „Wir
haben es mit Auslegung des Wortes Gottes durch Gottes Wort
zu tun" (S. 97).

Kiel Hans Wilhelm Hertzberg

B a r d t k e, Hans: Zu beiden Seiten des Jordans. Bilder zur Landeskunde
Palästinas nach eigenen Aufnahmen des Herausgebers während
einer Studienreise im Herbst 1955. Berlin: Union Verlag [19 58].
93 S., 67 Bilder, 2 Pläne und 1 Ortsverz. in Tasche, gr. 8°. Lw.
DM 23.50.

Jede Palästinareise ist heute ein etwas einseitiges Unternehmen
. Der Reisende kommt entweder nach Israel oder nach
Jordanien. Wer sich ein Bild davon machen will, wie das Land
der Bibel heute aussieht, muß Reiseberichte aus beiden Ländern
lesen. Was Bardtke besucht hat, ist Jordanien bzw. Syrien und
daher rührt auch der Titel seines Buche6.

Auf 77 Bildern führt er den Bescheuer erst ins Jordantal,
dann nach Jerusalem und über Bethlehem bis Hebron; weiter
nordwärts über Gibea, Sichern, Samaria bis an den Südrand der
Jesreel-Ebene, und endlich ins Ostjordanland. Zwischendurch fügt
er Bilder aus Syrien (Byblos, Ugarit, Palmyra u. a.) ein. Ein Bild
von Elefantine in Ägypten schließt ab.

Ausgewählt sind Landschaften und einige Ausgrabungsstätten
, wie sie sich dem Beschauer heute darbieten, wenn er vergißt
, daß auch Jordanien und Syrien von moderner Zivilisation
weithin erfaßt sind. Sähe man nicht auf dem Bild von Bethlehem
ein Auto, dazu einige moderne Autostraßen, so könnte man denken
, die Moderne 6ei hier vorbei gegangen. Das i6t sicher Absicht
und gute Absicht. Dem Beschauer soll die biblische Landschaft
gezeigt werden, und das ist sicher weithin erreicht. Aber ob nicht
gerade dann dem Leser bzw. dem Beschauer auch das Problem
einmal deutlich gemacht werden müßte, wie weit die heutige
Landschaft der alten entspricht. Mir kam beim Besuch des Landes
immer wieder die Frage, wie weit wir wirklich heute noch einen
Eindruck von der Landschaft empfangen können, wie sie in
biblischer Zeit war. Am ehesten ist das wohl bei der Wüste der
Fall. Aber schon bei der Steppe und erst recht bei den Kulturlandgebieten
bleiben doch viele Fragen. Soweit aber die Landschaft
von heute noch an alte Zeiten erinnern kann, hat B. uns gute
Bilder davon gegeben. Technisch dürften sie jedenfalls ausgezeichnet
sein.

Den Bildern ist eine kurze Einleitung vorausgeschickt, die
zunächst eine kurze Landeskunde enthält und dann Erläuterungen
zu den meisten Bildern gibt. Was auf diesen 15 Seiten gesagt
wird, dürfte bei aller Knappheit den Leser zuverlässig orientieren.

Greif«wnld Alfred Jepsen

Martin-Achard, R., Prof. Dr.: Israel et les nations. La perspective
missionaire de l'Ancien Testament. Neuchätel: Delachaux &
Niestie [1959]. 77 S. gr. 8° = Cahiers Theologiques 42. sfr. 4.50.

Veranlaßt durch die von den Autonomiebestrebungen der
jungen Kirchen gekennzeichnete ökumenische Lage und das Bewußtsein
der neutestamentlichen Zeugen, mit der eigenen Heidenmission
das Alte Testament zu erfüllen, stellt Martin-Achard die
Frage, wie das alttestamentliche erwählte Volk seine Aufgabe
gegenüber den Nationen verstand. Im Gegensatz zu der noch
immer nachwirkenden Untersuchung Lohrs über den „Missionsgedanken
im Alten Testament" aus dem Jahre 1896 geht es ihm
nicht um den Versuch, eine Geschichte desselben zu schreiben,
sondern darum, die grundsätzlichen Gedanken des AT über Israels
Aufgabe an den Völkern aufzuzeigen (S. 11). Nach der Begründung
dieses Programms in dem einleitenden Kapitel „Das
Problem" auf den S. 7—12 löst er die Aufgabe in drei Kapiteln,
„Die missionarische Botschaft des zweiten Jesaja: Israel, das Licht
der Heiden", S. 13—30, „Die universale Botschaft des Alten
Testaments: Israel, der Zeuge Jahwes vor der Welt", S. 31—53,
„Der missionarische Ausblick des Alten Testaments: Das dreifache
Amt Israels gegenüber den Völkern", S. 5 5—67, denen auf
den S. 69—72 eine prägnante Zusammenfassung folgt.

Martin überprüft die seit Sellin und Volz immer wieder vertretene
These, Deuterojesaja sei gleichsam der Begründer der
Mission gewesen. Dabei kommt er m. E. mit Recht zu dem Ergebnis
, daß seine Botschaft keine aktive Aufgabe Israels oder
des Knechtes kennt. Die Wiederherstellung Israels, die im Mittelpunkt
seines Denkens steht, dient der Verherrlichung Gottes vor
der Welt. Jahwes Heilshandeln an Israel wird als solches die
Sammlung der Nationen um das erwählte Volk zum Ergebnis haben
. Auch der Knecht bezeugt die Größe Gottes durch seine bloße
Existenz, durch seine Schicksale. Zutreffend unterstreicht M., daß
dieses Ergebnis von der Identifikation des Knechtes unabhängig
ist. Beider Aufgabe liegt also nicht auf dem Felde verkündigender
Missionstätigkeit unter fremden Völkern, sondern in ihrem
Zeugencharakter.

In den folgenden beiden Kapiteln sucht M. zu zeigen, daß
die Verkündigung Deuterojesajas in diesem Punkte in Einklang
mit dem ganzen alttestamentlichen Schrifttum steht: „Etre le
peuple de Dieu, teile est en definitive la mission qu'Israel doit
assumer en faveur du monde" S. 31. — Aus Gen. 12, 3 und
Ex. 19,6 zieht er den Schluß, daß Israels Erwählung und Bundesverhältnis
Mittel, aber nicht Ziel von Gottes Handeln in der
Geschichte sind. Bei der Diskussion von Gen. 12, 3 betont er
nachdrücklich, daß der universale Aspekt der Erwählung Abrahams
auch dann erhalten bleibt, wenn man das nibrekü reflexiv
versteht (S. 3 3). Weder Mal. 1,11, ein Vers, den er gegen Horst
und Eiliger für echt hält, noch Jes. 19, 21—25, ein vielleicht aus
dem 5. Jahrhundert stammender Zusatz, noch das Jonabüchlein
schreiben Israel eine aktive Missionsaufgabe zu. Sie betonen nur,
daß Israel nicht als Hindernis zwischen Jahwe und die Völker
treten darf. — Den Universalismus des Psalters, dessen Wurzeln
im kanaanäischen Kult nachdrücklich betont wird, untersucht M.
am Beispiel des 117. Psalmes. Er besitze eine innerkultischc,
liturgische Bedeutung, der israelitischen Gemeinde die Größe
seines Gottes vorzustellen.

Alles, was das AT über Israels Aufgabe zum Heil der Völker
zu 6agen hat, findet M. in Jes. 2, 2—4 wieder: Die Geschichte vollendet
sich in einer zentripetalen Bewegung. Jahwe begegnet den
Völkern nicht an den Enden der Welt, sondern im Jerusalemer
Heiligtum. Auf die Erhöhung des Zion als freie Gottestat antworten
die Völker mit ihrer Wallfahrt. Ein ökumenisches Fest
vollendet die menschliche Geschichte. Hier wird die kultische
Ideologie des Jerusalemer Heiligtums von dem Propheten escha-
tologisch ausgeweitet und auf die Völker bezogen.

Kritisch sei angemerkt, daß in dem Zusammenhang des Kapitels
über Deuterojesaja die Bedeutung Israels als Zeuge Jahwes im Völkergericht
(43, 10 und 44, 8 f.) mitberücksichtigt werden sollte. Dadurch
wäre die traditionsgeschichtliche Verbindungslinie zu dem später besprochenen
Stück Jes.. 2, 2—4, aber auch zu den Psalmen deutlicher hervorgetreten
. Die S. 20 versuchte Identifikation der „Entronnenen der Heiden
" Jes. 45, 20 ff. mit den nach Mesopotamien verschleppten Juden
sdieint mir nicht haltbar zu sein. Hier übersieht der Verfasser den Zu-