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Ausgabe:

1960 Nr. 8

Spalte:

593-594

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Peterson, Peter Megill

Titel/Untertitel:

Andrew, brother of Simon Peter 1960

Rezensent:

Schneider, Carl

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 8

594

Bleibende Bedeutung für die neutestamentliche Wissenschaft
hat auch der Aufsatz: „Das Bekenntnis im Hebräerbrief" (Bd. II).
Er trägt nicht nur zum Verständnis dieses Briefes bei, sondern
auch zum Wesen der urchristlichen Homologie. Der Aufsatz entstand
als Weiterführung einer wichtigen Untersuchung über „Homo-
logia" (Hermes 71, 1936, 377 ff.), der umfangreiches griechisches
Material bot, aber in theologischen Kreisen auch heute noch schwer
erreichbar ist. Überraschend ist dann doch, daß bestimmte Aufsätze
in die Welt des ATs und des Judentums führen wollen.
Hierher gehört zum Beispiel: „Das Gottesgericht in der Geschichte
", der durchaus vom Offenbarungsverständnis ausgeht.
Für G. Bornkamm erschließt sich die Geschichte von der Offenbarung
Gottes aus, trägt auch die Geschichte die Motive der Urgeschichte
in sich (Gottes Fluch und Geduld). Oder auch „Der
Lohngedanke im Neuen Testament", der allerdings in der Darstellung
der jüdischen Haltung Bd. II, S. 77 stark schematisiert.
Theologisch richtig und fruchtbar bleibt das Ergebnis, daß der
Verdienstgedanke bei Jesus überwunden ist, daß aber der Lohngedanke
bleibt und einen neuen Sinn erhält (vgl. O. Michel,
ZsystTheol 9, 47-54).

Der Wissenschaftler wird für die exegetischen Analysen und
das religionsgeschichtliche Material vor allem aus der Welt des
Griechentums und der Gnosis dankbar sein. Der Systematiker
wird vielleicht fragen, ob die Elemente der Offenbarungstheologie
und der exi6tentialen Interpretation sich nicht gelegentlich durchkreuzen
. Daß Theologie und Kirche über wissenschaftliche Einzelfragen
hinaus im Blickpunkt des Ganzen bleiben, ist sicherlich
beachtenswert und sollte ein Vorzug der beiden Bände bleiben.

Tübingen Otto Michel

Peterson, Peter M., Th. D.: Andrew, Brother of Simon Peter. His

History and his Legends. Leiden: Brill 1958. VII, 69 S. gr. 8° =
Supplements to Novum Testamentum, Vol. I. Lw. hfl. 12.—.

Diese sorgfältige und fleißige kleine Monographie unternimmt
den dankenswerten Versuch, das vorhandene legendäre
und historische Material über den Apostel Andreas zusammenzustellen
, wobei freilich an einigen Stellen die Grenzen zwischen
Geschichte und Legende nicht so scharf gezogen sind, wie sie
hätten gezogen sein müssen. Nach einer nicht ganz genügenden
kurzen Darstellung des synoptischen und johanneischen Bestandes
r°lgt als Hauptteil eine ausführliche, besonders literarhistorisch
Wertvolle Analyse und Entwicklungsgeschichte der Andreasakten,
soweit ich sehe, ist nichts Erreichbares ausgelassen. Die Schlüsse,
die gezogen werden, sind vorsichtig, die englischen Übersetzungen
der zahlreichen mitgeteilten Textstellen korrekt. Der Verfasser
beginnt mit dem Bestand der Andreasüberlieferung bei den
Kirchenvätern bis etwa 500. Dabei werden auch die Lücken
dankenswerterweise verzeichnet. Gut ist der Hinweis auf patri-
stische Kritik an apokrypher Literatur, die vielfach übersehen
wird. Das Ergebnis dieses Abschnittes ist die im 3. Jahrhundert
sicher auftauchende Legende der Mission bei den Skythen und die
,m 4. Jahrhundert feststehende bei den Griechen. Es folgt ein
zum Teil Neues enthaltender Abschnitt über die frühmittelalterliche
Fortbildung dieser Legenden im Westen und im syrischen
Bereich des Ostens. Von Bedeutung wurde vor allem die Verbindung
des Andreas mit der Stadt Patras, die seit etwa 500 als Ort
6e/ner Kreuzigung und seines Begräbnisses galt. Ein längerer Abschnitt
wird der byzantinischen Pseudoperiegese des Andreas gewidmet
, die der Ausgangspunkt für die spätere byzantinische
Andreasverehrung wurde, obwohl Photios nicht nur solche Legenden
, sondern auch die Andreasakten überhaupt verwarf. Aber
seine Kritik konnte nicht verhindern, daß immer neue byzantinische
Andreaslegenden entstanden, zumal da man Andreas dem
abendländischen Petrus entgegenstellen konnte.

Die Einzclbchandlung der Akten beginnt mit einer Überseht
über die bisher veröffentlichten Ausgaben und Handschriften.

arauf folgt eine Untersuchung der allen gemeinsamen und der
getrennten Überlieferungen. Im engen Anschluß an Carl Schmidt
erg'bt sich für den Verfasser die auch von Lipsius bereits ungefähr
geahnte Unterscheidung eines alten Legendenbestandes mit dem
Mittelpunkt der Skythenmission, einer legendären gnostischen
Uber"cferung und der späteren Schichten. Neu hinzu gekommen
s'nd die freilich noch nicht in Einzelheiten nachprüfbaren koptischen
Fragmente; der Verfasser beruft sich dabei auf ein privates
Interview mit Quispel, der ihm einiges aus den neuen Fragmenten
mitgeteilt habe. Jedenfalls ist soviel sicher, daß es nebeneinander
gnostische und nichtgnostische Andreasüberlieferung
gegeben hat.

Die Rekonstruktion der Akten selbst lehnt die bisherigen
Versuche von Hennecke und Pick ab und folgt im allgemeinen
James. Dabei scheint mir sehr fraglich, ob man tatsächlich der
Fassung Gregor von Tours' ein solches Gewicht beilegen darf.
Wertvoll sind die Versuche einer Abgrenzung der Andreas- von
den Matthiasakten.

Als Gesamtergebnis zeichnet der Verfasser vier Stammbäume
, von denen mir nur der erste problematisch erscheint. Abhängigkeit
der Johannes- von der Markusüberlieferung scheint
mir ausgeschlossen, die Lücke zwischen den Andreas- und den
Matthiasüberlieferungen und den koptischen Versionen zu groß.
Der byzantinische Stammbaum ist ausgezeichnet und dürfte den
Tatsachen genau entsprechen. Der lateinische Stammbaum weißt
notwendigerweise schmerzliche Lücken auf, dagegen ist der syrische
wohl einwandfrei, doch bin ich dafür nicht zuständig.

Mangelhaft ist das Kapitel über Andreas in der christlichen
Kunst, hier wäre noch mehr Einzelarbeit nötig. Der Fisch des
Andreas hat natürlich nichts mit dem Fischsymbol für Christus zu
tun. Das Kreuz in X-Gestalt ist vielleicht doch nicht so spät, wie
unsere mangelhafte Überlieferung vermuten läßt. Aber wir kommen
leider gerade in solchen Dingen hinter den Byzantinischen
Bilderstreit nicht zurück.

Der Anhang bringt eine Reihe von Textproben aus der
narratio in ausgezeichneter englischer Übersetzung. Die zum Teil
schwer zugänglichen Texte sind hier zum ersten Male in Übersetzung
vorgelegt. Die Bibliographie könnte erweitert werden.
Kritisch läßt sich gegen die wertvolle Arbeit nur einwenden, daß
sie, wie die meisten solcher Untersuchungen, keinerlei Rücksicht
auf die religionsgeschichtlichen Einflüsse nimmt, die die Entstehung
christlicher Legenden verursachen. Die allmähliche Rezeption
ziemlich aller spätantiken Religionen in das Christentum
ließe sich an einem solchen Einzelbeispiel schön verdeutlichen und
würde auch zur Aufhellung der christlichen Überlieferungsbestände
viel beitragen.

Die Ausstattung des Buches ist, wie es bei dem hervorragenden
Verlag nicht anders zu erwarten wäre, fast luxuriös zu
nennen. iv - .

Speyer a. Rh. Carl Schneider

o

PlessisJPaul Johannes du: TEAEI02'. The Idea of Perfection in
the New Testament. Proefschrift. Kampen: Kok [1959]. 255 S. gr. 8°.
hfl. 6.90.

Zu einer Monographie über den Begriff rehio? im NT
wird man gern und interessiert greifen, zumal der betreffende Artikel
im Kitteischen Wörterbuch bisher noch nicht vorliegt, und,
um es kurz zu sagen: die Arbeit von du Plcssis verhilft zu einer
gründlichen und umfassenden Information. Nach einem Überblick
über bisherige Forschung (Chapter I, History of the Interpretation
) betrachtet der Verfasser in sachgemäßer Weise die Bedeutung
von TÜeiög außerhalb des NT (Chapter II, reXeios in
extra-nt. sources). Während der breit angelegten Untersuchung
des griechischen Sprachgebrauches erweist sich die Arbeitshypothese
des Verfassers, das Adjektiv t^«oc von dem Nomen
TeAo? her zu verstehen, als fruchtbar. So wird z. B. die Vollkommenheit
, wie 6ie die griechische Philosophie auffaßt, durchsichtig
von dem t&Ioc, das sie erstrebt, nämlich von der vita
contemplativa her. Wer dieses Ziel erreicht, wird zum releioq.
Da weiter auch der Ritus der religiösen Weihe als riXog bezeichnet
wird, kann rekeios denjenigen meinen, der sich einer solchen
Weihe unterzieht. Allerdings bestreitet der Verfasser, daß
das Wort in diesem Zusammenhange zu einem terminus technicus
für den Eingeweihten wird.

Einen besonderen Abschnitt widmet der Verfasser der Gnosis
, wobei er auch da6 in Nag Hammadi gefundene Evangelium
Veritatis heranzieht. In den gnostischen Texten ist Vollkommenheit
ein Merkmal des himmlischen Anthropos und zugleich ein
Kennzeichen des mit ihm substanzgleichen, wiedergeborenen